Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.Afghanistan Beamte und Offiziere waren. Der Befehlshaber erkundigte sich, wie wir uns Am 5. Juli machten wir uns wieder reisefertig. Um acht Uhr am Morgen Erst gegen zehn Uhr am Vormittag konnten wir aufbrechen. Glücklicherweise Afghanistan Beamte und Offiziere waren. Der Befehlshaber erkundigte sich, wie wir uns Am 5. Juli machten wir uns wieder reisefertig. Um acht Uhr am Morgen Erst gegen zehn Uhr am Vormittag konnten wir aufbrechen. Glücklicherweise <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0702" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/297081"/> <fw type="header" place="top"> Afghanistan</fw><lb/> <p xml:id="ID_3241" prev="#ID_3240"> Beamte und Offiziere waren. Der Befehlshaber erkundigte sich, wie wir uns<lb/> befänden, und welchen Verlauf unsre Reise bisher genommen habe. Er ver¬<lb/> weilte eine Stunde bei uns. Dann wurden uns Obst und Weintrauben vor¬<lb/> gesetzt. Als der Abend anbrach, nahmen wir in dem Becken eines vor dem Kiosk<lb/> liegenden Springbrunnens ein Bad. Leider war das Wasser infolge der großen<lb/> Hitze sehr warm, doch fanden wir unter den kühlern Fluten des Springbrunnens<lb/> die gewünschte Erfrischung. Den nächsten Tag, den 4. Juli, rasteten wir und be¬<lb/> sichtigten den lieblichen Garten, wo wohlgepflegte Blumenbeete und aus Orangen¬<lb/> bäumen bestehende Wandelgänge zu einem sehr ansprechenden Ganzen vereinigt<lb/> sind. Auch das acht Jahre zuvor erbaute Gartenhaus sahen wir uns an.</p><lb/> <p xml:id="ID_3242"> Am 5. Juli machten wir uns wieder reisefertig. Um acht Uhr am Morgen<lb/> etwa kam der Kommandant, um sich wieder nach unserm Befinden zu erkun¬<lb/> digen und uns mitzuteilen, daß wir schon die Hälfte unsrer Reise zurückgelegt<lb/> hätten und am fünften Tage in Kabul eintreffen würden. Wir statteten dem<lb/> Befehlshaber unsern Dank für seine freundliche Fürsorge ab, die uns die will-<lb/> kommne Rast so angenehm gemacht hatte, bestiegen unsre Rosse und machten<lb/> uns auf den Weg. Die Straße benutzten wir jedoch nicht, denn unser Führer<lb/> kannte einen kürzern Seitenweg, der sich zwischen Feldern und über eine Menge<lb/> kleiner Bewüsserungsrinnen von Dorf zu Dorf hinzog; wir konnten unter<lb/> schattigen Bäumen rasten und erhielten Wasser oder Milch zu trinken, was uns<lb/> sehr erwünscht war, denn unsre Kehlen waren immer ausgetrocknet, und das von<lb/> Peschawar angenommne Sodawasser war längst getrunken. An diesem Tage<lb/> langten wir ungefähr um sechs Uhr am Abend an dem Platze an, wo wir über<lb/> Nacht bleiben sollten. Unter einigen Bäumen schlugen wir unser Lager auf.<lb/> Zu unserm Leidwesen erlag dort das Pferd eines unsrer Begleiter den An¬<lb/> strengungen des Marsches, und wir mußten am Morgen des 6. Juli lange<lb/> warten, bis ein Maultier als Ersatz für den gefallnen Gaul herbeigeschafft wurde.</p><lb/> <p xml:id="ID_3243" next="#ID_3244"> Erst gegen zehn Uhr am Vormittag konnten wir aufbrechen. Glücklicherweise<lb/> war dieser Tagesmarsch kurz: um vier Uhr am Nachmittag erreichten wir unsern<lb/> Lagerplatz, einen mit hohen Mauern eingefriedeten Park, der mit riesigen Pla¬<lb/> tanen und mit Zypressen bestanden war. Unter einer großen Platane wurden<lb/> unsre Feldbetten aufgeschlagen, doch mußten wir uns am Abend unter den<lb/> freien Himmel flüchten, da viele tausend Turteltauben und andre Vögel ihr<lb/> Nachtquartier in dem Geäst der ungeheuern Bäume bezogen und uns einen —<lb/> Gnanosegen befederten, dem wir nicht standzuhalten vermochten. Am 7. Juli<lb/> brachen wir um sechs Uhr früh auf, da wir an diesem Tage eine große Strecke<lb/> zurückzulegen und ein hohes Gebirge zu übersteigen hatten, das wir bald er¬<lb/> reichten. Auf steiniger Straße ging es bergauf; wir gelangten in ein kaum<lb/> dreihundert Meter breites und vielleicht etwas mehr als einen Kilometer langes<lb/> ödes Tal, das auf beiden Seiten durch mindestens hundert Meter hohe Fels-<lb/> kümme begrenzt wird. Durch eine kleine von diesen Felsmassen gebildete Scharte<lb/> verließen wir das wüste Tal wieder. Während wir es durchzogen, erzählte mir<lb/> unser Führer, daß in dem Mordtat ein englisches Heer in der Stärke von<lb/> 16000 Mann nebst etlichen Frauen von Afghanen erschlagen worden waren. Nur<lb/> ein Arzt sei zufällig am Leben geblieben. Ich besichtigte den Ort genau und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0702]
Afghanistan
Beamte und Offiziere waren. Der Befehlshaber erkundigte sich, wie wir uns
befänden, und welchen Verlauf unsre Reise bisher genommen habe. Er ver¬
weilte eine Stunde bei uns. Dann wurden uns Obst und Weintrauben vor¬
gesetzt. Als der Abend anbrach, nahmen wir in dem Becken eines vor dem Kiosk
liegenden Springbrunnens ein Bad. Leider war das Wasser infolge der großen
Hitze sehr warm, doch fanden wir unter den kühlern Fluten des Springbrunnens
die gewünschte Erfrischung. Den nächsten Tag, den 4. Juli, rasteten wir und be¬
sichtigten den lieblichen Garten, wo wohlgepflegte Blumenbeete und aus Orangen¬
bäumen bestehende Wandelgänge zu einem sehr ansprechenden Ganzen vereinigt
sind. Auch das acht Jahre zuvor erbaute Gartenhaus sahen wir uns an.
Am 5. Juli machten wir uns wieder reisefertig. Um acht Uhr am Morgen
etwa kam der Kommandant, um sich wieder nach unserm Befinden zu erkun¬
digen und uns mitzuteilen, daß wir schon die Hälfte unsrer Reise zurückgelegt
hätten und am fünften Tage in Kabul eintreffen würden. Wir statteten dem
Befehlshaber unsern Dank für seine freundliche Fürsorge ab, die uns die will-
kommne Rast so angenehm gemacht hatte, bestiegen unsre Rosse und machten
uns auf den Weg. Die Straße benutzten wir jedoch nicht, denn unser Führer
kannte einen kürzern Seitenweg, der sich zwischen Feldern und über eine Menge
kleiner Bewüsserungsrinnen von Dorf zu Dorf hinzog; wir konnten unter
schattigen Bäumen rasten und erhielten Wasser oder Milch zu trinken, was uns
sehr erwünscht war, denn unsre Kehlen waren immer ausgetrocknet, und das von
Peschawar angenommne Sodawasser war längst getrunken. An diesem Tage
langten wir ungefähr um sechs Uhr am Abend an dem Platze an, wo wir über
Nacht bleiben sollten. Unter einigen Bäumen schlugen wir unser Lager auf.
Zu unserm Leidwesen erlag dort das Pferd eines unsrer Begleiter den An¬
strengungen des Marsches, und wir mußten am Morgen des 6. Juli lange
warten, bis ein Maultier als Ersatz für den gefallnen Gaul herbeigeschafft wurde.
Erst gegen zehn Uhr am Vormittag konnten wir aufbrechen. Glücklicherweise
war dieser Tagesmarsch kurz: um vier Uhr am Nachmittag erreichten wir unsern
Lagerplatz, einen mit hohen Mauern eingefriedeten Park, der mit riesigen Pla¬
tanen und mit Zypressen bestanden war. Unter einer großen Platane wurden
unsre Feldbetten aufgeschlagen, doch mußten wir uns am Abend unter den
freien Himmel flüchten, da viele tausend Turteltauben und andre Vögel ihr
Nachtquartier in dem Geäst der ungeheuern Bäume bezogen und uns einen —
Gnanosegen befederten, dem wir nicht standzuhalten vermochten. Am 7. Juli
brachen wir um sechs Uhr früh auf, da wir an diesem Tage eine große Strecke
zurückzulegen und ein hohes Gebirge zu übersteigen hatten, das wir bald er¬
reichten. Auf steiniger Straße ging es bergauf; wir gelangten in ein kaum
dreihundert Meter breites und vielleicht etwas mehr als einen Kilometer langes
ödes Tal, das auf beiden Seiten durch mindestens hundert Meter hohe Fels-
kümme begrenzt wird. Durch eine kleine von diesen Felsmassen gebildete Scharte
verließen wir das wüste Tal wieder. Während wir es durchzogen, erzählte mir
unser Führer, daß in dem Mordtat ein englisches Heer in der Stärke von
16000 Mann nebst etlichen Frauen von Afghanen erschlagen worden waren. Nur
ein Arzt sei zufällig am Leben geblieben. Ich besichtigte den Ort genau und
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