Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Herrenmenschen

Wolf machte ein betrübtes Gesicht und trat ans Fenster. Nach kurzer Zeit
sagte er: Onkel Heinz, komm mal her. Willst du mal meinen Ziegenbock sehen?

Onkel Heinz trat an das Fenster. An dem Ziegenbock war nun nichts Be¬
sondres zu sehen, dagegen fiel ihm auf, daß der Erntewagen immer noch nicht ab¬
geladen war. Aber eine Magd stand an der Ecke der Scheune und spähte hinaus.
Nach einiger Zeit gab sie ein Warnungszeichen, und alles machte sich mit Eifer an
die Arbeit. Und um die Ecke herum kam in ihrer vollen Frische und Emsigkeit
"die Tante." Es ist kaum nötig zu sagen, daß es die Schwägerin von Frau Mary
war, Fräulein Dora van Term, eine Dame mittlen Alters, die mit dem Namen
Tante hinreichend gekennzeichnet ist. Jedermann, das ganze Dorf nannte sie das
Tauenden und hatte einen großen Respekt vor ihr. Als sie an der Scheune vorüber
ging, knicksten die Mägde, und der lange Schlagetot tat so, als wollte er sich im
Eifer überschlagen. Sie aber kannte ihre Leute und drohte mit der Hand. Da
war auch schon Wolf und berichtete, daß Onkel Heinz zu Besuch da sei.

Die Tante hatte den Besuch erwartet, aber zugleich setzte sie voraus, daß
Mary in ihrer "Geistigkeit" vergessen haben würde, dem Besuch eine Erfrischung
anzubieten, und so rüstete sie die alte Lore mit einer Flasche und Gläsern aus, um
dem Gast ein Weinchen und einen Kuchen vorzusetzen. Und Mary nahm als selbst¬
verständlich an, daß die Tante besorgen werde, was sie selbst vergessen hatte, und
winkte ihr lächelnd zu. Man machte Bekanntschaft, man sprach von der Ernte und
den Arbeitern, und Ramborn sagte: Wen" ich, gnädiges Fräulein --

Nicht doch, unterbrach ihn Tauenden, ich bin Tante Dora.

-- meinem Impulse gefolgt wäre, ich wäre als ein rächender Engel dazwischen
gefahren und hätte meinen Stock auf de" Schultern dieser nichtsnutzigen Gesellschaft
tanzen lassen.

Ach, wenn Sie es doch getan hätten, erwiderte Tauenden, ich kann ja nicht überall
sein, und ohne daß man dahinter steht, rühren die Leute weder Hand noch Fuß.

Aber haben Sie denn keinen Verwalter oder Inspektor? Doch ja, ich weiß
es ja, daß der Heinemann bei Ihnen Inspektor ist. Wo ist denn der Mensch?

Wo wird er sein? sagte die Tante. Bei Locken wird er sitzen und mit seinem
Freunde Päsch Vier trinken.

Der Doktor entrüstete sich, obwohl es gnr nicht seine Sache war, um die sichs
handelte. Her mit dem Kerl! rief er.

Lassen Sie nur, sagte Tauenden, es ist immer noch besser, er ist gar nicht da,
als er macht die Leute verrückt und hält sie von der Arbeit ab. Es wäre viel
besser, wir hätten gar keinen Inspektor. Denn dieser Mensch stiehlt uns ja des
Nachts das Korn vom Boden und verkauft es.

Aber meine Damen, rief Ramborn ganz entsetzt, das sind ja unerhörte Zu¬
stände. Warum werfen Sie denn den Menschen nicht auf die Straße?

Wie gern täten wir das, sagte Tauenden, aber es geht nicht. Er beruft sich
auf seinen Kontrakt, der ein Meisterstück von Spitzbüberei ist.

Und wer hat den Kontrakt unterzeichnet?

Ich, Heinz, sagte Frau Mary mit Tränen in den Augen und sah dabei
rührend hilflos aus.

Ja, Mary ist viel zu gut, sagte die Tante. Sie vertraut jedem und kann
sich gar nicht denken, daß es schlechte und hinterlistige Menschen gibt.

Aber haben Sie denn keinen Advokaten zu Rate gezogen? fragte Onkel Heinz.

Das haben wir wohl, sagte Tauenden, aber traue einer einem Advokaten. Sie
spielen ja alle unter einer Decke gegen uns.

Ja, so geht es uns, sagte Frau Mary. Kennen Sie Victor Hugos travaillmirs
6s wer? Kennen Sie die Szene, wo der Taucher von einem großen Tintenfisch
angefallen wird, und sich dessen Fangarme langsam aber unzerreißbar um seineu
Körper legen, um ihn auszusaugen? So geht es uns. Wir wehren uns, aber die
Kräfte gehn zu Ende. Und niemand, niemand, der uns hilft.


Herrenmenschen

Wolf machte ein betrübtes Gesicht und trat ans Fenster. Nach kurzer Zeit
sagte er: Onkel Heinz, komm mal her. Willst du mal meinen Ziegenbock sehen?

Onkel Heinz trat an das Fenster. An dem Ziegenbock war nun nichts Be¬
sondres zu sehen, dagegen fiel ihm auf, daß der Erntewagen immer noch nicht ab¬
geladen war. Aber eine Magd stand an der Ecke der Scheune und spähte hinaus.
Nach einiger Zeit gab sie ein Warnungszeichen, und alles machte sich mit Eifer an
die Arbeit. Und um die Ecke herum kam in ihrer vollen Frische und Emsigkeit
„die Tante." Es ist kaum nötig zu sagen, daß es die Schwägerin von Frau Mary
war, Fräulein Dora van Term, eine Dame mittlen Alters, die mit dem Namen
Tante hinreichend gekennzeichnet ist. Jedermann, das ganze Dorf nannte sie das
Tauenden und hatte einen großen Respekt vor ihr. Als sie an der Scheune vorüber
ging, knicksten die Mägde, und der lange Schlagetot tat so, als wollte er sich im
Eifer überschlagen. Sie aber kannte ihre Leute und drohte mit der Hand. Da
war auch schon Wolf und berichtete, daß Onkel Heinz zu Besuch da sei.

Die Tante hatte den Besuch erwartet, aber zugleich setzte sie voraus, daß
Mary in ihrer „Geistigkeit" vergessen haben würde, dem Besuch eine Erfrischung
anzubieten, und so rüstete sie die alte Lore mit einer Flasche und Gläsern aus, um
dem Gast ein Weinchen und einen Kuchen vorzusetzen. Und Mary nahm als selbst¬
verständlich an, daß die Tante besorgen werde, was sie selbst vergessen hatte, und
winkte ihr lächelnd zu. Man machte Bekanntschaft, man sprach von der Ernte und
den Arbeitern, und Ramborn sagte: Wen» ich, gnädiges Fräulein —

Nicht doch, unterbrach ihn Tauenden, ich bin Tante Dora.

— meinem Impulse gefolgt wäre, ich wäre als ein rächender Engel dazwischen
gefahren und hätte meinen Stock auf de» Schultern dieser nichtsnutzigen Gesellschaft
tanzen lassen.

Ach, wenn Sie es doch getan hätten, erwiderte Tauenden, ich kann ja nicht überall
sein, und ohne daß man dahinter steht, rühren die Leute weder Hand noch Fuß.

Aber haben Sie denn keinen Verwalter oder Inspektor? Doch ja, ich weiß
es ja, daß der Heinemann bei Ihnen Inspektor ist. Wo ist denn der Mensch?

Wo wird er sein? sagte die Tante. Bei Locken wird er sitzen und mit seinem
Freunde Päsch Vier trinken.

Der Doktor entrüstete sich, obwohl es gnr nicht seine Sache war, um die sichs
handelte. Her mit dem Kerl! rief er.

Lassen Sie nur, sagte Tauenden, es ist immer noch besser, er ist gar nicht da,
als er macht die Leute verrückt und hält sie von der Arbeit ab. Es wäre viel
besser, wir hätten gar keinen Inspektor. Denn dieser Mensch stiehlt uns ja des
Nachts das Korn vom Boden und verkauft es.

Aber meine Damen, rief Ramborn ganz entsetzt, das sind ja unerhörte Zu¬
stände. Warum werfen Sie denn den Menschen nicht auf die Straße?

Wie gern täten wir das, sagte Tauenden, aber es geht nicht. Er beruft sich
auf seinen Kontrakt, der ein Meisterstück von Spitzbüberei ist.

Und wer hat den Kontrakt unterzeichnet?

Ich, Heinz, sagte Frau Mary mit Tränen in den Augen und sah dabei
rührend hilflos aus.

Ja, Mary ist viel zu gut, sagte die Tante. Sie vertraut jedem und kann
sich gar nicht denken, daß es schlechte und hinterlistige Menschen gibt.

Aber haben Sie denn keinen Advokaten zu Rate gezogen? fragte Onkel Heinz.

Das haben wir wohl, sagte Tauenden, aber traue einer einem Advokaten. Sie
spielen ja alle unter einer Decke gegen uns.

Ja, so geht es uns, sagte Frau Mary. Kennen Sie Victor Hugos travaillmirs
6s wer? Kennen Sie die Szene, wo der Taucher von einem großen Tintenfisch
angefallen wird, und sich dessen Fangarme langsam aber unzerreißbar um seineu
Körper legen, um ihn auszusaugen? So geht es uns. Wir wehren uns, aber die
Kräfte gehn zu Ende. Und niemand, niemand, der uns hilft.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0743" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/88221"/>
          <fw type="header" place="top"> Herrenmenschen</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_3175"> Wolf machte ein betrübtes Gesicht und trat ans Fenster. Nach kurzer Zeit<lb/>
sagte er: Onkel Heinz, komm mal her. Willst du mal meinen Ziegenbock sehen?</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3176"> Onkel Heinz trat an das Fenster. An dem Ziegenbock war nun nichts Be¬<lb/>
sondres zu sehen, dagegen fiel ihm auf, daß der Erntewagen immer noch nicht ab¬<lb/>
geladen war. Aber eine Magd stand an der Ecke der Scheune und spähte hinaus.<lb/>
Nach einiger Zeit gab sie ein Warnungszeichen, und alles machte sich mit Eifer an<lb/>
die Arbeit. Und um die Ecke herum kam in ihrer vollen Frische und Emsigkeit<lb/>
&#x201E;die Tante." Es ist kaum nötig zu sagen, daß es die Schwägerin von Frau Mary<lb/>
war, Fräulein Dora van Term, eine Dame mittlen Alters, die mit dem Namen<lb/>
Tante hinreichend gekennzeichnet ist. Jedermann, das ganze Dorf nannte sie das<lb/>
Tauenden und hatte einen großen Respekt vor ihr. Als sie an der Scheune vorüber<lb/>
ging, knicksten die Mägde, und der lange Schlagetot tat so, als wollte er sich im<lb/>
Eifer überschlagen. Sie aber kannte ihre Leute und drohte mit der Hand. Da<lb/>
war auch schon Wolf und berichtete, daß Onkel Heinz zu Besuch da sei.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3177"> Die Tante hatte den Besuch erwartet, aber zugleich setzte sie voraus, daß<lb/>
Mary in ihrer &#x201E;Geistigkeit" vergessen haben würde, dem Besuch eine Erfrischung<lb/>
anzubieten, und so rüstete sie die alte Lore mit einer Flasche und Gläsern aus, um<lb/>
dem Gast ein Weinchen und einen Kuchen vorzusetzen. Und Mary nahm als selbst¬<lb/>
verständlich an, daß die Tante besorgen werde, was sie selbst vergessen hatte, und<lb/>
winkte ihr lächelnd zu. Man machte Bekanntschaft, man sprach von der Ernte und<lb/>
den Arbeitern, und Ramborn sagte: Wen» ich, gnädiges Fräulein &#x2014;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3178"> Nicht doch, unterbrach ihn Tauenden, ich bin Tante Dora.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3179"> &#x2014; meinem Impulse gefolgt wäre, ich wäre als ein rächender Engel dazwischen<lb/>
gefahren und hätte meinen Stock auf de» Schultern dieser nichtsnutzigen Gesellschaft<lb/>
tanzen lassen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3180"> Ach, wenn Sie es doch getan hätten, erwiderte Tauenden, ich kann ja nicht überall<lb/>
sein, und ohne daß man dahinter steht, rühren die Leute weder Hand noch Fuß.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3181"> Aber haben Sie denn keinen Verwalter oder Inspektor? Doch ja, ich weiß<lb/>
es ja, daß der Heinemann bei Ihnen Inspektor ist. Wo ist denn der Mensch?</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3182"> Wo wird er sein? sagte die Tante. Bei Locken wird er sitzen und mit seinem<lb/>
Freunde Päsch Vier trinken.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3183"> Der Doktor entrüstete sich, obwohl es gnr nicht seine Sache war, um die sichs<lb/>
handelte.  Her mit dem Kerl! rief er.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3184"> Lassen Sie nur, sagte Tauenden, es ist immer noch besser, er ist gar nicht da,<lb/>
als er macht die Leute verrückt und hält sie von der Arbeit ab. Es wäre viel<lb/>
besser, wir hätten gar keinen Inspektor. Denn dieser Mensch stiehlt uns ja des<lb/>
Nachts das Korn vom Boden und verkauft es.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3185"> Aber meine Damen, rief Ramborn ganz entsetzt, das sind ja unerhörte Zu¬<lb/>
stände.  Warum werfen Sie denn den Menschen nicht auf die Straße?</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3186"> Wie gern täten wir das, sagte Tauenden, aber es geht nicht. Er beruft sich<lb/>
auf seinen Kontrakt, der ein Meisterstück von Spitzbüberei ist.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3187"> Und wer hat den Kontrakt unterzeichnet?</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3188"> Ich, Heinz, sagte Frau Mary mit Tränen in den Augen und sah dabei<lb/>
rührend hilflos aus.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3189"> Ja, Mary ist viel zu gut, sagte die Tante. Sie vertraut jedem und kann<lb/>
sich gar nicht denken, daß es schlechte und hinterlistige Menschen gibt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3190"> Aber haben Sie denn keinen Advokaten zu Rate gezogen? fragte Onkel Heinz.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3191"> Das haben wir wohl, sagte Tauenden, aber traue einer einem Advokaten. Sie<lb/>
spielen ja alle unter einer Decke gegen uns.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3192"> Ja, so geht es uns, sagte Frau Mary. Kennen Sie Victor Hugos travaillmirs<lb/>
6s wer? Kennen Sie die Szene, wo der Taucher von einem großen Tintenfisch<lb/>
angefallen wird, und sich dessen Fangarme langsam aber unzerreißbar um seineu<lb/>
Körper legen, um ihn auszusaugen? So geht es uns. Wir wehren uns, aber die<lb/>
Kräfte gehn zu Ende.  Und niemand, niemand, der uns hilft.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0743] Herrenmenschen Wolf machte ein betrübtes Gesicht und trat ans Fenster. Nach kurzer Zeit sagte er: Onkel Heinz, komm mal her. Willst du mal meinen Ziegenbock sehen? Onkel Heinz trat an das Fenster. An dem Ziegenbock war nun nichts Be¬ sondres zu sehen, dagegen fiel ihm auf, daß der Erntewagen immer noch nicht ab¬ geladen war. Aber eine Magd stand an der Ecke der Scheune und spähte hinaus. Nach einiger Zeit gab sie ein Warnungszeichen, und alles machte sich mit Eifer an die Arbeit. Und um die Ecke herum kam in ihrer vollen Frische und Emsigkeit „die Tante." Es ist kaum nötig zu sagen, daß es die Schwägerin von Frau Mary war, Fräulein Dora van Term, eine Dame mittlen Alters, die mit dem Namen Tante hinreichend gekennzeichnet ist. Jedermann, das ganze Dorf nannte sie das Tauenden und hatte einen großen Respekt vor ihr. Als sie an der Scheune vorüber ging, knicksten die Mägde, und der lange Schlagetot tat so, als wollte er sich im Eifer überschlagen. Sie aber kannte ihre Leute und drohte mit der Hand. Da war auch schon Wolf und berichtete, daß Onkel Heinz zu Besuch da sei. Die Tante hatte den Besuch erwartet, aber zugleich setzte sie voraus, daß Mary in ihrer „Geistigkeit" vergessen haben würde, dem Besuch eine Erfrischung anzubieten, und so rüstete sie die alte Lore mit einer Flasche und Gläsern aus, um dem Gast ein Weinchen und einen Kuchen vorzusetzen. Und Mary nahm als selbst¬ verständlich an, daß die Tante besorgen werde, was sie selbst vergessen hatte, und winkte ihr lächelnd zu. Man machte Bekanntschaft, man sprach von der Ernte und den Arbeitern, und Ramborn sagte: Wen» ich, gnädiges Fräulein — Nicht doch, unterbrach ihn Tauenden, ich bin Tante Dora. — meinem Impulse gefolgt wäre, ich wäre als ein rächender Engel dazwischen gefahren und hätte meinen Stock auf de» Schultern dieser nichtsnutzigen Gesellschaft tanzen lassen. Ach, wenn Sie es doch getan hätten, erwiderte Tauenden, ich kann ja nicht überall sein, und ohne daß man dahinter steht, rühren die Leute weder Hand noch Fuß. Aber haben Sie denn keinen Verwalter oder Inspektor? Doch ja, ich weiß es ja, daß der Heinemann bei Ihnen Inspektor ist. Wo ist denn der Mensch? Wo wird er sein? sagte die Tante. Bei Locken wird er sitzen und mit seinem Freunde Päsch Vier trinken. Der Doktor entrüstete sich, obwohl es gnr nicht seine Sache war, um die sichs handelte. Her mit dem Kerl! rief er. Lassen Sie nur, sagte Tauenden, es ist immer noch besser, er ist gar nicht da, als er macht die Leute verrückt und hält sie von der Arbeit ab. Es wäre viel besser, wir hätten gar keinen Inspektor. Denn dieser Mensch stiehlt uns ja des Nachts das Korn vom Boden und verkauft es. Aber meine Damen, rief Ramborn ganz entsetzt, das sind ja unerhörte Zu¬ stände. Warum werfen Sie denn den Menschen nicht auf die Straße? Wie gern täten wir das, sagte Tauenden, aber es geht nicht. Er beruft sich auf seinen Kontrakt, der ein Meisterstück von Spitzbüberei ist. Und wer hat den Kontrakt unterzeichnet? Ich, Heinz, sagte Frau Mary mit Tränen in den Augen und sah dabei rührend hilflos aus. Ja, Mary ist viel zu gut, sagte die Tante. Sie vertraut jedem und kann sich gar nicht denken, daß es schlechte und hinterlistige Menschen gibt. Aber haben Sie denn keinen Advokaten zu Rate gezogen? fragte Onkel Heinz. Das haben wir wohl, sagte Tauenden, aber traue einer einem Advokaten. Sie spielen ja alle unter einer Decke gegen uns. Ja, so geht es uns, sagte Frau Mary. Kennen Sie Victor Hugos travaillmirs 6s wer? Kennen Sie die Szene, wo der Taucher von einem großen Tintenfisch angefallen wird, und sich dessen Fangarme langsam aber unzerreißbar um seineu Körper legen, um ihn auszusaugen? So geht es uns. Wir wehren uns, aber die Kräfte gehn zu Ende. Und niemand, niemand, der uns hilft.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/743
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/743>, abgerufen am 23.07.2024.