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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.

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vom jungen Dürer

drohenden Gefahren erretten kann, der ist er nicht. Bequemer und wirksamer
als Chamberlain führt Kant von Dr. M. Kronenberg sin dritter, revidierter
Auflage 1905 bei C. H. Beck in München erschienen) in Kants Lehren und
Weltanschauung ein. Als Hilfsmittel sind auch desselben Verfassers (im gleichen
Verlag 1905 erschienene) Ethische Präludien zu gebrauchen. Die erste und
die zweite der darin zusammengestellten Abhandlungen sind überschrieben: "Die
Kantische Gedankenrevolution und die Ethik; Die Ethik Goethes." Zum Schluß
sei noch das Buch erwähnt: Schiller als Philosoph und seine Beziehung
zu Kant. Festgabe der "Kantstudien" mit Beiträgen von R. Eucken, O. Lieb¬
mann, W. Windelband, I. Cohn. F. A. Schund, Tim Klein, V. Bauch und
H. Vaihinger herausgegeben von Hans Vaihinger und Bruno Bauch.
Mit drei Schillerporträts. (Berlin, Reuther und Reichard, 1905.) Jonas Cohns
Beitrag ist überschrieben: "Das Kantische Element in Goethes Weltanschauung;
Schillers philosophischer Einfluß auf Goethe."




Vom jungen Dürer

MKA
G?)
MMWi
GWs bereitet sich ein Kampf um Dürer vor. Die Parteien treten
! schon sichtbar auseinander: hier Dürerbund, Kunstwart, Massen¬
auflagen, dort kunsthistorisches Übungszimmer und vornehme
Publikation; hier Verlangen nach tiefster Bestätigung der eignen
Arbeitsmeise und Charakterbildung durch die beste deutsche Speise,
dort Gesättigtsein von der "großen Gebärde" Raffaels und Tizians und Auf¬
spüren von Entlehnungen; hier die immer neue Erfahrung, von Dürers Wesen
lernen zu können, dort nur das Interesse für das mehr oder weniger "Krause"
oder angeblich Jtalienisierende seiner Formgebung; hier die Verehrung der
Apostel als der größten Tat der deutschen Kunst, dort die frostige Anerkennung
für sie: Cinquecento! Auf welcher Seite ist das bessere Verständnis Dürers,
bei den Literaten, Kulturhistorikern, "uns Wilden", oder bei den 1'art xour
1'g.re-Historikern? Und wem ist Dürer mehr?

In diesem Zwiespalt wird auf beiden Seiten nur der willkommen geheißen
werden, der deutliche Beiträge zu einer sichern Kenntnis Dürers liefert. Einen
solchen Beitrag wenigstens entnehmen wir mit lebhaftem Danke den soeben er¬
schienenen Studien von Werner Weisbach: "Der junge Dürer". ^) Zwar lehnen
wir den Titel des Buches als zu viel versprechend ab, meinen auch, daß sich
die vom jungen Goethe herübergenoinmncn Begriffe wohl noch tiefer hätten
herausarbeiten lassen, zumal in der dritten Studie, die von Dürers "Sturm
und Drang" nur wenig verrät. Belehrend aber, trotz vielem Zweifelhaften
und manchen Irrtümern, darf der zweite Aufsatz genannt werden, und wirk¬
liche Förderung bringt der erste.



Der junge Dürer. Drei Studien von Werner Weisbach. Mit 31 Abbildungen in
Netz- und Strichätzung und einer Lichtdrucktasel. Leipzig 1SV6, Verlng von Karl W. Hiersemcmn.
16 Mark.
vom jungen Dürer

drohenden Gefahren erretten kann, der ist er nicht. Bequemer und wirksamer
als Chamberlain führt Kant von Dr. M. Kronenberg sin dritter, revidierter
Auflage 1905 bei C. H. Beck in München erschienen) in Kants Lehren und
Weltanschauung ein. Als Hilfsmittel sind auch desselben Verfassers (im gleichen
Verlag 1905 erschienene) Ethische Präludien zu gebrauchen. Die erste und
die zweite der darin zusammengestellten Abhandlungen sind überschrieben: „Die
Kantische Gedankenrevolution und die Ethik; Die Ethik Goethes." Zum Schluß
sei noch das Buch erwähnt: Schiller als Philosoph und seine Beziehung
zu Kant. Festgabe der „Kantstudien" mit Beiträgen von R. Eucken, O. Lieb¬
mann, W. Windelband, I. Cohn. F. A. Schund, Tim Klein, V. Bauch und
H. Vaihinger herausgegeben von Hans Vaihinger und Bruno Bauch.
Mit drei Schillerporträts. (Berlin, Reuther und Reichard, 1905.) Jonas Cohns
Beitrag ist überschrieben: „Das Kantische Element in Goethes Weltanschauung;
Schillers philosophischer Einfluß auf Goethe."




Vom jungen Dürer

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GWs bereitet sich ein Kampf um Dürer vor. Die Parteien treten
! schon sichtbar auseinander: hier Dürerbund, Kunstwart, Massen¬
auflagen, dort kunsthistorisches Übungszimmer und vornehme
Publikation; hier Verlangen nach tiefster Bestätigung der eignen
Arbeitsmeise und Charakterbildung durch die beste deutsche Speise,
dort Gesättigtsein von der „großen Gebärde" Raffaels und Tizians und Auf¬
spüren von Entlehnungen; hier die immer neue Erfahrung, von Dürers Wesen
lernen zu können, dort nur das Interesse für das mehr oder weniger „Krause"
oder angeblich Jtalienisierende seiner Formgebung; hier die Verehrung der
Apostel als der größten Tat der deutschen Kunst, dort die frostige Anerkennung
für sie: Cinquecento! Auf welcher Seite ist das bessere Verständnis Dürers,
bei den Literaten, Kulturhistorikern, „uns Wilden", oder bei den 1'art xour
1'g.re-Historikern? Und wem ist Dürer mehr?

In diesem Zwiespalt wird auf beiden Seiten nur der willkommen geheißen
werden, der deutliche Beiträge zu einer sichern Kenntnis Dürers liefert. Einen
solchen Beitrag wenigstens entnehmen wir mit lebhaftem Danke den soeben er¬
schienenen Studien von Werner Weisbach: „Der junge Dürer". ^) Zwar lehnen
wir den Titel des Buches als zu viel versprechend ab, meinen auch, daß sich
die vom jungen Goethe herübergenoinmncn Begriffe wohl noch tiefer hätten
herausarbeiten lassen, zumal in der dritten Studie, die von Dürers „Sturm
und Drang" nur wenig verrät. Belehrend aber, trotz vielem Zweifelhaften
und manchen Irrtümern, darf der zweite Aufsatz genannt werden, und wirk¬
liche Förderung bringt der erste.



Der junge Dürer. Drei Studien von Werner Weisbach. Mit 31 Abbildungen in
Netz- und Strichätzung und einer Lichtdrucktasel. Leipzig 1SV6, Verlng von Karl W. Hiersemcmn.
16 Mark.
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[0536] vom jungen Dürer drohenden Gefahren erretten kann, der ist er nicht. Bequemer und wirksamer als Chamberlain führt Kant von Dr. M. Kronenberg sin dritter, revidierter Auflage 1905 bei C. H. Beck in München erschienen) in Kants Lehren und Weltanschauung ein. Als Hilfsmittel sind auch desselben Verfassers (im gleichen Verlag 1905 erschienene) Ethische Präludien zu gebrauchen. Die erste und die zweite der darin zusammengestellten Abhandlungen sind überschrieben: „Die Kantische Gedankenrevolution und die Ethik; Die Ethik Goethes." Zum Schluß sei noch das Buch erwähnt: Schiller als Philosoph und seine Beziehung zu Kant. Festgabe der „Kantstudien" mit Beiträgen von R. Eucken, O. Lieb¬ mann, W. Windelband, I. Cohn. F. A. Schund, Tim Klein, V. Bauch und H. Vaihinger herausgegeben von Hans Vaihinger und Bruno Bauch. Mit drei Schillerporträts. (Berlin, Reuther und Reichard, 1905.) Jonas Cohns Beitrag ist überschrieben: „Das Kantische Element in Goethes Weltanschauung; Schillers philosophischer Einfluß auf Goethe." Vom jungen Dürer MKA G?) MMWi GWs bereitet sich ein Kampf um Dürer vor. Die Parteien treten ! schon sichtbar auseinander: hier Dürerbund, Kunstwart, Massen¬ auflagen, dort kunsthistorisches Übungszimmer und vornehme Publikation; hier Verlangen nach tiefster Bestätigung der eignen Arbeitsmeise und Charakterbildung durch die beste deutsche Speise, dort Gesättigtsein von der „großen Gebärde" Raffaels und Tizians und Auf¬ spüren von Entlehnungen; hier die immer neue Erfahrung, von Dürers Wesen lernen zu können, dort nur das Interesse für das mehr oder weniger „Krause" oder angeblich Jtalienisierende seiner Formgebung; hier die Verehrung der Apostel als der größten Tat der deutschen Kunst, dort die frostige Anerkennung für sie: Cinquecento! Auf welcher Seite ist das bessere Verständnis Dürers, bei den Literaten, Kulturhistorikern, „uns Wilden", oder bei den 1'art xour 1'g.re-Historikern? Und wem ist Dürer mehr? In diesem Zwiespalt wird auf beiden Seiten nur der willkommen geheißen werden, der deutliche Beiträge zu einer sichern Kenntnis Dürers liefert. Einen solchen Beitrag wenigstens entnehmen wir mit lebhaftem Danke den soeben er¬ schienenen Studien von Werner Weisbach: „Der junge Dürer". ^) Zwar lehnen wir den Titel des Buches als zu viel versprechend ab, meinen auch, daß sich die vom jungen Goethe herübergenoinmncn Begriffe wohl noch tiefer hätten herausarbeiten lassen, zumal in der dritten Studie, die von Dürers „Sturm und Drang" nur wenig verrät. Belehrend aber, trotz vielem Zweifelhaften und manchen Irrtümern, darf der zweite Aufsatz genannt werden, und wirk¬ liche Förderung bringt der erste. Der junge Dürer. Drei Studien von Werner Weisbach. Mit 31 Abbildungen in Netz- und Strichätzung und einer Lichtdrucktasel. Leipzig 1SV6, Verlng von Karl W. Hiersemcmn. 16 Mark.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/536>, abgerufen am 24.07.2024.