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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.

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Berards Homerwerk

le Grenzboten haben in den letzten Jahren so viel schöne Original¬
berichte gebracht von Forschern, die auf den Spuren Homers das
Mittelmeer befahren, daß Berichte über Bücher manchem über¬
flüssig erscheinen werden. Aber Berards Werk dürfte Epoche
machen, und da haben denn doch die Leser ein Recht darauf,
etwas von ihm zu erfahren.*) Der Verfasser hat seine Odysseestudien an der
französischen Schule zu Athen begonnen, wo er in den Jahren 1887 bis 1890
weilte, sie in Paris in der Oeols Uormals fortgesetzt und mit Hilfe von
Freunden, denen er seinen Dank abstattet, als Professor der alten Geographie
an der Sools <l<zö H^dös ÜwäW (seit 1896) vollendet. Im Mörz 1901 hatte
er sein Material beisammen und befuhr nun das Mittelmeer bis zum Juni,
um seine Ergebnisse durch den Augenschein zu verifizieren und zu berichtigen.
Seine Frau begleitete ihn, half ihm bei der Beschaffung von Informationen
und lieferte ihm den größten Teil der photographischen Aufnahmen für die
zahlreichen Abbildungen des Werkes. (Die Karten sind den Kartenwerken des
Marineamts entnommen.) Der erste Teil ist gewidmet OonM^i optima, ^.Aos
LSrsrä, luisas oxsris xartieixi. In unsrer kurzen Übersicht über den Inhalt
folgen wir dem Verfasser nicht Kapitel für Kapitel, sondern wählen, an sehr
verschiedne Stellen verstreutes zusammenfassend, eine andre Anordnung des
Stoffes, die uns für unfern Zweck geeigneter erscheint.

Bei der Erforschung prähistorischer Tatsachen müssen nach Berard die
Topologie und die Toponymie zusammenwirken. Das Wort Topologie hat
er G. Hirschfeld entlehnt. Es bezeichnet im Unterschiede von der Topographie,
der bloßen Beschreibung der Orte, die Wissenschaft oder Kunst, in der unser
Friedrich Ratzel Meister gewesen ist: aus der Beschaffenheit und Lage eines
Ortes abzulesen, welches die Menschenschicksale an ihm, die Kulturart, die Be¬
schäftigung der Bewohner sein können, wahrscheinlich gewesen sind und in Zu¬
kunft sein werden. Diese Beschaffenheiten und Lagen ändern sich jedoch nicht
allein selbst zuweilen, sondern es ändert sich auch mit dem Fortschritt der
Zivilisation und der bürgerlichen Ordnung ihre Bedeutung für die menschlichen
Ansiedlungen. Keine Änderung zum Beispiel hat ein Unterschied zwischen den
atlantischen und den mediterranen Seestädten erfahren. Jene, wie Lissabon,
Bordeaux, Antwerpen, London, Hamburg, liegen an den Flußmündungen, die
Mittelmeerstädte dagegen, wie Barcelona, Marseille, Livorno, Saloniki, Alexandria,
ein Stück von der Flußmündung entfernt. In deren Nähe zwar, weil der Fluß



*) Victor Lsrs,i'ä- I^ö" Z?Könioisll8 ot I'0ä^88sg. ?aris, tibiÄris ^rin^na Ooli".
Loms 1 1902, Ions I1 1903. S91 und (mit Registern) 630 Seiten Lexikonoktav.


Berards Homerwerk

le Grenzboten haben in den letzten Jahren so viel schöne Original¬
berichte gebracht von Forschern, die auf den Spuren Homers das
Mittelmeer befahren, daß Berichte über Bücher manchem über¬
flüssig erscheinen werden. Aber Berards Werk dürfte Epoche
machen, und da haben denn doch die Leser ein Recht darauf,
etwas von ihm zu erfahren.*) Der Verfasser hat seine Odysseestudien an der
französischen Schule zu Athen begonnen, wo er in den Jahren 1887 bis 1890
weilte, sie in Paris in der Oeols Uormals fortgesetzt und mit Hilfe von
Freunden, denen er seinen Dank abstattet, als Professor der alten Geographie
an der Sools <l<zö H^dös ÜwäW (seit 1896) vollendet. Im Mörz 1901 hatte
er sein Material beisammen und befuhr nun das Mittelmeer bis zum Juni,
um seine Ergebnisse durch den Augenschein zu verifizieren und zu berichtigen.
Seine Frau begleitete ihn, half ihm bei der Beschaffung von Informationen
und lieferte ihm den größten Teil der photographischen Aufnahmen für die
zahlreichen Abbildungen des Werkes. (Die Karten sind den Kartenwerken des
Marineamts entnommen.) Der erste Teil ist gewidmet OonM^i optima, ^.Aos
LSrsrä, luisas oxsris xartieixi. In unsrer kurzen Übersicht über den Inhalt
folgen wir dem Verfasser nicht Kapitel für Kapitel, sondern wählen, an sehr
verschiedne Stellen verstreutes zusammenfassend, eine andre Anordnung des
Stoffes, die uns für unfern Zweck geeigneter erscheint.

Bei der Erforschung prähistorischer Tatsachen müssen nach Berard die
Topologie und die Toponymie zusammenwirken. Das Wort Topologie hat
er G. Hirschfeld entlehnt. Es bezeichnet im Unterschiede von der Topographie,
der bloßen Beschreibung der Orte, die Wissenschaft oder Kunst, in der unser
Friedrich Ratzel Meister gewesen ist: aus der Beschaffenheit und Lage eines
Ortes abzulesen, welches die Menschenschicksale an ihm, die Kulturart, die Be¬
schäftigung der Bewohner sein können, wahrscheinlich gewesen sind und in Zu¬
kunft sein werden. Diese Beschaffenheiten und Lagen ändern sich jedoch nicht
allein selbst zuweilen, sondern es ändert sich auch mit dem Fortschritt der
Zivilisation und der bürgerlichen Ordnung ihre Bedeutung für die menschlichen
Ansiedlungen. Keine Änderung zum Beispiel hat ein Unterschied zwischen den
atlantischen und den mediterranen Seestädten erfahren. Jene, wie Lissabon,
Bordeaux, Antwerpen, London, Hamburg, liegen an den Flußmündungen, die
Mittelmeerstädte dagegen, wie Barcelona, Marseille, Livorno, Saloniki, Alexandria,
ein Stück von der Flußmündung entfernt. In deren Nähe zwar, weil der Fluß



*) Victor Lsrs,i'ä- I^ö« Z?Könioisll8 ot I'0ä^88sg. ?aris, tibiÄris ^rin^na Ooli».
Loms 1 1902, Ions I1 1903. S91 und (mit Registern) 630 Seiten Lexikonoktav.
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[0028] [Abbildung] Berards Homerwerk le Grenzboten haben in den letzten Jahren so viel schöne Original¬ berichte gebracht von Forschern, die auf den Spuren Homers das Mittelmeer befahren, daß Berichte über Bücher manchem über¬ flüssig erscheinen werden. Aber Berards Werk dürfte Epoche machen, und da haben denn doch die Leser ein Recht darauf, etwas von ihm zu erfahren.*) Der Verfasser hat seine Odysseestudien an der französischen Schule zu Athen begonnen, wo er in den Jahren 1887 bis 1890 weilte, sie in Paris in der Oeols Uormals fortgesetzt und mit Hilfe von Freunden, denen er seinen Dank abstattet, als Professor der alten Geographie an der Sools <l<zö H^dös ÜwäW (seit 1896) vollendet. Im Mörz 1901 hatte er sein Material beisammen und befuhr nun das Mittelmeer bis zum Juni, um seine Ergebnisse durch den Augenschein zu verifizieren und zu berichtigen. Seine Frau begleitete ihn, half ihm bei der Beschaffung von Informationen und lieferte ihm den größten Teil der photographischen Aufnahmen für die zahlreichen Abbildungen des Werkes. (Die Karten sind den Kartenwerken des Marineamts entnommen.) Der erste Teil ist gewidmet OonM^i optima, ^.Aos LSrsrä, luisas oxsris xartieixi. In unsrer kurzen Übersicht über den Inhalt folgen wir dem Verfasser nicht Kapitel für Kapitel, sondern wählen, an sehr verschiedne Stellen verstreutes zusammenfassend, eine andre Anordnung des Stoffes, die uns für unfern Zweck geeigneter erscheint. Bei der Erforschung prähistorischer Tatsachen müssen nach Berard die Topologie und die Toponymie zusammenwirken. Das Wort Topologie hat er G. Hirschfeld entlehnt. Es bezeichnet im Unterschiede von der Topographie, der bloßen Beschreibung der Orte, die Wissenschaft oder Kunst, in der unser Friedrich Ratzel Meister gewesen ist: aus der Beschaffenheit und Lage eines Ortes abzulesen, welches die Menschenschicksale an ihm, die Kulturart, die Be¬ schäftigung der Bewohner sein können, wahrscheinlich gewesen sind und in Zu¬ kunft sein werden. Diese Beschaffenheiten und Lagen ändern sich jedoch nicht allein selbst zuweilen, sondern es ändert sich auch mit dem Fortschritt der Zivilisation und der bürgerlichen Ordnung ihre Bedeutung für die menschlichen Ansiedlungen. Keine Änderung zum Beispiel hat ein Unterschied zwischen den atlantischen und den mediterranen Seestädten erfahren. Jene, wie Lissabon, Bordeaux, Antwerpen, London, Hamburg, liegen an den Flußmündungen, die Mittelmeerstädte dagegen, wie Barcelona, Marseille, Livorno, Saloniki, Alexandria, ein Stück von der Flußmündung entfernt. In deren Nähe zwar, weil der Fluß *) Victor Lsrs,i'ä- I^ö« Z?Könioisll8 ot I'0ä^88sg. ?aris, tibiÄris ^rin^na Ooli». Loms 1 1902, Ions I1 1903. S91 und (mit Registern) 630 Seiten Lexikonoktav.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/28>, abgerufen am 22.12.2024.