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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

sächlich durch die Verlegung einer Anzahl Jägerbataillone aus Galizien, Ober¬
österreich und Böhmen nach Tirol im Gange sind und durch Erhöhung des Präscnz-
standes eine weitere Ausdehnung erfahren. Die italienische Bewegung in Südtirol
gibt der österreichischen Regierung, will sie sich nicht von irgendwelchen Ereignissen
überraschen lassen, hierzu leider ausreichenden Anlaß. Es wird nicht ausbleiben,
daß man in Italien mit ähnlichen Maßnahmen antwortet und die frühere starke
Grenzhut gegen Frankreich in eine solche gegen Österreich verwandelt. Das braucht
noch nicht Konflikt oder Krieg zu sein, den Italien sich wohl zweimal überlegen
würde, würde aber immerhin zwischen zwei bisher und heute noch verbündeten
Mächten den Beginn eines Zustandes bedeuten, wie wir ihn seit vielen Jahren
bei Metz und bei Thorn haben.

In Wien würde man fortan damit rechnen, daß bei schweren innern oder
äußern Krisen der Habsburgischen Monarchie eine starke südtirolische Bewegung
versuchen könnte, ihre Absicht, gestützt auf die leicht erregbare öffentliche Meinung
Italiens und auf eine dem Drucke dieser nicht widerstehenden italienischen Politik,
durchzusetzen. Hält die österreichische Regierung es für nötig, sich auf einen solchen
Fall einzurichten, so wird ihr das in Deutschland niemand verübeln können. Tat¬
sächlich scheint also die unermüdliche französische Politik den Punkt gefunden zu
haben, wo sie den Dreibnnd aus den Angeln zu heben hofft. Daß Deutschland
seiner am ehesten entraten könnte, hat Graf Bülow im Reichstag öffentlich aus¬
gesprochen. Der Dreibnnd mag ja bei der augenblicklichen Weltlage nicht mehr die
frühere Bedeutung haben, aber sein dauernder Wert bestand doch gerade darin,
daß er Österreich und Italien hinderte, gegeneinander Stellung zu nehmen und
sie von andern Gruppierungen abhielt. Italien hat den Lockungen einer anti¬
päpstlichen französischen Politik, deren eigentliche Motive vielleicht überwiegend auf
dem Gebiete der Diplomatie liegen, nicht länger widersteh" können und wird ihnen
folgen, bis der auf die Dauer in Frankreich wohl unvermeidliche Umschwung in
das Entgegengesetzte eintritt. Die sich hier ergebenden Perspektiven berühren auch
die Entwicklung der Dinge auf dem Balkan und damit die empfindlichsten Stellen
der internationalen europäischen Politik.




Landschaftsbild und Bauerntum.

Ungestört haben in den letzten Jahr¬
zehnten die Industrie und der Verkehr, der intensivere Ackerbau und der moderne
Forstbetrieb das Gesicht der deutschen Landschaft verwüstet; weiter" Schädigungen
des Landschaftsbildes treten neuerdings die auf deu Schutz der Heimat gerichteten
Bestrebungen entgegen. Gründe wissenschaftlicher Art gaben den Anstoß zu dem
staatlichen Schutze der Naturdenkmäler, ästhetische Bedenken veranlaßten die Ent¬
stehung des Bundes Heimatschutz. Auch ethische Gründe sprachen bei der Agitation
für die Heimatschutzbewegung mit, doch ist die volkserziehende Seite der Heimat-
pflege und ihre volkswirtschaftliche Bedeutung wenig erörtert worden.

Es mag auf den ersten Blick scheinen, als hätte die Allgemeinheit wenig
Nutzen davon, wenn der Staat einzelne geschichtlich, kulturgeschichtlich oder natur¬
wissenschaftlich wichtige Bäume, Sträucher, Bestände oder Felsgruppen schützt. Aber
dadurch, daß der Staat diese Dinge vor der Vernichtung bewahrt, verleiht er nicht
nur dem einzelnen Objekte selbst eine gewisse Heiligkeit, sondern er arbeitet anch
der Nichtachtung der Naturschönheiten entgegen, wie sie sich bei dem Landmann
allgemein findet. Gewohnt, immer real zu denken, jederzeit den praktischen Nutzen
zuerst zu erwägen, kennt der Bauer kein ästhetisches Interesse an der Natur; sie
ist ihm Nutzungsobjekt, weiter nichts. Und so wird bei Wegccmlagcn, Drainagen,
Urbarmachungen, Begradigungeu, besonders aber bei Verkuppelungen oft so arg
und meist so ganz zwecklos jeder Baum und jeder Busch umgehauen, daß der un¬
beteiligte Zuschauer es nicht begreift, warum sich die Leute so viel Mühe geben,
ihre Heimat aller Reize zu berauben.


Maßgebliches und Unmaßgebliches

sächlich durch die Verlegung einer Anzahl Jägerbataillone aus Galizien, Ober¬
österreich und Böhmen nach Tirol im Gange sind und durch Erhöhung des Präscnz-
standes eine weitere Ausdehnung erfahren. Die italienische Bewegung in Südtirol
gibt der österreichischen Regierung, will sie sich nicht von irgendwelchen Ereignissen
überraschen lassen, hierzu leider ausreichenden Anlaß. Es wird nicht ausbleiben,
daß man in Italien mit ähnlichen Maßnahmen antwortet und die frühere starke
Grenzhut gegen Frankreich in eine solche gegen Österreich verwandelt. Das braucht
noch nicht Konflikt oder Krieg zu sein, den Italien sich wohl zweimal überlegen
würde, würde aber immerhin zwischen zwei bisher und heute noch verbündeten
Mächten den Beginn eines Zustandes bedeuten, wie wir ihn seit vielen Jahren
bei Metz und bei Thorn haben.

In Wien würde man fortan damit rechnen, daß bei schweren innern oder
äußern Krisen der Habsburgischen Monarchie eine starke südtirolische Bewegung
versuchen könnte, ihre Absicht, gestützt auf die leicht erregbare öffentliche Meinung
Italiens und auf eine dem Drucke dieser nicht widerstehenden italienischen Politik,
durchzusetzen. Hält die österreichische Regierung es für nötig, sich auf einen solchen
Fall einzurichten, so wird ihr das in Deutschland niemand verübeln können. Tat¬
sächlich scheint also die unermüdliche französische Politik den Punkt gefunden zu
haben, wo sie den Dreibnnd aus den Angeln zu heben hofft. Daß Deutschland
seiner am ehesten entraten könnte, hat Graf Bülow im Reichstag öffentlich aus¬
gesprochen. Der Dreibnnd mag ja bei der augenblicklichen Weltlage nicht mehr die
frühere Bedeutung haben, aber sein dauernder Wert bestand doch gerade darin,
daß er Österreich und Italien hinderte, gegeneinander Stellung zu nehmen und
sie von andern Gruppierungen abhielt. Italien hat den Lockungen einer anti¬
päpstlichen französischen Politik, deren eigentliche Motive vielleicht überwiegend auf
dem Gebiete der Diplomatie liegen, nicht länger widersteh» können und wird ihnen
folgen, bis der auf die Dauer in Frankreich wohl unvermeidliche Umschwung in
das Entgegengesetzte eintritt. Die sich hier ergebenden Perspektiven berühren auch
die Entwicklung der Dinge auf dem Balkan und damit die empfindlichsten Stellen
der internationalen europäischen Politik.




Landschaftsbild und Bauerntum.

Ungestört haben in den letzten Jahr¬
zehnten die Industrie und der Verkehr, der intensivere Ackerbau und der moderne
Forstbetrieb das Gesicht der deutschen Landschaft verwüstet; weiter» Schädigungen
des Landschaftsbildes treten neuerdings die auf deu Schutz der Heimat gerichteten
Bestrebungen entgegen. Gründe wissenschaftlicher Art gaben den Anstoß zu dem
staatlichen Schutze der Naturdenkmäler, ästhetische Bedenken veranlaßten die Ent¬
stehung des Bundes Heimatschutz. Auch ethische Gründe sprachen bei der Agitation
für die Heimatschutzbewegung mit, doch ist die volkserziehende Seite der Heimat-
pflege und ihre volkswirtschaftliche Bedeutung wenig erörtert worden.

Es mag auf den ersten Blick scheinen, als hätte die Allgemeinheit wenig
Nutzen davon, wenn der Staat einzelne geschichtlich, kulturgeschichtlich oder natur¬
wissenschaftlich wichtige Bäume, Sträucher, Bestände oder Felsgruppen schützt. Aber
dadurch, daß der Staat diese Dinge vor der Vernichtung bewahrt, verleiht er nicht
nur dem einzelnen Objekte selbst eine gewisse Heiligkeit, sondern er arbeitet anch
der Nichtachtung der Naturschönheiten entgegen, wie sie sich bei dem Landmann
allgemein findet. Gewohnt, immer real zu denken, jederzeit den praktischen Nutzen
zuerst zu erwägen, kennt der Bauer kein ästhetisches Interesse an der Natur; sie
ist ihm Nutzungsobjekt, weiter nichts. Und so wird bei Wegccmlagcn, Drainagen,
Urbarmachungen, Begradigungeu, besonders aber bei Verkuppelungen oft so arg
und meist so ganz zwecklos jeder Baum und jeder Busch umgehauen, daß der un¬
beteiligte Zuschauer es nicht begreift, warum sich die Leute so viel Mühe geben,
ihre Heimat aller Reize zu berauben.


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[0418] Maßgebliches und Unmaßgebliches sächlich durch die Verlegung einer Anzahl Jägerbataillone aus Galizien, Ober¬ österreich und Böhmen nach Tirol im Gange sind und durch Erhöhung des Präscnz- standes eine weitere Ausdehnung erfahren. Die italienische Bewegung in Südtirol gibt der österreichischen Regierung, will sie sich nicht von irgendwelchen Ereignissen überraschen lassen, hierzu leider ausreichenden Anlaß. Es wird nicht ausbleiben, daß man in Italien mit ähnlichen Maßnahmen antwortet und die frühere starke Grenzhut gegen Frankreich in eine solche gegen Österreich verwandelt. Das braucht noch nicht Konflikt oder Krieg zu sein, den Italien sich wohl zweimal überlegen würde, würde aber immerhin zwischen zwei bisher und heute noch verbündeten Mächten den Beginn eines Zustandes bedeuten, wie wir ihn seit vielen Jahren bei Metz und bei Thorn haben. In Wien würde man fortan damit rechnen, daß bei schweren innern oder äußern Krisen der Habsburgischen Monarchie eine starke südtirolische Bewegung versuchen könnte, ihre Absicht, gestützt auf die leicht erregbare öffentliche Meinung Italiens und auf eine dem Drucke dieser nicht widerstehenden italienischen Politik, durchzusetzen. Hält die österreichische Regierung es für nötig, sich auf einen solchen Fall einzurichten, so wird ihr das in Deutschland niemand verübeln können. Tat¬ sächlich scheint also die unermüdliche französische Politik den Punkt gefunden zu haben, wo sie den Dreibnnd aus den Angeln zu heben hofft. Daß Deutschland seiner am ehesten entraten könnte, hat Graf Bülow im Reichstag öffentlich aus¬ gesprochen. Der Dreibnnd mag ja bei der augenblicklichen Weltlage nicht mehr die frühere Bedeutung haben, aber sein dauernder Wert bestand doch gerade darin, daß er Österreich und Italien hinderte, gegeneinander Stellung zu nehmen und sie von andern Gruppierungen abhielt. Italien hat den Lockungen einer anti¬ päpstlichen französischen Politik, deren eigentliche Motive vielleicht überwiegend auf dem Gebiete der Diplomatie liegen, nicht länger widersteh» können und wird ihnen folgen, bis der auf die Dauer in Frankreich wohl unvermeidliche Umschwung in das Entgegengesetzte eintritt. Die sich hier ergebenden Perspektiven berühren auch die Entwicklung der Dinge auf dem Balkan und damit die empfindlichsten Stellen der internationalen europäischen Politik. Landschaftsbild und Bauerntum. Ungestört haben in den letzten Jahr¬ zehnten die Industrie und der Verkehr, der intensivere Ackerbau und der moderne Forstbetrieb das Gesicht der deutschen Landschaft verwüstet; weiter» Schädigungen des Landschaftsbildes treten neuerdings die auf deu Schutz der Heimat gerichteten Bestrebungen entgegen. Gründe wissenschaftlicher Art gaben den Anstoß zu dem staatlichen Schutze der Naturdenkmäler, ästhetische Bedenken veranlaßten die Ent¬ stehung des Bundes Heimatschutz. Auch ethische Gründe sprachen bei der Agitation für die Heimatschutzbewegung mit, doch ist die volkserziehende Seite der Heimat- pflege und ihre volkswirtschaftliche Bedeutung wenig erörtert worden. Es mag auf den ersten Blick scheinen, als hätte die Allgemeinheit wenig Nutzen davon, wenn der Staat einzelne geschichtlich, kulturgeschichtlich oder natur¬ wissenschaftlich wichtige Bäume, Sträucher, Bestände oder Felsgruppen schützt. Aber dadurch, daß der Staat diese Dinge vor der Vernichtung bewahrt, verleiht er nicht nur dem einzelnen Objekte selbst eine gewisse Heiligkeit, sondern er arbeitet anch der Nichtachtung der Naturschönheiten entgegen, wie sie sich bei dem Landmann allgemein findet. Gewohnt, immer real zu denken, jederzeit den praktischen Nutzen zuerst zu erwägen, kennt der Bauer kein ästhetisches Interesse an der Natur; sie ist ihm Nutzungsobjekt, weiter nichts. Und so wird bei Wegccmlagcn, Drainagen, Urbarmachungen, Begradigungeu, besonders aber bei Verkuppelungen oft so arg und meist so ganz zwecklos jeder Baum und jeder Busch umgehauen, daß der un¬ beteiligte Zuschauer es nicht begreift, warum sich die Leute so viel Mühe geben, ihre Heimat aller Reize zu berauben.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/418>, abgerufen am 03.07.2024.