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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr.

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Gegen die Agitation der Sozialdemokratie

der Arbeitswilligen an der Arbeit ausgeübt wird, muß gebrochen werden, das
oft gehörte Bedenken, daß es an einer gesetzlichen Unterlage zu solchem Ver¬
bote mangle, ist hier, in der freien republikanischen Schweiz, ohne weiteres
gelöst worden und hat die besten Früchte getragen und die Anerkennung aller
ordnungsliebenden Menschen gefunden. Wir finden diese Bekanntmachung der
Züricher Polizei -- auch in der Ausweisung der Ausländer -- so vortrefflich
und so zweckentsprechend, daß wir sie zur Nachahmung nur empfehlen können.
Unsre Sozialisten können daraus lernen, daß die republikanische Schweiz gar
nicht mit sich spaßen läßt, und daß man auch in einem andern als einem
Polizeistaate -- wie die "Genossen" Deutschland mit Vorliebe bezeichnen --
die fortwährende Agitation und Verhetzung sowie die Schädigung der Arbeits-
verhültnisse usw. einmal satt bekommen kann und ganz energisch dagegen ein¬
schreitet.

Daß das Truppenaufgebot nicht etwa nur pro tormg. erfolgte, geht daraus
hervor, daß die Kavallerie attackiert und Gebrauch von der Waffe gemacht
hat. Auch gegen den Antimilitarismus, für den jetzt in der Schweiz Propaganda
gemacht wird -- namentlich von Ausländern --, wird streng vorgegangen, und
man nimmt, auch in der Öffentlichkeit, durchaus kein Blatt vor den Mund,
wenn es darauf ankommt, die Interessen der Armee und der Landesverteidigung
zu vertreten. Vor ein paar Wochen fand in Basel das Kantonalschützenfest
beider Basel statt, das Gelegenheit zu zahlreichen Reden bot. Der Präsident
des Organisationskomitees sprach sich bei der Eröffnung des Festes, die neue
Wehrordnung, die jetzt vorliegt, berührend, folgendermaßen ans: "Vor uns
liegt gegenwärtig eine neue Wehrordnung, für die wir mit gutem Gewissen
eintreten dürfen. Doch was geschieht im Augenblick? Mit lautem Geschrei
wird von gewisser Seite gegen alles Militärische zu Felde gezogen. Das
Dogma des Antimilitarismus gewinnt Einfluß auf diesen und jenen. Denn
erklärlich ist es wohl, daß alle die Leute gegen jede militärische Ordnung
sind, denen die liebe Bequemlichkeit über alles geht, die Unterordnung und
strenge Gesetze hassen, die eine straffe Disziplin verabscheuen, und die das
Vaterland -- wenn sie überhaupt an ein solches glauben -- mit Phrasen zu
erhalten gedenken. Lassen wir diese Maulhelden keinen Einfluß gewinnen,
widerstreben wir vielmehr mit allen Mitteln diesem Tun; statten wir unsre
Rechtsprechung mit der Macht aus, die Verbreitung der für die Volksseele
so gefährlichen Lehre des Antimilitarismus zu bestrafen!"

Auch unserm deutschen Volke, dessen Vaterlandsliebe, dessen Sinn für
Ordnung, Disziplin, Unterordnung mit allen Mitteln von gewissenlosen, vielfach
ausländischen Agitatoren geraubt werden soll, möchten wir diese Worte, die
ein Schweizer seinen Landsleuten zurief, recht dringend ans Herz legen, aber
auch die wohlgesinnten Männer Deutschlands, denen das Wohl des Vater¬
landes am Herzen liegt, bitten, ebenso unerschrocken und mannhaft bei öffent¬
lichen Vereinigungen einzutreten und die Ziele der Sozialdemokratie unsern


Gegen die Agitation der Sozialdemokratie

der Arbeitswilligen an der Arbeit ausgeübt wird, muß gebrochen werden, das
oft gehörte Bedenken, daß es an einer gesetzlichen Unterlage zu solchem Ver¬
bote mangle, ist hier, in der freien republikanischen Schweiz, ohne weiteres
gelöst worden und hat die besten Früchte getragen und die Anerkennung aller
ordnungsliebenden Menschen gefunden. Wir finden diese Bekanntmachung der
Züricher Polizei — auch in der Ausweisung der Ausländer — so vortrefflich
und so zweckentsprechend, daß wir sie zur Nachahmung nur empfehlen können.
Unsre Sozialisten können daraus lernen, daß die republikanische Schweiz gar
nicht mit sich spaßen läßt, und daß man auch in einem andern als einem
Polizeistaate — wie die „Genossen" Deutschland mit Vorliebe bezeichnen —
die fortwährende Agitation und Verhetzung sowie die Schädigung der Arbeits-
verhültnisse usw. einmal satt bekommen kann und ganz energisch dagegen ein¬
schreitet.

Daß das Truppenaufgebot nicht etwa nur pro tormg. erfolgte, geht daraus
hervor, daß die Kavallerie attackiert und Gebrauch von der Waffe gemacht
hat. Auch gegen den Antimilitarismus, für den jetzt in der Schweiz Propaganda
gemacht wird — namentlich von Ausländern —, wird streng vorgegangen, und
man nimmt, auch in der Öffentlichkeit, durchaus kein Blatt vor den Mund,
wenn es darauf ankommt, die Interessen der Armee und der Landesverteidigung
zu vertreten. Vor ein paar Wochen fand in Basel das Kantonalschützenfest
beider Basel statt, das Gelegenheit zu zahlreichen Reden bot. Der Präsident
des Organisationskomitees sprach sich bei der Eröffnung des Festes, die neue
Wehrordnung, die jetzt vorliegt, berührend, folgendermaßen ans: „Vor uns
liegt gegenwärtig eine neue Wehrordnung, für die wir mit gutem Gewissen
eintreten dürfen. Doch was geschieht im Augenblick? Mit lautem Geschrei
wird von gewisser Seite gegen alles Militärische zu Felde gezogen. Das
Dogma des Antimilitarismus gewinnt Einfluß auf diesen und jenen. Denn
erklärlich ist es wohl, daß alle die Leute gegen jede militärische Ordnung
sind, denen die liebe Bequemlichkeit über alles geht, die Unterordnung und
strenge Gesetze hassen, die eine straffe Disziplin verabscheuen, und die das
Vaterland — wenn sie überhaupt an ein solches glauben — mit Phrasen zu
erhalten gedenken. Lassen wir diese Maulhelden keinen Einfluß gewinnen,
widerstreben wir vielmehr mit allen Mitteln diesem Tun; statten wir unsre
Rechtsprechung mit der Macht aus, die Verbreitung der für die Volksseele
so gefährlichen Lehre des Antimilitarismus zu bestrafen!"

Auch unserm deutschen Volke, dessen Vaterlandsliebe, dessen Sinn für
Ordnung, Disziplin, Unterordnung mit allen Mitteln von gewissenlosen, vielfach
ausländischen Agitatoren geraubt werden soll, möchten wir diese Worte, die
ein Schweizer seinen Landsleuten zurief, recht dringend ans Herz legen, aber
auch die wohlgesinnten Männer Deutschlands, denen das Wohl des Vater¬
landes am Herzen liegt, bitten, ebenso unerschrocken und mannhaft bei öffent¬
lichen Vereinigungen einzutreten und die Ziele der Sozialdemokratie unsern


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_300500/17>, abgerufen am 23.07.2024.