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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.

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Bilder aus dem deutsch-französischen Kriege

noch verargen, daß ich aus der Oekonomie oder der SParsamkeits-Lehren die 3 Be¬
denklichkeiten herleite, und dafür halte, daß wo nicht alle doch die mehresten von
den auf diese neue Anstalten und Einrichtungen zu verwendenden Unkosten ersparet
werden können; welcher Grund in unserm ökonomischen Jahrhunderte allerdings
seinen Werth hat und alle Betrachtung und Achtung verdient.

Ehe ich aber diesen Aufsatz Schlusse: So soll und muß ich Einem Hoedi.
UaAi8t>i'g,t> eine Sache erzählen, die unter dem Sel. H. v^reor Rieger und unter
meinem Sel. H. Schwager, H. lüoll. scheidet, in 5. und 4^° oräinv geschehen
ist, ohngeachtet sie vom Sel. H, Rhetor Habicht als damaligen OollvM dieser Ord¬
nung nicht gebilliget worden. H. Sam. Hoffmann, Voll, primär, hat mir solche vor
gewiß erzählet. Es ist von beiden abgedachten Lehrern jedem Schüler erlaubt
worden, sich ein klein Pnlpet anzuschaffen, mitzubringen und zu gebrauchen. Dieses
hat aus 3 Stücken bestanden, aus einer Schraube, aus einer kleinen Stange und
aus einem Pulpet-Blat. Die erste hat der Schüler auf seinem Sitze zwischen seinen
beiden Beinen an die Bank geschraubt, die Stnuge hineingesteckt und das Pulpet-
blat schräge darauf gelegt. Dieses letztere hat er nach Zerlegung in seine Mappe
gelegt, die kleine Stange und die Schraube in den Schubsack gesteckt und dieses
kleine Werkzeug hat nicht mehr als 9 Sgr. gekostet. Könnte nicht anch dieses
anstatt der neuen Bänke und Tische mit mehrerer Bequemlichkeit und Nutzen und
ohne Unkosten, ja bloß durch Aufwand eines jeden Studentens und Schülers, ohne
Schaden und Nachtheil des Raumes zur Verhütung und Vermeidung aller oben
angeführten Unbequemlichkeiten und Schwierigkeiten erneuert und eingeführt werden?


Ich bin und ersterbe mit tiefster Ehrfurcht
Eines Hochlöblichen Ug'ssistrats
amtsverbuudenster und gehorsamster
Diener
Johann Caspar Arletius
Rector des Elisabetanischen
Gymnasii mxx.

Das Schreiben hatte natürlich nur geringen Erfolg. Der Rat entschied:
aves, und soll zur Beruhigung des Supplicanten die Einrichtung der
Tische und Bänke in xrimo orckins vor der Hand bis auf weiteren Befund
unterbleiben." -- Nach dem Tode des alten Arletius, drei Jahre später, holte
man dies dann nach. ^."^_




Bilder aus dem deutsch-französischen Kriege
Friedrich Ratzel Aus dem Nachlaß von
2. Ich hatt einen Aarneraden
(Schluß)

us Wetter änderte sich, auf drückende Hitze folgten Regentage.
Unsre Quartiere wanderten aller paar Tage in ein andres Dorf,
die Schnnzarbeit wurde ausgesetzt, der Vorpostendienst trat an seine
Stelle, und diesen löste eine Detachierung in ein Gebiet ab, wo
Franktireurs Transporte beunruhigten; und unter all diesem Wechsel
floß unser Leben im einförmigen Gang des Dienstes fort, nur scheinbar
mannigfaltig, in Wirklichkeit immer dieselbe Kraft anspannend und dieselben Fähig¬
keiten übend und steigernd. Ich lernte ertragen, was mich am fremdartigste" berührt


Grenzboten I 190S 22
Bilder aus dem deutsch-französischen Kriege

noch verargen, daß ich aus der Oekonomie oder der SParsamkeits-Lehren die 3 Be¬
denklichkeiten herleite, und dafür halte, daß wo nicht alle doch die mehresten von
den auf diese neue Anstalten und Einrichtungen zu verwendenden Unkosten ersparet
werden können; welcher Grund in unserm ökonomischen Jahrhunderte allerdings
seinen Werth hat und alle Betrachtung und Achtung verdient.

Ehe ich aber diesen Aufsatz Schlusse: So soll und muß ich Einem Hoedi.
UaAi8t>i'g,t> eine Sache erzählen, die unter dem Sel. H. v^reor Rieger und unter
meinem Sel. H. Schwager, H. lüoll. scheidet, in 5. und 4^° oräinv geschehen
ist, ohngeachtet sie vom Sel. H, Rhetor Habicht als damaligen OollvM dieser Ord¬
nung nicht gebilliget worden. H. Sam. Hoffmann, Voll, primär, hat mir solche vor
gewiß erzählet. Es ist von beiden abgedachten Lehrern jedem Schüler erlaubt
worden, sich ein klein Pnlpet anzuschaffen, mitzubringen und zu gebrauchen. Dieses
hat aus 3 Stücken bestanden, aus einer Schraube, aus einer kleinen Stange und
aus einem Pulpet-Blat. Die erste hat der Schüler auf seinem Sitze zwischen seinen
beiden Beinen an die Bank geschraubt, die Stnuge hineingesteckt und das Pulpet-
blat schräge darauf gelegt. Dieses letztere hat er nach Zerlegung in seine Mappe
gelegt, die kleine Stange und die Schraube in den Schubsack gesteckt und dieses
kleine Werkzeug hat nicht mehr als 9 Sgr. gekostet. Könnte nicht anch dieses
anstatt der neuen Bänke und Tische mit mehrerer Bequemlichkeit und Nutzen und
ohne Unkosten, ja bloß durch Aufwand eines jeden Studentens und Schülers, ohne
Schaden und Nachtheil des Raumes zur Verhütung und Vermeidung aller oben
angeführten Unbequemlichkeiten und Schwierigkeiten erneuert und eingeführt werden?


Ich bin und ersterbe mit tiefster Ehrfurcht
Eines Hochlöblichen Ug'ssistrats
amtsverbuudenster und gehorsamster
Diener
Johann Caspar Arletius
Rector des Elisabetanischen
Gymnasii mxx.

Das Schreiben hatte natürlich nur geringen Erfolg. Der Rat entschied:
aves, und soll zur Beruhigung des Supplicanten die Einrichtung der
Tische und Bänke in xrimo orckins vor der Hand bis auf weiteren Befund
unterbleiben." — Nach dem Tode des alten Arletius, drei Jahre später, holte
man dies dann nach. ^.„^_




Bilder aus dem deutsch-französischen Kriege
Friedrich Ratzel Aus dem Nachlaß von
2. Ich hatt einen Aarneraden
(Schluß)

us Wetter änderte sich, auf drückende Hitze folgten Regentage.
Unsre Quartiere wanderten aller paar Tage in ein andres Dorf,
die Schnnzarbeit wurde ausgesetzt, der Vorpostendienst trat an seine
Stelle, und diesen löste eine Detachierung in ein Gebiet ab, wo
Franktireurs Transporte beunruhigten; und unter all diesem Wechsel
floß unser Leben im einförmigen Gang des Dienstes fort, nur scheinbar
mannigfaltig, in Wirklichkeit immer dieselbe Kraft anspannend und dieselben Fähig¬
keiten übend und steigernd. Ich lernte ertragen, was mich am fremdartigste» berührt


Grenzboten I 190S 22
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[0169] Bilder aus dem deutsch-französischen Kriege noch verargen, daß ich aus der Oekonomie oder der SParsamkeits-Lehren die 3 Be¬ denklichkeiten herleite, und dafür halte, daß wo nicht alle doch die mehresten von den auf diese neue Anstalten und Einrichtungen zu verwendenden Unkosten ersparet werden können; welcher Grund in unserm ökonomischen Jahrhunderte allerdings seinen Werth hat und alle Betrachtung und Achtung verdient. Ehe ich aber diesen Aufsatz Schlusse: So soll und muß ich Einem Hoedi. UaAi8t>i'g,t> eine Sache erzählen, die unter dem Sel. H. v^reor Rieger und unter meinem Sel. H. Schwager, H. lüoll. scheidet, in 5. und 4^° oräinv geschehen ist, ohngeachtet sie vom Sel. H, Rhetor Habicht als damaligen OollvM dieser Ord¬ nung nicht gebilliget worden. H. Sam. Hoffmann, Voll, primär, hat mir solche vor gewiß erzählet. Es ist von beiden abgedachten Lehrern jedem Schüler erlaubt worden, sich ein klein Pnlpet anzuschaffen, mitzubringen und zu gebrauchen. Dieses hat aus 3 Stücken bestanden, aus einer Schraube, aus einer kleinen Stange und aus einem Pulpet-Blat. Die erste hat der Schüler auf seinem Sitze zwischen seinen beiden Beinen an die Bank geschraubt, die Stnuge hineingesteckt und das Pulpet- blat schräge darauf gelegt. Dieses letztere hat er nach Zerlegung in seine Mappe gelegt, die kleine Stange und die Schraube in den Schubsack gesteckt und dieses kleine Werkzeug hat nicht mehr als 9 Sgr. gekostet. Könnte nicht anch dieses anstatt der neuen Bänke und Tische mit mehrerer Bequemlichkeit und Nutzen und ohne Unkosten, ja bloß durch Aufwand eines jeden Studentens und Schülers, ohne Schaden und Nachtheil des Raumes zur Verhütung und Vermeidung aller oben angeführten Unbequemlichkeiten und Schwierigkeiten erneuert und eingeführt werden? Ich bin und ersterbe mit tiefster Ehrfurcht Eines Hochlöblichen Ug'ssistrats amtsverbuudenster und gehorsamster Diener Johann Caspar Arletius Rector des Elisabetanischen Gymnasii mxx. Das Schreiben hatte natürlich nur geringen Erfolg. Der Rat entschied: aves, und soll zur Beruhigung des Supplicanten die Einrichtung der Tische und Bänke in xrimo orckins vor der Hand bis auf weiteren Befund unterbleiben." — Nach dem Tode des alten Arletius, drei Jahre später, holte man dies dann nach. ^.„^_ Bilder aus dem deutsch-französischen Kriege Friedrich Ratzel Aus dem Nachlaß von 2. Ich hatt einen Aarneraden (Schluß) us Wetter änderte sich, auf drückende Hitze folgten Regentage. Unsre Quartiere wanderten aller paar Tage in ein andres Dorf, die Schnnzarbeit wurde ausgesetzt, der Vorpostendienst trat an seine Stelle, und diesen löste eine Detachierung in ein Gebiet ab, wo Franktireurs Transporte beunruhigten; und unter all diesem Wechsel floß unser Leben im einförmigen Gang des Dienstes fort, nur scheinbar mannigfaltig, in Wirklichkeit immer dieselbe Kraft anspannend und dieselben Fähig¬ keiten übend und steigernd. Ich lernte ertragen, was mich am fremdartigste» berührt Grenzboten I 190S 22

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/169>, abgerufen am 23.07.2024.