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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Präsident Roosevelt am 11. August in Chantcmqua gehalten hat. Leicht sind darin
recht deutliche Schatten kommender Ereignisse zu erkennen. Die Rede behandelte
in ihrem ersten Teile das Lieblingsthema des Präsidenten: die Mouroelehre, die
tatsächlich durch Roosevelt eine neue weltumspannende Bedeutung erhalten hat. Un¬
vergessen bleibt wohl auch deu Japanern sein Ausspruch, daß die Monroedoktrin
bis an die asiatische Küste des Pacific reiche. Das englisch-japanische Bündnis ist
nach der amerikanischen Front hin vielleicht noch von größerer Bedeutung als nach der
russischen. Man könnte voraussetzen, daß da das Bündnis fast drei Wochen älter ist
als der russisch-japanische Friedensschluß, dieses nicht ohne Einfluß auf jenen ge¬
wesen ist. Merkwürdigerweise hat Japan aus dem Bündnis keine Rückenstärkung
für die Fortsetzung des Krieges entnommen. Im Gegenteil, der Abschluß ist von
England wohl erst erfolgt, nachdem man in London die Gewißheit hatte, daß Japan
zum Frieden kommen wolle, und England somit kein Risiko laufe, in die jetzige Ver¬
wicklung hineingezogen zu werden.

Bekanntlich ist es nicht Englands Einfluß gewesen, der Japan zu einer so weit¬
gehenden Nachgiebigkeit bestimmt hat, sondern die Lage auf dem Kriegsschauplatze.
Man darf mit Gewißheit annehmen, daß die Berichte des japanischen Hauptquartiers
ausschlaggebend gewesen sind. Ein nochmaliger Sieg über das wesentlich verstärkte
und in seiner Leistungsfähigkeit sichtbar gehobne russische Heer war auch um den
Preis sehr großer Opfer nicht wahrscheinlich, er würde an der Kriegslage außerdem
nicht viel geändert haben, da die Verluste die Ausnutzung des Sieges voraussichtlich
verhindert haben würden. Rußlands Position am Konferenztisch hätte mithin keine
Verschlechterung erfahren. Wohl aber war mit der Möglichkeit eines Mißerfolgs,
der Notwendigkeit eines Rückzugs zu rechnen, wodurch Japans Stellung beim
Friedensschlüsse wesentlich verschlechtert worden wäre. Die weise Mäßigung der
japanischen Politik hatte mithin sehr bestimmte Ursachen, aber es ist jedenfalls an¬
zuerkennen, daß sie es vorzog, lieber ihre weitgesteckten Forderungen fallen zu lassen,
als das wirklich Erreichbare durch ein Beharren auf dem Wünschenswerten zu ge¬
fährden. Japan, das sich bei der Kriegführung Deutschland zum Muster genommen
hatte, glaubte auch den Frieden nach deutschem Vorbilde schließen zu können. Aber
dazu fehlten alle Vorbedingungen. Die russische Armee war uicht zerschmettert, sie
stand nach zwei Niederlagen dem japanischen Heere stärker und bedrohlicher als zuvor
gegenüber. Die japanische Armee hatte den russischen Boden nicht betreten, er wäre
auch nach einem abermaligen Siege für sie unerreichbar geblieben. Die großen Erfolge
zur See waren neben der Einnahme von Port Arthur allein die Grundlage für
Japans Forderungen. Japan konnte sich weder Preußens Stellung vor Wien und
in Süddeutschland im Jahre 1866 noch die Deutschlands Vor Paris und an der
Loire im Januar 1871 zum Vorbilde dienen lassen. Es hat seine letzte Entschließung
"ur seiner eignen Einsicht und der Erkenntnis entnommen, daß seine militärische
Kraft an einer schwer zu überschreitenden Grenze angelangt sei. Englands Rat
ist dabei weder erbeten noch befolgt worden, im Gegenteil, man ist in London
durch die schnelle Nachgiebigkeit Japans ebenso überrascht worden, wie sie auch für
den Präsidenten Roosevelt eine Überraschung war.

Was nun dessen Rede vom 11. August anlangt, so erinnerte er von neuem
daran, daß das Hauptziel der Ausdehnung der Monroedoktrin darin zu suchen sei,
von der westlichen Hemisphäre große Militärmächte fernzuhalten, um auf diese Weise
die Vereinigten Staaten selbst zu schützen, den Schutz der andern amerikanischen Re¬
publiken bezwecke sie erst in zweiter Linie. Allerdings sei die Monroelehre kein
Bestandteil des internationalen Rechts, aber die stetig wachsende Macht der Vereinigten
Staaten habe ihr mehr und mehr Achtung verschafft. Drei Dinge aber, so erklärte
Roosevelt weiter, müßten die Vereinigten Staaten in, Auge haben, wenn sie weiterhin
an diesen Grundsätzen festhalten wollten: sie müßten klar machen, daß sie keine terri¬
toriale Vergrößerung auf Kosten der andern südlich von der Union liegenden
Republiken erstreben -- Kanada ist also ausdrücklich ausgenommen, ebenso die


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Präsident Roosevelt am 11. August in Chantcmqua gehalten hat. Leicht sind darin
recht deutliche Schatten kommender Ereignisse zu erkennen. Die Rede behandelte
in ihrem ersten Teile das Lieblingsthema des Präsidenten: die Mouroelehre, die
tatsächlich durch Roosevelt eine neue weltumspannende Bedeutung erhalten hat. Un¬
vergessen bleibt wohl auch deu Japanern sein Ausspruch, daß die Monroedoktrin
bis an die asiatische Küste des Pacific reiche. Das englisch-japanische Bündnis ist
nach der amerikanischen Front hin vielleicht noch von größerer Bedeutung als nach der
russischen. Man könnte voraussetzen, daß da das Bündnis fast drei Wochen älter ist
als der russisch-japanische Friedensschluß, dieses nicht ohne Einfluß auf jenen ge¬
wesen ist. Merkwürdigerweise hat Japan aus dem Bündnis keine Rückenstärkung
für die Fortsetzung des Krieges entnommen. Im Gegenteil, der Abschluß ist von
England wohl erst erfolgt, nachdem man in London die Gewißheit hatte, daß Japan
zum Frieden kommen wolle, und England somit kein Risiko laufe, in die jetzige Ver¬
wicklung hineingezogen zu werden.

Bekanntlich ist es nicht Englands Einfluß gewesen, der Japan zu einer so weit¬
gehenden Nachgiebigkeit bestimmt hat, sondern die Lage auf dem Kriegsschauplatze.
Man darf mit Gewißheit annehmen, daß die Berichte des japanischen Hauptquartiers
ausschlaggebend gewesen sind. Ein nochmaliger Sieg über das wesentlich verstärkte
und in seiner Leistungsfähigkeit sichtbar gehobne russische Heer war auch um den
Preis sehr großer Opfer nicht wahrscheinlich, er würde an der Kriegslage außerdem
nicht viel geändert haben, da die Verluste die Ausnutzung des Sieges voraussichtlich
verhindert haben würden. Rußlands Position am Konferenztisch hätte mithin keine
Verschlechterung erfahren. Wohl aber war mit der Möglichkeit eines Mißerfolgs,
der Notwendigkeit eines Rückzugs zu rechnen, wodurch Japans Stellung beim
Friedensschlüsse wesentlich verschlechtert worden wäre. Die weise Mäßigung der
japanischen Politik hatte mithin sehr bestimmte Ursachen, aber es ist jedenfalls an¬
zuerkennen, daß sie es vorzog, lieber ihre weitgesteckten Forderungen fallen zu lassen,
als das wirklich Erreichbare durch ein Beharren auf dem Wünschenswerten zu ge¬
fährden. Japan, das sich bei der Kriegführung Deutschland zum Muster genommen
hatte, glaubte auch den Frieden nach deutschem Vorbilde schließen zu können. Aber
dazu fehlten alle Vorbedingungen. Die russische Armee war uicht zerschmettert, sie
stand nach zwei Niederlagen dem japanischen Heere stärker und bedrohlicher als zuvor
gegenüber. Die japanische Armee hatte den russischen Boden nicht betreten, er wäre
auch nach einem abermaligen Siege für sie unerreichbar geblieben. Die großen Erfolge
zur See waren neben der Einnahme von Port Arthur allein die Grundlage für
Japans Forderungen. Japan konnte sich weder Preußens Stellung vor Wien und
in Süddeutschland im Jahre 1866 noch die Deutschlands Vor Paris und an der
Loire im Januar 1871 zum Vorbilde dienen lassen. Es hat seine letzte Entschließung
»ur seiner eignen Einsicht und der Erkenntnis entnommen, daß seine militärische
Kraft an einer schwer zu überschreitenden Grenze angelangt sei. Englands Rat
ist dabei weder erbeten noch befolgt worden, im Gegenteil, man ist in London
durch die schnelle Nachgiebigkeit Japans ebenso überrascht worden, wie sie auch für
den Präsidenten Roosevelt eine Überraschung war.

Was nun dessen Rede vom 11. August anlangt, so erinnerte er von neuem
daran, daß das Hauptziel der Ausdehnung der Monroedoktrin darin zu suchen sei,
von der westlichen Hemisphäre große Militärmächte fernzuhalten, um auf diese Weise
die Vereinigten Staaten selbst zu schützen, den Schutz der andern amerikanischen Re¬
publiken bezwecke sie erst in zweiter Linie. Allerdings sei die Monroelehre kein
Bestandteil des internationalen Rechts, aber die stetig wachsende Macht der Vereinigten
Staaten habe ihr mehr und mehr Achtung verschafft. Drei Dinge aber, so erklärte
Roosevelt weiter, müßten die Vereinigten Staaten in, Auge haben, wenn sie weiterhin
an diesen Grundsätzen festhalten wollten: sie müßten klar machen, daß sie keine terri¬
toriale Vergrößerung auf Kosten der andern südlich von der Union liegenden
Republiken erstreben — Kanada ist also ausdrücklich ausgenommen, ebenso die


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[0567] Maßgebliches und Unmaßgebliches Präsident Roosevelt am 11. August in Chantcmqua gehalten hat. Leicht sind darin recht deutliche Schatten kommender Ereignisse zu erkennen. Die Rede behandelte in ihrem ersten Teile das Lieblingsthema des Präsidenten: die Mouroelehre, die tatsächlich durch Roosevelt eine neue weltumspannende Bedeutung erhalten hat. Un¬ vergessen bleibt wohl auch deu Japanern sein Ausspruch, daß die Monroedoktrin bis an die asiatische Küste des Pacific reiche. Das englisch-japanische Bündnis ist nach der amerikanischen Front hin vielleicht noch von größerer Bedeutung als nach der russischen. Man könnte voraussetzen, daß da das Bündnis fast drei Wochen älter ist als der russisch-japanische Friedensschluß, dieses nicht ohne Einfluß auf jenen ge¬ wesen ist. Merkwürdigerweise hat Japan aus dem Bündnis keine Rückenstärkung für die Fortsetzung des Krieges entnommen. Im Gegenteil, der Abschluß ist von England wohl erst erfolgt, nachdem man in London die Gewißheit hatte, daß Japan zum Frieden kommen wolle, und England somit kein Risiko laufe, in die jetzige Ver¬ wicklung hineingezogen zu werden. Bekanntlich ist es nicht Englands Einfluß gewesen, der Japan zu einer so weit¬ gehenden Nachgiebigkeit bestimmt hat, sondern die Lage auf dem Kriegsschauplatze. Man darf mit Gewißheit annehmen, daß die Berichte des japanischen Hauptquartiers ausschlaggebend gewesen sind. Ein nochmaliger Sieg über das wesentlich verstärkte und in seiner Leistungsfähigkeit sichtbar gehobne russische Heer war auch um den Preis sehr großer Opfer nicht wahrscheinlich, er würde an der Kriegslage außerdem nicht viel geändert haben, da die Verluste die Ausnutzung des Sieges voraussichtlich verhindert haben würden. Rußlands Position am Konferenztisch hätte mithin keine Verschlechterung erfahren. Wohl aber war mit der Möglichkeit eines Mißerfolgs, der Notwendigkeit eines Rückzugs zu rechnen, wodurch Japans Stellung beim Friedensschlüsse wesentlich verschlechtert worden wäre. Die weise Mäßigung der japanischen Politik hatte mithin sehr bestimmte Ursachen, aber es ist jedenfalls an¬ zuerkennen, daß sie es vorzog, lieber ihre weitgesteckten Forderungen fallen zu lassen, als das wirklich Erreichbare durch ein Beharren auf dem Wünschenswerten zu ge¬ fährden. Japan, das sich bei der Kriegführung Deutschland zum Muster genommen hatte, glaubte auch den Frieden nach deutschem Vorbilde schließen zu können. Aber dazu fehlten alle Vorbedingungen. Die russische Armee war uicht zerschmettert, sie stand nach zwei Niederlagen dem japanischen Heere stärker und bedrohlicher als zuvor gegenüber. Die japanische Armee hatte den russischen Boden nicht betreten, er wäre auch nach einem abermaligen Siege für sie unerreichbar geblieben. Die großen Erfolge zur See waren neben der Einnahme von Port Arthur allein die Grundlage für Japans Forderungen. Japan konnte sich weder Preußens Stellung vor Wien und in Süddeutschland im Jahre 1866 noch die Deutschlands Vor Paris und an der Loire im Januar 1871 zum Vorbilde dienen lassen. Es hat seine letzte Entschließung »ur seiner eignen Einsicht und der Erkenntnis entnommen, daß seine militärische Kraft an einer schwer zu überschreitenden Grenze angelangt sei. Englands Rat ist dabei weder erbeten noch befolgt worden, im Gegenteil, man ist in London durch die schnelle Nachgiebigkeit Japans ebenso überrascht worden, wie sie auch für den Präsidenten Roosevelt eine Überraschung war. Was nun dessen Rede vom 11. August anlangt, so erinnerte er von neuem daran, daß das Hauptziel der Ausdehnung der Monroedoktrin darin zu suchen sei, von der westlichen Hemisphäre große Militärmächte fernzuhalten, um auf diese Weise die Vereinigten Staaten selbst zu schützen, den Schutz der andern amerikanischen Re¬ publiken bezwecke sie erst in zweiter Linie. Allerdings sei die Monroelehre kein Bestandteil des internationalen Rechts, aber die stetig wachsende Macht der Vereinigten Staaten habe ihr mehr und mehr Achtung verschafft. Drei Dinge aber, so erklärte Roosevelt weiter, müßten die Vereinigten Staaten in, Auge haben, wenn sie weiterhin an diesen Grundsätzen festhalten wollten: sie müßten klar machen, daß sie keine terri¬ toriale Vergrößerung auf Kosten der andern südlich von der Union liegenden Republiken erstreben — Kanada ist also ausdrücklich ausgenommen, ebenso die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_297518/567>, abgerufen am 20.10.2024.