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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr.

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Der britische Staatshaushalt

die andre die Beamten der Reichszivilverwaltung des Reichsheeres und die
dritte die Fürsorge für Personen des Beamten- und Soldatenstandes infolge
von Betriebsunfällen betrifft, die Sozialdemokratie allerdings weniger inter¬
essieren konnten, weil damit Gründe der Unzufriedenheit im Heere beseitigt
worden sind. Nicht minder auffallend ist, daß bei drei Gesetzentwürfen, die die
Fürsorge für Witwen und Waisen anlangen, die Abstimmung der Sozial¬
demokratie ebenfalls nicht aufzufinden ist. Es sind dies die Gesetze: 1. vom
20. April 1881 betreffend die Fürsorge für die Witwen und Waisen der Neichs-
beamten der Zivilverwaltung, 2. vom 17. April 1887 betreffend die Fürsorge
für die Witwen und Waisen von Angehörigen des Reichsheeres und der kaiser¬
lichen Marine, 3. vom 17. Mai 1897 wegen anderweiter Bemessung der Witwen-
und Waisengelder. Auch hierbei kann man die Abstimmung nicht feststellen.
Zwar hat sich im Laufe der Beratung der Abgeordnete Stadthagen zustimmend
zu der Vorlage ausgesprochen, doch hat er nicht gesagt, wie die Partei zu dem
Gesetz stimmen werde, auch durch den Parteitagsbericht von 1897 ist das nicht
feststellbar. Immerhin ist es auffällig, daß die Abstimmungen der Sozial¬
demokratie nicht aufzufinden sind, sobald es sich um die Fürsorge für Beamte
und Unteroffiziere oder deren Hinterbliebne handelt.




Der britische Staatshaushalt
v Hugo Bartels on(Schluß)

le Spitzmarke Stempelgebühren umfaßt eine ziemlich lange Liste
von Abgaben, denen Geschäftsabschlüsse unterliegen. Alle Ur¬
kunden, Verträge, Anteilscheine, Wechsel, Versicherungspolicen usw.
bedürfen zur rechtlichen Giltigkeit einer Stempelmarke von höherm
oder geringerm Werte. Jeder Scheck, der im Vereinigten König¬
reich ausgestellt wird -- wer das britische Leben kennt, weiß, welche Bedeutung
der Scheckverkehr hat --, bringt dem Staat einen Penny ein, und ebenso
fordert jede Quittung über einen 2 -F übersteigenden Betrag eine Penny-
marke, bei 10 ^ Strafe. Gesellschaften mit beschränkter Haftung haben für
jedes 100 -F ihres Kapitals 5 su. 0,25 Prozent zu erlegen, und wenn
irgendeine Körperschaft eine Anleihe aufnehmen will, so fordert der Staat von
jedem 100 des Betrags 2 su. 6 6.^- 0,125 Prozent. Ferner wird auch das
Pillenschlucken, dem die Briten mit Leidenschaft frönen, vom Schatzamt aus¬
genutzt. Daß für das Feilhalten von sogenannten Patentmedizinen ein Ge¬
werbeschein zu lösen ist, ist schon erwähnt worden; aber daneben wird von
den Schächtelchen und Fläschchen selbst noch eine Abgabe erhoben, die zwischen
^/i2 und des Verkaufspreises schwankt. Aus dem Ertrage der Abgabe,
323446 -F, läßt sich abnehmen, wie groß der Verbrauch und wie einträglich
das Geschäft sein muß.


Der britische Staatshaushalt

die andre die Beamten der Reichszivilverwaltung des Reichsheeres und die
dritte die Fürsorge für Personen des Beamten- und Soldatenstandes infolge
von Betriebsunfällen betrifft, die Sozialdemokratie allerdings weniger inter¬
essieren konnten, weil damit Gründe der Unzufriedenheit im Heere beseitigt
worden sind. Nicht minder auffallend ist, daß bei drei Gesetzentwürfen, die die
Fürsorge für Witwen und Waisen anlangen, die Abstimmung der Sozial¬
demokratie ebenfalls nicht aufzufinden ist. Es sind dies die Gesetze: 1. vom
20. April 1881 betreffend die Fürsorge für die Witwen und Waisen der Neichs-
beamten der Zivilverwaltung, 2. vom 17. April 1887 betreffend die Fürsorge
für die Witwen und Waisen von Angehörigen des Reichsheeres und der kaiser¬
lichen Marine, 3. vom 17. Mai 1897 wegen anderweiter Bemessung der Witwen-
und Waisengelder. Auch hierbei kann man die Abstimmung nicht feststellen.
Zwar hat sich im Laufe der Beratung der Abgeordnete Stadthagen zustimmend
zu der Vorlage ausgesprochen, doch hat er nicht gesagt, wie die Partei zu dem
Gesetz stimmen werde, auch durch den Parteitagsbericht von 1897 ist das nicht
feststellbar. Immerhin ist es auffällig, daß die Abstimmungen der Sozial¬
demokratie nicht aufzufinden sind, sobald es sich um die Fürsorge für Beamte
und Unteroffiziere oder deren Hinterbliebne handelt.




Der britische Staatshaushalt
v Hugo Bartels on(Schluß)

le Spitzmarke Stempelgebühren umfaßt eine ziemlich lange Liste
von Abgaben, denen Geschäftsabschlüsse unterliegen. Alle Ur¬
kunden, Verträge, Anteilscheine, Wechsel, Versicherungspolicen usw.
bedürfen zur rechtlichen Giltigkeit einer Stempelmarke von höherm
oder geringerm Werte. Jeder Scheck, der im Vereinigten König¬
reich ausgestellt wird — wer das britische Leben kennt, weiß, welche Bedeutung
der Scheckverkehr hat —, bringt dem Staat einen Penny ein, und ebenso
fordert jede Quittung über einen 2 -F übersteigenden Betrag eine Penny-
marke, bei 10 ^ Strafe. Gesellschaften mit beschränkter Haftung haben für
jedes 100 -F ihres Kapitals 5 su. 0,25 Prozent zu erlegen, und wenn
irgendeine Körperschaft eine Anleihe aufnehmen will, so fordert der Staat von
jedem 100 des Betrags 2 su. 6 6.^- 0,125 Prozent. Ferner wird auch das
Pillenschlucken, dem die Briten mit Leidenschaft frönen, vom Schatzamt aus¬
genutzt. Daß für das Feilhalten von sogenannten Patentmedizinen ein Ge¬
werbeschein zu lösen ist, ist schon erwähnt worden; aber daneben wird von
den Schächtelchen und Fläschchen selbst noch eine Abgabe erhoben, die zwischen
^/i2 und des Verkaufspreises schwankt. Aus dem Ertrage der Abgabe,
323446 -F, läßt sich abnehmen, wie groß der Verbrauch und wie einträglich
das Geschäft sein muß.


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[0349] Der britische Staatshaushalt die andre die Beamten der Reichszivilverwaltung des Reichsheeres und die dritte die Fürsorge für Personen des Beamten- und Soldatenstandes infolge von Betriebsunfällen betrifft, die Sozialdemokratie allerdings weniger inter¬ essieren konnten, weil damit Gründe der Unzufriedenheit im Heere beseitigt worden sind. Nicht minder auffallend ist, daß bei drei Gesetzentwürfen, die die Fürsorge für Witwen und Waisen anlangen, die Abstimmung der Sozial¬ demokratie ebenfalls nicht aufzufinden ist. Es sind dies die Gesetze: 1. vom 20. April 1881 betreffend die Fürsorge für die Witwen und Waisen der Neichs- beamten der Zivilverwaltung, 2. vom 17. April 1887 betreffend die Fürsorge für die Witwen und Waisen von Angehörigen des Reichsheeres und der kaiser¬ lichen Marine, 3. vom 17. Mai 1897 wegen anderweiter Bemessung der Witwen- und Waisengelder. Auch hierbei kann man die Abstimmung nicht feststellen. Zwar hat sich im Laufe der Beratung der Abgeordnete Stadthagen zustimmend zu der Vorlage ausgesprochen, doch hat er nicht gesagt, wie die Partei zu dem Gesetz stimmen werde, auch durch den Parteitagsbericht von 1897 ist das nicht feststellbar. Immerhin ist es auffällig, daß die Abstimmungen der Sozial¬ demokratie nicht aufzufinden sind, sobald es sich um die Fürsorge für Beamte und Unteroffiziere oder deren Hinterbliebne handelt. Der britische Staatshaushalt v Hugo Bartels on(Schluß) le Spitzmarke Stempelgebühren umfaßt eine ziemlich lange Liste von Abgaben, denen Geschäftsabschlüsse unterliegen. Alle Ur¬ kunden, Verträge, Anteilscheine, Wechsel, Versicherungspolicen usw. bedürfen zur rechtlichen Giltigkeit einer Stempelmarke von höherm oder geringerm Werte. Jeder Scheck, der im Vereinigten König¬ reich ausgestellt wird — wer das britische Leben kennt, weiß, welche Bedeutung der Scheckverkehr hat —, bringt dem Staat einen Penny ein, und ebenso fordert jede Quittung über einen 2 -F übersteigenden Betrag eine Penny- marke, bei 10 ^ Strafe. Gesellschaften mit beschränkter Haftung haben für jedes 100 -F ihres Kapitals 5 su. 0,25 Prozent zu erlegen, und wenn irgendeine Körperschaft eine Anleihe aufnehmen will, so fordert der Staat von jedem 100 des Betrags 2 su. 6 6.^- 0,125 Prozent. Ferner wird auch das Pillenschlucken, dem die Briten mit Leidenschaft frönen, vom Schatzamt aus¬ genutzt. Daß für das Feilhalten von sogenannten Patentmedizinen ein Ge¬ werbeschein zu lösen ist, ist schon erwähnt worden; aber daneben wird von den Schächtelchen und Fläschchen selbst noch eine Abgabe erhoben, die zwischen ^/i2 und des Verkaufspreises schwankt. Aus dem Ertrage der Abgabe, 323446 -F, läßt sich abnehmen, wie groß der Verbrauch und wie einträglich das Geschäft sein muß.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_297518/349>, abgerufen am 27.09.2024.