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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

einen württembergischen Schulmeisterssohn, als Norweger "aus dem Christiansander
Geschlecht" bezeichnet, so müssen wir dagegen protestieren.

Überhaupt machen sich die spezifisch norwegischen Tendenzen des Verfassers
hie und da ein wenig gar zu aufdringlich bemerkbar. Daß er als Demokrat im
Grunde immer auf feiten Napoleons oder richtiger des Revolutionsmannes Bona¬
parte steht, wollen wir ihm nicht einmal verdenken. Er versäumt keine Gelegen¬
heit, die gekrönten Gegner seines Helden mit scharfer Ironie zu behandeln, so zum
Beispiel wenn er berichtet, "der immer Maß haltende Friedrich Wilhelm" habe
sich in der Schlacht bei Jena damit begnügt, vom Pferde zu fallen, oder wenn
er von der "asiatischen" Falschheit des Kaisers Alexander spricht. Aber nicht be¬
sonders geschmackvoll finden wir es, daß er (Bd. I, S. 51) eine Parallele zwischen
Napoleon und -- Björnson zieht, und daß er es als eine seiner Hauptaufgaben
betrachtet, Schweden und die Dynastie Bernadotte zu diskreditieren und lächerlich
zu machen. Wir geben ohne weiteres zu, daß Bernadotte kein Musterknabe war,
und daß er es, was die Treue gegen Napoleon anlangt, noch weniger genau nahm
als die übrigen Kreaturen des Korsen; wir hätten es dem Verfasser auch schon
geglaubt, wenn er es uns nur drei- oder viermal versichert hätte. Aber wir er¬
fahren es beinahe in jedem Abschnitt, und die Polemik gegen das schwedische
Königshaus wird ziemlich überflüssigerweise bis auf die jüngsten Ereignisse fort¬
geführt. Es macht beinahe den Eindruck, als läge den Norwegern daran, den
Staatsstreich, mit dem sie im letzten Sommer die Welt überrascht und durch den
sie Skandinavien, einst ein Reich dritten Ranges, in zwei Reiche sechsten Ranges
verwandelt haben, nachträglich zu rechtfertigen.

Aber diese Konzession an den politischen Fanatismus seiner Landsleute ist auch
das einzige, was wir an Kiellands Buch auszusetzen haben.

Bei dieser Gelegenheit sei noch erwähnt, daß in dem genannten Verlage auch
Kiellands Gesammelte Werke in deutscher Übersetzung und in würdiger Aus¬
stattung zu erscheinen begonnen haben. Der erste Band, der "Schiffer Worse"
und "Garman und Worse" enthält, liegt schon vor, er kostet geheftet 5 Mark und
gebunden 6 Mark. Die Ausgabe scheint uns ganz dazu angetan, dem Autor auch
i I. R. H. n Deutschland neue Freunde zu erwerben.






Zur Beachtung Mit dem nächsten Aeste beginnt diese Zeitschrift das 3. Vierteljahr ihres "5. Jahr¬
ganges. Sie ist durch alle Buchhandlungen und Mastanstalten des In- und Auslandes zu be-
ziehen. Preis sur das Vierteljahr " Mark. Mir bitten, die Gestellung schleunig zu erneuern. Unsre Keser machen wir noch besonders darauf aufmerksam, daß die Wrenzooten
regelmäßig jeden Donnerstag erscheinen. Wenn Unregelmäßigkeiten in der Kieferung,
besonders beim C>uartalwechsel, vorkommen, so bitten wir dringend, uns dies sofort
mitzuteilen, damit wir für Abhilfe forgen Können. S-ivzig, im Juni ISA- Die Verlagshandlung


Maßgebliches und Unmaßgebliches

einen württembergischen Schulmeisterssohn, als Norweger „aus dem Christiansander
Geschlecht" bezeichnet, so müssen wir dagegen protestieren.

Überhaupt machen sich die spezifisch norwegischen Tendenzen des Verfassers
hie und da ein wenig gar zu aufdringlich bemerkbar. Daß er als Demokrat im
Grunde immer auf feiten Napoleons oder richtiger des Revolutionsmannes Bona¬
parte steht, wollen wir ihm nicht einmal verdenken. Er versäumt keine Gelegen¬
heit, die gekrönten Gegner seines Helden mit scharfer Ironie zu behandeln, so zum
Beispiel wenn er berichtet, „der immer Maß haltende Friedrich Wilhelm" habe
sich in der Schlacht bei Jena damit begnügt, vom Pferde zu fallen, oder wenn
er von der „asiatischen" Falschheit des Kaisers Alexander spricht. Aber nicht be¬
sonders geschmackvoll finden wir es, daß er (Bd. I, S. 51) eine Parallele zwischen
Napoleon und — Björnson zieht, und daß er es als eine seiner Hauptaufgaben
betrachtet, Schweden und die Dynastie Bernadotte zu diskreditieren und lächerlich
zu machen. Wir geben ohne weiteres zu, daß Bernadotte kein Musterknabe war,
und daß er es, was die Treue gegen Napoleon anlangt, noch weniger genau nahm
als die übrigen Kreaturen des Korsen; wir hätten es dem Verfasser auch schon
geglaubt, wenn er es uns nur drei- oder viermal versichert hätte. Aber wir er¬
fahren es beinahe in jedem Abschnitt, und die Polemik gegen das schwedische
Königshaus wird ziemlich überflüssigerweise bis auf die jüngsten Ereignisse fort¬
geführt. Es macht beinahe den Eindruck, als läge den Norwegern daran, den
Staatsstreich, mit dem sie im letzten Sommer die Welt überrascht und durch den
sie Skandinavien, einst ein Reich dritten Ranges, in zwei Reiche sechsten Ranges
verwandelt haben, nachträglich zu rechtfertigen.

Aber diese Konzession an den politischen Fanatismus seiner Landsleute ist auch
das einzige, was wir an Kiellands Buch auszusetzen haben.

Bei dieser Gelegenheit sei noch erwähnt, daß in dem genannten Verlage auch
Kiellands Gesammelte Werke in deutscher Übersetzung und in würdiger Aus¬
stattung zu erscheinen begonnen haben. Der erste Band, der „Schiffer Worse"
und „Garman und Worse" enthält, liegt schon vor, er kostet geheftet 5 Mark und
gebunden 6 Mark. Die Ausgabe scheint uns ganz dazu angetan, dem Autor auch
i I. R. H. n Deutschland neue Freunde zu erwerben.






Zur Beachtung Mit dem nächsten Aeste beginnt diese Zeitschrift das 3. Vierteljahr ihres «5. Jahr¬
ganges. Sie ist durch alle Buchhandlungen und Mastanstalten des In- und Auslandes zu be-
ziehen. Preis sur das Vierteljahr « Mark. Mir bitten, die Gestellung schleunig zu erneuern. Unsre Keser machen wir noch besonders darauf aufmerksam, daß die Wrenzooten
regelmäßig jeden Donnerstag erscheinen. Wenn Unregelmäßigkeiten in der Kieferung,
besonders beim C>uartalwechsel, vorkommen, so bitten wir dringend, uns dies sofort
mitzuteilen, damit wir für Abhilfe forgen Können. S-ivzig, im Juni ISA- Die Verlagshandlung


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/740>, abgerufen am 27.12.2024.