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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr.

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von großen Verkehrs- oder technischen Anlagen anch zugleich im bürgerlichen
Leben eine einflußreiche Stellung innehaben. Je größer der Wirkungskreis und
die Einflußsphäre des Reserve- oder Landwehroffiziers im Erwerbsleben ist, desto
autoritativer wird auch seine Tätigkeit und sein Auftreten den alten Militärs
gegenüber sein. Schon aus diesen Gründen werden solchen Offizieren immer
von selbst die leitenden Stellungen zufallen, in denen sie als gebildete, königs¬
treue Männer und Patrioten und häufig auch als vermögende Besitzer auf den
der militärischen Disziplin und Erziehung entrückten Mann eine Einwirkung
haben.

Der Gutsbesitzer, der beispielsweise der Vorsitzende des Kriegervereins
seines Wohnortes ist, wird allein schon dadurch dem Verein und dem Vereins¬
wesen nützlich sein, daß er die Abneigung der bäuerlichen Besitzer und der besser
situierten, mit den Tagelöhnern und den Arbeitsleuten zusammen einem Ver¬
bände anzugehören, bekämpft. Die Teilnahme der gebildeten Stände auf dem
Lande wird auch nach andrer Seite hin für die Hebung des innern Lebens der
Kriegergenossenschaften sehr ersprießlich sein. Bekanntlich wird den alten Sol¬
daten von Vereins wegen durch die Presse ein bildendes und belehrendes Material
geboten, das aber von ihnen nicht immer richtig gewürdigt und verstanden wird.
Es wird dem Vorsitzenden leicht sein, auf Artikel und Aufsätze, die sich auf die
kriegerischen Großtaten des Heeres, auf Erinnerungen an unser Herrscherhaus,
auf geschichtliche Reminiszenzen aus unserm Staats- und Heerleben beziehen,
eindringlich hinzuweisen und sie mit Erläuterungen zu versehen. Auf diese Weise
wird in der ältern Generation unsrer Heerespflichtigen, die noch der Fahne
verpflichtet sind, immer wieder das Gefühl der Zugehörigkeit zur Armee und
Zum alten Regiment geweckt und in ihnen die Anhänglichkeit daran erhalten
und gestärkt werden.

Es bleibt uns noch übrig, mit einigen Worten auf die nationale Bedeutung
der Kriegervereine einzugehn. Der Grundgedanke des Kriegervereinswesens ist
die Erhaltung der Pflichten, die der Soldat im Fahneneide gelobt, und zu deren
Erfüllung er sich von neuem bereit erklärt, wenn er die Uniform abgelegt, semen
Truppenteil verlassen hat und in das Vereinswesen eingetreten ist. Er ist nun
der Soldat im Bürgerrock, der im Verein, dank der allgemeinen Wehrpflicht.
Angehörige aller Berufskreise und Stände findet. Wie in Reih und Glied einst
der Offizieraspircmt. der einjährige und der dreijährige Freiwillige, der ausge-
höhlte Ersatzrekrut Schulter an Schulter gestanden haben, so sind sie hier wieder
Greint und finden sich als Kameraden zusammen. Im allgemeinen ist die Zu¬
sammensetzung der Vereine dadurch eine homogene, daß die sogenannten I'ttttet-
st°nde in ihnen den größten Platz einnehmen. Untere und mittlere Beamte
Handwerker. Lehrer. Kaufleute. Industrielle. Techniker, kleine Besitzer bilden meist
d°s Gros, dazu kommen in größern Städten pensionierte Offiziere der niedern
und der höhern Chargen und'höhere Beamte. Die Kriegervereme sind "Dieser
Zusammensetzung ein glücklicher Vereinigungspunkt für Männer der verschiedensten


von großen Verkehrs- oder technischen Anlagen anch zugleich im bürgerlichen
Leben eine einflußreiche Stellung innehaben. Je größer der Wirkungskreis und
die Einflußsphäre des Reserve- oder Landwehroffiziers im Erwerbsleben ist, desto
autoritativer wird auch seine Tätigkeit und sein Auftreten den alten Militärs
gegenüber sein. Schon aus diesen Gründen werden solchen Offizieren immer
von selbst die leitenden Stellungen zufallen, in denen sie als gebildete, königs¬
treue Männer und Patrioten und häufig auch als vermögende Besitzer auf den
der militärischen Disziplin und Erziehung entrückten Mann eine Einwirkung
haben.

Der Gutsbesitzer, der beispielsweise der Vorsitzende des Kriegervereins
seines Wohnortes ist, wird allein schon dadurch dem Verein und dem Vereins¬
wesen nützlich sein, daß er die Abneigung der bäuerlichen Besitzer und der besser
situierten, mit den Tagelöhnern und den Arbeitsleuten zusammen einem Ver¬
bände anzugehören, bekämpft. Die Teilnahme der gebildeten Stände auf dem
Lande wird auch nach andrer Seite hin für die Hebung des innern Lebens der
Kriegergenossenschaften sehr ersprießlich sein. Bekanntlich wird den alten Sol¬
daten von Vereins wegen durch die Presse ein bildendes und belehrendes Material
geboten, das aber von ihnen nicht immer richtig gewürdigt und verstanden wird.
Es wird dem Vorsitzenden leicht sein, auf Artikel und Aufsätze, die sich auf die
kriegerischen Großtaten des Heeres, auf Erinnerungen an unser Herrscherhaus,
auf geschichtliche Reminiszenzen aus unserm Staats- und Heerleben beziehen,
eindringlich hinzuweisen und sie mit Erläuterungen zu versehen. Auf diese Weise
wird in der ältern Generation unsrer Heerespflichtigen, die noch der Fahne
verpflichtet sind, immer wieder das Gefühl der Zugehörigkeit zur Armee und
Zum alten Regiment geweckt und in ihnen die Anhänglichkeit daran erhalten
und gestärkt werden.

Es bleibt uns noch übrig, mit einigen Worten auf die nationale Bedeutung
der Kriegervereine einzugehn. Der Grundgedanke des Kriegervereinswesens ist
die Erhaltung der Pflichten, die der Soldat im Fahneneide gelobt, und zu deren
Erfüllung er sich von neuem bereit erklärt, wenn er die Uniform abgelegt, semen
Truppenteil verlassen hat und in das Vereinswesen eingetreten ist. Er ist nun
der Soldat im Bürgerrock, der im Verein, dank der allgemeinen Wehrpflicht.
Angehörige aller Berufskreise und Stände findet. Wie in Reih und Glied einst
der Offizieraspircmt. der einjährige und der dreijährige Freiwillige, der ausge-
höhlte Ersatzrekrut Schulter an Schulter gestanden haben, so sind sie hier wieder
Greint und finden sich als Kameraden zusammen. Im allgemeinen ist die Zu¬
sammensetzung der Vereine dadurch eine homogene, daß die sogenannten I'ttttet-
st°nde in ihnen den größten Platz einnehmen. Untere und mittlere Beamte
Handwerker. Lehrer. Kaufleute. Industrielle. Techniker, kleine Besitzer bilden meist
d°s Gros, dazu kommen in größern Städten pensionierte Offiziere der niedern
und der höhern Chargen und'höhere Beamte. Die Kriegervereme sind "Dieser
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_300500/405>, abgerufen am 23.07.2024.