Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches dings die afrikanischen Truppen ebensogut wie die in Kiautschou als Marineteile Es wird nun der Vorschlag gemacht, das Kolonialamt in zwei selbständige Eine andre Frage ist die, ob das preußische Kriegsministerium diese neue Or¬ Empfindliche Leute in Deutschland haben sich durch die gegenseitigen Kom¬ Maßgebliches und Unmaßgebliches dings die afrikanischen Truppen ebensogut wie die in Kiautschou als Marineteile Es wird nun der Vorschlag gemacht, das Kolonialamt in zwei selbständige Eine andre Frage ist die, ob das preußische Kriegsministerium diese neue Or¬ Empfindliche Leute in Deutschland haben sich durch die gegenseitigen Kom¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0703" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/300490"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_2838" prev="#ID_2837"> dings die afrikanischen Truppen ebensogut wie die in Kiautschou als Marineteile<lb/> aufstellen, aber Kiautschou ist in erster Linie ein Flottenstützpunkt, in Afrika würde<lb/> die Marine mit Aufgaben belastet, die völlig außerhalb ihrer Sphäre liegen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2839"> Es wird nun der Vorschlag gemacht, das Kolonialamt in zwei selbständige<lb/> Ressorts zu teilen, von denen das eine die eigentliche Kolonialverwaltung, das andre<lb/> das Oberkommando der Schutztruppen umfassen solle. Um ein eignes Ressort<lb/> zu bilden, ist dieses wie gesagt dauernd auf die Armee angewiesne „Ober¬<lb/> kommando" doch nicht selbständig genug. Es würde das den Eindruck machen, als<lb/> schaffe man etwas Unnatürliches, nur um im Kolonialressort eine militärische Macht¬<lb/> fülle zu erhalten, bereichere man die bewaffnete Macht des Reiches neben der<lb/> Armee und der Marine noch um eine dritte, nichts weniger als ebenbürtige und<lb/> völlig unselbständige Instanz. Selbstverständlich würde es sich bei der Unterstellung<lb/> unter das Kriegsministerium nur um die Organisation und die Verwaltung der<lb/> Truppen handeln können, ihre Dislokation und Verwendung in den Schutzgebieten<lb/> bliebe Sache der Gouverneure, in einzelnen Punkten würde wohl auch der Generalstab<lb/> der Armee mitzusprechen haben, abermals ein Grund mehr, der für die Erhaltung des<lb/> Zusammenhangs zwischen diesen Truppen und dem Heere spricht. Der leitende Grund¬<lb/> gedanke wird immer der sein und bleiben müssen, daß nach Abtrennung der Polizei<lb/> (Gendarmerie) die eigentliche Garnison einen rein militärischen Charakter erhält,<lb/> den sie bei der voraussichtlich nun zu erwartenden längern Friedenszeit im engen<lb/> Zusammenhang mit der Armee am besten bewahren wird. Nachdem die bisherige<lb/> Verwaltungseinrichtung so vollständig versagt hat, wohl mehr als in der Öffent¬<lb/> lichkeit bekannt geworden ist, steht zu hoffen, daß nunmehr etwas dauernd brauchbares<lb/> geschaffen werden wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_2840"> Eine andre Frage ist die, ob das preußische Kriegsministerium diese neue Or¬<lb/> ganisation ohne weiteres derart in sich aufnehmen könnte, daß das „Oberkommando<lb/> der Schutztruppen" einfach in die Leipziger Straße zu Berlin verlegt wird. Bei der<lb/> Riesenansdehnung des Heeres und seiner Mobilmachungsvorbereitung ist das Kriegs¬<lb/> ministerium in allen seinen Teilen schon so überlastet, daß die afrikanischen Truppen<lb/> und ihr Oberkommando wahrscheinlich weder in die bestehenden Abteilungen des<lb/> Kriegsministeriums eingegliedert noch als besondre Abteilung einem Departement,<lb/> dem Allgemeinen Kriegsdepartement, zugewiesen werden könnten. Es würde sich<lb/> also wohl um ein neues Departement handeln, dessen Beziehungen zum Reichs¬<lb/> kanzler allerdings geordnet werden müßten. Dieses Departement würde aber<lb/> zu schaffen sein, gleichviel ob die Truppen unter Kolonialverwaltung bleiben oder<lb/> unter militärische Verwaltung treten. Das „Oberkommando" müßte sowieso auf¬<lb/> gelöst und in ein richtiges militärisches Verwaltungsdepartement umgewandelt<lb/> werden. Entweder bekommen wir also ein Kolonialamt mit einem Kolonialdepar¬<lb/> tement und einem militärischen Departement, an dem das Kriegsministerium beauf¬<lb/> sichtigend mitzuwirken hätte, oder es wird im Kriegsministerium ein neues Depar¬<lb/> tement für Kolonialtruppen errichtet, allerdings wohl unter wesentlicher persönlicher<lb/> Belastung des Kriegsministers. Im Interesse der Kolonialtruppen wie der Armee<lb/> ist diese Lösung jedoch bei weitem vorzuziehn. Die dienstlichen Beziehungen zwischen<lb/> dem Reichskanzler und dem Kriegsminister, die dabei in Frage kommen, werden sich<lb/> leicht ordnen lassen. Offiziere und Soldaten blieben dann aber auch in Afrika An¬<lb/> gehörige des Heeres.</p><lb/> <p xml:id="ID_2841" next="#ID_2842"> Empfindliche Leute in Deutschland haben sich durch die gegenseitigen Kom¬<lb/> plimentierungen unangenehm berührt gefühlt, in denen sich die Mittelmeermächte,<lb/> Spanien mit eingeschlossen, soeben bei verschiednen Anlässen ergangen haben, und<lb/> namentlich ist der italienischen Presse angekreidet worden, daß sie dabei abermals<lb/> eine starke Hinneigung zu Frankreich, zur Mittelmeer-Entente, und Abneigung gegen</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0703]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
dings die afrikanischen Truppen ebensogut wie die in Kiautschou als Marineteile
aufstellen, aber Kiautschou ist in erster Linie ein Flottenstützpunkt, in Afrika würde
die Marine mit Aufgaben belastet, die völlig außerhalb ihrer Sphäre liegen.
Es wird nun der Vorschlag gemacht, das Kolonialamt in zwei selbständige
Ressorts zu teilen, von denen das eine die eigentliche Kolonialverwaltung, das andre
das Oberkommando der Schutztruppen umfassen solle. Um ein eignes Ressort
zu bilden, ist dieses wie gesagt dauernd auf die Armee angewiesne „Ober¬
kommando" doch nicht selbständig genug. Es würde das den Eindruck machen, als
schaffe man etwas Unnatürliches, nur um im Kolonialressort eine militärische Macht¬
fülle zu erhalten, bereichere man die bewaffnete Macht des Reiches neben der
Armee und der Marine noch um eine dritte, nichts weniger als ebenbürtige und
völlig unselbständige Instanz. Selbstverständlich würde es sich bei der Unterstellung
unter das Kriegsministerium nur um die Organisation und die Verwaltung der
Truppen handeln können, ihre Dislokation und Verwendung in den Schutzgebieten
bliebe Sache der Gouverneure, in einzelnen Punkten würde wohl auch der Generalstab
der Armee mitzusprechen haben, abermals ein Grund mehr, der für die Erhaltung des
Zusammenhangs zwischen diesen Truppen und dem Heere spricht. Der leitende Grund¬
gedanke wird immer der sein und bleiben müssen, daß nach Abtrennung der Polizei
(Gendarmerie) die eigentliche Garnison einen rein militärischen Charakter erhält,
den sie bei der voraussichtlich nun zu erwartenden längern Friedenszeit im engen
Zusammenhang mit der Armee am besten bewahren wird. Nachdem die bisherige
Verwaltungseinrichtung so vollständig versagt hat, wohl mehr als in der Öffent¬
lichkeit bekannt geworden ist, steht zu hoffen, daß nunmehr etwas dauernd brauchbares
geschaffen werden wird.
Eine andre Frage ist die, ob das preußische Kriegsministerium diese neue Or¬
ganisation ohne weiteres derart in sich aufnehmen könnte, daß das „Oberkommando
der Schutztruppen" einfach in die Leipziger Straße zu Berlin verlegt wird. Bei der
Riesenansdehnung des Heeres und seiner Mobilmachungsvorbereitung ist das Kriegs¬
ministerium in allen seinen Teilen schon so überlastet, daß die afrikanischen Truppen
und ihr Oberkommando wahrscheinlich weder in die bestehenden Abteilungen des
Kriegsministeriums eingegliedert noch als besondre Abteilung einem Departement,
dem Allgemeinen Kriegsdepartement, zugewiesen werden könnten. Es würde sich
also wohl um ein neues Departement handeln, dessen Beziehungen zum Reichs¬
kanzler allerdings geordnet werden müßten. Dieses Departement würde aber
zu schaffen sein, gleichviel ob die Truppen unter Kolonialverwaltung bleiben oder
unter militärische Verwaltung treten. Das „Oberkommando" müßte sowieso auf¬
gelöst und in ein richtiges militärisches Verwaltungsdepartement umgewandelt
werden. Entweder bekommen wir also ein Kolonialamt mit einem Kolonialdepar¬
tement und einem militärischen Departement, an dem das Kriegsministerium beauf¬
sichtigend mitzuwirken hätte, oder es wird im Kriegsministerium ein neues Depar¬
tement für Kolonialtruppen errichtet, allerdings wohl unter wesentlicher persönlicher
Belastung des Kriegsministers. Im Interesse der Kolonialtruppen wie der Armee
ist diese Lösung jedoch bei weitem vorzuziehn. Die dienstlichen Beziehungen zwischen
dem Reichskanzler und dem Kriegsminister, die dabei in Frage kommen, werden sich
leicht ordnen lassen. Offiziere und Soldaten blieben dann aber auch in Afrika An¬
gehörige des Heeres.
Empfindliche Leute in Deutschland haben sich durch die gegenseitigen Kom¬
plimentierungen unangenehm berührt gefühlt, in denen sich die Mittelmeermächte,
Spanien mit eingeschlossen, soeben bei verschiednen Anlässen ergangen haben, und
namentlich ist der italienischen Presse angekreidet worden, daß sie dabei abermals
eine starke Hinneigung zu Frankreich, zur Mittelmeer-Entente, und Abneigung gegen
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