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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Es sei hier eingeschoben, daß inzwischen eine am 15. Oktober 1905 eröffnete
zweite Eisenbahn von der Küste her in diese Gegenden führt. Südlich von Ptole-
mais (Akkon), am Fuße des sagenberühmten Karmelberges, liegt der kleine Hafenort
Halfa, einer der wenigen Punkte an der syrisch-palästinensischen Küste, wo Seeschiffe
landen können. Von hier geht die neue Bahn in südöstlicher Richtung bis zum
Jordan, den sie bei Behält (Bethse-in, Skythopolis) erreicht. Dann bleibt sie, nord¬
wärts gehend, eine Strecke im Jordantale, zweigt aber ostwärts ab, ehe sie den
See Genezareth erreicht. Bei El Muzerib vereinigt sie sich mit der Hauranbahn.
Die Hedschasbahn, die sie dann aufnimmt, geht südwärts weiter. Sie läßt Palästina
westlich liegen, auch das Tote Meer, das sie schlecht erreichen könnte, weil es
344 Meter unter dem Spiegel des Mittelmeeres liegt, während sie sich selber in
einer ziemlich bedeutenden Höhe hält. Sie geht durch das Mocibiterland, etwa
50 Kilometer östlich vom Toten Meer bleibend, und verfolgt die alte Karawanen¬
straße. Vom Toten Meer aus geht in gerader Linie südwärts eine tiefe Terrain¬
spalte, die sich hier allerdings über dem Spiegel des Meeres hält. Bei Maha,
das jetzt wegen des türkisch-ägyptischen Streites viel genannt wird, erreicht sie das
Meer, und von hier aus ist sie als Golf von Akaba das eine der beiden nörd¬
lichen Hörner, mit denen das Rote Meer seinen Abschluß erhält. Die tiefe Spalte
nimmt eigentlich schon zwischen Libanon und Antilibanon ihren Anfang, schließt den
See Genezareth und das ganze Jordantal, dann das Tote Meer, endlich das Naba-
tcierland ein, dessen Hauptstadt Petra in ihren Ruinen noch heute die Bewundrung
der Altertumskenner erregt. Die Nabatäer waren ein arabischer Stamm, der sich
im letzten Jahrhundert vor Christi Geburt zur Selbständigkeit aufgeschwungen hatte
und einen bedeutenden Handel zwischen dem Roten und dem Mittelländischen Meer
beherrschte. Sie waren Bundesgenossen des Pompejus. Trajan zerstörte die Haupt¬
stadt Petra.

Nur 10 Kilometer von dieser so lange Zeit verschollnen, erst 1812 von Burck-
hardt wieder entdeckten, in den Felsen gehauenen Stadt geht in naher Zukunft die
Eisenbahn vorbei. Sobald der Betrieb eröffnet sein wird, dürfte sie manchen euro¬
päischen Besuch erhalten. Ganz so weit ist es noch nicht, doch die Erdarbeiten
waren schon vor zwei Jahren bis Maar geführt, einem 1300 Meter hoch liegenden
Punkt an der alten Karawanenstraße, nahe bei Petra. Hier soll vorläufig der
Endpunkt bleiben. Von Damaskus bis hier sind es 469 Kilometer, von hier bis
zum Golf von Akaba nur uoch etwa 100 Kilometer.

Die türkische Regierung hat lange Zeit beabsichtigt, die Hedschasbahn vorläufig
nur bis Maha zu bauen; vielleicht hatte sie die Geldmittel nicht, noch 1330 Kilo¬
meter weiter bis Mekka zu gehn. Bei Akaba konnte die Bahn an das Meer kommen,
und hier hätte man Dampfer bereithalten können, mit denen die Pilger bis Dscheddah,
der Hafenstadt Mekkas, hätten gelangen können. Nach englischen Quellen soll dies
wieder aufgegeben worden sein. Weshalb, das ist so recht nicht zu ersehen, zumal
da wohl kaum Aussicht ist, daß die eigentliche Hedschasbahn bis Mekka in Kürze
hergestellt wird. Allerdings wäre das für die Pilger vorteilhafter, denn wenn sie
40 Kilometer die Stunde fahren, so können sie die ganze Strecke in 33 Stunden
oder etwa zwei Tagesfahrten zurücklegen und sind nicht den ansteckenden Krank¬
heiten ausgesetzt, die sich auf Pilgerschiffen so leicht einstellen. Aber woher soll die
Pforte das Geld nehmen?

Es ist wohl nicht bedeutungslos, daß gerade mit der Annäherung des Bahn¬
baues an den Busen von Akaba der türkisch-ägyptische Streit über das Dorf Taha
entstanden ist, das ganz nahe bei Akaba liegt. An und für sich ist Taha sicher
keinen Zwist wert. Wie überall in diesen Gegenden, so herrscht auch hier große
Dürre. Die Araber können ganz wenig Vieh ernähren, nur so viel, daß ein kleines
Dorf zur Notdurft davon leben kann. Handel und Verkehr sind selbstverständlich
gar nicht vorhanden. Der Busen von Akaba liegt zwischen Arabien und der Sinai-
Halbinsel. Taha liegt einige Kilometer westlich von dem Ort Akaba, der eigentlich
nur ein Fort sein soll, jedoch unbestritten in türkischem Besitz ist, während die


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Es sei hier eingeschoben, daß inzwischen eine am 15. Oktober 1905 eröffnete
zweite Eisenbahn von der Küste her in diese Gegenden führt. Südlich von Ptole-
mais (Akkon), am Fuße des sagenberühmten Karmelberges, liegt der kleine Hafenort
Halfa, einer der wenigen Punkte an der syrisch-palästinensischen Küste, wo Seeschiffe
landen können. Von hier geht die neue Bahn in südöstlicher Richtung bis zum
Jordan, den sie bei Behält (Bethse-in, Skythopolis) erreicht. Dann bleibt sie, nord¬
wärts gehend, eine Strecke im Jordantale, zweigt aber ostwärts ab, ehe sie den
See Genezareth erreicht. Bei El Muzerib vereinigt sie sich mit der Hauranbahn.
Die Hedschasbahn, die sie dann aufnimmt, geht südwärts weiter. Sie läßt Palästina
westlich liegen, auch das Tote Meer, das sie schlecht erreichen könnte, weil es
344 Meter unter dem Spiegel des Mittelmeeres liegt, während sie sich selber in
einer ziemlich bedeutenden Höhe hält. Sie geht durch das Mocibiterland, etwa
50 Kilometer östlich vom Toten Meer bleibend, und verfolgt die alte Karawanen¬
straße. Vom Toten Meer aus geht in gerader Linie südwärts eine tiefe Terrain¬
spalte, die sich hier allerdings über dem Spiegel des Meeres hält. Bei Maha,
das jetzt wegen des türkisch-ägyptischen Streites viel genannt wird, erreicht sie das
Meer, und von hier aus ist sie als Golf von Akaba das eine der beiden nörd¬
lichen Hörner, mit denen das Rote Meer seinen Abschluß erhält. Die tiefe Spalte
nimmt eigentlich schon zwischen Libanon und Antilibanon ihren Anfang, schließt den
See Genezareth und das ganze Jordantal, dann das Tote Meer, endlich das Naba-
tcierland ein, dessen Hauptstadt Petra in ihren Ruinen noch heute die Bewundrung
der Altertumskenner erregt. Die Nabatäer waren ein arabischer Stamm, der sich
im letzten Jahrhundert vor Christi Geburt zur Selbständigkeit aufgeschwungen hatte
und einen bedeutenden Handel zwischen dem Roten und dem Mittelländischen Meer
beherrschte. Sie waren Bundesgenossen des Pompejus. Trajan zerstörte die Haupt¬
stadt Petra.

Nur 10 Kilometer von dieser so lange Zeit verschollnen, erst 1812 von Burck-
hardt wieder entdeckten, in den Felsen gehauenen Stadt geht in naher Zukunft die
Eisenbahn vorbei. Sobald der Betrieb eröffnet sein wird, dürfte sie manchen euro¬
päischen Besuch erhalten. Ganz so weit ist es noch nicht, doch die Erdarbeiten
waren schon vor zwei Jahren bis Maar geführt, einem 1300 Meter hoch liegenden
Punkt an der alten Karawanenstraße, nahe bei Petra. Hier soll vorläufig der
Endpunkt bleiben. Von Damaskus bis hier sind es 469 Kilometer, von hier bis
zum Golf von Akaba nur uoch etwa 100 Kilometer.

Die türkische Regierung hat lange Zeit beabsichtigt, die Hedschasbahn vorläufig
nur bis Maha zu bauen; vielleicht hatte sie die Geldmittel nicht, noch 1330 Kilo¬
meter weiter bis Mekka zu gehn. Bei Akaba konnte die Bahn an das Meer kommen,
und hier hätte man Dampfer bereithalten können, mit denen die Pilger bis Dscheddah,
der Hafenstadt Mekkas, hätten gelangen können. Nach englischen Quellen soll dies
wieder aufgegeben worden sein. Weshalb, das ist so recht nicht zu ersehen, zumal
da wohl kaum Aussicht ist, daß die eigentliche Hedschasbahn bis Mekka in Kürze
hergestellt wird. Allerdings wäre das für die Pilger vorteilhafter, denn wenn sie
40 Kilometer die Stunde fahren, so können sie die ganze Strecke in 33 Stunden
oder etwa zwei Tagesfahrten zurücklegen und sind nicht den ansteckenden Krank¬
heiten ausgesetzt, die sich auf Pilgerschiffen so leicht einstellen. Aber woher soll die
Pforte das Geld nehmen?

Es ist wohl nicht bedeutungslos, daß gerade mit der Annäherung des Bahn¬
baues an den Busen von Akaba der türkisch-ägyptische Streit über das Dorf Taha
entstanden ist, das ganz nahe bei Akaba liegt. An und für sich ist Taha sicher
keinen Zwist wert. Wie überall in diesen Gegenden, so herrscht auch hier große
Dürre. Die Araber können ganz wenig Vieh ernähren, nur so viel, daß ein kleines
Dorf zur Notdurft davon leben kann. Handel und Verkehr sind selbstverständlich
gar nicht vorhanden. Der Busen von Akaba liegt zwischen Arabien und der Sinai-
Halbinsel. Taha liegt einige Kilometer westlich von dem Ort Akaba, der eigentlich
nur ein Fort sein soll, jedoch unbestritten in türkischem Besitz ist, während die


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[0297] Maßgebliches und Unmaßgebliches Es sei hier eingeschoben, daß inzwischen eine am 15. Oktober 1905 eröffnete zweite Eisenbahn von der Küste her in diese Gegenden führt. Südlich von Ptole- mais (Akkon), am Fuße des sagenberühmten Karmelberges, liegt der kleine Hafenort Halfa, einer der wenigen Punkte an der syrisch-palästinensischen Küste, wo Seeschiffe landen können. Von hier geht die neue Bahn in südöstlicher Richtung bis zum Jordan, den sie bei Behält (Bethse-in, Skythopolis) erreicht. Dann bleibt sie, nord¬ wärts gehend, eine Strecke im Jordantale, zweigt aber ostwärts ab, ehe sie den See Genezareth erreicht. Bei El Muzerib vereinigt sie sich mit der Hauranbahn. Die Hedschasbahn, die sie dann aufnimmt, geht südwärts weiter. Sie läßt Palästina westlich liegen, auch das Tote Meer, das sie schlecht erreichen könnte, weil es 344 Meter unter dem Spiegel des Mittelmeeres liegt, während sie sich selber in einer ziemlich bedeutenden Höhe hält. Sie geht durch das Mocibiterland, etwa 50 Kilometer östlich vom Toten Meer bleibend, und verfolgt die alte Karawanen¬ straße. Vom Toten Meer aus geht in gerader Linie südwärts eine tiefe Terrain¬ spalte, die sich hier allerdings über dem Spiegel des Meeres hält. Bei Maha, das jetzt wegen des türkisch-ägyptischen Streites viel genannt wird, erreicht sie das Meer, und von hier aus ist sie als Golf von Akaba das eine der beiden nörd¬ lichen Hörner, mit denen das Rote Meer seinen Abschluß erhält. Die tiefe Spalte nimmt eigentlich schon zwischen Libanon und Antilibanon ihren Anfang, schließt den See Genezareth und das ganze Jordantal, dann das Tote Meer, endlich das Naba- tcierland ein, dessen Hauptstadt Petra in ihren Ruinen noch heute die Bewundrung der Altertumskenner erregt. Die Nabatäer waren ein arabischer Stamm, der sich im letzten Jahrhundert vor Christi Geburt zur Selbständigkeit aufgeschwungen hatte und einen bedeutenden Handel zwischen dem Roten und dem Mittelländischen Meer beherrschte. Sie waren Bundesgenossen des Pompejus. Trajan zerstörte die Haupt¬ stadt Petra. Nur 10 Kilometer von dieser so lange Zeit verschollnen, erst 1812 von Burck- hardt wieder entdeckten, in den Felsen gehauenen Stadt geht in naher Zukunft die Eisenbahn vorbei. Sobald der Betrieb eröffnet sein wird, dürfte sie manchen euro¬ päischen Besuch erhalten. Ganz so weit ist es noch nicht, doch die Erdarbeiten waren schon vor zwei Jahren bis Maar geführt, einem 1300 Meter hoch liegenden Punkt an der alten Karawanenstraße, nahe bei Petra. Hier soll vorläufig der Endpunkt bleiben. Von Damaskus bis hier sind es 469 Kilometer, von hier bis zum Golf von Akaba nur uoch etwa 100 Kilometer. Die türkische Regierung hat lange Zeit beabsichtigt, die Hedschasbahn vorläufig nur bis Maha zu bauen; vielleicht hatte sie die Geldmittel nicht, noch 1330 Kilo¬ meter weiter bis Mekka zu gehn. Bei Akaba konnte die Bahn an das Meer kommen, und hier hätte man Dampfer bereithalten können, mit denen die Pilger bis Dscheddah, der Hafenstadt Mekkas, hätten gelangen können. Nach englischen Quellen soll dies wieder aufgegeben worden sein. Weshalb, das ist so recht nicht zu ersehen, zumal da wohl kaum Aussicht ist, daß die eigentliche Hedschasbahn bis Mekka in Kürze hergestellt wird. Allerdings wäre das für die Pilger vorteilhafter, denn wenn sie 40 Kilometer die Stunde fahren, so können sie die ganze Strecke in 33 Stunden oder etwa zwei Tagesfahrten zurücklegen und sind nicht den ansteckenden Krank¬ heiten ausgesetzt, die sich auf Pilgerschiffen so leicht einstellen. Aber woher soll die Pforte das Geld nehmen? Es ist wohl nicht bedeutungslos, daß gerade mit der Annäherung des Bahn¬ baues an den Busen von Akaba der türkisch-ägyptische Streit über das Dorf Taha entstanden ist, das ganz nahe bei Akaba liegt. An und für sich ist Taha sicher keinen Zwist wert. Wie überall in diesen Gegenden, so herrscht auch hier große Dürre. Die Araber können ganz wenig Vieh ernähren, nur so viel, daß ein kleines Dorf zur Notdurft davon leben kann. Handel und Verkehr sind selbstverständlich gar nicht vorhanden. Der Busen von Akaba liegt zwischen Arabien und der Sinai- Halbinsel. Taha liegt einige Kilometer westlich von dem Ort Akaba, der eigentlich nur ein Fort sein soll, jedoch unbestritten in türkischem Besitz ist, während die

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/297>, abgerufen am 24.07.2024.