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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

mahlen so ganz verhehlen kann. Mehr als die Hälfte der schönen und guten Worte,
die einst zu griechischen und römischen Männern gesprochen worden sind, und die
jetzt bei unreifen deutschen Knaben Verständnis und Teilnahme finden sollen, bleiben
der Mehrzahl der Schüler fremd trotz aller Mühe der Lehrer. Und dazu unter¬
schätzt man den schweren Schaden, der dem Charakter vieler Schüler dadurch zu¬
gefügt wird, daß man sie zwingt, mit der Waffe des Schwachen Notwehr zu üben.
Ich kann nicht zugeben, daß der Wert der humanistischen Mittelschule sinkt, wenn
sie aus einer nicht eben ängstlich mit der körperlichen und sittlichen Gesundheit der
Schüler haushaltenden Drillanstalt zu einer wirklichen Erziehungsanstalt mit dem
Ziele der xK/i-ox"^"^/" wird. Ein kräftiger Schnitt tut hier not.

Treffend zeigt Generalstabsarzt or. von Vogt den jetzigen Stand der Körper¬
erziehung an den bayrischen Mittelschulen: "Der (Turnsptele anordnende) Erlaß
(des bayrischen Kultusministers) hat vor allem Erholung von geistiger Anstrengung
und zum Teil auch Fernhaltung der Schüler von Allotriis im Auge und findet
mit Recht in der Förderung der Jugendspiele die größte Aussicht auf Erfolg; die
Schulordnung beschränkt sich auf das Turnen als eine körperliche Übung, aber in
einer Betätigung, die weder Erholung noch genügend Kräftigung bringt." So
schonend er bei der Kritik der Schule verfährt, so scharf fordert er "methodisches
Turnen, Schulturnen im strengen Sinne des Wortes" zur Beseitigung des
schlimmsten Mangels unsers zum Schaden der Jugend der Palästra entbehrenden
Didaskaleions: "Dem Schulturnen mit dem, was dazu gehört, müssen die Nach¬
mittagsstunden zur Verfügung stehen; einer entsprechenden Anzahl tüchtiger Lehrkräfte,
Turnlehrer vom Fach, wird es nicht schwer fallen, sämtliche Klassen täglich in
einem der Turnfächer zu üben. . . . Dem Schulturnen mit seinem obligaten Cha¬
rakter und seinem ernsten Betrieb ist es einzig und allein vorbehalten, die "körper¬
liche Jugenderziehung" zu übernehmen, sofern man sich entschließen will, eine solche
anzuerkennen und zu betätigen und sich nicht mit "Erholung" zu begnügen. Wenn
es jedem jungen Menschen zur Pflicht gemacht wird, sich ebenso wie geistig auch
körperlich auszubilden und wenn es keinem Gesunden möglich gemacht wird, sich
dieser Pflicht zu entziehen, dann werden Hunderte von Schwächlingen und Weich¬
lingen, die bei Dispens oder bei der Unzulänglichkeit des nunmehrigen Turnbetriebes
beklagenswerte Geschöpfe bleiben, gesunde und wehrfähige Männer werden; die
Zahl der Tauglichen wird gehoben und die Tauglichen werden tüchtiger werden.
Man möge es nicht unterschätzen, was es heißt, wenn das Durchschnittsmaß an
Größe, Brustumfang und Gewicht von jährlich 30000 Wehrpflichtigen auch nur
um wenige Zentimeter bzw. Kilogramm höher gestellt wird und somit der Armee,
der Familie, der Landwirtschaft, der Industrie etc. tüchtigere Kräfte zugeführt
werden. Ein solcher Erfolg kann von einer Jugenderziehung mit nüchterner Zu¬
versicht schon nach wenigen Jahren erwartet werden; er hat die Bedeutung der
Hebung der Körperkonstitution; er ist Rassenverbesserung!"

Ein solcher Erfolg ist wert, daß man nach ihm strebt und auf den Schein¬
erfolg der jetzt noch geltenden Schulordnung verzichtet.


Ludwig Renner
Ein fast verschollnes Wort.

Kenner der Stormschen Novellen werden sich
erinnern, manchmal auf das Wort xsssl gestoßen zu sein, ohne freilich über dessen
Geltung viel mehr zu erfahren, als daß damit ein Wohnraum im holsteinischen
Bauernhause gemeint ist. Aber in Schützers Holsteinischen Idiotikon und besonders
in Müllenhoffs Glossar zum Quickborn wird die Bedeutung des Wortes genau
bestimmt. Nach Müllenhoff ist der xsssl im Dithmarscher Bauernhause das größte
Zimmer, das dem Eingange, der Aioten äst, gegenüber an der Hinterseite des
Hauses liegt und dessen ganze Breite einnimmt, meist keinen Ofen hat und als
Festsaal dient. In frühern Zeiten war es auch die allgemeine Wohnstube, wie
denn z. B. Neoeorns (geht. 1629) in der Dithmarscher Chronik die Bedeutung des
Wortes also feststellt: su snrlik Asinaou se bstvut xisvll, äarin so vor oläsrs tlo


Maßgebliches und Unmaßgebliches

mahlen so ganz verhehlen kann. Mehr als die Hälfte der schönen und guten Worte,
die einst zu griechischen und römischen Männern gesprochen worden sind, und die
jetzt bei unreifen deutschen Knaben Verständnis und Teilnahme finden sollen, bleiben
der Mehrzahl der Schüler fremd trotz aller Mühe der Lehrer. Und dazu unter¬
schätzt man den schweren Schaden, der dem Charakter vieler Schüler dadurch zu¬
gefügt wird, daß man sie zwingt, mit der Waffe des Schwachen Notwehr zu üben.
Ich kann nicht zugeben, daß der Wert der humanistischen Mittelschule sinkt, wenn
sie aus einer nicht eben ängstlich mit der körperlichen und sittlichen Gesundheit der
Schüler haushaltenden Drillanstalt zu einer wirklichen Erziehungsanstalt mit dem
Ziele der xK/i-ox«^«^/« wird. Ein kräftiger Schnitt tut hier not.

Treffend zeigt Generalstabsarzt or. von Vogt den jetzigen Stand der Körper¬
erziehung an den bayrischen Mittelschulen: „Der (Turnsptele anordnende) Erlaß
(des bayrischen Kultusministers) hat vor allem Erholung von geistiger Anstrengung
und zum Teil auch Fernhaltung der Schüler von Allotriis im Auge und findet
mit Recht in der Förderung der Jugendspiele die größte Aussicht auf Erfolg; die
Schulordnung beschränkt sich auf das Turnen als eine körperliche Übung, aber in
einer Betätigung, die weder Erholung noch genügend Kräftigung bringt." So
schonend er bei der Kritik der Schule verfährt, so scharf fordert er „methodisches
Turnen, Schulturnen im strengen Sinne des Wortes" zur Beseitigung des
schlimmsten Mangels unsers zum Schaden der Jugend der Palästra entbehrenden
Didaskaleions: „Dem Schulturnen mit dem, was dazu gehört, müssen die Nach¬
mittagsstunden zur Verfügung stehen; einer entsprechenden Anzahl tüchtiger Lehrkräfte,
Turnlehrer vom Fach, wird es nicht schwer fallen, sämtliche Klassen täglich in
einem der Turnfächer zu üben. . . . Dem Schulturnen mit seinem obligaten Cha¬
rakter und seinem ernsten Betrieb ist es einzig und allein vorbehalten, die »körper¬
liche Jugenderziehung« zu übernehmen, sofern man sich entschließen will, eine solche
anzuerkennen und zu betätigen und sich nicht mit »Erholung« zu begnügen. Wenn
es jedem jungen Menschen zur Pflicht gemacht wird, sich ebenso wie geistig auch
körperlich auszubilden und wenn es keinem Gesunden möglich gemacht wird, sich
dieser Pflicht zu entziehen, dann werden Hunderte von Schwächlingen und Weich¬
lingen, die bei Dispens oder bei der Unzulänglichkeit des nunmehrigen Turnbetriebes
beklagenswerte Geschöpfe bleiben, gesunde und wehrfähige Männer werden; die
Zahl der Tauglichen wird gehoben und die Tauglichen werden tüchtiger werden.
Man möge es nicht unterschätzen, was es heißt, wenn das Durchschnittsmaß an
Größe, Brustumfang und Gewicht von jährlich 30000 Wehrpflichtigen auch nur
um wenige Zentimeter bzw. Kilogramm höher gestellt wird und somit der Armee,
der Familie, der Landwirtschaft, der Industrie etc. tüchtigere Kräfte zugeführt
werden. Ein solcher Erfolg kann von einer Jugenderziehung mit nüchterner Zu¬
versicht schon nach wenigen Jahren erwartet werden; er hat die Bedeutung der
Hebung der Körperkonstitution; er ist Rassenverbesserung!"

Ein solcher Erfolg ist wert, daß man nach ihm strebt und auf den Schein¬
erfolg der jetzt noch geltenden Schulordnung verzichtet.


Ludwig Renner
Ein fast verschollnes Wort.

Kenner der Stormschen Novellen werden sich
erinnern, manchmal auf das Wort xsssl gestoßen zu sein, ohne freilich über dessen
Geltung viel mehr zu erfahren, als daß damit ein Wohnraum im holsteinischen
Bauernhause gemeint ist. Aber in Schützers Holsteinischen Idiotikon und besonders
in Müllenhoffs Glossar zum Quickborn wird die Bedeutung des Wortes genau
bestimmt. Nach Müllenhoff ist der xsssl im Dithmarscher Bauernhause das größte
Zimmer, das dem Eingange, der Aioten äst, gegenüber an der Hinterseite des
Hauses liegt und dessen ganze Breite einnimmt, meist keinen Ofen hat und als
Festsaal dient. In frühern Zeiten war es auch die allgemeine Wohnstube, wie
denn z. B. Neoeorns (geht. 1629) in der Dithmarscher Chronik die Bedeutung des
Wortes also feststellt: su snrlik Asinaou se bstvut xisvll, äarin so vor oläsrs tlo


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[0061] Maßgebliches und Unmaßgebliches mahlen so ganz verhehlen kann. Mehr als die Hälfte der schönen und guten Worte, die einst zu griechischen und römischen Männern gesprochen worden sind, und die jetzt bei unreifen deutschen Knaben Verständnis und Teilnahme finden sollen, bleiben der Mehrzahl der Schüler fremd trotz aller Mühe der Lehrer. Und dazu unter¬ schätzt man den schweren Schaden, der dem Charakter vieler Schüler dadurch zu¬ gefügt wird, daß man sie zwingt, mit der Waffe des Schwachen Notwehr zu üben. Ich kann nicht zugeben, daß der Wert der humanistischen Mittelschule sinkt, wenn sie aus einer nicht eben ängstlich mit der körperlichen und sittlichen Gesundheit der Schüler haushaltenden Drillanstalt zu einer wirklichen Erziehungsanstalt mit dem Ziele der xK/i-ox«^«^/« wird. Ein kräftiger Schnitt tut hier not. Treffend zeigt Generalstabsarzt or. von Vogt den jetzigen Stand der Körper¬ erziehung an den bayrischen Mittelschulen: „Der (Turnsptele anordnende) Erlaß (des bayrischen Kultusministers) hat vor allem Erholung von geistiger Anstrengung und zum Teil auch Fernhaltung der Schüler von Allotriis im Auge und findet mit Recht in der Förderung der Jugendspiele die größte Aussicht auf Erfolg; die Schulordnung beschränkt sich auf das Turnen als eine körperliche Übung, aber in einer Betätigung, die weder Erholung noch genügend Kräftigung bringt." So schonend er bei der Kritik der Schule verfährt, so scharf fordert er „methodisches Turnen, Schulturnen im strengen Sinne des Wortes" zur Beseitigung des schlimmsten Mangels unsers zum Schaden der Jugend der Palästra entbehrenden Didaskaleions: „Dem Schulturnen mit dem, was dazu gehört, müssen die Nach¬ mittagsstunden zur Verfügung stehen; einer entsprechenden Anzahl tüchtiger Lehrkräfte, Turnlehrer vom Fach, wird es nicht schwer fallen, sämtliche Klassen täglich in einem der Turnfächer zu üben. . . . Dem Schulturnen mit seinem obligaten Cha¬ rakter und seinem ernsten Betrieb ist es einzig und allein vorbehalten, die »körper¬ liche Jugenderziehung« zu übernehmen, sofern man sich entschließen will, eine solche anzuerkennen und zu betätigen und sich nicht mit »Erholung« zu begnügen. Wenn es jedem jungen Menschen zur Pflicht gemacht wird, sich ebenso wie geistig auch körperlich auszubilden und wenn es keinem Gesunden möglich gemacht wird, sich dieser Pflicht zu entziehen, dann werden Hunderte von Schwächlingen und Weich¬ lingen, die bei Dispens oder bei der Unzulänglichkeit des nunmehrigen Turnbetriebes beklagenswerte Geschöpfe bleiben, gesunde und wehrfähige Männer werden; die Zahl der Tauglichen wird gehoben und die Tauglichen werden tüchtiger werden. Man möge es nicht unterschätzen, was es heißt, wenn das Durchschnittsmaß an Größe, Brustumfang und Gewicht von jährlich 30000 Wehrpflichtigen auch nur um wenige Zentimeter bzw. Kilogramm höher gestellt wird und somit der Armee, der Familie, der Landwirtschaft, der Industrie etc. tüchtigere Kräfte zugeführt werden. Ein solcher Erfolg kann von einer Jugenderziehung mit nüchterner Zu¬ versicht schon nach wenigen Jahren erwartet werden; er hat die Bedeutung der Hebung der Körperkonstitution; er ist Rassenverbesserung!" Ein solcher Erfolg ist wert, daß man nach ihm strebt und auf den Schein¬ erfolg der jetzt noch geltenden Schulordnung verzichtet. Ludwig Renner Ein fast verschollnes Wort. Kenner der Stormschen Novellen werden sich erinnern, manchmal auf das Wort xsssl gestoßen zu sein, ohne freilich über dessen Geltung viel mehr zu erfahren, als daß damit ein Wohnraum im holsteinischen Bauernhause gemeint ist. Aber in Schützers Holsteinischen Idiotikon und besonders in Müllenhoffs Glossar zum Quickborn wird die Bedeutung des Wortes genau bestimmt. Nach Müllenhoff ist der xsssl im Dithmarscher Bauernhause das größte Zimmer, das dem Eingange, der Aioten äst, gegenüber an der Hinterseite des Hauses liegt und dessen ganze Breite einnimmt, meist keinen Ofen hat und als Festsaal dient. In frühern Zeiten war es auch die allgemeine Wohnstube, wie denn z. B. Neoeorns (geht. 1629) in der Dithmarscher Chronik die Bedeutung des Wortes also feststellt: su snrlik Asinaou se bstvut xisvll, äarin so vor oläsrs tlo

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_297518/61>, abgerufen am 19.10.2024.