Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr.Afghanistan oder zwei Stück größeres Wild für die Hoftafel zu liefern, und die Nimrode Auf seinen Jagdausflügen verwandte der Kronprinz öfter Elefanten, auf Im Frühjahre kommen von Indien unzählige Wachteln in die Gebirgs¬ Am Schlüsse dieses Abschnitts mögen einige allgemeine Bemerkungen am Afghanistan oder zwei Stück größeres Wild für die Hoftafel zu liefern, und die Nimrode Auf seinen Jagdausflügen verwandte der Kronprinz öfter Elefanten, auf Im Frühjahre kommen von Indien unzählige Wachteln in die Gebirgs¬ Am Schlüsse dieses Abschnitts mögen einige allgemeine Bemerkungen am <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0196" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/297715"/> <fw type="header" place="top"> Afghanistan</fw><lb/> <p xml:id="ID_829" prev="#ID_828"> oder zwei Stück größeres Wild für die Hoftafel zu liefern, und die Nimrode<lb/> kamen diesem Befehle getreulich nach.</p><lb/> <p xml:id="ID_830"> Auf seinen Jagdausflügen verwandte der Kronprinz öfter Elefanten, auf<lb/> deren mit schönen roten, goldgestickten Decken belegten Rücken Sitze befestigt<lb/> wurden. Zum Besteigen der Elefanten dienten hierfür gefertigte Treppen, die<lb/> mit besondern Gurten an den Tieren festgebunden und von diesen mitgetragen<lb/> wurden. Der Thronfolger wurde bei seinen Jagden von einer halben Kompagnie<lb/> Fußtruppen und einer halben Schwadron Reitern begleitet. Zelte, Mundvorrat,<lb/> Kochgeschirre wurden mitgenommen, und ein Reiter trug eine Wasserpfeife mit<lb/> festem Rohr (pers. für den Prinzen. Auf den Jagden schoß der<lb/> Thronfolger oft an einem Tage mehr als zweihundert Enten und Rohrhühner.<lb/> In frühern Jahren machte auch der damalige Emir solche Jagdausflüge in die<lb/> Umgebung Kabuls. Er gab zwar keinen Schuß ab, erlustigte sich aber sehr an<lb/> dem Treiben seiner „Pagen," etwa zwei Dutzend zehn- bis siebzehnjähriger<lb/> Jungen, die munter drauflos schössen, und spendete Lobsprüche und Geschenke<lb/> ohne es für die minder Treffsichern an Rügen fehlen zu lassen. In den letzten<lb/> Jahren mußte der Fürst wegen seines heftiger auftretenden Gichtleidcns auf<lb/> dieses Vergnügen verzichten.</p><lb/> <p xml:id="ID_831"> Im Frühjahre kommen von Indien unzählige Wachteln in die Gebirgs¬<lb/> täler des Landes. Sie werden nicht geschossen, sondern mit Netzen gefangen.<lb/> Auch Rebhühner werden sehr selten geschossen, sondern mit Schlingen gefangen<lb/> und am häufigsten mit Falken gejagt. Auch zur Jagd auf Wildenten werden<lb/> Falken verwandt. Diese Jagden finden folgendermaßen statt. Um Rebhühner<lb/> oder Steinhühner mit dem Falken zu beizen, steigen die Jäger, die sehr gute<lb/> Kletterer sind, mit einen: oder zwei Hunden in eine steile Bergwand ein und<lb/> rücken, womöglich in einer Linie, vor. Der zuhöchst Kletternde trägt den<lb/> Falken, dessen Kopf mit einer Haube verhüllt ist. Sobald ein Huhn aufgestöbert<lb/> ist, erheben die Jäger ein großes Geschrei, und der Falke wird losgelassen. Er<lb/> stößt auf das Huhn, das er meist rasch einholt, und die Jäger laufen und<lb/> klettern an den Ort, wo der Falke mit dem Huhn niedergegangen ist, um ihm<lb/> die Bente abzunehmen. Obwohl diese Jagd in zerklüfteten, steilen Felswänden<lb/> sehr gefährlich und beschwerlich ist, finden doch schwindelfreie Kletterer großes<lb/> Gefallen daran. Besonders gewinnbringend ist das Vergnügen allerdings nicht,<lb/> da ein Rebhuhn oder Steinhuhn nur mit einem Abasi (30 Pfennigen) bezahlt<lb/> wird. Zur Jagd auf Wildenten werden größere Falken abgerichtet. Wenn<lb/> eine Ente aufgetrieben ist, wird der Falke losgelassen und stößt von oben auf<lb/> die Beute, die er jedoch mit einer blitzschnellen Drehung am Bauche faßt, um<lb/> sich eben so rasch wieder umzudrehn, sodaß die Ente unfähig ist zu fliegen.<lb/> Solchen Jagden huldigen viele Afghanen, doch dürfen sie die Jagdgründe des<lb/> Emirs, die überdies immer bewacht sind, nicht besuchen.</p><lb/> <p xml:id="ID_832" next="#ID_833"> Am Schlüsse dieses Abschnitts mögen einige allgemeine Bemerkungen am<lb/> Platze sein. Afghanistan hat mit seinen reichen mineralischen Schätzen und der<lb/> wunderbaren Fruchtbarkeit mancher Landstriche zweifellos eine große Zukunft,<lb/> wenn es einmal durch Schienenwege mit dem Weltverkehr wird verbunden sein,<lb/> und wenn ein befreiender Hauch echter Kultur und Gesittung die starren Über-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0196]
Afghanistan
oder zwei Stück größeres Wild für die Hoftafel zu liefern, und die Nimrode
kamen diesem Befehle getreulich nach.
Auf seinen Jagdausflügen verwandte der Kronprinz öfter Elefanten, auf
deren mit schönen roten, goldgestickten Decken belegten Rücken Sitze befestigt
wurden. Zum Besteigen der Elefanten dienten hierfür gefertigte Treppen, die
mit besondern Gurten an den Tieren festgebunden und von diesen mitgetragen
wurden. Der Thronfolger wurde bei seinen Jagden von einer halben Kompagnie
Fußtruppen und einer halben Schwadron Reitern begleitet. Zelte, Mundvorrat,
Kochgeschirre wurden mitgenommen, und ein Reiter trug eine Wasserpfeife mit
festem Rohr (pers. für den Prinzen. Auf den Jagden schoß der
Thronfolger oft an einem Tage mehr als zweihundert Enten und Rohrhühner.
In frühern Jahren machte auch der damalige Emir solche Jagdausflüge in die
Umgebung Kabuls. Er gab zwar keinen Schuß ab, erlustigte sich aber sehr an
dem Treiben seiner „Pagen," etwa zwei Dutzend zehn- bis siebzehnjähriger
Jungen, die munter drauflos schössen, und spendete Lobsprüche und Geschenke
ohne es für die minder Treffsichern an Rügen fehlen zu lassen. In den letzten
Jahren mußte der Fürst wegen seines heftiger auftretenden Gichtleidcns auf
dieses Vergnügen verzichten.
Im Frühjahre kommen von Indien unzählige Wachteln in die Gebirgs¬
täler des Landes. Sie werden nicht geschossen, sondern mit Netzen gefangen.
Auch Rebhühner werden sehr selten geschossen, sondern mit Schlingen gefangen
und am häufigsten mit Falken gejagt. Auch zur Jagd auf Wildenten werden
Falken verwandt. Diese Jagden finden folgendermaßen statt. Um Rebhühner
oder Steinhühner mit dem Falken zu beizen, steigen die Jäger, die sehr gute
Kletterer sind, mit einen: oder zwei Hunden in eine steile Bergwand ein und
rücken, womöglich in einer Linie, vor. Der zuhöchst Kletternde trägt den
Falken, dessen Kopf mit einer Haube verhüllt ist. Sobald ein Huhn aufgestöbert
ist, erheben die Jäger ein großes Geschrei, und der Falke wird losgelassen. Er
stößt auf das Huhn, das er meist rasch einholt, und die Jäger laufen und
klettern an den Ort, wo der Falke mit dem Huhn niedergegangen ist, um ihm
die Bente abzunehmen. Obwohl diese Jagd in zerklüfteten, steilen Felswänden
sehr gefährlich und beschwerlich ist, finden doch schwindelfreie Kletterer großes
Gefallen daran. Besonders gewinnbringend ist das Vergnügen allerdings nicht,
da ein Rebhuhn oder Steinhuhn nur mit einem Abasi (30 Pfennigen) bezahlt
wird. Zur Jagd auf Wildenten werden größere Falken abgerichtet. Wenn
eine Ente aufgetrieben ist, wird der Falke losgelassen und stößt von oben auf
die Beute, die er jedoch mit einer blitzschnellen Drehung am Bauche faßt, um
sich eben so rasch wieder umzudrehn, sodaß die Ente unfähig ist zu fliegen.
Solchen Jagden huldigen viele Afghanen, doch dürfen sie die Jagdgründe des
Emirs, die überdies immer bewacht sind, nicht besuchen.
Am Schlüsse dieses Abschnitts mögen einige allgemeine Bemerkungen am
Platze sein. Afghanistan hat mit seinen reichen mineralischen Schätzen und der
wunderbaren Fruchtbarkeit mancher Landstriche zweifellos eine große Zukunft,
wenn es einmal durch Schienenwege mit dem Weltverkehr wird verbunden sein,
und wenn ein befreiender Hauch echter Kultur und Gesittung die starren Über-
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