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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.

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Der Bopparder Krieg

ein Einsehen haben und kein Sündengeld fordern, denn die Stadt ist in Bedrängnis,
und bei Kriegshändeln muß man ungebührlich tief in den Säckel greifen.

Dabei bliebs, die Sitzung wurde geschlossen, und die Väter der Stadt zer¬
streuten sich. Auf die Trinkstube gingen heute freilich nur wenige; die meisten
drängte es, das, was das eigne Herz bekümmerte, so schnell wie möglich daheim
und in der Nachbarschaft zu erzählen.

Um diese Zeit wanderte auf dem Leinpfade unter der Stadtmauer ein Mädchen
auf und nieder, warf ab und zu einen verstohlnen Blick zu dem Obergeschoß der
kurfürstlichen Burg empor und spähte, wenn sich ihr der Stadtknecht, der hier die
Wache hatte, näherte, rheinaufwärts, als ob sie von dort irgend etwas erwarte.

In der Burg war alles totenstill, der düstre Bau mit den vier Ecktürmchen
und dem die ganze Umgebung überragenden Hauptturm lag im Zwielicht des
Sommerabends so ruhig und friedlich da, als sei er ausgestorben oder beherberge
doch zum mindesten alles andre als eine kriegsbereite Besatzung. Das niedrige
Zollhaus daneben, von der Burg nur durch den Wassergraben getrennt, war der
kleinen Belagerungsmannschaft, die aus einem Dutzend städtischer Söldner bestand,
als Wachtlokal eingeräumt worden. Hier ging es lebhafter zu: die Helden saßen
mit Ausnahme des einen, der draußen auf dem Leinpfade patrouillierte, drinnen
auf Fässern und Kisten, verzehrten ihr Abendbrot und unterhielten sich mit Würfel¬
spiel. Sie hatten es sich der Hitze wegen bequem gemacht, Koller und Ringkrngen
abgelegt und Schwerter und Partisanen in eine Ecke gestellt.

Als der Wachthabende wieder bei dem Mädchen vorüberkam, blieb er stehn
und faßte sie näher ins Auge.

Jungfer Regina, sagte er, so spät noch hier draußen?

Ach, Ihr selbs, Bürveuich! erwiderte sie, indem sie sich den Anschein gab,
als habe sie den Stadtknecht jetzt erst erkannt, das trifft sich gut. Könnt Ihr
mir sagen, ob Just Wollenweber mit seinem Nachen schon von Wellmich zurück
ist? Er sollte der Frau Äbtissin Nelkenpflänzlein mitbringen, und weil ich morgen
doch auf das hohe Kloster muß, so könnte ich dem Alten wohl den Weg ersparen.

Just Wollenweber? Den hab ich nicht gesehen, antwortete Bürvenich, hab auch
erst seit dem Aveläuten die Wache. Will gleich einmal nachfragen. Er trat in die Tür
des Zollhauses und fragte: Hat einer heut Abend den Wollenweber gesehen?

Die Antwort mußte verneinend ausgefallen sein, denn er kehrte kopfschüttelnd
zu Regina zurück.

Wird sich wohl verspätet haben, meinte er.

Seht Ihr dort oben keinen Nachen? fragte das Mädchen. Ihr habt doch
schärfere Augen als ich.

Der Stadtknecht wandte sich nach dem Rhein um und reckte den Hals.

Tut mirs zuliebe und geht einmal bis zum Sandturm, da könnt Ihr bis
Kamp sehen, bat Regina.

Bürvenich zögerte einen Augenblick, stieß dann aber schnell entschlossen seine
Partisane in den Boden und rannte zu dem Turme, der als der am weitesten nach
dem Strome vorgeschobne Teil der Stadtbefestigung den Blick vom Leinpfade aus
rheinaufwärts behinderte.

Jetzt trat Regina dicht an den Burggraben und erhob den rechten Arm.

Da flog, von unsichtbarer Hand geschleudert, aus dem Giebelfenster der Burg
ein Stein herab, auf den ein zusammengefaltetes Blatt Papier gebunden war. Das
Mädchen schaute sich nach dem Zollhause um und bückte sich dann rasch nach dem
Steine, den sie sogleich in ihrer Gürteltasche verbarg.

Bürvenich kam von seinem Anflug zurück, trocknete sich mit dem Ärmel seines
Wamses den Schweiß von der Stirn und sagte:

Bis Kamp ist nichts zu sehen. Wer weiß, ob er heut noch zurückkommt!

Wenn er doch "och kommt, erwiderte Regina, so richtet ihm aus, er solle die
Pflänzlein in den Rebenstock bringen. Ich mag nicht länger mehr warten. Habt
Dank für Eure Bemühung!


Der Bopparder Krieg

ein Einsehen haben und kein Sündengeld fordern, denn die Stadt ist in Bedrängnis,
und bei Kriegshändeln muß man ungebührlich tief in den Säckel greifen.

Dabei bliebs, die Sitzung wurde geschlossen, und die Väter der Stadt zer¬
streuten sich. Auf die Trinkstube gingen heute freilich nur wenige; die meisten
drängte es, das, was das eigne Herz bekümmerte, so schnell wie möglich daheim
und in der Nachbarschaft zu erzählen.

Um diese Zeit wanderte auf dem Leinpfade unter der Stadtmauer ein Mädchen
auf und nieder, warf ab und zu einen verstohlnen Blick zu dem Obergeschoß der
kurfürstlichen Burg empor und spähte, wenn sich ihr der Stadtknecht, der hier die
Wache hatte, näherte, rheinaufwärts, als ob sie von dort irgend etwas erwarte.

In der Burg war alles totenstill, der düstre Bau mit den vier Ecktürmchen
und dem die ganze Umgebung überragenden Hauptturm lag im Zwielicht des
Sommerabends so ruhig und friedlich da, als sei er ausgestorben oder beherberge
doch zum mindesten alles andre als eine kriegsbereite Besatzung. Das niedrige
Zollhaus daneben, von der Burg nur durch den Wassergraben getrennt, war der
kleinen Belagerungsmannschaft, die aus einem Dutzend städtischer Söldner bestand,
als Wachtlokal eingeräumt worden. Hier ging es lebhafter zu: die Helden saßen
mit Ausnahme des einen, der draußen auf dem Leinpfade patrouillierte, drinnen
auf Fässern und Kisten, verzehrten ihr Abendbrot und unterhielten sich mit Würfel¬
spiel. Sie hatten es sich der Hitze wegen bequem gemacht, Koller und Ringkrngen
abgelegt und Schwerter und Partisanen in eine Ecke gestellt.

Als der Wachthabende wieder bei dem Mädchen vorüberkam, blieb er stehn
und faßte sie näher ins Auge.

Jungfer Regina, sagte er, so spät noch hier draußen?

Ach, Ihr selbs, Bürveuich! erwiderte sie, indem sie sich den Anschein gab,
als habe sie den Stadtknecht jetzt erst erkannt, das trifft sich gut. Könnt Ihr
mir sagen, ob Just Wollenweber mit seinem Nachen schon von Wellmich zurück
ist? Er sollte der Frau Äbtissin Nelkenpflänzlein mitbringen, und weil ich morgen
doch auf das hohe Kloster muß, so könnte ich dem Alten wohl den Weg ersparen.

Just Wollenweber? Den hab ich nicht gesehen, antwortete Bürvenich, hab auch
erst seit dem Aveläuten die Wache. Will gleich einmal nachfragen. Er trat in die Tür
des Zollhauses und fragte: Hat einer heut Abend den Wollenweber gesehen?

Die Antwort mußte verneinend ausgefallen sein, denn er kehrte kopfschüttelnd
zu Regina zurück.

Wird sich wohl verspätet haben, meinte er.

Seht Ihr dort oben keinen Nachen? fragte das Mädchen. Ihr habt doch
schärfere Augen als ich.

Der Stadtknecht wandte sich nach dem Rhein um und reckte den Hals.

Tut mirs zuliebe und geht einmal bis zum Sandturm, da könnt Ihr bis
Kamp sehen, bat Regina.

Bürvenich zögerte einen Augenblick, stieß dann aber schnell entschlossen seine
Partisane in den Boden und rannte zu dem Turme, der als der am weitesten nach
dem Strome vorgeschobne Teil der Stadtbefestigung den Blick vom Leinpfade aus
rheinaufwärts behinderte.

Jetzt trat Regina dicht an den Burggraben und erhob den rechten Arm.

Da flog, von unsichtbarer Hand geschleudert, aus dem Giebelfenster der Burg
ein Stein herab, auf den ein zusammengefaltetes Blatt Papier gebunden war. Das
Mädchen schaute sich nach dem Zollhause um und bückte sich dann rasch nach dem
Steine, den sie sogleich in ihrer Gürteltasche verbarg.

Bürvenich kam von seinem Anflug zurück, trocknete sich mit dem Ärmel seines
Wamses den Schweiß von der Stirn und sagte:

Bis Kamp ist nichts zu sehen. Wer weiß, ob er heut noch zurückkommt!

Wenn er doch »och kommt, erwiderte Regina, so richtet ihm aus, er solle die
Pflänzlein in den Rebenstock bringen. Ich mag nicht länger mehr warten. Habt
Dank für Eure Bemühung!


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[0614] Der Bopparder Krieg ein Einsehen haben und kein Sündengeld fordern, denn die Stadt ist in Bedrängnis, und bei Kriegshändeln muß man ungebührlich tief in den Säckel greifen. Dabei bliebs, die Sitzung wurde geschlossen, und die Väter der Stadt zer¬ streuten sich. Auf die Trinkstube gingen heute freilich nur wenige; die meisten drängte es, das, was das eigne Herz bekümmerte, so schnell wie möglich daheim und in der Nachbarschaft zu erzählen. Um diese Zeit wanderte auf dem Leinpfade unter der Stadtmauer ein Mädchen auf und nieder, warf ab und zu einen verstohlnen Blick zu dem Obergeschoß der kurfürstlichen Burg empor und spähte, wenn sich ihr der Stadtknecht, der hier die Wache hatte, näherte, rheinaufwärts, als ob sie von dort irgend etwas erwarte. In der Burg war alles totenstill, der düstre Bau mit den vier Ecktürmchen und dem die ganze Umgebung überragenden Hauptturm lag im Zwielicht des Sommerabends so ruhig und friedlich da, als sei er ausgestorben oder beherberge doch zum mindesten alles andre als eine kriegsbereite Besatzung. Das niedrige Zollhaus daneben, von der Burg nur durch den Wassergraben getrennt, war der kleinen Belagerungsmannschaft, die aus einem Dutzend städtischer Söldner bestand, als Wachtlokal eingeräumt worden. Hier ging es lebhafter zu: die Helden saßen mit Ausnahme des einen, der draußen auf dem Leinpfade patrouillierte, drinnen auf Fässern und Kisten, verzehrten ihr Abendbrot und unterhielten sich mit Würfel¬ spiel. Sie hatten es sich der Hitze wegen bequem gemacht, Koller und Ringkrngen abgelegt und Schwerter und Partisanen in eine Ecke gestellt. Als der Wachthabende wieder bei dem Mädchen vorüberkam, blieb er stehn und faßte sie näher ins Auge. Jungfer Regina, sagte er, so spät noch hier draußen? Ach, Ihr selbs, Bürveuich! erwiderte sie, indem sie sich den Anschein gab, als habe sie den Stadtknecht jetzt erst erkannt, das trifft sich gut. Könnt Ihr mir sagen, ob Just Wollenweber mit seinem Nachen schon von Wellmich zurück ist? Er sollte der Frau Äbtissin Nelkenpflänzlein mitbringen, und weil ich morgen doch auf das hohe Kloster muß, so könnte ich dem Alten wohl den Weg ersparen. Just Wollenweber? Den hab ich nicht gesehen, antwortete Bürvenich, hab auch erst seit dem Aveläuten die Wache. Will gleich einmal nachfragen. Er trat in die Tür des Zollhauses und fragte: Hat einer heut Abend den Wollenweber gesehen? Die Antwort mußte verneinend ausgefallen sein, denn er kehrte kopfschüttelnd zu Regina zurück. Wird sich wohl verspätet haben, meinte er. Seht Ihr dort oben keinen Nachen? fragte das Mädchen. Ihr habt doch schärfere Augen als ich. Der Stadtknecht wandte sich nach dem Rhein um und reckte den Hals. Tut mirs zuliebe und geht einmal bis zum Sandturm, da könnt Ihr bis Kamp sehen, bat Regina. Bürvenich zögerte einen Augenblick, stieß dann aber schnell entschlossen seine Partisane in den Boden und rannte zu dem Turme, der als der am weitesten nach dem Strome vorgeschobne Teil der Stadtbefestigung den Blick vom Leinpfade aus rheinaufwärts behinderte. Jetzt trat Regina dicht an den Burggraben und erhob den rechten Arm. Da flog, von unsichtbarer Hand geschleudert, aus dem Giebelfenster der Burg ein Stein herab, auf den ein zusammengefaltetes Blatt Papier gebunden war. Das Mädchen schaute sich nach dem Zollhause um und bückte sich dann rasch nach dem Steine, den sie sogleich in ihrer Gürteltasche verbarg. Bürvenich kam von seinem Anflug zurück, trocknete sich mit dem Ärmel seines Wamses den Schweiß von der Stirn und sagte: Bis Kamp ist nichts zu sehen. Wer weiß, ob er heut noch zurückkommt! Wenn er doch »och kommt, erwiderte Regina, so richtet ihm aus, er solle die Pflänzlein in den Rebenstock bringen. Ich mag nicht länger mehr warten. Habt Dank für Eure Bemühung!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/614>, abgerufen am 24.07.2024.