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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr.

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Bransteuererhöhung und Genoffenschaftsbrauereien

weitern Darlegung nicht bedürfen, da eine Differenzierung der Mitglieder der
Genossenschaft in bezug auf die Haftpflicht und die kapitalistische Beteiligung
bei diesen Formen nur sehr bedingt möglich ist, sondern hier überall nur die
gleiche sein kann, d. h. es müßten, wenn nicht juristisch ganz außerordentlich
komplizierte Bestimmungen getroffen werden sollten, was a unius abzuweisen
ist, sowohl die wohlhabenden als sogar die unbemittelten Mitglieder überall
mit demselben Maßstabe der Beteiligung und der Haft gemessen werden. Daß
dies nicht möglich ist, liegt auf der Hand.

Es bleibt also nur die beschränkte Haft übrig. Bei der Anwendung dieses
Prinzips würden ebenfalls wieder zwei Möglichkeiten vorhanden sein, nämlich
folgende: entweder wird das Schwergewicht auf die einzuzahlenden Geschäfts¬
anteile als solche oder aber auf die mit diesen Geschäftsanteilen verknüpften
Haftsummen gelegt, sodaß je nachdem beispielsweise der Geschäftsanteil auf
300 Mark und die Haftsumme auf denselben Betrag oder aber der Geschäfts¬
anteil auf nur 50 bis 100 Mark und die Haftsumme etwa auf 500 bis
1000 Mark festgesetzt werden könnte. Man wird nicht fehl gehn, wenn man
die Aufbringung barer Mittel durch direkte Einzahlung aus die Hastsummen
in bezug auf die Beträge, die dadurch sofort als Anlage- und Betriebskapital
beschafft werden könnten, nicht übermäßig hoch anschlüge. Andrerseits aber
werden sich Kreditgeber, die allein auf hohe Haftsummen hin der Genossenschaft
bedeutende Betrüge vorzustrecken oder zu kreditieren bereit sein sollten, wohl
kaum finden, da ja die Haftsummen vielfach nicht nur sehr schwer realisierbar
sein werden, und zwar zu einem sehr bedeutenden Prozentsatz, sondern außerdem
ja auch noch die Beitreibung der Haftsummen im Falle der Liquidation oder
des Konkurses geraume Zeit in Anspruch nimmt, sodaß -- wenn überhaupt --
die Kreditoren erst nach einer für kaufmännische Anschauungen sehr langen Zeit
ihr Geld erhalten würden. Um kurz zu resümieren: die beschränkte Haft wird
ebenfalls schon unter diesen Umständen kaum als geeignete Grundlage für die
Assoziativ" betrachtet werden können, und zwar um so weniger, wenn man
noch die ehelichen Güterrechtsverhältnisse, die gerade hierbei eine sehr bedeu¬
tende Rolle spielen, mit in Betracht zieht. Diese Betrachtungen waren nötig, um
das Augenmerk darauf zu lenken, wie überhaupt die Kreditfrage oder die Frage
der Kapitalbeschaffung gelöst werden könnte, wobei, wie auch noch weiter aus¬
zuführen sein wird, ferner ganz besondres Gewicht darauf zu legen ist, daß
nicht nur schon an und für sich ein recht bedeutendes Anlage- und Betriebs¬
kapital nötig sein wird, sondern daß das Unternehmen auch zweifellos mit
sehr bedeutender und langfristiger Kreditinanspruchnahme wird rechnen müssen,
die das Betriebskapital wahrscheinlich in außerordentlichem Umfange festlegen
würden: liegt ja doch gerade in diesem durch und durch ungesunden Kredit-
nicht Ge-, sondern Mißbrauch mit der Hauptgrund für das bedauerliche Über¬
maß an Gastwirtschaften aller Art, an denen namentlich unsre Großstädte zum
Unheil der Bevölkerung leiden. Nicht minder schwierig erscheint aber auch


Bransteuererhöhung und Genoffenschaftsbrauereien

weitern Darlegung nicht bedürfen, da eine Differenzierung der Mitglieder der
Genossenschaft in bezug auf die Haftpflicht und die kapitalistische Beteiligung
bei diesen Formen nur sehr bedingt möglich ist, sondern hier überall nur die
gleiche sein kann, d. h. es müßten, wenn nicht juristisch ganz außerordentlich
komplizierte Bestimmungen getroffen werden sollten, was a unius abzuweisen
ist, sowohl die wohlhabenden als sogar die unbemittelten Mitglieder überall
mit demselben Maßstabe der Beteiligung und der Haft gemessen werden. Daß
dies nicht möglich ist, liegt auf der Hand.

Es bleibt also nur die beschränkte Haft übrig. Bei der Anwendung dieses
Prinzips würden ebenfalls wieder zwei Möglichkeiten vorhanden sein, nämlich
folgende: entweder wird das Schwergewicht auf die einzuzahlenden Geschäfts¬
anteile als solche oder aber auf die mit diesen Geschäftsanteilen verknüpften
Haftsummen gelegt, sodaß je nachdem beispielsweise der Geschäftsanteil auf
300 Mark und die Haftsumme auf denselben Betrag oder aber der Geschäfts¬
anteil auf nur 50 bis 100 Mark und die Haftsumme etwa auf 500 bis
1000 Mark festgesetzt werden könnte. Man wird nicht fehl gehn, wenn man
die Aufbringung barer Mittel durch direkte Einzahlung aus die Hastsummen
in bezug auf die Beträge, die dadurch sofort als Anlage- und Betriebskapital
beschafft werden könnten, nicht übermäßig hoch anschlüge. Andrerseits aber
werden sich Kreditgeber, die allein auf hohe Haftsummen hin der Genossenschaft
bedeutende Betrüge vorzustrecken oder zu kreditieren bereit sein sollten, wohl
kaum finden, da ja die Haftsummen vielfach nicht nur sehr schwer realisierbar
sein werden, und zwar zu einem sehr bedeutenden Prozentsatz, sondern außerdem
ja auch noch die Beitreibung der Haftsummen im Falle der Liquidation oder
des Konkurses geraume Zeit in Anspruch nimmt, sodaß — wenn überhaupt —
die Kreditoren erst nach einer für kaufmännische Anschauungen sehr langen Zeit
ihr Geld erhalten würden. Um kurz zu resümieren: die beschränkte Haft wird
ebenfalls schon unter diesen Umständen kaum als geeignete Grundlage für die
Assoziativ» betrachtet werden können, und zwar um so weniger, wenn man
noch die ehelichen Güterrechtsverhältnisse, die gerade hierbei eine sehr bedeu¬
tende Rolle spielen, mit in Betracht zieht. Diese Betrachtungen waren nötig, um
das Augenmerk darauf zu lenken, wie überhaupt die Kreditfrage oder die Frage
der Kapitalbeschaffung gelöst werden könnte, wobei, wie auch noch weiter aus¬
zuführen sein wird, ferner ganz besondres Gewicht darauf zu legen ist, daß
nicht nur schon an und für sich ein recht bedeutendes Anlage- und Betriebs¬
kapital nötig sein wird, sondern daß das Unternehmen auch zweifellos mit
sehr bedeutender und langfristiger Kreditinanspruchnahme wird rechnen müssen,
die das Betriebskapital wahrscheinlich in außerordentlichem Umfange festlegen
würden: liegt ja doch gerade in diesem durch und durch ungesunden Kredit-
nicht Ge-, sondern Mißbrauch mit der Hauptgrund für das bedauerliche Über¬
maß an Gastwirtschaften aller Art, an denen namentlich unsre Großstädte zum
Unheil der Bevölkerung leiden. Nicht minder schwierig erscheint aber auch


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[0396] Bransteuererhöhung und Genoffenschaftsbrauereien weitern Darlegung nicht bedürfen, da eine Differenzierung der Mitglieder der Genossenschaft in bezug auf die Haftpflicht und die kapitalistische Beteiligung bei diesen Formen nur sehr bedingt möglich ist, sondern hier überall nur die gleiche sein kann, d. h. es müßten, wenn nicht juristisch ganz außerordentlich komplizierte Bestimmungen getroffen werden sollten, was a unius abzuweisen ist, sowohl die wohlhabenden als sogar die unbemittelten Mitglieder überall mit demselben Maßstabe der Beteiligung und der Haft gemessen werden. Daß dies nicht möglich ist, liegt auf der Hand. Es bleibt also nur die beschränkte Haft übrig. Bei der Anwendung dieses Prinzips würden ebenfalls wieder zwei Möglichkeiten vorhanden sein, nämlich folgende: entweder wird das Schwergewicht auf die einzuzahlenden Geschäfts¬ anteile als solche oder aber auf die mit diesen Geschäftsanteilen verknüpften Haftsummen gelegt, sodaß je nachdem beispielsweise der Geschäftsanteil auf 300 Mark und die Haftsumme auf denselben Betrag oder aber der Geschäfts¬ anteil auf nur 50 bis 100 Mark und die Haftsumme etwa auf 500 bis 1000 Mark festgesetzt werden könnte. Man wird nicht fehl gehn, wenn man die Aufbringung barer Mittel durch direkte Einzahlung aus die Hastsummen in bezug auf die Beträge, die dadurch sofort als Anlage- und Betriebskapital beschafft werden könnten, nicht übermäßig hoch anschlüge. Andrerseits aber werden sich Kreditgeber, die allein auf hohe Haftsummen hin der Genossenschaft bedeutende Betrüge vorzustrecken oder zu kreditieren bereit sein sollten, wohl kaum finden, da ja die Haftsummen vielfach nicht nur sehr schwer realisierbar sein werden, und zwar zu einem sehr bedeutenden Prozentsatz, sondern außerdem ja auch noch die Beitreibung der Haftsummen im Falle der Liquidation oder des Konkurses geraume Zeit in Anspruch nimmt, sodaß — wenn überhaupt — die Kreditoren erst nach einer für kaufmännische Anschauungen sehr langen Zeit ihr Geld erhalten würden. Um kurz zu resümieren: die beschränkte Haft wird ebenfalls schon unter diesen Umständen kaum als geeignete Grundlage für die Assoziativ» betrachtet werden können, und zwar um so weniger, wenn man noch die ehelichen Güterrechtsverhältnisse, die gerade hierbei eine sehr bedeu¬ tende Rolle spielen, mit in Betracht zieht. Diese Betrachtungen waren nötig, um das Augenmerk darauf zu lenken, wie überhaupt die Kreditfrage oder die Frage der Kapitalbeschaffung gelöst werden könnte, wobei, wie auch noch weiter aus¬ zuführen sein wird, ferner ganz besondres Gewicht darauf zu legen ist, daß nicht nur schon an und für sich ein recht bedeutendes Anlage- und Betriebs¬ kapital nötig sein wird, sondern daß das Unternehmen auch zweifellos mit sehr bedeutender und langfristiger Kreditinanspruchnahme wird rechnen müssen, die das Betriebskapital wahrscheinlich in außerordentlichem Umfange festlegen würden: liegt ja doch gerade in diesem durch und durch ungesunden Kredit- nicht Ge-, sondern Mißbrauch mit der Hauptgrund für das bedauerliche Über¬ maß an Gastwirtschaften aller Art, an denen namentlich unsre Großstädte zum Unheil der Bevölkerung leiden. Nicht minder schwierig erscheint aber auch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299786/396>, abgerufen am 23.07.2024.