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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.

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Bilder aus dem deutsch-französischen Kriege

wenn wir auf der Straße Vorgehn, bekommen wir Feuer dort aus dem Eckfenster
des obern Stockes, von dem aus man fast bis zur Feldwache hinunter sehen kann.
Auch fängt gerade vor dem Hause eine Reihe von besonders großen Bäumen an,
die den Rückzug aufs Glacis begünstigen. Die Hauptsache ist aber, den Rothosen
den Rückzug abzuschneiden.

Ich schleiche mich jetzt dahin, wähle in ungefähr vierhundert Schritt einen
guten Punkt. Geht ihr zurück, so ruft mich ein Pfiff, im andern Falle bleibe ich
dort liegen, bis ich merke, daß ihr auf der Straße bis zu dem Hause vorgegangen
seid. Sind wirklich Franzosen drin, so sorgt, daß sie nicht auf die Straße heraus¬
kommen, ich will sie in der Hintertür fassen. Du bleibst einstweilen hier, bis die
andern zurück sind. -- Gut, hoffentlich kriegen wir einige zum Schuß. -- Haber
sah sein Gewehr nach und verschwand geräuschlos in den dichten Haselbüschen des
Gartenzauns. Als der Leutnant mit der Patrouille herankam, ging ich ihnen einige
Schritte entgegen, meldete unsre Beobachtung und den Plan Haders, der Billigung
fand. Nun scheinbar sorglos und doch vorsichtig auf der Straße vor, das bedenk¬
liche Haus und besonders sein Eckfenster im Auge behaltend. Drei Leute blieben
an der Kreuzung zurück, wir andern hielten uns bei den Straßenbäumen und den
Zäunen der Vorgärten, um möglichst nahe bei Deckungen zu bleiben. Der Leutnant
hatte sich von einem der Zurückgebliebnen das Gewehr geben lassen und die Hosen¬
taschen mit Munition gefüllt. Fast- lautlos war man an das gesuchte Haus heran¬
gekommen, das von mehr städtischer Bauart war als die andern; uns fiel besonders
die schmale steinerne Treppe zu der engen Tür auf, die innerhalb der Mauern
des Hauses lag. Horch, ein Geräusch innen, ein Augenblick Stutzen, dann lautes
Kommando: Zwei Mann in die Tür! und in demselben Augenblicke Schüsse aus
den Fenstern oben und Schüsse aus der Tür, die eingedrückt wird; einige von
uns erwiderten von den Bäumen der Straße aus die Schüsse aus den Fenstern,
zwei waren den ersten beiden ins Haus gefolgt. Nun plötzlich zwei Schüsse rasch
hintereinander hinter dem Hause, dann Rufe der Unsrigen. Auf Befehl: Keinen
Schritt weiter! bleiben wir an den Bäumen, der Sergeant führt zwei französische
Jnfanteristen aus dem Hause, deutet auf zwei oder drei Gefallne, die in dem
dunkeln Gange liegen, und einer seiner Begleiter stößt den Laden des gefährlichen
Eckfensters auf. Die Gefangnen werden zur Seite gestellt, ein dritter liegt leicht
verwundet im Hause; die zwei Toten, deren einen der Sergeant beim Öffnen der
Tür über den Haufen gestochen hat, bleiben liegen. Nun rasch zurück, die Ge¬
fangnen und den Leichtverwundeten voraus. An der Kreuzung ein herrlicher Anblick:
Haber mit drei Gewehren in der einen, einem Rosenstrauß in der andern und
zwei entwaffneten Zuaven vor sich, die uns neugierig anlächeln. Die ganze Ge¬
schichte hatte ein paar Minuten gedauert. Der Leutnant erzählte, wie er in dem
Augenblick, wo er zwei Mann in den Türeingang geschickt habe, damit sie dort
gedeckt stünden, den Laden des Eckfensters sich habe halb öffnen sehen und sogleich
auch an Steinchen, die die Kugel ausschleuderte, deu Schuß empfunden habe; seine
Beinkleider waren davon an mehreren Stellen durchlöchert. Der Sergeant aber
drückte in demselben Augenblicke die Tür ein, die von innen geöffnet werden wollte,
schlug einen Gewehrlauf zurück, stach mit dem Bajonett den Träger nieder, worauf
sich der zweite ergab und ein dritter von der Treppe ans Pardon rief, als ihm
Haders Schüsse sagten, daß die Hintertür versperrt sei. Haber hatte nicht eine
halbe Minute, nachdem vorn die Schüsse gefallen waren, die Hintertür aufreißen
nud drei Franzosen herausstürzen sehen, deren einen sein erster Schuß niederstreckte.
Dem zweiten sandte er eine Kugel nach, der dritte warf auf deu Zuruf sein Ge¬
wehr weg und stellte sich selbst, worauf sich der zweite mit einem Fleischschuß in
der Hand umwandte nud seinem Kameraden folgte. Zur Erinnerung nahm Haber
blühende Zweige von der Rosenhecke mit, in deren Schutz er seine Umgehung zum
glücklichen Ende geführt hatte. Er teilte sie eben aus, während wir uns dem
andern Ende des Dorfes zu bewegten. Das verdächtige Pfeifen der Geschosse,


Bilder aus dem deutsch-französischen Kriege

wenn wir auf der Straße Vorgehn, bekommen wir Feuer dort aus dem Eckfenster
des obern Stockes, von dem aus man fast bis zur Feldwache hinunter sehen kann.
Auch fängt gerade vor dem Hause eine Reihe von besonders großen Bäumen an,
die den Rückzug aufs Glacis begünstigen. Die Hauptsache ist aber, den Rothosen
den Rückzug abzuschneiden.

Ich schleiche mich jetzt dahin, wähle in ungefähr vierhundert Schritt einen
guten Punkt. Geht ihr zurück, so ruft mich ein Pfiff, im andern Falle bleibe ich
dort liegen, bis ich merke, daß ihr auf der Straße bis zu dem Hause vorgegangen
seid. Sind wirklich Franzosen drin, so sorgt, daß sie nicht auf die Straße heraus¬
kommen, ich will sie in der Hintertür fassen. Du bleibst einstweilen hier, bis die
andern zurück sind. — Gut, hoffentlich kriegen wir einige zum Schuß. — Haber
sah sein Gewehr nach und verschwand geräuschlos in den dichten Haselbüschen des
Gartenzauns. Als der Leutnant mit der Patrouille herankam, ging ich ihnen einige
Schritte entgegen, meldete unsre Beobachtung und den Plan Haders, der Billigung
fand. Nun scheinbar sorglos und doch vorsichtig auf der Straße vor, das bedenk¬
liche Haus und besonders sein Eckfenster im Auge behaltend. Drei Leute blieben
an der Kreuzung zurück, wir andern hielten uns bei den Straßenbäumen und den
Zäunen der Vorgärten, um möglichst nahe bei Deckungen zu bleiben. Der Leutnant
hatte sich von einem der Zurückgebliebnen das Gewehr geben lassen und die Hosen¬
taschen mit Munition gefüllt. Fast- lautlos war man an das gesuchte Haus heran¬
gekommen, das von mehr städtischer Bauart war als die andern; uns fiel besonders
die schmale steinerne Treppe zu der engen Tür auf, die innerhalb der Mauern
des Hauses lag. Horch, ein Geräusch innen, ein Augenblick Stutzen, dann lautes
Kommando: Zwei Mann in die Tür! und in demselben Augenblicke Schüsse aus
den Fenstern oben und Schüsse aus der Tür, die eingedrückt wird; einige von
uns erwiderten von den Bäumen der Straße aus die Schüsse aus den Fenstern,
zwei waren den ersten beiden ins Haus gefolgt. Nun plötzlich zwei Schüsse rasch
hintereinander hinter dem Hause, dann Rufe der Unsrigen. Auf Befehl: Keinen
Schritt weiter! bleiben wir an den Bäumen, der Sergeant führt zwei französische
Jnfanteristen aus dem Hause, deutet auf zwei oder drei Gefallne, die in dem
dunkeln Gange liegen, und einer seiner Begleiter stößt den Laden des gefährlichen
Eckfensters auf. Die Gefangnen werden zur Seite gestellt, ein dritter liegt leicht
verwundet im Hause; die zwei Toten, deren einen der Sergeant beim Öffnen der
Tür über den Haufen gestochen hat, bleiben liegen. Nun rasch zurück, die Ge¬
fangnen und den Leichtverwundeten voraus. An der Kreuzung ein herrlicher Anblick:
Haber mit drei Gewehren in der einen, einem Rosenstrauß in der andern und
zwei entwaffneten Zuaven vor sich, die uns neugierig anlächeln. Die ganze Ge¬
schichte hatte ein paar Minuten gedauert. Der Leutnant erzählte, wie er in dem
Augenblick, wo er zwei Mann in den Türeingang geschickt habe, damit sie dort
gedeckt stünden, den Laden des Eckfensters sich habe halb öffnen sehen und sogleich
auch an Steinchen, die die Kugel ausschleuderte, deu Schuß empfunden habe; seine
Beinkleider waren davon an mehreren Stellen durchlöchert. Der Sergeant aber
drückte in demselben Augenblicke die Tür ein, die von innen geöffnet werden wollte,
schlug einen Gewehrlauf zurück, stach mit dem Bajonett den Träger nieder, worauf
sich der zweite ergab und ein dritter von der Treppe ans Pardon rief, als ihm
Haders Schüsse sagten, daß die Hintertür versperrt sei. Haber hatte nicht eine
halbe Minute, nachdem vorn die Schüsse gefallen waren, die Hintertür aufreißen
nud drei Franzosen herausstürzen sehen, deren einen sein erster Schuß niederstreckte.
Dem zweiten sandte er eine Kugel nach, der dritte warf auf deu Zuruf sein Ge¬
wehr weg und stellte sich selbst, worauf sich der zweite mit einem Fleischschuß in
der Hand umwandte nud seinem Kameraden folgte. Zur Erinnerung nahm Haber
blühende Zweige von der Rosenhecke mit, in deren Schutz er seine Umgehung zum
glücklichen Ende geführt hatte. Er teilte sie eben aus, während wir uns dem
andern Ende des Dorfes zu bewegten. Das verdächtige Pfeifen der Geschosse,


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[0173] Bilder aus dem deutsch-französischen Kriege wenn wir auf der Straße Vorgehn, bekommen wir Feuer dort aus dem Eckfenster des obern Stockes, von dem aus man fast bis zur Feldwache hinunter sehen kann. Auch fängt gerade vor dem Hause eine Reihe von besonders großen Bäumen an, die den Rückzug aufs Glacis begünstigen. Die Hauptsache ist aber, den Rothosen den Rückzug abzuschneiden. Ich schleiche mich jetzt dahin, wähle in ungefähr vierhundert Schritt einen guten Punkt. Geht ihr zurück, so ruft mich ein Pfiff, im andern Falle bleibe ich dort liegen, bis ich merke, daß ihr auf der Straße bis zu dem Hause vorgegangen seid. Sind wirklich Franzosen drin, so sorgt, daß sie nicht auf die Straße heraus¬ kommen, ich will sie in der Hintertür fassen. Du bleibst einstweilen hier, bis die andern zurück sind. — Gut, hoffentlich kriegen wir einige zum Schuß. — Haber sah sein Gewehr nach und verschwand geräuschlos in den dichten Haselbüschen des Gartenzauns. Als der Leutnant mit der Patrouille herankam, ging ich ihnen einige Schritte entgegen, meldete unsre Beobachtung und den Plan Haders, der Billigung fand. Nun scheinbar sorglos und doch vorsichtig auf der Straße vor, das bedenk¬ liche Haus und besonders sein Eckfenster im Auge behaltend. Drei Leute blieben an der Kreuzung zurück, wir andern hielten uns bei den Straßenbäumen und den Zäunen der Vorgärten, um möglichst nahe bei Deckungen zu bleiben. Der Leutnant hatte sich von einem der Zurückgebliebnen das Gewehr geben lassen und die Hosen¬ taschen mit Munition gefüllt. Fast- lautlos war man an das gesuchte Haus heran¬ gekommen, das von mehr städtischer Bauart war als die andern; uns fiel besonders die schmale steinerne Treppe zu der engen Tür auf, die innerhalb der Mauern des Hauses lag. Horch, ein Geräusch innen, ein Augenblick Stutzen, dann lautes Kommando: Zwei Mann in die Tür! und in demselben Augenblicke Schüsse aus den Fenstern oben und Schüsse aus der Tür, die eingedrückt wird; einige von uns erwiderten von den Bäumen der Straße aus die Schüsse aus den Fenstern, zwei waren den ersten beiden ins Haus gefolgt. Nun plötzlich zwei Schüsse rasch hintereinander hinter dem Hause, dann Rufe der Unsrigen. Auf Befehl: Keinen Schritt weiter! bleiben wir an den Bäumen, der Sergeant führt zwei französische Jnfanteristen aus dem Hause, deutet auf zwei oder drei Gefallne, die in dem dunkeln Gange liegen, und einer seiner Begleiter stößt den Laden des gefährlichen Eckfensters auf. Die Gefangnen werden zur Seite gestellt, ein dritter liegt leicht verwundet im Hause; die zwei Toten, deren einen der Sergeant beim Öffnen der Tür über den Haufen gestochen hat, bleiben liegen. Nun rasch zurück, die Ge¬ fangnen und den Leichtverwundeten voraus. An der Kreuzung ein herrlicher Anblick: Haber mit drei Gewehren in der einen, einem Rosenstrauß in der andern und zwei entwaffneten Zuaven vor sich, die uns neugierig anlächeln. Die ganze Ge¬ schichte hatte ein paar Minuten gedauert. Der Leutnant erzählte, wie er in dem Augenblick, wo er zwei Mann in den Türeingang geschickt habe, damit sie dort gedeckt stünden, den Laden des Eckfensters sich habe halb öffnen sehen und sogleich auch an Steinchen, die die Kugel ausschleuderte, deu Schuß empfunden habe; seine Beinkleider waren davon an mehreren Stellen durchlöchert. Der Sergeant aber drückte in demselben Augenblicke die Tür ein, die von innen geöffnet werden wollte, schlug einen Gewehrlauf zurück, stach mit dem Bajonett den Träger nieder, worauf sich der zweite ergab und ein dritter von der Treppe ans Pardon rief, als ihm Haders Schüsse sagten, daß die Hintertür versperrt sei. Haber hatte nicht eine halbe Minute, nachdem vorn die Schüsse gefallen waren, die Hintertür aufreißen nud drei Franzosen herausstürzen sehen, deren einen sein erster Schuß niederstreckte. Dem zweiten sandte er eine Kugel nach, der dritte warf auf deu Zuruf sein Ge¬ wehr weg und stellte sich selbst, worauf sich der zweite mit einem Fleischschuß in der Hand umwandte nud seinem Kameraden folgte. Zur Erinnerung nahm Haber blühende Zweige von der Rosenhecke mit, in deren Schutz er seine Umgehung zum glücklichen Ende geführt hatte. Er teilte sie eben aus, während wir uns dem andern Ende des Dorfes zu bewegten. Das verdächtige Pfeifen der Geschosse,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/173>, abgerufen am 23.07.2024.