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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr.

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Geheime Verhandlungen mit Rom unter dem Ministerium Manteuffel

ganze Schuldigkeit tun wird, wenn die sozinldemokratische Partei einmal eine
Revolution versuchen sollte. Die Parteiführer werden das selbst wohl genau
wissen. Aber ist die Gefahr für das deutsche Volk darum nicht vorhanden?
Wenn der aktive Soldat erst in das Leben zurücktritt, wenn Not, Ent¬
täuschungen und die Kämpfe, die keinem Menschen erspart bleiben, an ihn heran¬
treten, ob dann der Idealismus, den ihm die Erziehung im Heere zu geben
versucht hat, standhält? Wenn schon ein steter Tropfen den Stein höhlt, wie
sollte dann das Gift nicht wirksam sein, das die sozialdemokratische Agitation
über ihn eimerweise ausgießt, noch dazu ohne Scheu, öffentlich und unter dem
Schutze der Gesetze des Staates, den sie verderben will! Dem kann nur der
Widerstand leisten, dem Gottesglaube und nationales Ehrgefühl tief im Herzen
sitzen. Wer diese aber einmal verloren hat, in den Jahren, in denen sich der
Charakter bildet, und das ist wohl meist vor dem zwanzigsten Jahre, der findet
sie später nicht wieder, am allerwenigsten unter den Einflüssen, denen das
deutsche Volk in unsrer Zeit ausgesetzt ist.

Unsre Schlachten im nächsten Kriege schlägt aber nicht das aktive Heer,
sondern das ganze deutsche Volk, und -- das vergesse man nicht -- die genialste
Heerführung, die glänzendste Organisation und Bewaffnung werden uns nicht
zum Siege führen, wenn nicht in der Schützenlinie Männer ihre Arbeit tun,
die in der Brust den Idealismus finde", der ihnen Kraft gibt, den furchtbaren
Eindrücken Widerstand zu leisten, die dort auf sie einstürmen. Das Volk wird
im nächsten Kriege siegen, das den festen Willen zum Siege und die sittliche
Kraft dazu mitbringt. Gebe Gott, daß unser Volk diese Prüfung, die früher
oder später einmal kommen wird, besteht.




Geheime Verhandlungen mit Rom unter dem
Ministerium Manteuffel
Heinrich von Ooschinger von

urch eine kürzliche Veröffentlichung aus dem Nachlasse des be¬
kannten Geheimagenten Staatsrat Georg Klindworth haben wir
das erste Wort gehört von den Verhandlungen, die dieser 1853
im Auftrage des Ministerpräsidenten Freiherrn von Manteuffel
mit dem Zwecke in Rom einleitete, in den kirchenpolitischen
Fragen einen bessern inoaus vivenäi zwischen der preußischen Regierung und
dem Heiligen Stuhl zustande zu bringen. Wir sind in der Lage, auf Grund
einiger geheimer Dokumente noch etwas mehr Licht über die kirchenpolitische
-Nission Klindworths zu verbreiten. Eine besondre Wichtigkeit legte der


Grenzboten III 1906 66
Geheime Verhandlungen mit Rom unter dem Ministerium Manteuffel

ganze Schuldigkeit tun wird, wenn die sozinldemokratische Partei einmal eine
Revolution versuchen sollte. Die Parteiführer werden das selbst wohl genau
wissen. Aber ist die Gefahr für das deutsche Volk darum nicht vorhanden?
Wenn der aktive Soldat erst in das Leben zurücktritt, wenn Not, Ent¬
täuschungen und die Kämpfe, die keinem Menschen erspart bleiben, an ihn heran¬
treten, ob dann der Idealismus, den ihm die Erziehung im Heere zu geben
versucht hat, standhält? Wenn schon ein steter Tropfen den Stein höhlt, wie
sollte dann das Gift nicht wirksam sein, das die sozialdemokratische Agitation
über ihn eimerweise ausgießt, noch dazu ohne Scheu, öffentlich und unter dem
Schutze der Gesetze des Staates, den sie verderben will! Dem kann nur der
Widerstand leisten, dem Gottesglaube und nationales Ehrgefühl tief im Herzen
sitzen. Wer diese aber einmal verloren hat, in den Jahren, in denen sich der
Charakter bildet, und das ist wohl meist vor dem zwanzigsten Jahre, der findet
sie später nicht wieder, am allerwenigsten unter den Einflüssen, denen das
deutsche Volk in unsrer Zeit ausgesetzt ist.

Unsre Schlachten im nächsten Kriege schlägt aber nicht das aktive Heer,
sondern das ganze deutsche Volk, und — das vergesse man nicht — die genialste
Heerführung, die glänzendste Organisation und Bewaffnung werden uns nicht
zum Siege führen, wenn nicht in der Schützenlinie Männer ihre Arbeit tun,
die in der Brust den Idealismus finde», der ihnen Kraft gibt, den furchtbaren
Eindrücken Widerstand zu leisten, die dort auf sie einstürmen. Das Volk wird
im nächsten Kriege siegen, das den festen Willen zum Siege und die sittliche
Kraft dazu mitbringt. Gebe Gott, daß unser Volk diese Prüfung, die früher
oder später einmal kommen wird, besteht.




Geheime Verhandlungen mit Rom unter dem
Ministerium Manteuffel
Heinrich von Ooschinger von

urch eine kürzliche Veröffentlichung aus dem Nachlasse des be¬
kannten Geheimagenten Staatsrat Georg Klindworth haben wir
das erste Wort gehört von den Verhandlungen, die dieser 1853
im Auftrage des Ministerpräsidenten Freiherrn von Manteuffel
mit dem Zwecke in Rom einleitete, in den kirchenpolitischen
Fragen einen bessern inoaus vivenäi zwischen der preußischen Regierung und
dem Heiligen Stuhl zustande zu bringen. Wir sind in der Lage, auf Grund
einiger geheimer Dokumente noch etwas mehr Licht über die kirchenpolitische
-Nission Klindworths zu verbreiten. Eine besondre Wichtigkeit legte der


Grenzboten III 1906 66
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[0505] Geheime Verhandlungen mit Rom unter dem Ministerium Manteuffel ganze Schuldigkeit tun wird, wenn die sozinldemokratische Partei einmal eine Revolution versuchen sollte. Die Parteiführer werden das selbst wohl genau wissen. Aber ist die Gefahr für das deutsche Volk darum nicht vorhanden? Wenn der aktive Soldat erst in das Leben zurücktritt, wenn Not, Ent¬ täuschungen und die Kämpfe, die keinem Menschen erspart bleiben, an ihn heran¬ treten, ob dann der Idealismus, den ihm die Erziehung im Heere zu geben versucht hat, standhält? Wenn schon ein steter Tropfen den Stein höhlt, wie sollte dann das Gift nicht wirksam sein, das die sozialdemokratische Agitation über ihn eimerweise ausgießt, noch dazu ohne Scheu, öffentlich und unter dem Schutze der Gesetze des Staates, den sie verderben will! Dem kann nur der Widerstand leisten, dem Gottesglaube und nationales Ehrgefühl tief im Herzen sitzen. Wer diese aber einmal verloren hat, in den Jahren, in denen sich der Charakter bildet, und das ist wohl meist vor dem zwanzigsten Jahre, der findet sie später nicht wieder, am allerwenigsten unter den Einflüssen, denen das deutsche Volk in unsrer Zeit ausgesetzt ist. Unsre Schlachten im nächsten Kriege schlägt aber nicht das aktive Heer, sondern das ganze deutsche Volk, und — das vergesse man nicht — die genialste Heerführung, die glänzendste Organisation und Bewaffnung werden uns nicht zum Siege führen, wenn nicht in der Schützenlinie Männer ihre Arbeit tun, die in der Brust den Idealismus finde», der ihnen Kraft gibt, den furchtbaren Eindrücken Widerstand zu leisten, die dort auf sie einstürmen. Das Volk wird im nächsten Kriege siegen, das den festen Willen zum Siege und die sittliche Kraft dazu mitbringt. Gebe Gott, daß unser Volk diese Prüfung, die früher oder später einmal kommen wird, besteht. Geheime Verhandlungen mit Rom unter dem Ministerium Manteuffel Heinrich von Ooschinger von urch eine kürzliche Veröffentlichung aus dem Nachlasse des be¬ kannten Geheimagenten Staatsrat Georg Klindworth haben wir das erste Wort gehört von den Verhandlungen, die dieser 1853 im Auftrage des Ministerpräsidenten Freiherrn von Manteuffel mit dem Zwecke in Rom einleitete, in den kirchenpolitischen Fragen einen bessern inoaus vivenäi zwischen der preußischen Regierung und dem Heiligen Stuhl zustande zu bringen. Wir sind in der Lage, auf Grund einiger geheimer Dokumente noch etwas mehr Licht über die kirchenpolitische -Nission Klindworths zu verbreiten. Eine besondre Wichtigkeit legte der Grenzboten III 1906 66

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299786/505>, abgerufen am 27.12.2024.