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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.

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Bilder aus dem deutsch-französischen Kriege

aus der geistreichsten Gesellschaft gegangen, wie ich von diesem Holztisch einer
französischen Bauernstube aufstand, in der mein Hauptmann einquartiert war.
Mich erfüllten bis zur Berauschung die widersprechendsten Gefühle: meine Strafe
erschien mir noch viel verdienter, mein Fehler noch viel unverzeihlicher als vorher;
aber das alles war ja nun in der edelsten und zartsinnigsten Weise wieder gesühnt
und verziehen. So gut wurde es nun freilich nicht jedem. Er konnte Fehler
lange nachtragen, der gestrenge Chef, und so hat er es zum Beispiel bis über
den Feldzug hinaus dem Freiwilligen Voll nicht vergessen können, daß er ihn auf
einem Doppelposten an gefährlicher Stelle mit dem Bajonett einen Apfel vom
Baum stecken sah. Und ebensowenig konnte er es dem langen Ziegler vergessen,
der Schreiberdienste verrichtete und wegen schwacher Füße sehr oft auf dem
Kompagniewagen saß, daß er einmal, als er auf dem geliebten Wagen fortfuhr,
sein Gewehr im Quartier zurückgelassen hatte; Ziegler behauptete, der Marsch vou
25 Kilometern hin und zurück, um den alten "Schießprügel" zu holen, sei ihm
saurer geworden als der Kompagniearrest, den er abzusitzen hatte. In allen diesen
und ähnlichen Fällen war die ganze Kompagnie jedesmal mit Ansnahme des Be¬
straften auf der Seite des Hauptmanns. Auch wenn die Strafen manchmal hart
ausfielen, was war das im Vergleich mit der Erinnerung an die kaltblütige
Haltung des Chefs in so vielen Fällen, sei es im Vorgehn unter den feindlichen
Kugeln, sei es im Ausharren auf nächtlichem Marsch oder in einer endlosen
Bereitschaftsstellung in Regen und Wind? Und war unsre Kompagnie uicht die
einzige im Regiment, um deren Quartiere sich der Chef bis ins einzelste kümmerte?
Das war bekannt, daß er sich keine Ruhe gönnte, bis der letzte Mann von den
Seinen untergebracht war; und vielleicht am höchsten wurde es ihm von uus an¬
gerechnet, daß er einmal die Regimentsmusiker mit kräftigen Worten aus den
Häusern ausquartiert hatte, die für unser Kantonnement bestimmt waren. Man
ließ sich von ihnen gern etwas Vorspielen, liebte sie aber im übrigen wegen ihrer
Weichlichkeit und Begehrlichkeit im Wohnen und Essen nicht besonders. Das
Hornsignal zum Avancieren, das einer ohne Taubennester bläst, ist mir lieber als
eure Tänze, hatte man bei dieser Gelegenheit den Hauptmann sagen hören, und
damit hatte er wieder einmal die "öffentliche Meinung" der Kompagnie zum Aus¬
druck gebracht.

Doch ich sehe, daß ich mich zu tief in Persönliches einlasse, das außer mir
heutzutage nur wenige interessieren kann; denn der Mann, von dem ich spreche,
ist kein berühmter Mann, den die Welt kennt, hat es auch nie darauf angelegt;
seine Größe war eine Große in dem engen Kreis seiner Pflicht. Soviel wie ich
hier von ihm spreche, habe ich aber freilich in den Stunden, deren Inhalt
ich erzähle, an ihn und an seine Wünsche und Befehle gedacht, und insofern
wurde ich wenigstens meiner Aufgabe nicht untreu, indem ich etwas länger bei
ihm verweilte.

Es war jetzt düster geworden, ich kehrte zu meinem Brückenbogen zurück,
meine kartenspielenden Kameraden waren ins Freie herausgetreten, schritten rasch
ans und ab, schlugen die Arme kreuzweise über die Brust und die Schultern, um
sich zu erwärmen, und tauschten mit kurzen Worten ihre Ansichten und Aussichten
über das Wetter, den unsichtbaren Feind, den man nicht mehr erwartete, und den
Proviant aus, den man dringend erwartete; der eine kaute an einem Stück
Kommißbrot, der andre zündete in seinem Pfeifchen die übliche Mischung von etwas
Tabak mit viel Baumblättern an. Durch die Dämmerung sah man drei dunkle
Gestalten am Straßendamm auftauchen, trotz der trüben Luft von weitem schon
erkennbar als die Patrouille, die den Nachmittag ausgesandt worden war, um
Meldungen mit rechts und links und dem Kommando im Dorfe auszutauschen.
Sie brachte keine Neuigkeiten, bei den andern Feldwachen war es den Tag über
ebenso still wie bei uns geblieben, doch ließ der Hauptmann vermehrte Wachsam¬
keit, besonders uns wegen der vermuteten Besetzung der Bahnkreuzung, empfehlen.


Bilder aus dem deutsch-französischen Kriege

aus der geistreichsten Gesellschaft gegangen, wie ich von diesem Holztisch einer
französischen Bauernstube aufstand, in der mein Hauptmann einquartiert war.
Mich erfüllten bis zur Berauschung die widersprechendsten Gefühle: meine Strafe
erschien mir noch viel verdienter, mein Fehler noch viel unverzeihlicher als vorher;
aber das alles war ja nun in der edelsten und zartsinnigsten Weise wieder gesühnt
und verziehen. So gut wurde es nun freilich nicht jedem. Er konnte Fehler
lange nachtragen, der gestrenge Chef, und so hat er es zum Beispiel bis über
den Feldzug hinaus dem Freiwilligen Voll nicht vergessen können, daß er ihn auf
einem Doppelposten an gefährlicher Stelle mit dem Bajonett einen Apfel vom
Baum stecken sah. Und ebensowenig konnte er es dem langen Ziegler vergessen,
der Schreiberdienste verrichtete und wegen schwacher Füße sehr oft auf dem
Kompagniewagen saß, daß er einmal, als er auf dem geliebten Wagen fortfuhr,
sein Gewehr im Quartier zurückgelassen hatte; Ziegler behauptete, der Marsch vou
25 Kilometern hin und zurück, um den alten „Schießprügel" zu holen, sei ihm
saurer geworden als der Kompagniearrest, den er abzusitzen hatte. In allen diesen
und ähnlichen Fällen war die ganze Kompagnie jedesmal mit Ansnahme des Be¬
straften auf der Seite des Hauptmanns. Auch wenn die Strafen manchmal hart
ausfielen, was war das im Vergleich mit der Erinnerung an die kaltblütige
Haltung des Chefs in so vielen Fällen, sei es im Vorgehn unter den feindlichen
Kugeln, sei es im Ausharren auf nächtlichem Marsch oder in einer endlosen
Bereitschaftsstellung in Regen und Wind? Und war unsre Kompagnie uicht die
einzige im Regiment, um deren Quartiere sich der Chef bis ins einzelste kümmerte?
Das war bekannt, daß er sich keine Ruhe gönnte, bis der letzte Mann von den
Seinen untergebracht war; und vielleicht am höchsten wurde es ihm von uus an¬
gerechnet, daß er einmal die Regimentsmusiker mit kräftigen Worten aus den
Häusern ausquartiert hatte, die für unser Kantonnement bestimmt waren. Man
ließ sich von ihnen gern etwas Vorspielen, liebte sie aber im übrigen wegen ihrer
Weichlichkeit und Begehrlichkeit im Wohnen und Essen nicht besonders. Das
Hornsignal zum Avancieren, das einer ohne Taubennester bläst, ist mir lieber als
eure Tänze, hatte man bei dieser Gelegenheit den Hauptmann sagen hören, und
damit hatte er wieder einmal die „öffentliche Meinung" der Kompagnie zum Aus¬
druck gebracht.

Doch ich sehe, daß ich mich zu tief in Persönliches einlasse, das außer mir
heutzutage nur wenige interessieren kann; denn der Mann, von dem ich spreche,
ist kein berühmter Mann, den die Welt kennt, hat es auch nie darauf angelegt;
seine Größe war eine Große in dem engen Kreis seiner Pflicht. Soviel wie ich
hier von ihm spreche, habe ich aber freilich in den Stunden, deren Inhalt
ich erzähle, an ihn und an seine Wünsche und Befehle gedacht, und insofern
wurde ich wenigstens meiner Aufgabe nicht untreu, indem ich etwas länger bei
ihm verweilte.

Es war jetzt düster geworden, ich kehrte zu meinem Brückenbogen zurück,
meine kartenspielenden Kameraden waren ins Freie herausgetreten, schritten rasch
ans und ab, schlugen die Arme kreuzweise über die Brust und die Schultern, um
sich zu erwärmen, und tauschten mit kurzen Worten ihre Ansichten und Aussichten
über das Wetter, den unsichtbaren Feind, den man nicht mehr erwartete, und den
Proviant aus, den man dringend erwartete; der eine kaute an einem Stück
Kommißbrot, der andre zündete in seinem Pfeifchen die übliche Mischung von etwas
Tabak mit viel Baumblättern an. Durch die Dämmerung sah man drei dunkle
Gestalten am Straßendamm auftauchen, trotz der trüben Luft von weitem schon
erkennbar als die Patrouille, die den Nachmittag ausgesandt worden war, um
Meldungen mit rechts und links und dem Kommando im Dorfe auszutauschen.
Sie brachte keine Neuigkeiten, bei den andern Feldwachen war es den Tag über
ebenso still wie bei uns geblieben, doch ließ der Hauptmann vermehrte Wachsam¬
keit, besonders uns wegen der vermuteten Besetzung der Bahnkreuzung, empfehlen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/233>, abgerufen am 23.07.2024.