Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr.Materialistische Strömungen in der amerikanischen Literatur das amerikanische Schwein in einem Schmutzpfuhl -- es war kaum ein Schön¬ Er ist eine scharf umrissene, imponierende Gestalt, der alte Graham; in Dennoch ist Grccham der wüsten Spekulation abhold; er gehört zu den In äußerst humoristischer Weise ist Grcchams ganze Lebensanschauung mit Materialistische Strömungen in der amerikanischen Literatur das amerikanische Schwein in einem Schmutzpfuhl — es war kaum ein Schön¬ Er ist eine scharf umrissene, imponierende Gestalt, der alte Graham; in Dennoch ist Grccham der wüsten Spekulation abhold; er gehört zu den In äußerst humoristischer Weise ist Grcchams ganze Lebensanschauung mit <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0315" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/300814"/> <fw type="header" place="top"> Materialistische Strömungen in der amerikanischen Literatur</fw><lb/> <p xml:id="ID_1291" prev="#ID_1290"> das amerikanische Schwein in einem Schmutzpfuhl — es war kaum ein Schön¬<lb/> heitsfleck an ihm außer seinem Ringelschwänzchen — und hinterlasse es appe¬<lb/> titlich verpackt in Phantasiebttchseu, über und über mit goldnen Medaille«<lb/> behängt."</p><lb/> <p xml:id="ID_1292"> Er ist eine scharf umrissene, imponierende Gestalt, der alte Graham; in<lb/> seiner unbeugsamen Willensstärke, seiner straffen Selbstzucht durchaus nicht un¬<lb/> sympathisch, denn er gehört in vielen Beziehungen, vor allem in seinem ehr¬<lb/> lichen Streben, gerecht zu sein und den geraden Weg zu gehn, noch zur alten<lb/> Schule. Was er freilich den geraden Weg nennt, schließt mancherlei raffinierte<lb/> Geschüftsknisfe mit ein, und wenn infolge solcher erfolgreich ausgeklügelten<lb/> Manipulationen ein Rivale aus dem Sattel gehoben wird, so beschwert das<lb/> Gradaus Gewissen durchaus uicht. So etwas wäre falsche Sentimentalität; sein<lb/> Vorgehn erscheint ihm nur als eine durchaus berechtigte Kraftübung im Kampf<lb/> ums Dasein. Ist der andre, sein besiegter Gegner, ein tüchtiger Kerl, so wird<lb/> er sich schon wieder heraufarbeiten, wo nicht — so hat die Menschheit nichts<lb/> an ihm verloren.</p><lb/> <p xml:id="ID_1293"> Dennoch ist Grccham der wüsten Spekulation abhold; er gehört zu den<lb/> Leuten, die Wetten für eine Sünde halten und deshalb nur dann darauf ein¬<lb/> gehn, wenn sie des Gewinns sicher sind. Er sagt einige kluge, originelle Worte<lb/> über das Börsenspiel: „Der Vater der Lügen wohnt in der Hölle, aber ein gut<lb/> Teil seiner Zeit bringt er in Chicago zu." Als sein Sohn eine Goldminc<lb/> kaufen will, schreibt er ihm: „Fast jedes Unternehmen, das kleine Kapitalisten<lb/> schnell reich zu machen verspricht, gleicht einem der Jellowstone Geysirs, die<lb/> mit Spektakel und Gebrüll geradeswegs aus dem Hades emporschießen — es<lb/> muß notwendig früher oder später in seinen heimatlichen Schwefelpfuhl zurück<lb/> und hinterläßt nichts als ein bißchen Qualm und den Geruch verbrannten<lb/> Geldes — deines Geldes!" Ehrliche Arbeit hingegen: „Durch vierzigjährige<lb/> Erfahrung habe ich herausgefunden, daß Arbeit zu ihren Freunden gütig ist<lb/> und hart gegen ihre Feinde. Dem, der sie haßt, bewilligt sie nur seinen Lohn,<lb/> und der ist meist karg genug; aber wer seine Freude an ihr hat, der bekommt<lb/> alles Geld, was er haben will, und noch ein gut Teil Spaß und Zufriedenheit<lb/> obendrein. . . . Der Mann, der gesagt hat, man könne aus einem Schweine-<lb/> vhr keine seidne Börse machen, war nie in einer Konservenfabrik. Du kannst<lb/> die Börse machen und kannst sie auch füllen vermittelst derselben Kreatur. Was<lb/> du aber nicht kannst, ist, einen Bericht aus Mondschein und ein Inventar aus<lb/> Wind zusammenstellen und ein reelleres Ergebnis erwarten als ein Mond¬<lb/> scheinsegel, das dich in den Bankerott hineinbugsiert. Die Jungen einer Wild¬<lb/> katze bleiben Wildkatzen, und es hat keinen Zweck, damit zu rechnen, daß Angoras<lb/> daraus werden."</p><lb/> <p xml:id="ID_1294" next="#ID_1295"> In äußerst humoristischer Weise ist Grcchams ganze Lebensanschauung mit<lb/> Bildern aus seiner Berufstätigkeit durchsetzt. Vor allein das amerikanische Ferkel,<lb/> das er als Produkt seines Geschäftsgenies betrachtet, muß als Beispiel und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0315]
Materialistische Strömungen in der amerikanischen Literatur
das amerikanische Schwein in einem Schmutzpfuhl — es war kaum ein Schön¬
heitsfleck an ihm außer seinem Ringelschwänzchen — und hinterlasse es appe¬
titlich verpackt in Phantasiebttchseu, über und über mit goldnen Medaille«
behängt."
Er ist eine scharf umrissene, imponierende Gestalt, der alte Graham; in
seiner unbeugsamen Willensstärke, seiner straffen Selbstzucht durchaus nicht un¬
sympathisch, denn er gehört in vielen Beziehungen, vor allem in seinem ehr¬
lichen Streben, gerecht zu sein und den geraden Weg zu gehn, noch zur alten
Schule. Was er freilich den geraden Weg nennt, schließt mancherlei raffinierte
Geschüftsknisfe mit ein, und wenn infolge solcher erfolgreich ausgeklügelten
Manipulationen ein Rivale aus dem Sattel gehoben wird, so beschwert das
Gradaus Gewissen durchaus uicht. So etwas wäre falsche Sentimentalität; sein
Vorgehn erscheint ihm nur als eine durchaus berechtigte Kraftübung im Kampf
ums Dasein. Ist der andre, sein besiegter Gegner, ein tüchtiger Kerl, so wird
er sich schon wieder heraufarbeiten, wo nicht — so hat die Menschheit nichts
an ihm verloren.
Dennoch ist Grccham der wüsten Spekulation abhold; er gehört zu den
Leuten, die Wetten für eine Sünde halten und deshalb nur dann darauf ein¬
gehn, wenn sie des Gewinns sicher sind. Er sagt einige kluge, originelle Worte
über das Börsenspiel: „Der Vater der Lügen wohnt in der Hölle, aber ein gut
Teil seiner Zeit bringt er in Chicago zu." Als sein Sohn eine Goldminc
kaufen will, schreibt er ihm: „Fast jedes Unternehmen, das kleine Kapitalisten
schnell reich zu machen verspricht, gleicht einem der Jellowstone Geysirs, die
mit Spektakel und Gebrüll geradeswegs aus dem Hades emporschießen — es
muß notwendig früher oder später in seinen heimatlichen Schwefelpfuhl zurück
und hinterläßt nichts als ein bißchen Qualm und den Geruch verbrannten
Geldes — deines Geldes!" Ehrliche Arbeit hingegen: „Durch vierzigjährige
Erfahrung habe ich herausgefunden, daß Arbeit zu ihren Freunden gütig ist
und hart gegen ihre Feinde. Dem, der sie haßt, bewilligt sie nur seinen Lohn,
und der ist meist karg genug; aber wer seine Freude an ihr hat, der bekommt
alles Geld, was er haben will, und noch ein gut Teil Spaß und Zufriedenheit
obendrein. . . . Der Mann, der gesagt hat, man könne aus einem Schweine-
vhr keine seidne Börse machen, war nie in einer Konservenfabrik. Du kannst
die Börse machen und kannst sie auch füllen vermittelst derselben Kreatur. Was
du aber nicht kannst, ist, einen Bericht aus Mondschein und ein Inventar aus
Wind zusammenstellen und ein reelleres Ergebnis erwarten als ein Mond¬
scheinsegel, das dich in den Bankerott hineinbugsiert. Die Jungen einer Wild¬
katze bleiben Wildkatzen, und es hat keinen Zweck, damit zu rechnen, daß Angoras
daraus werden."
In äußerst humoristischer Weise ist Grcchams ganze Lebensanschauung mit
Bildern aus seiner Berufstätigkeit durchsetzt. Vor allein das amerikanische Ferkel,
das er als Produkt seines Geschäftsgenies betrachtet, muß als Beispiel und
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |