Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.dem Wesen des nur aufs Genießen ausgehenden, hauptsächlich mit Ver¬ Wenn man die sieben Hauptparticn der Oper nach ihrer Zusammen¬ dem Wesen des nur aufs Genießen ausgehenden, hauptsächlich mit Ver¬ Wenn man die sieben Hauptparticn der Oper nach ihrer Zusammen¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0667" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/297046"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_3037" prev="#ID_3036"> dem Wesen des nur aufs Genießen ausgehenden, hauptsächlich mit Ver¬<lb/> führungskünsten beschäftigten Lebemanns angepaßt sind: das Duettino mit<lb/> mit Zerlinen 15 ol et^rhin mano, die überaus schwierige Prestoarie: liiivb'<lb/> tiM äg.1 vino villa^ I» wstg,, die schon erwähnte Canzonetta: nisu visui g-Ah.<lb/> Knestra und die Arie: Nstü. al voi ans. og-äano, aber damit man den vollen<lb/> Genuß der reizenden Mozartschen Schöpfungen habe und auch durch den<lb/> Vortrag des Sängers zu einem vollen Verständnis der Don Juanschen Grazie<lb/> und Leichtlebigkeit geführt werde, muß das Gebotne von allererster Güte und<lb/> Vollendung sein; mit einem Don Juan, der einem wie ein selbstbewußter aber<lb/> sittenloser Rentier vorkommt, weiß man nichts rechtes anzufangen. Die großen<lb/> Italiener machen, um nur die Prestoarie zu erwähnen, aus dem ultor' lisri<lb/> vino keine wilde Jagd, bei der es drüber und drunter geht, eher könnte<lb/> man ihren Vortrag mit dem ununterbrochnem Aufschütten eines Perlenvorrats<lb/> vergleichen: den Triller auf ig., der der Wiederaufnahme des all, 13, mia Aso<lb/> vorausgeht, verlängern einige von ihnen willkürlich über den Dreiachtelwert<lb/> hinaus, sonst muß man sagen, daß eine Spieluhr, was Zeitmaß, Notenwert<lb/> und Treffsicherheit anlangt, nicht unfehlbarer sein könnte. Pathos dagegen,<lb/> wofür unsre Sänger so bekannt sind, entwickeln sie wenig: auch in der letzten<lb/> Szene lassen sie die Katastrophe mehr an sich herankommen, als daß sie ihr<lb/> mit großem Gefühlsaufwande begegneten. Vielleicht ist das ein Mangel, aber<lb/> den unerschütterlichen Gleichmut des Helden bringen sie auf diese Weise besser<lb/> zur Geltung, als wenn sie bei dem olii 1'g,nimA mi lavöig. ein Übermaß von<lb/> Schrecken und Bestürzung zur Schau trügen.</p><lb/> <p xml:id="ID_3038" next="#ID_3039"> Wenn man die sieben Hauptparticn der Oper nach ihrer Zusammen¬<lb/> gehörigkeit gliedert, so gehören Elvira und Leporello zu Don Juan, während<lb/> Don Ottcwio und Donna Anna auf der einen, Masetto und Zerlina auf der<lb/> andern für sich stehn. Ich habe schon gesagt, daß mir die Elvira des er¬<lb/> wähnten Abends die bestbesetzte Rolle schien. Es könnte mich interessieren,<lb/> zu erfahren, ob für den Leser wie für mich diese Rolle auch in der besten<lb/> Besetzung — die Corbari ist in dieser Rolle wohl schwerlich später über¬<lb/> troffen worden — etwas Komisches hat, das weder da Ponte noch Mozart<lb/> beabsichtigt zu haben scheinen, oder ob mein Humor in dieser Richtung auf<lb/> falscher Fährte ist. Natürlich nehme ich, wie jeder anständige Mensch, prin¬<lb/> zipiell für die so schnöde Verlassene und bei ihrem Erscheinen noch schnöder<lb/> Behandelte Partei, aber so oft sie, für Don Juan immer zur Unzeit, wie<lb/> Frau Kasperle angewachsen kommt und ihren herrlichen Gesangskram auspackt,<lb/> muß ich mich gewaltig anstrengen, daß ich nicht, was ja ganz und gar nicht<lb/> am Platze wäre, gerade herauslache. ?s,rk rin libro stg-irixg-to, singt Leporello,<lb/> der als Böotier meine Gefühle zu teilen scheint. In Dresden kommt sie, wie<lb/> auch sonst auf größern Bühnen, in einer Sänfte angereiht und steigt in der<lb/> mit malerischem Pflanzengrün bewachsnen Posada ab, deren Balkon für das<lb/> abendliche: ^.b, wei, inZwsw vors tragfähig gezimmert ist. Wenn man sich<lb/> vorstellt, daß die arme, von Liebessehnsucht durchglühte Dame die Reise von<lb/> Burgos nach Sevilla in einer von Sänftenträgern getragnen Sänfte gemacht<lb/> hat, so begreift man in der Tat nicht, wie die Ungeduld sie nicht unterwegs</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0667]
dem Wesen des nur aufs Genießen ausgehenden, hauptsächlich mit Ver¬
führungskünsten beschäftigten Lebemanns angepaßt sind: das Duettino mit
mit Zerlinen 15 ol et^rhin mano, die überaus schwierige Prestoarie: liiivb'
tiM äg.1 vino villa^ I» wstg,, die schon erwähnte Canzonetta: nisu visui g-Ah.
Knestra und die Arie: Nstü. al voi ans. og-äano, aber damit man den vollen
Genuß der reizenden Mozartschen Schöpfungen habe und auch durch den
Vortrag des Sängers zu einem vollen Verständnis der Don Juanschen Grazie
und Leichtlebigkeit geführt werde, muß das Gebotne von allererster Güte und
Vollendung sein; mit einem Don Juan, der einem wie ein selbstbewußter aber
sittenloser Rentier vorkommt, weiß man nichts rechtes anzufangen. Die großen
Italiener machen, um nur die Prestoarie zu erwähnen, aus dem ultor' lisri
vino keine wilde Jagd, bei der es drüber und drunter geht, eher könnte
man ihren Vortrag mit dem ununterbrochnem Aufschütten eines Perlenvorrats
vergleichen: den Triller auf ig., der der Wiederaufnahme des all, 13, mia Aso
vorausgeht, verlängern einige von ihnen willkürlich über den Dreiachtelwert
hinaus, sonst muß man sagen, daß eine Spieluhr, was Zeitmaß, Notenwert
und Treffsicherheit anlangt, nicht unfehlbarer sein könnte. Pathos dagegen,
wofür unsre Sänger so bekannt sind, entwickeln sie wenig: auch in der letzten
Szene lassen sie die Katastrophe mehr an sich herankommen, als daß sie ihr
mit großem Gefühlsaufwande begegneten. Vielleicht ist das ein Mangel, aber
den unerschütterlichen Gleichmut des Helden bringen sie auf diese Weise besser
zur Geltung, als wenn sie bei dem olii 1'g,nimA mi lavöig. ein Übermaß von
Schrecken und Bestürzung zur Schau trügen.
Wenn man die sieben Hauptparticn der Oper nach ihrer Zusammen¬
gehörigkeit gliedert, so gehören Elvira und Leporello zu Don Juan, während
Don Ottcwio und Donna Anna auf der einen, Masetto und Zerlina auf der
andern für sich stehn. Ich habe schon gesagt, daß mir die Elvira des er¬
wähnten Abends die bestbesetzte Rolle schien. Es könnte mich interessieren,
zu erfahren, ob für den Leser wie für mich diese Rolle auch in der besten
Besetzung — die Corbari ist in dieser Rolle wohl schwerlich später über¬
troffen worden — etwas Komisches hat, das weder da Ponte noch Mozart
beabsichtigt zu haben scheinen, oder ob mein Humor in dieser Richtung auf
falscher Fährte ist. Natürlich nehme ich, wie jeder anständige Mensch, prin¬
zipiell für die so schnöde Verlassene und bei ihrem Erscheinen noch schnöder
Behandelte Partei, aber so oft sie, für Don Juan immer zur Unzeit, wie
Frau Kasperle angewachsen kommt und ihren herrlichen Gesangskram auspackt,
muß ich mich gewaltig anstrengen, daß ich nicht, was ja ganz und gar nicht
am Platze wäre, gerade herauslache. ?s,rk rin libro stg-irixg-to, singt Leporello,
der als Böotier meine Gefühle zu teilen scheint. In Dresden kommt sie, wie
auch sonst auf größern Bühnen, in einer Sänfte angereiht und steigt in der
mit malerischem Pflanzengrün bewachsnen Posada ab, deren Balkon für das
abendliche: ^.b, wei, inZwsw vors tragfähig gezimmert ist. Wenn man sich
vorstellt, daß die arme, von Liebessehnsucht durchglühte Dame die Reise von
Burgos nach Sevilla in einer von Sänftenträgern getragnen Sänfte gemacht
hat, so begreift man in der Tat nicht, wie die Ungeduld sie nicht unterwegs
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