Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.Meißen lassen sollte, ist der, daß eigentlich kaum von einem heitern Drama die Rede trägt uns auf leichten Flügeln über den ausgestandner Schrecken hinweg. Meißen von Otto Eduard Schmidt (Schluß) 'WWW> Meißen lassen sollte, ist der, daß eigentlich kaum von einem heitern Drama die Rede trägt uns auf leichten Flügeln über den ausgestandner Schrecken hinweg. Meißen von Otto Eduard Schmidt (Schluß) 'WWW> <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0720" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/297099"/> <fw type="header" place="top"> Meißen</fw><lb/> <p xml:id="ID_3287" prev="#ID_3286"> lassen sollte, ist der, daß eigentlich kaum von einem heitern Drama die Rede<lb/> sein kann, wenn dem Zuschauer nicht der Umstand vor die Augen geführt wird,<lb/> daß sich — mit Ausnahme von Elvira — alle über das vom gerechten Himmel<lb/> verhängte Strafgericht aufrichtig freuen. Auf der andern Seite ist die letzte<lb/> Szene des Mozartschen clrainrng, Aoooso, die augenscheinlich in Anlehnung an<lb/> den Gang der Tirsoschen Lomöäig. entstanden ist, im Vergleich zu der<lb/> Handlung der bei Tirso den Schluß bildenden sechs Szenen etwas matt.<lb/> In diesen kommt bei Tirso allerhand zutage, was der eine oder der andre<lb/> nicht gewußt hat, Catalinon, Don Juans lao^o, meldet, was er weiß, und<lb/> es werden mit erfreulicher Promptheit nicht weniger als vier Ehen geschlossen,<lb/> in deren Blüte bei allen vier durch Don Juans Schuld ein böser Mellau<lb/> gefallen war. Man wird mir zugeben, daß weder in Leipzig noch in Dresden<lb/> eine junge Dame einen so freudig zu begrüßenden Schluß würde versäumen<lb/> mögen. Im da Pontischen Textbuche dagegen gibt es nur den Leporelloschen<lb/> Bericht, während Don Ottavio für ein weiteres Jahr vertröstet wird, und<lb/> Donna Elvira „in des Klosters Heilgen Mauern ihr Leid zu vergessen hofft."<lb/> Masetto und Zerlina freilich sind ganz in der heitern Note, und das sechs¬<lb/> stimmig xrssw vorgetragne</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_43" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_3288"> trägt uns auf leichten Flügeln über den ausgestandner Schrecken hinweg.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Meißen<lb/><note type="byline"> von Otto Eduard Schmidt</note> (Schluß) </head><lb/> <p xml:id="ID_3289" next="#ID_3290"> 'WWW><lb/> MMW>eider ging man bei den Säkularisationen von Kirchengut im sech¬<lb/> zehnten Jahrhundert auch in der ehemaligen Mark Meißen weder<lb/> schonend noch umsichtig genug zu Werke; auch die ehrwürdigsten<lb/> silbernen und goldnen Kunstwerke des Domschatzes wurden einge-<lb/> schmolzen, und viele Güter der Klöster und Kirchen wurden an den<lb/> >Adel des Landes geradezu verschleudert. Am besten wurde» noch<lb/> die reichen Güter des Augustiuerchorherrnstifts Se. Afra verwandt, als sie der weit-<lb/> schnuende Herzog Moritz 1543 zum Unterhalt einer Fürstenschule bestimmte. So<lb/> erwuchs denn in den verödeten Kreuzgttngen des Klosters, in der zum Speisesaal<lb/> hergerichteten Barbarakapelle (jetzt Schulknabe), in dem zum Lektorium eingerichteten<lb/> Reuter und in der zu Wohnräumen verwandten Propstei ein neues im Sinne<lb/> Luthers geleitetes religiöses Leben und eine im Sinne Melauchthons auf dem<lb/> Studium der klassischen Sprachen, der Geschichte und der Mathematik gegründete<lb/> neue Bildung, die bis auf den heutigen Tag dem Vaterlande und der Heimat<lb/> reiche Frucht trägt. Von Se. Afra ging die von Nivius entworfne, von Fnbricius<lb/> erweiterte Schulordnung, der Grundstock der berühmten kursächsischen Schulordnung<lb/> von 1580, in alle Welt zur Nachahmung über: lange Zeit für verloren gehalten,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0720]
Meißen
lassen sollte, ist der, daß eigentlich kaum von einem heitern Drama die Rede
sein kann, wenn dem Zuschauer nicht der Umstand vor die Augen geführt wird,
daß sich — mit Ausnahme von Elvira — alle über das vom gerechten Himmel
verhängte Strafgericht aufrichtig freuen. Auf der andern Seite ist die letzte
Szene des Mozartschen clrainrng, Aoooso, die augenscheinlich in Anlehnung an
den Gang der Tirsoschen Lomöäig. entstanden ist, im Vergleich zu der
Handlung der bei Tirso den Schluß bildenden sechs Szenen etwas matt.
In diesen kommt bei Tirso allerhand zutage, was der eine oder der andre
nicht gewußt hat, Catalinon, Don Juans lao^o, meldet, was er weiß, und
es werden mit erfreulicher Promptheit nicht weniger als vier Ehen geschlossen,
in deren Blüte bei allen vier durch Don Juans Schuld ein böser Mellau
gefallen war. Man wird mir zugeben, daß weder in Leipzig noch in Dresden
eine junge Dame einen so freudig zu begrüßenden Schluß würde versäumen
mögen. Im da Pontischen Textbuche dagegen gibt es nur den Leporelloschen
Bericht, während Don Ottavio für ein weiteres Jahr vertröstet wird, und
Donna Elvira „in des Klosters Heilgen Mauern ihr Leid zu vergessen hofft."
Masetto und Zerlina freilich sind ganz in der heitern Note, und das sechs¬
stimmig xrssw vorgetragne
trägt uns auf leichten Flügeln über den ausgestandner Schrecken hinweg.
Meißen
von Otto Eduard Schmidt (Schluß)
'WWW>
MMW>eider ging man bei den Säkularisationen von Kirchengut im sech¬
zehnten Jahrhundert auch in der ehemaligen Mark Meißen weder
schonend noch umsichtig genug zu Werke; auch die ehrwürdigsten
silbernen und goldnen Kunstwerke des Domschatzes wurden einge-
schmolzen, und viele Güter der Klöster und Kirchen wurden an den
>Adel des Landes geradezu verschleudert. Am besten wurde» noch
die reichen Güter des Augustiuerchorherrnstifts Se. Afra verwandt, als sie der weit-
schnuende Herzog Moritz 1543 zum Unterhalt einer Fürstenschule bestimmte. So
erwuchs denn in den verödeten Kreuzgttngen des Klosters, in der zum Speisesaal
hergerichteten Barbarakapelle (jetzt Schulknabe), in dem zum Lektorium eingerichteten
Reuter und in der zu Wohnräumen verwandten Propstei ein neues im Sinne
Luthers geleitetes religiöses Leben und eine im Sinne Melauchthons auf dem
Studium der klassischen Sprachen, der Geschichte und der Mathematik gegründete
neue Bildung, die bis auf den heutigen Tag dem Vaterlande und der Heimat
reiche Frucht trägt. Von Se. Afra ging die von Nivius entworfne, von Fnbricius
erweiterte Schulordnung, der Grundstock der berühmten kursächsischen Schulordnung
von 1580, in alle Welt zur Nachahmung über: lange Zeit für verloren gehalten,
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