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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr.

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Allerlei aus einem Strafrechtskommentar der guten alten Jen

taufen lassen, sollen auch solche Bösewichte zu der Strafe des Schwertes ver¬
urteilt werden.

Unter die Laster, wodurch die göttliche Majestät verletzt wird, gehört auch
"das Meynaydt". Ein "Meynaydt" ist "ein mit leiblichem Aydt oder Schwur
bekräfftigte RkversnAo Lügen, welches aber nur von dem ^uramönto Ässsrtorio
gesagt werden kann, so eine beschehene Sach bekräftiget oder in Abrcd setzt,
dann durch ein ^uramsutuin xr0ini88orwin: wordurch kiinfftige Sach mit gutem
Vorhaben und wahrer Meynung aydtlich versprochen jedoch nachher nicht ge¬
halten wurde, wird Gott vor keinen Zeugen der Falschheit angeruffen". Das
letzte zieht deshalb nur nach Beschaffenheit der Umstände Geldstrafe, Keychen,
Verweisung, wo üblich auch Umkränzung der Eidestafel und Ausstellung vor
die Kirchtür nach sich. Der eigentliche Meineid wird in der Regel mit Ab¬
hauen des ersten Glieds der Schwurfinger und Abschneiden des vordem Endes
der Zunge bestraft. Ist aber durch Schuld des Meineidigen jemand um Leib
und Leben gestraft worden, so soll er mit derselben Strafe wie dieser bestraft
werden. Wer die geschworne Urfehde bricht, also dem geleisteten Eide zuwider
in das Land zurückkehrt, wird im ersten Falle mit Geldstrafe belegt, im Wieder¬
holungsfalle wird ihm die Hand oder die Schwursinger abgehauen, bei wieder¬
holtem Rückfalle wird er durch das Schwert vom Leben zum Tode gerichtet.

"Das oriinsu laesak NHestMs kann gegen die Päpstlichen und die Kayser-
lichen Majestäten des Heil. Römischen Reichs, auf Grund der Goldenen Bulle
auch gegen die Churfürsten des Römischen Reichs deutscher Nation und gegen
dieses selbst, nicht aber gegen die der Majestät entbehrenden Reichsstände be¬
gangen werden." Die männlichen Delinquenten werden in der Regel gevierteilt,
die weiblichen ertränkt, "ja, da der Schaden schwär und ärgerlich, wird die
Straff mit Schlaiffen und Zangenrissen vermehrt". Machen sich ganze Ge¬
meinden dieses Verbrechens schuldig, so sollen sie mit hundert Pfund Goldes
und Verlust ihrer kaiserlichen Freiheiten und Privilegien gestraft werden. Die
streitige Frage, ob sich ein Kleriker wegen Beleidigung weltlicher Majestät
strafbar machen könne, wird bejahend entschieden. Äußere sich die Beleidigung
in einer feindseligen Handlung gegen die Majestäten oder in der Begünstigung
ihrer Feinde, so wird das Delikt zum vrinrsn xsrcluellioiüs. Neben der Strafe
des Leibes und Lebens wird Vermögenskonfiskation und Infamie von Frau
und Kindern ausgesprochen.

Durch "Falschmünzerei" wird ebenfalls das orimM lassas NajeLwtis be¬
gangen. Sie ist mit dem Feuertode zu bestrafen. Dies wird nach richtiger
Meinung auch auf die Fälschung landesherrlicher Münzen erstreckt, während
die Fälschung andrer Münzen nur mit der Hinrichtung durch das Schwert ge¬
ahndet werden soll. Die Fälschung kann Schrot oder Korn (Form oder Materie)
oder beides betreffen, sie kann aber auch dadurch begangen werden, daß ein
nicht Münzberechtigter Münzen ausgibt, auch wenn die Münze von rechtem
Wert und Gewicht wäre. Willkürlich zu strafen ist der Münzberechtigte, der


Allerlei aus einem Strafrechtskommentar der guten alten Jen

taufen lassen, sollen auch solche Bösewichte zu der Strafe des Schwertes ver¬
urteilt werden.

Unter die Laster, wodurch die göttliche Majestät verletzt wird, gehört auch
„das Meynaydt". Ein „Meynaydt" ist „ein mit leiblichem Aydt oder Schwur
bekräfftigte RkversnAo Lügen, welches aber nur von dem ^uramönto Ässsrtorio
gesagt werden kann, so eine beschehene Sach bekräftiget oder in Abrcd setzt,
dann durch ein ^uramsutuin xr0ini88orwin: wordurch kiinfftige Sach mit gutem
Vorhaben und wahrer Meynung aydtlich versprochen jedoch nachher nicht ge¬
halten wurde, wird Gott vor keinen Zeugen der Falschheit angeruffen". Das
letzte zieht deshalb nur nach Beschaffenheit der Umstände Geldstrafe, Keychen,
Verweisung, wo üblich auch Umkränzung der Eidestafel und Ausstellung vor
die Kirchtür nach sich. Der eigentliche Meineid wird in der Regel mit Ab¬
hauen des ersten Glieds der Schwurfinger und Abschneiden des vordem Endes
der Zunge bestraft. Ist aber durch Schuld des Meineidigen jemand um Leib
und Leben gestraft worden, so soll er mit derselben Strafe wie dieser bestraft
werden. Wer die geschworne Urfehde bricht, also dem geleisteten Eide zuwider
in das Land zurückkehrt, wird im ersten Falle mit Geldstrafe belegt, im Wieder¬
holungsfalle wird ihm die Hand oder die Schwursinger abgehauen, bei wieder¬
holtem Rückfalle wird er durch das Schwert vom Leben zum Tode gerichtet.

„Das oriinsu laesak NHestMs kann gegen die Päpstlichen und die Kayser-
lichen Majestäten des Heil. Römischen Reichs, auf Grund der Goldenen Bulle
auch gegen die Churfürsten des Römischen Reichs deutscher Nation und gegen
dieses selbst, nicht aber gegen die der Majestät entbehrenden Reichsstände be¬
gangen werden." Die männlichen Delinquenten werden in der Regel gevierteilt,
die weiblichen ertränkt, „ja, da der Schaden schwär und ärgerlich, wird die
Straff mit Schlaiffen und Zangenrissen vermehrt". Machen sich ganze Ge¬
meinden dieses Verbrechens schuldig, so sollen sie mit hundert Pfund Goldes
und Verlust ihrer kaiserlichen Freiheiten und Privilegien gestraft werden. Die
streitige Frage, ob sich ein Kleriker wegen Beleidigung weltlicher Majestät
strafbar machen könne, wird bejahend entschieden. Äußere sich die Beleidigung
in einer feindseligen Handlung gegen die Majestäten oder in der Begünstigung
ihrer Feinde, so wird das Delikt zum vrinrsn xsrcluellioiüs. Neben der Strafe
des Leibes und Lebens wird Vermögenskonfiskation und Infamie von Frau
und Kindern ausgesprochen.

Durch „Falschmünzerei" wird ebenfalls das orimM lassas NajeLwtis be¬
gangen. Sie ist mit dem Feuertode zu bestrafen. Dies wird nach richtiger
Meinung auch auf die Fälschung landesherrlicher Münzen erstreckt, während
die Fälschung andrer Münzen nur mit der Hinrichtung durch das Schwert ge¬
ahndet werden soll. Die Fälschung kann Schrot oder Korn (Form oder Materie)
oder beides betreffen, sie kann aber auch dadurch begangen werden, daß ein
nicht Münzberechtigter Münzen ausgibt, auch wenn die Münze von rechtem
Wert und Gewicht wäre. Willkürlich zu strafen ist der Münzberechtigte, der


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[0412] Allerlei aus einem Strafrechtskommentar der guten alten Jen taufen lassen, sollen auch solche Bösewichte zu der Strafe des Schwertes ver¬ urteilt werden. Unter die Laster, wodurch die göttliche Majestät verletzt wird, gehört auch „das Meynaydt". Ein „Meynaydt" ist „ein mit leiblichem Aydt oder Schwur bekräfftigte RkversnAo Lügen, welches aber nur von dem ^uramönto Ässsrtorio gesagt werden kann, so eine beschehene Sach bekräftiget oder in Abrcd setzt, dann durch ein ^uramsutuin xr0ini88orwin: wordurch kiinfftige Sach mit gutem Vorhaben und wahrer Meynung aydtlich versprochen jedoch nachher nicht ge¬ halten wurde, wird Gott vor keinen Zeugen der Falschheit angeruffen". Das letzte zieht deshalb nur nach Beschaffenheit der Umstände Geldstrafe, Keychen, Verweisung, wo üblich auch Umkränzung der Eidestafel und Ausstellung vor die Kirchtür nach sich. Der eigentliche Meineid wird in der Regel mit Ab¬ hauen des ersten Glieds der Schwurfinger und Abschneiden des vordem Endes der Zunge bestraft. Ist aber durch Schuld des Meineidigen jemand um Leib und Leben gestraft worden, so soll er mit derselben Strafe wie dieser bestraft werden. Wer die geschworne Urfehde bricht, also dem geleisteten Eide zuwider in das Land zurückkehrt, wird im ersten Falle mit Geldstrafe belegt, im Wieder¬ holungsfalle wird ihm die Hand oder die Schwursinger abgehauen, bei wieder¬ holtem Rückfalle wird er durch das Schwert vom Leben zum Tode gerichtet. „Das oriinsu laesak NHestMs kann gegen die Päpstlichen und die Kayser- lichen Majestäten des Heil. Römischen Reichs, auf Grund der Goldenen Bulle auch gegen die Churfürsten des Römischen Reichs deutscher Nation und gegen dieses selbst, nicht aber gegen die der Majestät entbehrenden Reichsstände be¬ gangen werden." Die männlichen Delinquenten werden in der Regel gevierteilt, die weiblichen ertränkt, „ja, da der Schaden schwär und ärgerlich, wird die Straff mit Schlaiffen und Zangenrissen vermehrt". Machen sich ganze Ge¬ meinden dieses Verbrechens schuldig, so sollen sie mit hundert Pfund Goldes und Verlust ihrer kaiserlichen Freiheiten und Privilegien gestraft werden. Die streitige Frage, ob sich ein Kleriker wegen Beleidigung weltlicher Majestät strafbar machen könne, wird bejahend entschieden. Äußere sich die Beleidigung in einer feindseligen Handlung gegen die Majestäten oder in der Begünstigung ihrer Feinde, so wird das Delikt zum vrinrsn xsrcluellioiüs. Neben der Strafe des Leibes und Lebens wird Vermögenskonfiskation und Infamie von Frau und Kindern ausgesprochen. Durch „Falschmünzerei" wird ebenfalls das orimM lassas NajeLwtis be¬ gangen. Sie ist mit dem Feuertode zu bestrafen. Dies wird nach richtiger Meinung auch auf die Fälschung landesherrlicher Münzen erstreckt, während die Fälschung andrer Münzen nur mit der Hinrichtung durch das Schwert ge¬ ahndet werden soll. Die Fälschung kann Schrot oder Korn (Form oder Materie) oder beides betreffen, sie kann aber auch dadurch begangen werden, daß ein nicht Münzberechtigter Münzen ausgibt, auch wenn die Münze von rechtem Wert und Gewicht wäre. Willkürlich zu strafen ist der Münzberechtigte, der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299786/412>, abgerufen am 23.07.2024.