Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr.zahlreicher und verwickelter werdenden Gemeinde- und Verkehrsbedürfnisse zu Die Privatbillgesetzgebung ist etwas, das unser Verfassungsleben gar nicht ^. Freilich, schreibt Redlich, sei die Exekutive ausschließlich dem Xws w vourr und dem
WZ <Zg^^ vorbehalten, aber diese Ausschließung des Parlaments von der Exekutive sei .formell. In Wirklichkeit beherrsche das Unterhaus die Verwaltung einerseits dadurch, daß vouuoil, das Kabinett, tatsächlich der Exekutivausschuß des Hauses ist, und dann durch seine l^lechthin unbegrenzte legislative Kompetenz, die alle öffentlichen Vorgänge in den Bereich der Gesetzgebung zieht. zahlreicher und verwickelter werdenden Gemeinde- und Verkehrsbedürfnisse zu Die Privatbillgesetzgebung ist etwas, das unser Verfassungsleben gar nicht ^. Freilich, schreibt Redlich, sei die Exekutive ausschließlich dem Xws w vourr und dem
WZ <Zg^^ vorbehalten, aber diese Ausschließung des Parlaments von der Exekutive sei .formell. In Wirklichkeit beherrsche das Unterhaus die Verwaltung einerseits dadurch, daß vouuoil, das Kabinett, tatsächlich der Exekutivausschuß des Hauses ist, und dann durch seine l^lechthin unbegrenzte legislative Kompetenz, die alle öffentlichen Vorgänge in den Bereich der Gesetzgebung zieht. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0571" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/300358"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_2212" prev="#ID_2211"> zahlreicher und verwickelter werdenden Gemeinde- und Verkehrsbedürfnisse zu<lb/> befriedigen. Man scheidet demnach diese Privatbills in solche, die das Verkehrs¬<lb/> wesen betreffen (Eisenbahnen, Kanüle, Häfen. Tramways, Wasserwerke usw.),<lb/> und in Lokal-, wir würden sagen Kommunalbills. Diese haben Friedhof¬<lb/> anlagen. Pflasterung, Beleuchtung, Polizei, Assanierung, Stadt- und Graf-<lb/> Ichaftsverwaltung, Verkuppelung, Drainierung und viel andres zu Gegenständen,<lb/> ^e Arbeitslast ruht aber uicht auf dem Plenum des Hauses, das nur die<lb/> Formalitäten erledigt und dazu im Jahre 1902 z. B. von der ganzen Ver-<lb/> landlnngszeit nur 28 Stunden zu opfern brauchte, sondern auf den Mitgliedern<lb/> ^ Spezialausschüsse. Von dieser Arbeitslast, die nicht allein eine Unmasse<lb/> an technischem Wissen, sondern auch richterliche Praxis erfordere und richter-<lb/> Verantwortung auferlege, mache man sich, meint Redlich, auf dem<lb/> ontinent kaum einen Begriff. Darin müsse aber auch eine der unzerstörbaren<lb/> wurzeln der politischen Kraft und der realen Macht des englischen Parla¬<lb/> mentarismus erkannt werden. In der verantwortlichen und mühevollen ^und<lb/> nvesoldeten!^ Tätigkeit des ?rivg.es LuswöW liege auch ein den kontinentalen<lb/> ^olksvertretungen völlig fremdes ethisches Element des Parlamentarismus,<lb/> cum gerade diese im allgemeinen Staatsinteresse geübte Tätigkeit bringe dein<lb/> ageordneten das Gefühl seiner persönlichen Verpflichtung und Verantwortung<lb/> Zum Bewußtsein, das den innersten Kern des Verfassungslebens ausmachen<lb/> w^ß, „wenn die Verfassung nicht zur leeren Phrase, das Parlament nicht zu<lb/> !ner Arena ohnmächtiger Wichtigtuerei oder kleinlichen Gezänks werden soll."</p><lb/> <p xml:id="ID_2213" next="#ID_2214"> Die Privatbillgesetzgebung ist etwas, das unser Verfassungsleben gar nicht<lb/> eure; sie ist nichts weniger und nichts andres als die Zentralverwaltung, die<lb/> er uns von den Fachministerien geübt wird. Gesetzgebung und Verwaltung<lb/> ^"o in England nicht getrennt;"') die gesetzgebende Versammlung ist zugleich<lb/> e höchste Verwaltungsbehörde. Die Privatbillgesetzgebung wurzelt in der<lb/> y ^adanschanung des englischen Staatsrechts, „in der Grundregel von der<lb/> Alleinherrschaft des Rechts auf dem ganzen Gebiet alles öffentlichen Tuns,<lb/> er Lulg ok los 1^. Diese besagt, daß jede Anwendung öffentlicher Gewalt,<lb/> ö eichviel von welchem Staatsorgan sie geübt wird, auf spezieller gesetzlicher<lb/> ^'"ächtigung beruhen muß. Diese Anschauung führte schon auf den frühern<lb/> utwicklungsstufen der englischen Rechtsbildung dazu, daß auch jeder einzelne,<lb/> er in Verfolgung seines Sonderinteresses über die Sphäre des ihm durch das<lb/> Mammon Law zugewiesnen privaten Rechtskreises hinausstrebte, zur Legali-<lb/> Uernng Tuns einer besondern Erlaubnis des Gesetzgebers bedürfte. . . .</p><lb/> <note xml:id="FID_62" place="foot"> ^. Freilich, schreibt Redlich, sei die Exekutive ausschließlich dem Xws w vourr und dem<lb/> WZ <Zg^^ vorbehalten, aber diese Ausschließung des Parlaments von der Exekutive sei<lb/> .formell. In Wirklichkeit beherrsche das Unterhaus die Verwaltung einerseits dadurch, daß<lb/> vouuoil, das Kabinett, tatsächlich der Exekutivausschuß des Hauses ist, und dann durch seine<lb/> l^lechthin unbegrenzte legislative Kompetenz, die alle öffentlichen Vorgänge in den Bereich der<lb/> Gesetzgebung zieht.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0571]
zahlreicher und verwickelter werdenden Gemeinde- und Verkehrsbedürfnisse zu
befriedigen. Man scheidet demnach diese Privatbills in solche, die das Verkehrs¬
wesen betreffen (Eisenbahnen, Kanüle, Häfen. Tramways, Wasserwerke usw.),
und in Lokal-, wir würden sagen Kommunalbills. Diese haben Friedhof¬
anlagen. Pflasterung, Beleuchtung, Polizei, Assanierung, Stadt- und Graf-
Ichaftsverwaltung, Verkuppelung, Drainierung und viel andres zu Gegenständen,
^e Arbeitslast ruht aber uicht auf dem Plenum des Hauses, das nur die
Formalitäten erledigt und dazu im Jahre 1902 z. B. von der ganzen Ver-
landlnngszeit nur 28 Stunden zu opfern brauchte, sondern auf den Mitgliedern
^ Spezialausschüsse. Von dieser Arbeitslast, die nicht allein eine Unmasse
an technischem Wissen, sondern auch richterliche Praxis erfordere und richter-
Verantwortung auferlege, mache man sich, meint Redlich, auf dem
ontinent kaum einen Begriff. Darin müsse aber auch eine der unzerstörbaren
wurzeln der politischen Kraft und der realen Macht des englischen Parla¬
mentarismus erkannt werden. In der verantwortlichen und mühevollen ^und
nvesoldeten!^ Tätigkeit des ?rivg.es LuswöW liege auch ein den kontinentalen
^olksvertretungen völlig fremdes ethisches Element des Parlamentarismus,
cum gerade diese im allgemeinen Staatsinteresse geübte Tätigkeit bringe dein
ageordneten das Gefühl seiner persönlichen Verpflichtung und Verantwortung
Zum Bewußtsein, das den innersten Kern des Verfassungslebens ausmachen
w^ß, „wenn die Verfassung nicht zur leeren Phrase, das Parlament nicht zu
!ner Arena ohnmächtiger Wichtigtuerei oder kleinlichen Gezänks werden soll."
Die Privatbillgesetzgebung ist etwas, das unser Verfassungsleben gar nicht
eure; sie ist nichts weniger und nichts andres als die Zentralverwaltung, die
er uns von den Fachministerien geübt wird. Gesetzgebung und Verwaltung
^"o in England nicht getrennt;"') die gesetzgebende Versammlung ist zugleich
e höchste Verwaltungsbehörde. Die Privatbillgesetzgebung wurzelt in der
y ^adanschanung des englischen Staatsrechts, „in der Grundregel von der
Alleinherrschaft des Rechts auf dem ganzen Gebiet alles öffentlichen Tuns,
er Lulg ok los 1^. Diese besagt, daß jede Anwendung öffentlicher Gewalt,
ö eichviel von welchem Staatsorgan sie geübt wird, auf spezieller gesetzlicher
^'"ächtigung beruhen muß. Diese Anschauung führte schon auf den frühern
utwicklungsstufen der englischen Rechtsbildung dazu, daß auch jeder einzelne,
er in Verfolgung seines Sonderinteresses über die Sphäre des ihm durch das
Mammon Law zugewiesnen privaten Rechtskreises hinausstrebte, zur Legali-
Uernng Tuns einer besondern Erlaubnis des Gesetzgebers bedürfte. . . .
^. Freilich, schreibt Redlich, sei die Exekutive ausschließlich dem Xws w vourr und dem
WZ <Zg^^ vorbehalten, aber diese Ausschließung des Parlaments von der Exekutive sei
.formell. In Wirklichkeit beherrsche das Unterhaus die Verwaltung einerseits dadurch, daß
vouuoil, das Kabinett, tatsächlich der Exekutivausschuß des Hauses ist, und dann durch seine
l^lechthin unbegrenzte legislative Kompetenz, die alle öffentlichen Vorgänge in den Bereich der
Gesetzgebung zieht.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |