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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.

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von Bukurescht zum Goldner I^om

etwa dreizehn Kilometer langen Dammschüttung, in die sich vier weitgespannte
Brücken von 420 Metern über die Borcea, 660 und 900 Metern als Flut¬
brücken auf der Valtainselniederung und 750 Metern über die eigentliche Donau
einfügen. Die Hauptbrücke, an deren Ostausgang ein Dorobauze in marsch¬
mäßiger Ausrüstung als Monumentalfigur in Erz Posten steht, endet auf
dem Hochufer der Dobrudsha bei der Stadt Tschernowoda, auf deren Station
der allzu kurze Aufenthalt leider keine weiter:: Besichtigungen erlaubt. Der
Zug eilt noch zwei Stunden lang weiter durch die arme, verhältnismäßig öde
Dobrudsha, das Danaergeschenk des Berliner Kongresses an Rumänien, das als
Dank für seine tätige Hilfe im Türkenkriege Bessarabien bis zum Pruth an
Rußland hatte abtreten dürfen. König Carol hat aus der dürftigen baum¬
und wasserarmen Stcppenlandschaft, die sich nur für eine Weidewirtschaft gut
eignet, zu machen versucht, was er konnte. Im besondern ist der Hafen Kvnstanza
(Köstendshe) mit einem großen Aufwand von Kosten -- man sagt 61 Millionen-
Franken -- als rumänischer Handelshafen ausgebaut und durch die Eisenbahn
mit Bukurescht in Verbindung gebracht worden. Eine vom Staate subventio¬
nierte Dampferlinie, deren sehr gut eingerichtete und tadellos laufende Dampfer
von Kapitänen der rumänischen Marine geführt werden, vermittelt den Anschlu߬
verkehr nach Konstantinopel.

Konstanz" selber ist durchaus nicht mit so unwirtlichen Klima bedacht, wie
der in diese Gegend -- nach Tomi -- verbannte Ovid klagt. Es ist sogar,
ein wenig allerdings durch Hofgunst dazu befördert, zum fashionabeln Badeort
geworden und scheint sich, amphitheatralisch am Hochufer der Bucht aufgebaut
und hübsch liegend, auch ganz gut dazu zu eignen. Und die Hotelwirte ver-
stehn nach dem, was der gedruckte Reiseführer und eine neue Reisebekanntschaft
sagten, durchaus, die Höhe ihrer Preise der andrer anzupassen. Wie weit es
gelingen wird, die Erwartungen einer sehr weitschauenden Verkehrspolitik zu
rechtfertigen und die vielen in Eisenbahn, Donaubrücke und Hafenbauten an¬
gelegten Millionen rentabel zu machen, steht noch dahin. Ein leitender Grund¬
satz für die Gesamtanlage war, den Durchgangsverkehr nach Konstantinopel
durch Verbilligung der Fahrpreise unter Ausnutzung der billigen ungarischen
Staffeltarife und Herstellung der bequemsten Reisegelegenheit zum großen Teil an
sich zu ziehn und Rumänien selber dadurch in engere Verbindung mit Mittel¬
europa zu bringen. Wir haben davon Vorteil gezogen und durch Einrichtung
unsers Fahrplans ganz oberflächliche Kenntnis von Land und Leuten gewinnen
können. Und wie wir, wird sich vielleicht mancher andre Reisende veranlaßt
sehen, einige Franken in Rumänien zu lassen. Bietet doch die Durchfahrt durch
Rumänien völlige Sicherheit gegenüber der auch im Eisenbahnbetrieb herrschenden
Unsicherheit in Rumelien. Außerdem hat der von Norden kommende Reisende
den Vorteil, nach bequemer Nachtfahrt auf dein Dampfer gegen Mittag nach
der Einfahrt in den Bosporus an dessen überaus malerischen Gestaden und
nltehrwürdigen Ruinen offnen Auges vorbeizugleiten.

Bei unsrer Fahrt durch die Dobrudsha setzten uns Schneemassen in Er¬
staunen, die auf beiden Seiten bis zu Stockwerkshöhe aufgeschaufelt waren,
dem Zug nur einen schmalen Durchgang ließen und erst kurz vor Konstanz"


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etwa dreizehn Kilometer langen Dammschüttung, in die sich vier weitgespannte
Brücken von 420 Metern über die Borcea, 660 und 900 Metern als Flut¬
brücken auf der Valtainselniederung und 750 Metern über die eigentliche Donau
einfügen. Die Hauptbrücke, an deren Ostausgang ein Dorobauze in marsch¬
mäßiger Ausrüstung als Monumentalfigur in Erz Posten steht, endet auf
dem Hochufer der Dobrudsha bei der Stadt Tschernowoda, auf deren Station
der allzu kurze Aufenthalt leider keine weiter:: Besichtigungen erlaubt. Der
Zug eilt noch zwei Stunden lang weiter durch die arme, verhältnismäßig öde
Dobrudsha, das Danaergeschenk des Berliner Kongresses an Rumänien, das als
Dank für seine tätige Hilfe im Türkenkriege Bessarabien bis zum Pruth an
Rußland hatte abtreten dürfen. König Carol hat aus der dürftigen baum¬
und wasserarmen Stcppenlandschaft, die sich nur für eine Weidewirtschaft gut
eignet, zu machen versucht, was er konnte. Im besondern ist der Hafen Kvnstanza
(Köstendshe) mit einem großen Aufwand von Kosten — man sagt 61 Millionen-
Franken — als rumänischer Handelshafen ausgebaut und durch die Eisenbahn
mit Bukurescht in Verbindung gebracht worden. Eine vom Staate subventio¬
nierte Dampferlinie, deren sehr gut eingerichtete und tadellos laufende Dampfer
von Kapitänen der rumänischen Marine geführt werden, vermittelt den Anschlu߬
verkehr nach Konstantinopel.

Konstanz» selber ist durchaus nicht mit so unwirtlichen Klima bedacht, wie
der in diese Gegend — nach Tomi — verbannte Ovid klagt. Es ist sogar,
ein wenig allerdings durch Hofgunst dazu befördert, zum fashionabeln Badeort
geworden und scheint sich, amphitheatralisch am Hochufer der Bucht aufgebaut
und hübsch liegend, auch ganz gut dazu zu eignen. Und die Hotelwirte ver-
stehn nach dem, was der gedruckte Reiseführer und eine neue Reisebekanntschaft
sagten, durchaus, die Höhe ihrer Preise der andrer anzupassen. Wie weit es
gelingen wird, die Erwartungen einer sehr weitschauenden Verkehrspolitik zu
rechtfertigen und die vielen in Eisenbahn, Donaubrücke und Hafenbauten an¬
gelegten Millionen rentabel zu machen, steht noch dahin. Ein leitender Grund¬
satz für die Gesamtanlage war, den Durchgangsverkehr nach Konstantinopel
durch Verbilligung der Fahrpreise unter Ausnutzung der billigen ungarischen
Staffeltarife und Herstellung der bequemsten Reisegelegenheit zum großen Teil an
sich zu ziehn und Rumänien selber dadurch in engere Verbindung mit Mittel¬
europa zu bringen. Wir haben davon Vorteil gezogen und durch Einrichtung
unsers Fahrplans ganz oberflächliche Kenntnis von Land und Leuten gewinnen
können. Und wie wir, wird sich vielleicht mancher andre Reisende veranlaßt
sehen, einige Franken in Rumänien zu lassen. Bietet doch die Durchfahrt durch
Rumänien völlige Sicherheit gegenüber der auch im Eisenbahnbetrieb herrschenden
Unsicherheit in Rumelien. Außerdem hat der von Norden kommende Reisende
den Vorteil, nach bequemer Nachtfahrt auf dein Dampfer gegen Mittag nach
der Einfahrt in den Bosporus an dessen überaus malerischen Gestaden und
nltehrwürdigen Ruinen offnen Auges vorbeizugleiten.

Bei unsrer Fahrt durch die Dobrudsha setzten uns Schneemassen in Er¬
staunen, die auf beiden Seiten bis zu Stockwerkshöhe aufgeschaufelt waren,
dem Zug nur einen schmalen Durchgang ließen und erst kurz vor Konstanz«


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[0599] von Bukurescht zum Goldner I^om etwa dreizehn Kilometer langen Dammschüttung, in die sich vier weitgespannte Brücken von 420 Metern über die Borcea, 660 und 900 Metern als Flut¬ brücken auf der Valtainselniederung und 750 Metern über die eigentliche Donau einfügen. Die Hauptbrücke, an deren Ostausgang ein Dorobauze in marsch¬ mäßiger Ausrüstung als Monumentalfigur in Erz Posten steht, endet auf dem Hochufer der Dobrudsha bei der Stadt Tschernowoda, auf deren Station der allzu kurze Aufenthalt leider keine weiter:: Besichtigungen erlaubt. Der Zug eilt noch zwei Stunden lang weiter durch die arme, verhältnismäßig öde Dobrudsha, das Danaergeschenk des Berliner Kongresses an Rumänien, das als Dank für seine tätige Hilfe im Türkenkriege Bessarabien bis zum Pruth an Rußland hatte abtreten dürfen. König Carol hat aus der dürftigen baum¬ und wasserarmen Stcppenlandschaft, die sich nur für eine Weidewirtschaft gut eignet, zu machen versucht, was er konnte. Im besondern ist der Hafen Kvnstanza (Köstendshe) mit einem großen Aufwand von Kosten — man sagt 61 Millionen- Franken — als rumänischer Handelshafen ausgebaut und durch die Eisenbahn mit Bukurescht in Verbindung gebracht worden. Eine vom Staate subventio¬ nierte Dampferlinie, deren sehr gut eingerichtete und tadellos laufende Dampfer von Kapitänen der rumänischen Marine geführt werden, vermittelt den Anschlu߬ verkehr nach Konstantinopel. Konstanz» selber ist durchaus nicht mit so unwirtlichen Klima bedacht, wie der in diese Gegend — nach Tomi — verbannte Ovid klagt. Es ist sogar, ein wenig allerdings durch Hofgunst dazu befördert, zum fashionabeln Badeort geworden und scheint sich, amphitheatralisch am Hochufer der Bucht aufgebaut und hübsch liegend, auch ganz gut dazu zu eignen. Und die Hotelwirte ver- stehn nach dem, was der gedruckte Reiseführer und eine neue Reisebekanntschaft sagten, durchaus, die Höhe ihrer Preise der andrer anzupassen. Wie weit es gelingen wird, die Erwartungen einer sehr weitschauenden Verkehrspolitik zu rechtfertigen und die vielen in Eisenbahn, Donaubrücke und Hafenbauten an¬ gelegten Millionen rentabel zu machen, steht noch dahin. Ein leitender Grund¬ satz für die Gesamtanlage war, den Durchgangsverkehr nach Konstantinopel durch Verbilligung der Fahrpreise unter Ausnutzung der billigen ungarischen Staffeltarife und Herstellung der bequemsten Reisegelegenheit zum großen Teil an sich zu ziehn und Rumänien selber dadurch in engere Verbindung mit Mittel¬ europa zu bringen. Wir haben davon Vorteil gezogen und durch Einrichtung unsers Fahrplans ganz oberflächliche Kenntnis von Land und Leuten gewinnen können. Und wie wir, wird sich vielleicht mancher andre Reisende veranlaßt sehen, einige Franken in Rumänien zu lassen. Bietet doch die Durchfahrt durch Rumänien völlige Sicherheit gegenüber der auch im Eisenbahnbetrieb herrschenden Unsicherheit in Rumelien. Außerdem hat der von Norden kommende Reisende den Vorteil, nach bequemer Nachtfahrt auf dein Dampfer gegen Mittag nach der Einfahrt in den Bosporus an dessen überaus malerischen Gestaden und nltehrwürdigen Ruinen offnen Auges vorbeizugleiten. Bei unsrer Fahrt durch die Dobrudsha setzten uns Schneemassen in Er¬ staunen, die auf beiden Seiten bis zu Stockwerkshöhe aufgeschaufelt waren, dem Zug nur einen schmalen Durchgang ließen und erst kurz vor Konstanz«

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/599>, abgerufen am 27.12.2024.