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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Maßgebliches und Unmaßgebliches
Reichsspiegel.

Kaum hat die englische Flotte die deutsche Ostseeküste mit
allen Kundgebungen des Dankes für gastfreundschaftliche Aufnahme verlassen, so kommt
die Londoner I'ortnixntl^ Revier, um diese Ostseefahrt mit einen, wenig freundlichen
Artikel zu kommentieren. Die neue Organisation und neue Verteilung der britischen
Flotte wird darin als "ein unblutiger Sieg über die deutsche Flotte" bezeichnet,
den die englische Admiralität durch ihre Maßnahmen erfochten habe. Sei die Ostsee¬
fahrt auch nicht zu dem Zweck unternommen worden, die britische Suprematie zur
See "zu paradieren," so habe sie diese Tatsache doch sowohl Deutschland als den
andern Ostseestaaten zu Gemüte geführt. Die günstige Lage im Mittelmeer und das
Einvernehmen mit Frankreich erlaube England, in der Nordsee eine Flotte zu konzen¬
trieren, die sowohl an Zahl der Schiffe als an Kriegstüchtigkeit der gesamten deutschen
Flotte weit überlegen sei. Die Hoffnung Deutschlands, eine England ebenbürtige Flotte
in den europäischen Gewässern unterhalten zu können, sei zu Wasser geworden.

Diese Überlegenheit ist von der britischen Admiralität bekanntlich durch Heran¬
ziehung von Linienschiffen und Panzerkreuzern aus dem Mittelmeer sowie von
fünf Linienschiffen von der ostasiatischen Station erreicht worden. Nicht minder
wichtig aber ist die weitere Anordnung der steten Kriegsbereitschaft der Reserve-
fchiffe, die permanent halbe Besatzung haben; es sind dies zwölf Linienschiffe, vier
Panzerkreuzer, einundzwanzig geschützte Kreuzer und sechsundachtzig Torpedoboote.
Aktiv find: die Kanalflotte mit dreizehn Linienschiffen und sechs Panzerkreuzern, die
Atlantikflotte mit neun Linienschiffen und sechs Panzerkreuzern, die Mittelmeerflotte
mit neun Linienschiffen und vier Panzerkreuzern. An Linienschiffen dreiundvierzig
und an Panzerkreuzern zwanzig; ohne die Mittelmeerflotte, die doch im gegebnen
Falle einmal dringende Abhaltung haben könnte, vierunddreißig und sechzehn.
Dabei kommt allerdings noch in Betracht, daß die Reserveschiffe durchweg modern und
wirkliche Schlachtschiffe sind; alles veraltete Material ist ausgeschieden worden.
Die Angaben der 1?c>i'tlliAUtl? Rsvis^ sind völlig richtig bis auf die eine: daß
Deutschland die Absicht gehegt habe, "in den europäischen Gewässern eine England
ebenbürtige Flotte zu unterhalten."

Eine solche Absicht hat Deutschland, ganz abgesehen von der Finanzfrage, schon
aus dem Grunde nicht haben können, weil es außer mit der englischen auch mit der
französischen Flotte zu rechnen hat, die im Kriegsfall unbedingt an Englands Seite
sein würde. Auch hat Deutschland nur zwei Kriegshafen verfügbar, die an sich
nicht ausreichen, eine der englischen ebenbürtige Flotte aufzunehmen. Wenngleich
die englische Heimatflotte und die früher so bezeichnete Kanalflotte bis zum vorigen
Jahre nur sechzehn Linienschiffe und vier Panzerkreuzer stark waren, so gab es auch
vor der "Entente" keinen deutschen Seeoffizier, der nicht überzeugt gewesen wäre, daß
wir in einem Kriegsfalle die gesamte englische und auch die französische Flotte uns
gegenüber gehabt haben würden. Unsre achtunddreißig Linienschiffe, wenn sie erst
einmal vorhanden sein werden, haben nicht die Bestimmung, England anzugreifen
und mit ihm um die Suprematie zur See zu ringen, sondern die, es jedem Feinde
so schwer wie möglich zu machen, die Elbe- und Wesermündungen zu blockieren
oder etwa die deutsche Flotte in Kiel oder Wilhelmshaven einzuschließen.

Aber wie bekannt sollen nach den bisherigen Dispositionen diese achtunddreißig
Schiffe erst im Jahre 1916, also erst in zehn Jahren vorhanden sein, und bis dahin
wird die englische Flotte wenigstens noch um zehn Linienschiffe und eine Anzahl
Panzerkreuzer zugenommen haben. Hierzu kommt, daß auch unsre neusten Linien¬
schiffe in Deplacement und Bewaffnung hinter den englischen stark zurückstehn; eine
Vergrößerung soll, weil mit wesentlich größern Kosten verknüpft, erst jetzt beim
Reichstage beantragt werden; dasselbe gilt von den wenigen Panzerkreuzern, die
wir haben. Das Gesetz von 1900 sieht deren nur vierzehn vor, von denen sechs
sogenannte geschützte Kreuzer siud, außerdem ist der erste Panzerkreuzer, den wir
gebaut haben, "Fürst Bismarck," wohl für den überseeischen Kreuzerdienst, nicht
aber, wie die neuen englischen Panzerkreuzer, für die Mitwirkung in der See-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Maßgebliches und Unmaßgebliches
Reichsspiegel.

Kaum hat die englische Flotte die deutsche Ostseeküste mit
allen Kundgebungen des Dankes für gastfreundschaftliche Aufnahme verlassen, so kommt
die Londoner I'ortnixntl^ Revier, um diese Ostseefahrt mit einen, wenig freundlichen
Artikel zu kommentieren. Die neue Organisation und neue Verteilung der britischen
Flotte wird darin als „ein unblutiger Sieg über die deutsche Flotte" bezeichnet,
den die englische Admiralität durch ihre Maßnahmen erfochten habe. Sei die Ostsee¬
fahrt auch nicht zu dem Zweck unternommen worden, die britische Suprematie zur
See „zu paradieren," so habe sie diese Tatsache doch sowohl Deutschland als den
andern Ostseestaaten zu Gemüte geführt. Die günstige Lage im Mittelmeer und das
Einvernehmen mit Frankreich erlaube England, in der Nordsee eine Flotte zu konzen¬
trieren, die sowohl an Zahl der Schiffe als an Kriegstüchtigkeit der gesamten deutschen
Flotte weit überlegen sei. Die Hoffnung Deutschlands, eine England ebenbürtige Flotte
in den europäischen Gewässern unterhalten zu können, sei zu Wasser geworden.

Diese Überlegenheit ist von der britischen Admiralität bekanntlich durch Heran¬
ziehung von Linienschiffen und Panzerkreuzern aus dem Mittelmeer sowie von
fünf Linienschiffen von der ostasiatischen Station erreicht worden. Nicht minder
wichtig aber ist die weitere Anordnung der steten Kriegsbereitschaft der Reserve-
fchiffe, die permanent halbe Besatzung haben; es sind dies zwölf Linienschiffe, vier
Panzerkreuzer, einundzwanzig geschützte Kreuzer und sechsundachtzig Torpedoboote.
Aktiv find: die Kanalflotte mit dreizehn Linienschiffen und sechs Panzerkreuzern, die
Atlantikflotte mit neun Linienschiffen und sechs Panzerkreuzern, die Mittelmeerflotte
mit neun Linienschiffen und vier Panzerkreuzern. An Linienschiffen dreiundvierzig
und an Panzerkreuzern zwanzig; ohne die Mittelmeerflotte, die doch im gegebnen
Falle einmal dringende Abhaltung haben könnte, vierunddreißig und sechzehn.
Dabei kommt allerdings noch in Betracht, daß die Reserveschiffe durchweg modern und
wirkliche Schlachtschiffe sind; alles veraltete Material ist ausgeschieden worden.
Die Angaben der 1?c>i'tlliAUtl? Rsvis^ sind völlig richtig bis auf die eine: daß
Deutschland die Absicht gehegt habe, „in den europäischen Gewässern eine England
ebenbürtige Flotte zu unterhalten."

Eine solche Absicht hat Deutschland, ganz abgesehen von der Finanzfrage, schon
aus dem Grunde nicht haben können, weil es außer mit der englischen auch mit der
französischen Flotte zu rechnen hat, die im Kriegsfall unbedingt an Englands Seite
sein würde. Auch hat Deutschland nur zwei Kriegshafen verfügbar, die an sich
nicht ausreichen, eine der englischen ebenbürtige Flotte aufzunehmen. Wenngleich
die englische Heimatflotte und die früher so bezeichnete Kanalflotte bis zum vorigen
Jahre nur sechzehn Linienschiffe und vier Panzerkreuzer stark waren, so gab es auch
vor der „Entente" keinen deutschen Seeoffizier, der nicht überzeugt gewesen wäre, daß
wir in einem Kriegsfalle die gesamte englische und auch die französische Flotte uns
gegenüber gehabt haben würden. Unsre achtunddreißig Linienschiffe, wenn sie erst
einmal vorhanden sein werden, haben nicht die Bestimmung, England anzugreifen
und mit ihm um die Suprematie zur See zu ringen, sondern die, es jedem Feinde
so schwer wie möglich zu machen, die Elbe- und Wesermündungen zu blockieren
oder etwa die deutsche Flotte in Kiel oder Wilhelmshaven einzuschließen.

Aber wie bekannt sollen nach den bisherigen Dispositionen diese achtunddreißig
Schiffe erst im Jahre 1916, also erst in zehn Jahren vorhanden sein, und bis dahin
wird die englische Flotte wenigstens noch um zehn Linienschiffe und eine Anzahl
Panzerkreuzer zugenommen haben. Hierzu kommt, daß auch unsre neusten Linien¬
schiffe in Deplacement und Bewaffnung hinter den englischen stark zurückstehn; eine
Vergrößerung soll, weil mit wesentlich größern Kosten verknüpft, erst jetzt beim
Reichstage beantragt werden; dasselbe gilt von den wenigen Panzerkreuzern, die
wir haben. Das Gesetz von 1900 sieht deren nur vierzehn vor, von denen sechs
sogenannte geschützte Kreuzer siud, außerdem ist der erste Panzerkreuzer, den wir
gebaut haben, „Fürst Bismarck," wohl für den überseeischen Kreuzerdienst, nicht
aber, wie die neuen englischen Panzerkreuzer, für die Mitwirkung in der See-


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[0629] Maßgebliches und Unmaßgebliches Maßgebliches und Unmaßgebliches Reichsspiegel. Kaum hat die englische Flotte die deutsche Ostseeküste mit allen Kundgebungen des Dankes für gastfreundschaftliche Aufnahme verlassen, so kommt die Londoner I'ortnixntl^ Revier, um diese Ostseefahrt mit einen, wenig freundlichen Artikel zu kommentieren. Die neue Organisation und neue Verteilung der britischen Flotte wird darin als „ein unblutiger Sieg über die deutsche Flotte" bezeichnet, den die englische Admiralität durch ihre Maßnahmen erfochten habe. Sei die Ostsee¬ fahrt auch nicht zu dem Zweck unternommen worden, die britische Suprematie zur See „zu paradieren," so habe sie diese Tatsache doch sowohl Deutschland als den andern Ostseestaaten zu Gemüte geführt. Die günstige Lage im Mittelmeer und das Einvernehmen mit Frankreich erlaube England, in der Nordsee eine Flotte zu konzen¬ trieren, die sowohl an Zahl der Schiffe als an Kriegstüchtigkeit der gesamten deutschen Flotte weit überlegen sei. Die Hoffnung Deutschlands, eine England ebenbürtige Flotte in den europäischen Gewässern unterhalten zu können, sei zu Wasser geworden. Diese Überlegenheit ist von der britischen Admiralität bekanntlich durch Heran¬ ziehung von Linienschiffen und Panzerkreuzern aus dem Mittelmeer sowie von fünf Linienschiffen von der ostasiatischen Station erreicht worden. Nicht minder wichtig aber ist die weitere Anordnung der steten Kriegsbereitschaft der Reserve- fchiffe, die permanent halbe Besatzung haben; es sind dies zwölf Linienschiffe, vier Panzerkreuzer, einundzwanzig geschützte Kreuzer und sechsundachtzig Torpedoboote. Aktiv find: die Kanalflotte mit dreizehn Linienschiffen und sechs Panzerkreuzern, die Atlantikflotte mit neun Linienschiffen und sechs Panzerkreuzern, die Mittelmeerflotte mit neun Linienschiffen und vier Panzerkreuzern. An Linienschiffen dreiundvierzig und an Panzerkreuzern zwanzig; ohne die Mittelmeerflotte, die doch im gegebnen Falle einmal dringende Abhaltung haben könnte, vierunddreißig und sechzehn. Dabei kommt allerdings noch in Betracht, daß die Reserveschiffe durchweg modern und wirkliche Schlachtschiffe sind; alles veraltete Material ist ausgeschieden worden. Die Angaben der 1?c>i'tlliAUtl? Rsvis^ sind völlig richtig bis auf die eine: daß Deutschland die Absicht gehegt habe, „in den europäischen Gewässern eine England ebenbürtige Flotte zu unterhalten." Eine solche Absicht hat Deutschland, ganz abgesehen von der Finanzfrage, schon aus dem Grunde nicht haben können, weil es außer mit der englischen auch mit der französischen Flotte zu rechnen hat, die im Kriegsfall unbedingt an Englands Seite sein würde. Auch hat Deutschland nur zwei Kriegshafen verfügbar, die an sich nicht ausreichen, eine der englischen ebenbürtige Flotte aufzunehmen. Wenngleich die englische Heimatflotte und die früher so bezeichnete Kanalflotte bis zum vorigen Jahre nur sechzehn Linienschiffe und vier Panzerkreuzer stark waren, so gab es auch vor der „Entente" keinen deutschen Seeoffizier, der nicht überzeugt gewesen wäre, daß wir in einem Kriegsfalle die gesamte englische und auch die französische Flotte uns gegenüber gehabt haben würden. Unsre achtunddreißig Linienschiffe, wenn sie erst einmal vorhanden sein werden, haben nicht die Bestimmung, England anzugreifen und mit ihm um die Suprematie zur See zu ringen, sondern die, es jedem Feinde so schwer wie möglich zu machen, die Elbe- und Wesermündungen zu blockieren oder etwa die deutsche Flotte in Kiel oder Wilhelmshaven einzuschließen. Aber wie bekannt sollen nach den bisherigen Dispositionen diese achtunddreißig Schiffe erst im Jahre 1916, also erst in zehn Jahren vorhanden sein, und bis dahin wird die englische Flotte wenigstens noch um zehn Linienschiffe und eine Anzahl Panzerkreuzer zugenommen haben. Hierzu kommt, daß auch unsre neusten Linien¬ schiffe in Deplacement und Bewaffnung hinter den englischen stark zurückstehn; eine Vergrößerung soll, weil mit wesentlich größern Kosten verknüpft, erst jetzt beim Reichstage beantragt werden; dasselbe gilt von den wenigen Panzerkreuzern, die wir haben. Das Gesetz von 1900 sieht deren nur vierzehn vor, von denen sechs sogenannte geschützte Kreuzer siud, außerdem ist der erste Panzerkreuzer, den wir gebaut haben, „Fürst Bismarck," wohl für den überseeischen Kreuzerdienst, nicht aber, wie die neuen englischen Panzerkreuzer, für die Mitwirkung in der See-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_297518/629>, abgerufen am 27.09.2024.