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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr.

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Vie österreichisch-ungarische Reichskrise

leidigen, daß sie nicht nur den Zweck, sondern auch die Mittel wollen muß.
Gerade in diesem Punkte weist aber die ungarische Krise die bedenklichste
Analogie mit der norwegischen auf. Die Politik des Wiener Hofes in der
ungarischen Frage wird durch zwei Dinge bezeichnet: erstens durch die jahr¬
zehntelang fortgesetzten Fehlgriffe in der Wahl der Mittel, und sodann durch
die Scheu, die endlich als zweckmäßig erkannten Mittel anzuwenden. Es wäre
falsch, den Kaiser dafür verantwortlich zu machen. Es ist psychologisch ganz
begreiflich, daß ein Regent in so hohem Alter Bedenken trügt, zu außer¬
gewöhnlichen Maßnahmen zu greifen, und daß er auch in der verwickeltsten
Lage, sogar einer unerbittlichen Opposition gegenüber noch immer auf eine
friedliche Verständigung hofft. Die Schuld liegt wo anders, und man darf
die Augen nicht mehr davor verschließen, daß die Berater des Kaisers, die
politischen ebenso wie die militärischen, in der letzten Zeit vollständig versagt
haben und der Krone nicht eine Stütze gewesen sind, sondern im Gegenteil
sie auf der schiefen Bahn einer schwächlichen Kompromißpolitik mit sich ge¬
rissen haben. Wenn einmal die Akten über den Sturz des Ministeriums
Körber bekannt werden sollten, wird man vielleicht Aufklärung darüber er¬
halten, daß weit bis in das Jahr 1903 hinein die erfolgreichen Versuche einer
gewissen Hvfcliaue zurückreichen, den Kaiser in der auf ein festes Ziel ge¬
richteten Behandlung der ungarischen Frage schwankend zu macheu und die
eigne Ruhe und behagliche Existenz durch die Preisgebung des wichtigsten
Majestätsrechts an die magyarische Oligarchie zu erkaufen.

Das ungarische Problem war an sich ungemein einfach. In Ungarn
herrschte die Minorität einer Minorität. Eine kunstvolle Wahlform schloß die
Nichtmagyaren, also die Mehrheit der Bevölkerung an dem Genuß politischer
Rechte zum großen Teil aus, der Nest wurde durch brutale administrative
Künste und durch Wahlkvrruption großen Stils mundtot gemacht. So ent¬
stand die Fiktion des magyarischen Nationalstaats und der "ungarischen
Nation," als deren Vertreter sich die hochadlichen Familien und die Gentry
des Landes, diese verarmt, jeder wirklichen Arbeit entwöhnt und darum in
allen Organen korrumpiert, in die Herrschaft teilten. Die magyarische Nation
-- das wird in der Regel übersehen -- ist in ihrer politischen Entwicklung
über den Begriff der mittelalterlichen Adelsrepublik nicht hinausgekommen.
Unfähig, aus Ungarn einen modernen Staat zu machen, verurteilte sie das
Land zu einer parasitären Existenz, d. h. durch die Erweiterung ihrer poli¬
tischen Macht über die Krone und über die^ Monarchie verschaffte sie sich die
Möglichkeit der wirtschaftlichen Ausbeutung Österreichs und dadurch die Mittel,
Ungarn mit den äußerlichen Attributen eines modernen selbständigen Staats¬
wesens zu bekleiden. Daß das nnr äußere Formen waren, beweist die zu¬
nehmende Verelendung und Auswanderung des Landvolks. Das waren aller¬
dings bedenkliche Zeichen, die auch den Äudapester Machthabern nicht ver¬
borgen bleiben konnten, die sie aber insofern verkannten, als sie die Ursachen
dieser Erscheinungen in den letzten Schranken sahen, die die Majestütsrechte
und die Verträge mit Österreich der unumschrünkteu Herrschaft des Magyaren-
tums über Krone und Reich zogen. Das ist die Entstehung der ungarischen
Krise, und sowohl dynastische Rücksichten als anch europäische, die den Bestand
eines innerlich verfaulten und unfähigen Regiments wie das des magyarischen
Adels an der Donau nicht dulden, drängten dazu, die Herrschaft dieser Oligarchie
zu brechen. Als Mittel hierzu wurde der Krone von dem Kabinett Fejervary
die Einführung des allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlrechts vorge¬
schlagen; den Nichtmagyaren sollten die Pforten des ungarischen Reichstags
geöffnet werden, statt der "Nation" sollten die Nationen die politische Ver¬
tretung stellen, und dadurch sollte das Magyarentum auf die Stellung des
xrimus wehr x.M8 zurückgedrängt werden, in der es schon durch die Rücksicht
auf die nationale Selbsterhaltung auf ein dauerndes Einvernehmen mit der
Krone angewiesen gewesen wäre.


Vie österreichisch-ungarische Reichskrise

leidigen, daß sie nicht nur den Zweck, sondern auch die Mittel wollen muß.
Gerade in diesem Punkte weist aber die ungarische Krise die bedenklichste
Analogie mit der norwegischen auf. Die Politik des Wiener Hofes in der
ungarischen Frage wird durch zwei Dinge bezeichnet: erstens durch die jahr¬
zehntelang fortgesetzten Fehlgriffe in der Wahl der Mittel, und sodann durch
die Scheu, die endlich als zweckmäßig erkannten Mittel anzuwenden. Es wäre
falsch, den Kaiser dafür verantwortlich zu machen. Es ist psychologisch ganz
begreiflich, daß ein Regent in so hohem Alter Bedenken trügt, zu außer¬
gewöhnlichen Maßnahmen zu greifen, und daß er auch in der verwickeltsten
Lage, sogar einer unerbittlichen Opposition gegenüber noch immer auf eine
friedliche Verständigung hofft. Die Schuld liegt wo anders, und man darf
die Augen nicht mehr davor verschließen, daß die Berater des Kaisers, die
politischen ebenso wie die militärischen, in der letzten Zeit vollständig versagt
haben und der Krone nicht eine Stütze gewesen sind, sondern im Gegenteil
sie auf der schiefen Bahn einer schwächlichen Kompromißpolitik mit sich ge¬
rissen haben. Wenn einmal die Akten über den Sturz des Ministeriums
Körber bekannt werden sollten, wird man vielleicht Aufklärung darüber er¬
halten, daß weit bis in das Jahr 1903 hinein die erfolgreichen Versuche einer
gewissen Hvfcliaue zurückreichen, den Kaiser in der auf ein festes Ziel ge¬
richteten Behandlung der ungarischen Frage schwankend zu macheu und die
eigne Ruhe und behagliche Existenz durch die Preisgebung des wichtigsten
Majestätsrechts an die magyarische Oligarchie zu erkaufen.

Das ungarische Problem war an sich ungemein einfach. In Ungarn
herrschte die Minorität einer Minorität. Eine kunstvolle Wahlform schloß die
Nichtmagyaren, also die Mehrheit der Bevölkerung an dem Genuß politischer
Rechte zum großen Teil aus, der Nest wurde durch brutale administrative
Künste und durch Wahlkvrruption großen Stils mundtot gemacht. So ent¬
stand die Fiktion des magyarischen Nationalstaats und der „ungarischen
Nation," als deren Vertreter sich die hochadlichen Familien und die Gentry
des Landes, diese verarmt, jeder wirklichen Arbeit entwöhnt und darum in
allen Organen korrumpiert, in die Herrschaft teilten. Die magyarische Nation
— das wird in der Regel übersehen — ist in ihrer politischen Entwicklung
über den Begriff der mittelalterlichen Adelsrepublik nicht hinausgekommen.
Unfähig, aus Ungarn einen modernen Staat zu machen, verurteilte sie das
Land zu einer parasitären Existenz, d. h. durch die Erweiterung ihrer poli¬
tischen Macht über die Krone und über die^ Monarchie verschaffte sie sich die
Möglichkeit der wirtschaftlichen Ausbeutung Österreichs und dadurch die Mittel,
Ungarn mit den äußerlichen Attributen eines modernen selbständigen Staats¬
wesens zu bekleiden. Daß das nnr äußere Formen waren, beweist die zu¬
nehmende Verelendung und Auswanderung des Landvolks. Das waren aller¬
dings bedenkliche Zeichen, die auch den Äudapester Machthabern nicht ver¬
borgen bleiben konnten, die sie aber insofern verkannten, als sie die Ursachen
dieser Erscheinungen in den letzten Schranken sahen, die die Majestütsrechte
und die Verträge mit Österreich der unumschrünkteu Herrschaft des Magyaren-
tums über Krone und Reich zogen. Das ist die Entstehung der ungarischen
Krise, und sowohl dynastische Rücksichten als anch europäische, die den Bestand
eines innerlich verfaulten und unfähigen Regiments wie das des magyarischen
Adels an der Donau nicht dulden, drängten dazu, die Herrschaft dieser Oligarchie
zu brechen. Als Mittel hierzu wurde der Krone von dem Kabinett Fejervary
die Einführung des allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlrechts vorge¬
schlagen; den Nichtmagyaren sollten die Pforten des ungarischen Reichstags
geöffnet werden, statt der „Nation" sollten die Nationen die politische Ver¬
tretung stellen, und dadurch sollte das Magyarentum auf die Stellung des
xrimus wehr x.M8 zurückgedrängt werden, in der es schon durch die Rücksicht
auf die nationale Selbsterhaltung auf ein dauerndes Einvernehmen mit der
Krone angewiesen gewesen wäre.


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[0690] Vie österreichisch-ungarische Reichskrise leidigen, daß sie nicht nur den Zweck, sondern auch die Mittel wollen muß. Gerade in diesem Punkte weist aber die ungarische Krise die bedenklichste Analogie mit der norwegischen auf. Die Politik des Wiener Hofes in der ungarischen Frage wird durch zwei Dinge bezeichnet: erstens durch die jahr¬ zehntelang fortgesetzten Fehlgriffe in der Wahl der Mittel, und sodann durch die Scheu, die endlich als zweckmäßig erkannten Mittel anzuwenden. Es wäre falsch, den Kaiser dafür verantwortlich zu machen. Es ist psychologisch ganz begreiflich, daß ein Regent in so hohem Alter Bedenken trügt, zu außer¬ gewöhnlichen Maßnahmen zu greifen, und daß er auch in der verwickeltsten Lage, sogar einer unerbittlichen Opposition gegenüber noch immer auf eine friedliche Verständigung hofft. Die Schuld liegt wo anders, und man darf die Augen nicht mehr davor verschließen, daß die Berater des Kaisers, die politischen ebenso wie die militärischen, in der letzten Zeit vollständig versagt haben und der Krone nicht eine Stütze gewesen sind, sondern im Gegenteil sie auf der schiefen Bahn einer schwächlichen Kompromißpolitik mit sich ge¬ rissen haben. Wenn einmal die Akten über den Sturz des Ministeriums Körber bekannt werden sollten, wird man vielleicht Aufklärung darüber er¬ halten, daß weit bis in das Jahr 1903 hinein die erfolgreichen Versuche einer gewissen Hvfcliaue zurückreichen, den Kaiser in der auf ein festes Ziel ge¬ richteten Behandlung der ungarischen Frage schwankend zu macheu und die eigne Ruhe und behagliche Existenz durch die Preisgebung des wichtigsten Majestätsrechts an die magyarische Oligarchie zu erkaufen. Das ungarische Problem war an sich ungemein einfach. In Ungarn herrschte die Minorität einer Minorität. Eine kunstvolle Wahlform schloß die Nichtmagyaren, also die Mehrheit der Bevölkerung an dem Genuß politischer Rechte zum großen Teil aus, der Nest wurde durch brutale administrative Künste und durch Wahlkvrruption großen Stils mundtot gemacht. So ent¬ stand die Fiktion des magyarischen Nationalstaats und der „ungarischen Nation," als deren Vertreter sich die hochadlichen Familien und die Gentry des Landes, diese verarmt, jeder wirklichen Arbeit entwöhnt und darum in allen Organen korrumpiert, in die Herrschaft teilten. Die magyarische Nation — das wird in der Regel übersehen — ist in ihrer politischen Entwicklung über den Begriff der mittelalterlichen Adelsrepublik nicht hinausgekommen. Unfähig, aus Ungarn einen modernen Staat zu machen, verurteilte sie das Land zu einer parasitären Existenz, d. h. durch die Erweiterung ihrer poli¬ tischen Macht über die Krone und über die^ Monarchie verschaffte sie sich die Möglichkeit der wirtschaftlichen Ausbeutung Österreichs und dadurch die Mittel, Ungarn mit den äußerlichen Attributen eines modernen selbständigen Staats¬ wesens zu bekleiden. Daß das nnr äußere Formen waren, beweist die zu¬ nehmende Verelendung und Auswanderung des Landvolks. Das waren aller¬ dings bedenkliche Zeichen, die auch den Äudapester Machthabern nicht ver¬ borgen bleiben konnten, die sie aber insofern verkannten, als sie die Ursachen dieser Erscheinungen in den letzten Schranken sahen, die die Majestütsrechte und die Verträge mit Österreich der unumschrünkteu Herrschaft des Magyaren- tums über Krone und Reich zogen. Das ist die Entstehung der ungarischen Krise, und sowohl dynastische Rücksichten als anch europäische, die den Bestand eines innerlich verfaulten und unfähigen Regiments wie das des magyarischen Adels an der Donau nicht dulden, drängten dazu, die Herrschaft dieser Oligarchie zu brechen. Als Mittel hierzu wurde der Krone von dem Kabinett Fejervary die Einführung des allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlrechts vorge¬ schlagen; den Nichtmagyaren sollten die Pforten des ungarischen Reichstags geöffnet werden, statt der „Nation" sollten die Nationen die politische Ver¬ tretung stellen, und dadurch sollte das Magyarentum auf die Stellung des xrimus wehr x.M8 zurückgedrängt werden, in der es schon durch die Rücksicht auf die nationale Selbsterhaltung auf ein dauerndes Einvernehmen mit der Krone angewiesen gewesen wäre.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_297518/690>, abgerufen am 27.09.2024.