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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.

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Im alten Brüssel

Fintje von neuem ein, er lehnte sich über den Tisch zu ihr hinüber und sah sie
mit bewundernden, heißen Blicken an, als erfasse er jetzt erst ihren ganzen Wert.
Wenn er sprach, klang seine Stimme so weich wie die eines Bittenden.
Komm, der Wagen ist vorgefahren, Josephine.

Schon? Zögernd erhob sich Fintje und warf einen bedauernden Blick über
das zaubervolle Bild der Terrasse.

Renü bot ihr den Arm, um sie durch die langen Menschen- und Tischreihen
zu dem Wagen zu führen. Alle Köpfe wandten sich dem aufbrechenden Paare
zu. Fiutje ging sehr aufrecht, den Kopf mit dem teuern Hut stolz zurückgeworfen.
Ihre Augen flimmerten. Die kleine, weißbehandschuhte Hand traitee sich fest in
Reues Arm, ihr war ein wenig schwindlig von dem ungewohnten Genuß des
Champagners, aber niemand konnte es ihr anmerken.

Reue kutschierte heute uicht. Bequem lehnte er neben Fintje in der leichten
Viktoria.

Fintje sah sich fortgesetzt um nach den Lichtern der Laiterie, die aus immer
größerer Ferne wie bunte Leuchtkäfer durch das Dunkel des Waldes schimmerten.
Es war späte Nacht geworden. Ein köstlicher Duft stieg von der feuchten Erde
und dein Laubwerk auf. Das Kind der schmutzigen, steinernen Gassen atmete mit
gierigen Behagen den ozonreichen Waldesdnft. Silbern beleuchtete der Mond die
breiten ebnen Wege, geräuschlos glitt der Wagen darüber hin.

Laß uns noch nicht zum Bois hinausfahren, Rene, o bitte! Es ist zu
schön hier.

Und Rene gab dem Kutscher Befehl, noch einmal rund um deu See zu fahren.

Der Waldsee lag still und spiegelte alle Himmelssterne wieder, im Jnsel-
restaurcmt war nur ein einziges Fenster erhellt, verschlafen lag es auf seiner busch¬
besetzten kleinen Insel. Die Fähre ruhte regungslos am Ufer.

Noch nie in ihrem Leben hatte Fintje eine Nacht im Walde erlebt.

Es war zuviel des Schönen für eine siebzehnjährige Marollienne. Fintje
lehnte den Kopf an Remus Schulter und brach in Tränen aus.

Was ist dir. Josephine?
"

Zu schön ists, Rene! Die Welt ist gar zu schön. Und du gibst mir das
alles, du bist gut gegen mich wie der liebe Gott, Renü.

Ren6 schüttelte zwar den Kopf, aber diese hingebende Bewunderung und
Dankbarkeit freute ihn doch, er glaubte wirklich der armen Kleinen viel Gutes
anzutun und fühlte kaum den Stachel dieses unverdienten Lobes. Schlecht war
Ren? ja nicht, nur ein gutmütiger, liebenswürdiger Egoist. Bosheit, Leidenschaft
oder Sinnesgier lenkten seine Handlungen nicht, alle Fehler wurzelten bei ihm
einzig in der Eitelkeit. Er war der Sohn eines reich gewordnen Kaufmanns und
hatte sich in die höchsten Gesellschaftskreise einzuführen gewußt. Sein einziges
Bestreben war, es in allen Dingen seinen adlichen Freunden gleich zu tun. Da
seine Freunde Maitressen hatten, sich Pferde hielten und im feudalsten Klub
verkehrten, hielt sich auch Rene Pferde, verkehrte im feudalsten Klub und ver¬
schwendete seines Vaters Geld an die anspruchsvollen Damen der Halbwelt, obschon
er seiner Anlage nach wenig Genuß aus dem Verkehr mit diesen kostspieligen,
meist niedriggesinnten und langweiligen Geschöpfen zog. Doch welcher anständige
junge Mann konnte in der Brüßler "Grand Monde" verkehren, ohne sich einer
hübschen Maitresse zu rühmen? Rodlösss oblixs! Als Rene unter der Laterne
des Boulevard de la Senne zum erstenmal in das pikante Gesichtchen der kleinen
Orangenverkäuferin gesehen hatte, hatte er sogleich seiner Freunde denken müssen,
und was die zu so einem Gesichtchen wohl sagen würden. Und heute Abend
hatte der blasierte, kritische, tonangebende Duc seine kühnsten Erwartungen über¬
troffen in der Anerkennung seiner eigenmächtigen Wahl: "Dn hast Geschmack bewiesen,
die meiden wir dir alle," hatte er gesagt. In RemÄ eiteln, gutmütigen Herzen
war jetzt eine warme, beinahe brüderlich wohlwollende Zuneigung zu dem ver-


Im alten Brüssel

Fintje von neuem ein, er lehnte sich über den Tisch zu ihr hinüber und sah sie
mit bewundernden, heißen Blicken an, als erfasse er jetzt erst ihren ganzen Wert.
Wenn er sprach, klang seine Stimme so weich wie die eines Bittenden.
Komm, der Wagen ist vorgefahren, Josephine.

Schon? Zögernd erhob sich Fintje und warf einen bedauernden Blick über
das zaubervolle Bild der Terrasse.

Renü bot ihr den Arm, um sie durch die langen Menschen- und Tischreihen
zu dem Wagen zu führen. Alle Köpfe wandten sich dem aufbrechenden Paare
zu. Fiutje ging sehr aufrecht, den Kopf mit dem teuern Hut stolz zurückgeworfen.
Ihre Augen flimmerten. Die kleine, weißbehandschuhte Hand traitee sich fest in
Reues Arm, ihr war ein wenig schwindlig von dem ungewohnten Genuß des
Champagners, aber niemand konnte es ihr anmerken.

Reue kutschierte heute uicht. Bequem lehnte er neben Fintje in der leichten
Viktoria.

Fintje sah sich fortgesetzt um nach den Lichtern der Laiterie, die aus immer
größerer Ferne wie bunte Leuchtkäfer durch das Dunkel des Waldes schimmerten.
Es war späte Nacht geworden. Ein köstlicher Duft stieg von der feuchten Erde
und dein Laubwerk auf. Das Kind der schmutzigen, steinernen Gassen atmete mit
gierigen Behagen den ozonreichen Waldesdnft. Silbern beleuchtete der Mond die
breiten ebnen Wege, geräuschlos glitt der Wagen darüber hin.

Laß uns noch nicht zum Bois hinausfahren, Rene, o bitte! Es ist zu
schön hier.

Und Rene gab dem Kutscher Befehl, noch einmal rund um deu See zu fahren.

Der Waldsee lag still und spiegelte alle Himmelssterne wieder, im Jnsel-
restaurcmt war nur ein einziges Fenster erhellt, verschlafen lag es auf seiner busch¬
besetzten kleinen Insel. Die Fähre ruhte regungslos am Ufer.

Noch nie in ihrem Leben hatte Fintje eine Nacht im Walde erlebt.

Es war zuviel des Schönen für eine siebzehnjährige Marollienne. Fintje
lehnte den Kopf an Remus Schulter und brach in Tränen aus.

Was ist dir. Josephine?
"

Zu schön ists, Rene! Die Welt ist gar zu schön. Und du gibst mir das
alles, du bist gut gegen mich wie der liebe Gott, Renü.

Ren6 schüttelte zwar den Kopf, aber diese hingebende Bewunderung und
Dankbarkeit freute ihn doch, er glaubte wirklich der armen Kleinen viel Gutes
anzutun und fühlte kaum den Stachel dieses unverdienten Lobes. Schlecht war
Ren? ja nicht, nur ein gutmütiger, liebenswürdiger Egoist. Bosheit, Leidenschaft
oder Sinnesgier lenkten seine Handlungen nicht, alle Fehler wurzelten bei ihm
einzig in der Eitelkeit. Er war der Sohn eines reich gewordnen Kaufmanns und
hatte sich in die höchsten Gesellschaftskreise einzuführen gewußt. Sein einziges
Bestreben war, es in allen Dingen seinen adlichen Freunden gleich zu tun. Da
seine Freunde Maitressen hatten, sich Pferde hielten und im feudalsten Klub
verkehrten, hielt sich auch Rene Pferde, verkehrte im feudalsten Klub und ver¬
schwendete seines Vaters Geld an die anspruchsvollen Damen der Halbwelt, obschon
er seiner Anlage nach wenig Genuß aus dem Verkehr mit diesen kostspieligen,
meist niedriggesinnten und langweiligen Geschöpfen zog. Doch welcher anständige
junge Mann konnte in der Brüßler „Grand Monde" verkehren, ohne sich einer
hübschen Maitresse zu rühmen? Rodlösss oblixs! Als Rene unter der Laterne
des Boulevard de la Senne zum erstenmal in das pikante Gesichtchen der kleinen
Orangenverkäuferin gesehen hatte, hatte er sogleich seiner Freunde denken müssen,
und was die zu so einem Gesichtchen wohl sagen würden. Und heute Abend
hatte der blasierte, kritische, tonangebende Duc seine kühnsten Erwartungen über¬
troffen in der Anerkennung seiner eigenmächtigen Wahl: „Dn hast Geschmack bewiesen,
die meiden wir dir alle," hatte er gesagt. In RemÄ eiteln, gutmütigen Herzen
war jetzt eine warme, beinahe brüderlich wohlwollende Zuneigung zu dem ver-


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[0301] Im alten Brüssel Fintje von neuem ein, er lehnte sich über den Tisch zu ihr hinüber und sah sie mit bewundernden, heißen Blicken an, als erfasse er jetzt erst ihren ganzen Wert. Wenn er sprach, klang seine Stimme so weich wie die eines Bittenden. Komm, der Wagen ist vorgefahren, Josephine. Schon? Zögernd erhob sich Fintje und warf einen bedauernden Blick über das zaubervolle Bild der Terrasse. Renü bot ihr den Arm, um sie durch die langen Menschen- und Tischreihen zu dem Wagen zu führen. Alle Köpfe wandten sich dem aufbrechenden Paare zu. Fiutje ging sehr aufrecht, den Kopf mit dem teuern Hut stolz zurückgeworfen. Ihre Augen flimmerten. Die kleine, weißbehandschuhte Hand traitee sich fest in Reues Arm, ihr war ein wenig schwindlig von dem ungewohnten Genuß des Champagners, aber niemand konnte es ihr anmerken. Reue kutschierte heute uicht. Bequem lehnte er neben Fintje in der leichten Viktoria. Fintje sah sich fortgesetzt um nach den Lichtern der Laiterie, die aus immer größerer Ferne wie bunte Leuchtkäfer durch das Dunkel des Waldes schimmerten. Es war späte Nacht geworden. Ein köstlicher Duft stieg von der feuchten Erde und dein Laubwerk auf. Das Kind der schmutzigen, steinernen Gassen atmete mit gierigen Behagen den ozonreichen Waldesdnft. Silbern beleuchtete der Mond die breiten ebnen Wege, geräuschlos glitt der Wagen darüber hin. Laß uns noch nicht zum Bois hinausfahren, Rene, o bitte! Es ist zu schön hier. Und Rene gab dem Kutscher Befehl, noch einmal rund um deu See zu fahren. Der Waldsee lag still und spiegelte alle Himmelssterne wieder, im Jnsel- restaurcmt war nur ein einziges Fenster erhellt, verschlafen lag es auf seiner busch¬ besetzten kleinen Insel. Die Fähre ruhte regungslos am Ufer. Noch nie in ihrem Leben hatte Fintje eine Nacht im Walde erlebt. Es war zuviel des Schönen für eine siebzehnjährige Marollienne. Fintje lehnte den Kopf an Remus Schulter und brach in Tränen aus. Was ist dir. Josephine? " Zu schön ists, Rene! Die Welt ist gar zu schön. Und du gibst mir das alles, du bist gut gegen mich wie der liebe Gott, Renü. Ren6 schüttelte zwar den Kopf, aber diese hingebende Bewunderung und Dankbarkeit freute ihn doch, er glaubte wirklich der armen Kleinen viel Gutes anzutun und fühlte kaum den Stachel dieses unverdienten Lobes. Schlecht war Ren? ja nicht, nur ein gutmütiger, liebenswürdiger Egoist. Bosheit, Leidenschaft oder Sinnesgier lenkten seine Handlungen nicht, alle Fehler wurzelten bei ihm einzig in der Eitelkeit. Er war der Sohn eines reich gewordnen Kaufmanns und hatte sich in die höchsten Gesellschaftskreise einzuführen gewußt. Sein einziges Bestreben war, es in allen Dingen seinen adlichen Freunden gleich zu tun. Da seine Freunde Maitressen hatten, sich Pferde hielten und im feudalsten Klub verkehrten, hielt sich auch Rene Pferde, verkehrte im feudalsten Klub und ver¬ schwendete seines Vaters Geld an die anspruchsvollen Damen der Halbwelt, obschon er seiner Anlage nach wenig Genuß aus dem Verkehr mit diesen kostspieligen, meist niedriggesinnten und langweiligen Geschöpfen zog. Doch welcher anständige junge Mann konnte in der Brüßler „Grand Monde" verkehren, ohne sich einer hübschen Maitresse zu rühmen? Rodlösss oblixs! Als Rene unter der Laterne des Boulevard de la Senne zum erstenmal in das pikante Gesichtchen der kleinen Orangenverkäuferin gesehen hatte, hatte er sogleich seiner Freunde denken müssen, und was die zu so einem Gesichtchen wohl sagen würden. Und heute Abend hatte der blasierte, kritische, tonangebende Duc seine kühnsten Erwartungen über¬ troffen in der Anerkennung seiner eigenmächtigen Wahl: „Dn hast Geschmack bewiesen, die meiden wir dir alle," hatte er gesagt. In RemÄ eiteln, gutmütigen Herzen war jetzt eine warme, beinahe brüderlich wohlwollende Zuneigung zu dem ver-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/301>, abgerufen am 23.07.2024.