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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.

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<La Brief aus trüber Zeit

wirkt, daß die halbe Schwadron und die 2 Conipagnien als Besatzung hier
blieben, und so konnte ich Frau und Kinder zurückkommen lassen. Es waren
schöne Tage!

Schon mehrmals hatte ich deutsche Volksversammlungen abgehalten und Ge¬
meinde- und einen Kreis-Ausschuß gebildet, um einen festen Halt in der Menge
zu bekommen. In diesen Versammlungen trat ich allerdings etwas fest und be¬
stimmt auf; einen Republikaner, einen gewissen Dr. Schmidt, der mir Unsinn
machen wollte, ließ ich durch einen bloßen Wink mit den Augen zur Thür hinaus¬
werfen, daß ihm der Kopf knallte; Leuser und Kast hatten ihn noch zu allem
Überfluß über das Treppengeländer gehalten und ihn unvorsichtiger Weise losge¬
lassen. Jetzt fragen sie ihn immer, wie viel Stufen die Treppe hat.

Ich ward in der Versammlung aufgefordert, nach Berlin zu reisen und unfern
Anschluß an Westpreußen zu betreiben. Die Wahl am 1. Mai wollte ich noch
mitmachen und dann abreisen. Als ich einpackte, ließ mich der Hauptmann
Fröhlich zu sich bitten und zeigte mir ein Schreiben, worin Excellenz Hirschfeld
schrieb: Bei Miloslaw ist es den Truppen nicht gut gegangen; wir machen eine
rückgängige Bewegung, und in diesem Falle hätten sie den Weg zu machen (?).
Nun konnte ich meine Frau und meine Kinder nicht allein lassen, ich ließ noch
einen Wagen anspannen und gab an Kleist und Lachmann die nötigen Befehle:
"Ohne Militär könnt Ihr Euch hier nicht halten, und geht das ab, so rettet, was
Ihr könnt, entweder nach Bromberg oder mit dem Militär; die nöthigsten Lebens¬
mittel schickt nach Bromberg nach." Damit ging es fort. Wir hatten wieder
eine Bedeckung von 20 Husaren, es war wieder der Unteroffizier von Waldersee,
der uns das Geleit gab. Als wir an dem Dragoner-Piquet vorbeikamen, verließen
sie uns mit den Worten: "Gott führe uns noch einmal unter die Hunde."

Ich fuhr die Nacht durch und reiste am andern Abend von Bromberg nach
Berlin ab. Den Eindruck, den Berlin auf mich machte, werde ich nie vergessen,
dieses schwache Ministerium, das auf der Meinung des Pöbels zu schwimmen
suchte! Ich reiste trostloser von Berlin ab, als ich hingekommen war, nicht, weil
mir meine Bitten nicht gewährt waren, ich hatte ja Versprechungen die Menge,
nein, jetzt sah ich erst die ganze Ohnmacht! Lieber wollte ich kämpfend für die
gute Sache fallen, als so in feiger Unthätigkeit verfaulen -- aus Schwäche. Ich
kann Dir die Verachtung gegen das Ministerium nicht beschreiben. Ich fand in
dem Hansemann*) ganz den Schmutz der Gesinnung, die Oberflächlichkeit der
Bildung und die gemeine Verschmitztheit der Kaste, der ich schon in meiner Jugend
aus Ekel entlaufen bin. Ihm war der ganze Staat eine Tonne Häringe, wo er
jeden einzelnen zwischen die Finger nehmen und ihn auf den höchsten Preis hätte
bringen mögen -- es war ein ganzer......**) Ich bitte um Entschuldigung!

Als ich auf der Rückreise war, fand ich in Grabowo bei Sänger alles auf
dem Kriegsfuß; ich blieb einige Stunden bei ihm. Er wollte nach Frankfurt, für
den Augenblick waren ihm aber Mieroslawskys Schaaren näher, und alles dachte
nur an ihn. Ich ward besorgt gemacht, wie ich nach Bromberg würde heran¬
kommen, da Mieroslawsky diesseits Broniberg die Netze überschreiten wollte. I"
Wreschen, hörte ich, sollte es auch den Truppen schlecht gegangen sein, und so
mußte ich alles befürchten. Was ich gefürchtet hatte, fand ich in Bromberg be¬
stätigt; auf der Straße standen meine Gespanne, die Wagen mit Sachen und
Lebensmitteln bepackt, alles voller Flüchtigen aus Land und Stadt. -- Meine
Frau hatte eine ziemlich geräumige Wohnung und kochte in großen Töpfen für
Alle, die mit uns theilen wollten. Daß wir nicht Delikatessen aßen, kannst Du
Dir denken, aber wir gaben gern, und so wurde es auch gern angenommen, und
noch heute danken es mir die Leute, daß ich auch noch damals aller Aussicht nach




*) Hansemann war im Ministerium Camphausen 1848 Finanzminister.
^
) Wir können das Wort hier nicht wiedergeben.
<La Brief aus trüber Zeit

wirkt, daß die halbe Schwadron und die 2 Conipagnien als Besatzung hier
blieben, und so konnte ich Frau und Kinder zurückkommen lassen. Es waren
schöne Tage!

Schon mehrmals hatte ich deutsche Volksversammlungen abgehalten und Ge¬
meinde- und einen Kreis-Ausschuß gebildet, um einen festen Halt in der Menge
zu bekommen. In diesen Versammlungen trat ich allerdings etwas fest und be¬
stimmt auf; einen Republikaner, einen gewissen Dr. Schmidt, der mir Unsinn
machen wollte, ließ ich durch einen bloßen Wink mit den Augen zur Thür hinaus¬
werfen, daß ihm der Kopf knallte; Leuser und Kast hatten ihn noch zu allem
Überfluß über das Treppengeländer gehalten und ihn unvorsichtiger Weise losge¬
lassen. Jetzt fragen sie ihn immer, wie viel Stufen die Treppe hat.

Ich ward in der Versammlung aufgefordert, nach Berlin zu reisen und unfern
Anschluß an Westpreußen zu betreiben. Die Wahl am 1. Mai wollte ich noch
mitmachen und dann abreisen. Als ich einpackte, ließ mich der Hauptmann
Fröhlich zu sich bitten und zeigte mir ein Schreiben, worin Excellenz Hirschfeld
schrieb: Bei Miloslaw ist es den Truppen nicht gut gegangen; wir machen eine
rückgängige Bewegung, und in diesem Falle hätten sie den Weg zu machen (?).
Nun konnte ich meine Frau und meine Kinder nicht allein lassen, ich ließ noch
einen Wagen anspannen und gab an Kleist und Lachmann die nötigen Befehle:
„Ohne Militär könnt Ihr Euch hier nicht halten, und geht das ab, so rettet, was
Ihr könnt, entweder nach Bromberg oder mit dem Militär; die nöthigsten Lebens¬
mittel schickt nach Bromberg nach." Damit ging es fort. Wir hatten wieder
eine Bedeckung von 20 Husaren, es war wieder der Unteroffizier von Waldersee,
der uns das Geleit gab. Als wir an dem Dragoner-Piquet vorbeikamen, verließen
sie uns mit den Worten: „Gott führe uns noch einmal unter die Hunde."

Ich fuhr die Nacht durch und reiste am andern Abend von Bromberg nach
Berlin ab. Den Eindruck, den Berlin auf mich machte, werde ich nie vergessen,
dieses schwache Ministerium, das auf der Meinung des Pöbels zu schwimmen
suchte! Ich reiste trostloser von Berlin ab, als ich hingekommen war, nicht, weil
mir meine Bitten nicht gewährt waren, ich hatte ja Versprechungen die Menge,
nein, jetzt sah ich erst die ganze Ohnmacht! Lieber wollte ich kämpfend für die
gute Sache fallen, als so in feiger Unthätigkeit verfaulen — aus Schwäche. Ich
kann Dir die Verachtung gegen das Ministerium nicht beschreiben. Ich fand in
dem Hansemann*) ganz den Schmutz der Gesinnung, die Oberflächlichkeit der
Bildung und die gemeine Verschmitztheit der Kaste, der ich schon in meiner Jugend
aus Ekel entlaufen bin. Ihm war der ganze Staat eine Tonne Häringe, wo er
jeden einzelnen zwischen die Finger nehmen und ihn auf den höchsten Preis hätte
bringen mögen — es war ein ganzer......**) Ich bitte um Entschuldigung!

Als ich auf der Rückreise war, fand ich in Grabowo bei Sänger alles auf
dem Kriegsfuß; ich blieb einige Stunden bei ihm. Er wollte nach Frankfurt, für
den Augenblick waren ihm aber Mieroslawskys Schaaren näher, und alles dachte
nur an ihn. Ich ward besorgt gemacht, wie ich nach Bromberg würde heran¬
kommen, da Mieroslawsky diesseits Broniberg die Netze überschreiten wollte. I»
Wreschen, hörte ich, sollte es auch den Truppen schlecht gegangen sein, und so
mußte ich alles befürchten. Was ich gefürchtet hatte, fand ich in Bromberg be¬
stätigt; auf der Straße standen meine Gespanne, die Wagen mit Sachen und
Lebensmitteln bepackt, alles voller Flüchtigen aus Land und Stadt. — Meine
Frau hatte eine ziemlich geräumige Wohnung und kochte in großen Töpfen für
Alle, die mit uns theilen wollten. Daß wir nicht Delikatessen aßen, kannst Du
Dir denken, aber wir gaben gern, und so wurde es auch gern angenommen, und
noch heute danken es mir die Leute, daß ich auch noch damals aller Aussicht nach




*) Hansemann war im Ministerium Camphausen 1848 Finanzminister.
^
) Wir können das Wort hier nicht wiedergeben.
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[0458] <La Brief aus trüber Zeit wirkt, daß die halbe Schwadron und die 2 Conipagnien als Besatzung hier blieben, und so konnte ich Frau und Kinder zurückkommen lassen. Es waren schöne Tage! Schon mehrmals hatte ich deutsche Volksversammlungen abgehalten und Ge¬ meinde- und einen Kreis-Ausschuß gebildet, um einen festen Halt in der Menge zu bekommen. In diesen Versammlungen trat ich allerdings etwas fest und be¬ stimmt auf; einen Republikaner, einen gewissen Dr. Schmidt, der mir Unsinn machen wollte, ließ ich durch einen bloßen Wink mit den Augen zur Thür hinaus¬ werfen, daß ihm der Kopf knallte; Leuser und Kast hatten ihn noch zu allem Überfluß über das Treppengeländer gehalten und ihn unvorsichtiger Weise losge¬ lassen. Jetzt fragen sie ihn immer, wie viel Stufen die Treppe hat. Ich ward in der Versammlung aufgefordert, nach Berlin zu reisen und unfern Anschluß an Westpreußen zu betreiben. Die Wahl am 1. Mai wollte ich noch mitmachen und dann abreisen. Als ich einpackte, ließ mich der Hauptmann Fröhlich zu sich bitten und zeigte mir ein Schreiben, worin Excellenz Hirschfeld schrieb: Bei Miloslaw ist es den Truppen nicht gut gegangen; wir machen eine rückgängige Bewegung, und in diesem Falle hätten sie den Weg zu machen (?). Nun konnte ich meine Frau und meine Kinder nicht allein lassen, ich ließ noch einen Wagen anspannen und gab an Kleist und Lachmann die nötigen Befehle: „Ohne Militär könnt Ihr Euch hier nicht halten, und geht das ab, so rettet, was Ihr könnt, entweder nach Bromberg oder mit dem Militär; die nöthigsten Lebens¬ mittel schickt nach Bromberg nach." Damit ging es fort. Wir hatten wieder eine Bedeckung von 20 Husaren, es war wieder der Unteroffizier von Waldersee, der uns das Geleit gab. Als wir an dem Dragoner-Piquet vorbeikamen, verließen sie uns mit den Worten: „Gott führe uns noch einmal unter die Hunde." Ich fuhr die Nacht durch und reiste am andern Abend von Bromberg nach Berlin ab. Den Eindruck, den Berlin auf mich machte, werde ich nie vergessen, dieses schwache Ministerium, das auf der Meinung des Pöbels zu schwimmen suchte! Ich reiste trostloser von Berlin ab, als ich hingekommen war, nicht, weil mir meine Bitten nicht gewährt waren, ich hatte ja Versprechungen die Menge, nein, jetzt sah ich erst die ganze Ohnmacht! Lieber wollte ich kämpfend für die gute Sache fallen, als so in feiger Unthätigkeit verfaulen — aus Schwäche. Ich kann Dir die Verachtung gegen das Ministerium nicht beschreiben. Ich fand in dem Hansemann*) ganz den Schmutz der Gesinnung, die Oberflächlichkeit der Bildung und die gemeine Verschmitztheit der Kaste, der ich schon in meiner Jugend aus Ekel entlaufen bin. Ihm war der ganze Staat eine Tonne Häringe, wo er jeden einzelnen zwischen die Finger nehmen und ihn auf den höchsten Preis hätte bringen mögen — es war ein ganzer......**) Ich bitte um Entschuldigung! Als ich auf der Rückreise war, fand ich in Grabowo bei Sänger alles auf dem Kriegsfuß; ich blieb einige Stunden bei ihm. Er wollte nach Frankfurt, für den Augenblick waren ihm aber Mieroslawskys Schaaren näher, und alles dachte nur an ihn. Ich ward besorgt gemacht, wie ich nach Bromberg würde heran¬ kommen, da Mieroslawsky diesseits Broniberg die Netze überschreiten wollte. I» Wreschen, hörte ich, sollte es auch den Truppen schlecht gegangen sein, und so mußte ich alles befürchten. Was ich gefürchtet hatte, fand ich in Bromberg be¬ stätigt; auf der Straße standen meine Gespanne, die Wagen mit Sachen und Lebensmitteln bepackt, alles voller Flüchtigen aus Land und Stadt. — Meine Frau hatte eine ziemlich geräumige Wohnung und kochte in großen Töpfen für Alle, die mit uns theilen wollten. Daß wir nicht Delikatessen aßen, kannst Du Dir denken, aber wir gaben gern, und so wurde es auch gern angenommen, und noch heute danken es mir die Leute, daß ich auch noch damals aller Aussicht nach *) Hansemann war im Ministerium Camphausen 1848 Finanzminister. ^ ) Wir können das Wort hier nicht wiedergeben.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/458>, abgerufen am 04.07.2024.