Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr.Gegen die Agitation der Sozialdemokratie Kräfte an und für sich aufs äußerste in Anspruch genommen sind; wir sollten Abgesehen hiervon erachten wir es aber für ganz dringend, daß die Re¬ Während des ganzen Monats Juli fanden in Zürich Streiks statt: Der Regierungsrat des Kantons Zürich hat am 18. Juli in Anbetracht Von diesem Beschluß wird der Einwohnerschaft der Stadt Zürich damit Ferner wird zur allgemeinen Kenntnis gebracht, daß nach den allgemeinen Dieses unbedingte Verbot des Streikpostenstehens ist es namentlich, das Gegen die Agitation der Sozialdemokratie Kräfte an und für sich aufs äußerste in Anspruch genommen sind; wir sollten Abgesehen hiervon erachten wir es aber für ganz dringend, daß die Re¬ Während des ganzen Monats Juli fanden in Zürich Streiks statt: Der Regierungsrat des Kantons Zürich hat am 18. Juli in Anbetracht Von diesem Beschluß wird der Einwohnerschaft der Stadt Zürich damit Ferner wird zur allgemeinen Kenntnis gebracht, daß nach den allgemeinen Dieses unbedingte Verbot des Streikpostenstehens ist es namentlich, das <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0016" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/300515"/> <fw type="header" place="top"> Gegen die Agitation der Sozialdemokratie</fw><lb/> <p xml:id="ID_15" prev="#ID_14"> Kräfte an und für sich aufs äußerste in Anspruch genommen sind; wir sollten<lb/> denken, daß schon in den obern Klassen der Schule, namentlich aber während<lb/> des Fortbildungsunterrichts in dieser Richtung etwas getan werden könnte;<lb/> nur müßte man sich bei den Lehrkräften vergewissern, daß nicht der Bock<lb/> zum Gärtner gesetzt würde dadurch, daß die Lehrer selbst vielleicht Sozial-<lb/> demokraten wären. Auf dem Lande könnten auch die Geistlichen hilfreiche Hand<lb/> leisten.</p><lb/> <p xml:id="ID_16"> Abgesehen hiervon erachten wir es aber für ganz dringend, daß die Re¬<lb/> gierungen energischer gegen die Agitation der Sozialisten vorgehn, und in<lb/> dieser Hinsicht könnten wir in Deutschland noch manches von unsern republi¬<lb/> kanischen Nachbarn, den Schweizern, lernen.</p><lb/> <p xml:id="ID_17"> Während des ganzen Monats Juli fanden in Zürich Streiks statt:<lb/> Maurer, Metallarbeiter, Bäcker, namentlich aber die Arbeiter in der Auto¬<lb/> mobilfabrik Arbenz K Cie. in Albisrieden bei Zürich waren im Aufstande.<lb/> Da die Einigungsversuche zu keinem Resultate führten, und es in Albisrieden<lb/> und Umgebung zu groben Ausschreitungen der Streitenden kam, ergriff die<lb/> Züricher Negierung sofort energische Maßnahmen: sie berief ein Infanterie¬<lb/> regiment und eine Eskadron Kavallerie in Dienst und stellte ein Füsilier¬<lb/> bataillon auf Pikete, traf die strengsten Anordnungen zum Schutze der<lb/> Arbeitswilligen, und der städtische Polizeivorstand erließ am 19. Juli eine<lb/> Bekanntmachung, die wir als in hohem Grade nachahmenswert auch für die<lb/> Verhältnisse in Deutschland empfehlen möchten; es heißt da nämlich:</p><lb/> <p xml:id="ID_18"> Der Regierungsrat des Kantons Zürich hat am 18. Juli in Anbetracht<lb/> 1. daß es dem Regierungsrat zukommt, dafür zu sorgen, daß die in der Ver¬<lb/> fassung aufgestellten staatsbürgerlichen Grundsätze in ungehinderter Weise zur An¬<lb/> wendung gelangen, 2. daß in dem Vorgehen der Streikpostensteher eine ganz un¬<lb/> gebührliche Beeinträchtigung der durch die Verfassung garantierten persönlichen Freiheit<lb/> zu erblicken ist, welche Beeinträchtigung von der Behörde nicht geduldet werden<lb/> kann, das Streikpostenstehen bei Strafe des Ungehorsams verboten.</p><lb/> <p xml:id="ID_19"> Von diesem Beschluß wird der Einwohnerschaft der Stadt Zürich damit<lb/> Kenntnis gegeben. Die kantonalen und städtischen Polizeiorgane sind mit der<lb/> strengsten Durchführung des Verbots beauftragt worden.</p><lb/> <p xml:id="ID_20"> Ferner wird zur allgemeinen Kenntnis gebracht, daß nach den allgemeinen<lb/> Bestimmungen der mit den fremden Staaten abgeschlossenen Staatsverträge Aus¬<lb/> länder, welche sich Verbrechen oder Übertretungen polizeilicher Vorschriften schuldig<lb/> machen, ohne weiteres ausgewiesen werden können. Der Regierungsrat ist ge¬<lb/> willt, alle Ausländer, die in dieser kritischen Zeit durch verbrecherische oder<lb/> polizeilich zu ahndende Handlungen die öffentliche Ordnung stören, ohne weiteres<lb/> des Landes zu verweisen.</p><lb/> <p xml:id="ID_21" next="#ID_22"> Dieses unbedingte Verbot des Streikpostenstehens ist es namentlich, das<lb/> wir als dringend empfehlenswert und notwendig erachten, und wenn die<lb/> schweizerische Gesetzgebung dazu eine Handhabe und die Berechtigung bietet,<lb/> so sollte es doch bei uns auch möglich sein. Der Terrorismus, der durch das<lb/> Streikpostenstehen und die dadurch bezweckte und meist erreichte Verhinderung</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0016]
Gegen die Agitation der Sozialdemokratie
Kräfte an und für sich aufs äußerste in Anspruch genommen sind; wir sollten
denken, daß schon in den obern Klassen der Schule, namentlich aber während
des Fortbildungsunterrichts in dieser Richtung etwas getan werden könnte;
nur müßte man sich bei den Lehrkräften vergewissern, daß nicht der Bock
zum Gärtner gesetzt würde dadurch, daß die Lehrer selbst vielleicht Sozial-
demokraten wären. Auf dem Lande könnten auch die Geistlichen hilfreiche Hand
leisten.
Abgesehen hiervon erachten wir es aber für ganz dringend, daß die Re¬
gierungen energischer gegen die Agitation der Sozialisten vorgehn, und in
dieser Hinsicht könnten wir in Deutschland noch manches von unsern republi¬
kanischen Nachbarn, den Schweizern, lernen.
Während des ganzen Monats Juli fanden in Zürich Streiks statt:
Maurer, Metallarbeiter, Bäcker, namentlich aber die Arbeiter in der Auto¬
mobilfabrik Arbenz K Cie. in Albisrieden bei Zürich waren im Aufstande.
Da die Einigungsversuche zu keinem Resultate führten, und es in Albisrieden
und Umgebung zu groben Ausschreitungen der Streitenden kam, ergriff die
Züricher Negierung sofort energische Maßnahmen: sie berief ein Infanterie¬
regiment und eine Eskadron Kavallerie in Dienst und stellte ein Füsilier¬
bataillon auf Pikete, traf die strengsten Anordnungen zum Schutze der
Arbeitswilligen, und der städtische Polizeivorstand erließ am 19. Juli eine
Bekanntmachung, die wir als in hohem Grade nachahmenswert auch für die
Verhältnisse in Deutschland empfehlen möchten; es heißt da nämlich:
Der Regierungsrat des Kantons Zürich hat am 18. Juli in Anbetracht
1. daß es dem Regierungsrat zukommt, dafür zu sorgen, daß die in der Ver¬
fassung aufgestellten staatsbürgerlichen Grundsätze in ungehinderter Weise zur An¬
wendung gelangen, 2. daß in dem Vorgehen der Streikpostensteher eine ganz un¬
gebührliche Beeinträchtigung der durch die Verfassung garantierten persönlichen Freiheit
zu erblicken ist, welche Beeinträchtigung von der Behörde nicht geduldet werden
kann, das Streikpostenstehen bei Strafe des Ungehorsams verboten.
Von diesem Beschluß wird der Einwohnerschaft der Stadt Zürich damit
Kenntnis gegeben. Die kantonalen und städtischen Polizeiorgane sind mit der
strengsten Durchführung des Verbots beauftragt worden.
Ferner wird zur allgemeinen Kenntnis gebracht, daß nach den allgemeinen
Bestimmungen der mit den fremden Staaten abgeschlossenen Staatsverträge Aus¬
länder, welche sich Verbrechen oder Übertretungen polizeilicher Vorschriften schuldig
machen, ohne weiteres ausgewiesen werden können. Der Regierungsrat ist ge¬
willt, alle Ausländer, die in dieser kritischen Zeit durch verbrecherische oder
polizeilich zu ahndende Handlungen die öffentliche Ordnung stören, ohne weiteres
des Landes zu verweisen.
Dieses unbedingte Verbot des Streikpostenstehens ist es namentlich, das
wir als dringend empfehlenswert und notwendig erachten, und wenn die
schweizerische Gesetzgebung dazu eine Handhabe und die Berechtigung bietet,
so sollte es doch bei uns auch möglich sein. Der Terrorismus, der durch das
Streikpostenstehen und die dadurch bezweckte und meist erreichte Verhinderung
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