Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.Herrenmenschen konnte, wenn es ihm erlaubt worden wäre, sich in Liebe zu verwandeln. Daß Sie vergessen, sagte er, daß Bernauken zur Hälfte Ihrer Frau Mutter ge¬ Baron Bordeaux machte ein verdutztes Gesicht. Aber kaufen Sie das preußische Schlößchen, fuhr Groppoff fort, und ver¬ Ist es denn käuflich? fragte der Baron. Man macht es käuflich. Hier sind zwei Hypotheken. Kaufen Sie sie, kün¬ Baron Bordeaux wurde bedenklich. Kann man denn diese Hypotheken kaufen? Sie hören ja, sie werden Ihnen angeboten. An die erste Hypothek, die in Daß er an die Inhaber der Hypotheken so lange amtliche und nichtamtliche Baron Bordeaux war ebenfalls aufgestanden und lief, den Weg Groppoffs Was wollen Sie? antwortete Groppoff. Heiraten ist auch eine brenzlige Ich meine nicht die Sicherheit des Geldes, fuhr der Baron fort, ich meine -- Wie Sie wollen, sagte Groppoff kalt. Meine Eva ist mein. Daß ich nicht Dein Baron war die Sache sehr fatal. Er hatte das Gefühl, daß er seine Groppoff setzte sich und schrieb einen Vertrag. Der Baron unterschrieb ihn Noch etwas? fragte der Baron. Sie verpflichten sich, sagte Groppoff, ehe ich Ihnen die Hand Evns gebe, in Herrenmenschen konnte, wenn es ihm erlaubt worden wäre, sich in Liebe zu verwandeln. Daß Sie vergessen, sagte er, daß Bernauken zur Hälfte Ihrer Frau Mutter ge¬ Baron Bordeaux machte ein verdutztes Gesicht. Aber kaufen Sie das preußische Schlößchen, fuhr Groppoff fort, und ver¬ Ist es denn käuflich? fragte der Baron. Man macht es käuflich. Hier sind zwei Hypotheken. Kaufen Sie sie, kün¬ Baron Bordeaux wurde bedenklich. Kann man denn diese Hypotheken kaufen? Sie hören ja, sie werden Ihnen angeboten. An die erste Hypothek, die in Daß er an die Inhaber der Hypotheken so lange amtliche und nichtamtliche Baron Bordeaux war ebenfalls aufgestanden und lief, den Weg Groppoffs Was wollen Sie? antwortete Groppoff. Heiraten ist auch eine brenzlige Ich meine nicht die Sicherheit des Geldes, fuhr der Baron fort, ich meine — Wie Sie wollen, sagte Groppoff kalt. Meine Eva ist mein. Daß ich nicht Dein Baron war die Sache sehr fatal. Er hatte das Gefühl, daß er seine Groppoff setzte sich und schrieb einen Vertrag. Der Baron unterschrieb ihn Noch etwas? fragte der Baron. Sie verpflichten sich, sagte Groppoff, ehe ich Ihnen die Hand Evns gebe, in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0628" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/297007"/> <fw type="header" place="top"> Herrenmenschen</fw><lb/> <p xml:id="ID_2901" prev="#ID_2900"> konnte, wenn es ihm erlaubt worden wäre, sich in Liebe zu verwandeln. Daß<lb/> Frau Mary verschwunden war, vielleicht tot, vielleicht geflohen, konnte daran nichts<lb/> ändern. Die ganze Sippschaft mußte getroffen werden. Man mußte ihnen dieses<lb/> preußische Schlößchen entreißen und sie vertreiben wie Fremde, die hier kein Hei¬<lb/> matsrecht erwerben durften. — Wenn Baron Bordeaux Eva heiratete, so bekam<lb/> er ihn und sein großes Vermögen als Bundesgenossen an die Hand. Er konnte<lb/> den großen Schlag führen, zu dem er schon mehrmals ausgehoben hatte, ohne ihn<lb/> tun zu können, er erhielt endlich Genugtuung. Das erfüllte ihn mit wilder Freude<lb/> und unterwarf alle Bedenken und Gegengründe. Eva war sein Kind, es war sein<lb/> Recht, sie daran zu setzen, daß er sein brennend gewünschtes Ziel erreichte, und es<lb/> war ihre Pflicht, sich daran setzen zu lassen. Aber er hütete sich wohl, merken zu<lb/> lassen, was ihn innerlich bewegte.</p><lb/> <p xml:id="ID_2902"> Sie vergessen, sagte er, daß Bernauken zur Hälfte Ihrer Frau Mutter ge¬<lb/> hört. Sind Sie gewiß, daß Ihre Frau Mutter Ihren Teil einer Schwieger¬<lb/> tochter vermacht oder verschreiben läßt, die wenigstens von väterlicher Seite — er<lb/> sprach das mit grimmigem Selbstgefühl aus — nicht ebenbürtig ist?</p><lb/> <p xml:id="ID_2903"> Baron Bordeaux machte ein verdutztes Gesicht.</p><lb/> <p xml:id="ID_2904"> Aber kaufen Sie das preußische Schlößchen, fuhr Groppoff fort, und ver¬<lb/> schreiben Sie es der Eva.</p><lb/> <p xml:id="ID_2905"> Ist es denn käuflich? fragte der Baron.</p><lb/> <p xml:id="ID_2906"> Man macht es käuflich. Hier sind zwei Hypotheken. Kaufen Sie sie, kün¬<lb/> digen Sie sie zur richtigen Zeit, so muß das Gut unter den Hammer kommen,<lb/> und Sie brauchen nur zuzugreifen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2907"> Baron Bordeaux wurde bedenklich. Kann man denn diese Hypotheken kaufen?<lb/> sagte er.</p><lb/> <p xml:id="ID_2908"> Sie hören ja, sie werden Ihnen angeboten. An die erste Hypothek, die in<lb/> den Händen eines Justizrath in Berlin ist, ist nicht anzukommen. Aber diese<lb/> können Sie kaufen. Nehmen Sie sie.</p><lb/> <p xml:id="ID_2909"> Daß er an die Inhaber der Hypotheken so lange amtliche und nichtamtliche<lb/> schlechte Nachrichten über das Gut gesandt hatte, bis sie Angst gekriegt und sich<lb/> bereit erklärt hatten, die Hypotheken abzutreten, verschwieg er.</p><lb/> <p xml:id="ID_2910"> Baron Bordeaux war ebenfalls aufgestanden und lief, den Weg Groppoffs<lb/> kreuzend, im Zimmer umher. Hören Sie, Groppoff, sagte er, die Sache ist mir<lb/> denn doch etwas brenzlig.</p><lb/> <p xml:id="ID_2911"> Was wollen Sie? antwortete Groppoff. Heiraten ist auch eine brenzlige<lb/> Sache. Wenn Sie keinen Mut haben, so lassen Sie es.</p><lb/> <p xml:id="ID_2912"> Ich meine nicht die Sicherheit des Geldes, fuhr der Baron fort, ich meine —<lb/> na, Doktor Namborn ist doch, so weit ich ihn kenne, ein ganz anständiger Mensch.<lb/> Und so einem Menschen hinterrücks einen Strick drehen und ihn, pass! auf die<lb/> Straße setzen samt der Tante und dem kleinen Wolf, das ist denn doch —</p><lb/> <p xml:id="ID_2913"> Wie Sie wollen, sagte Groppoff kalt. Meine Eva ist mein. Daß ich nicht<lb/> Halleluja singen werde, wenn einer wie Sie kommt und sagt, ich will sie haben,<lb/> das können Sie sich denken. Trotzdem will ich sie Ihnen geben. Aber ich ver¬<lb/> lange meinen Preis. Nichts weiter, als daß Sie diese Hypotheken kaufen und mit<lb/> ihrer Hilfe das preußische Schlößchen für Eva erwerben. Das ist für einen Mann<lb/> wie Sie eine Kleinigkeit.</p><lb/> <p xml:id="ID_2914"> Dein Baron war die Sache sehr fatal. Er hatte das Gefühl, daß er seine<lb/> Hand zu einem Handel biete, der nicht schön genannt werden konnte. Aber Eva! —<lb/> Eva! — Heiraten! Den süss loswerden! — Gut, sagte er, ich bins zufrieden.</p><lb/> <p xml:id="ID_2915"> Groppoff setzte sich und schrieb einen Vertrag. Der Baron unterschrieb ihn<lb/> und hielt abermals die Hand hin, aber Groppoff schlug noch immer nicht ein.</p><lb/> <p xml:id="ID_2916"> Noch etwas? fragte der Baron.</p><lb/> <p xml:id="ID_2917"> Sie verpflichten sich, sagte Groppoff, ehe ich Ihnen die Hand Evns gebe, in<lb/> eine Trinkerheilanstalt zu gehn und sich heilen zu lassen.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0628]
Herrenmenschen
konnte, wenn es ihm erlaubt worden wäre, sich in Liebe zu verwandeln. Daß
Frau Mary verschwunden war, vielleicht tot, vielleicht geflohen, konnte daran nichts
ändern. Die ganze Sippschaft mußte getroffen werden. Man mußte ihnen dieses
preußische Schlößchen entreißen und sie vertreiben wie Fremde, die hier kein Hei¬
matsrecht erwerben durften. — Wenn Baron Bordeaux Eva heiratete, so bekam
er ihn und sein großes Vermögen als Bundesgenossen an die Hand. Er konnte
den großen Schlag führen, zu dem er schon mehrmals ausgehoben hatte, ohne ihn
tun zu können, er erhielt endlich Genugtuung. Das erfüllte ihn mit wilder Freude
und unterwarf alle Bedenken und Gegengründe. Eva war sein Kind, es war sein
Recht, sie daran zu setzen, daß er sein brennend gewünschtes Ziel erreichte, und es
war ihre Pflicht, sich daran setzen zu lassen. Aber er hütete sich wohl, merken zu
lassen, was ihn innerlich bewegte.
Sie vergessen, sagte er, daß Bernauken zur Hälfte Ihrer Frau Mutter ge¬
hört. Sind Sie gewiß, daß Ihre Frau Mutter Ihren Teil einer Schwieger¬
tochter vermacht oder verschreiben läßt, die wenigstens von väterlicher Seite — er
sprach das mit grimmigem Selbstgefühl aus — nicht ebenbürtig ist?
Baron Bordeaux machte ein verdutztes Gesicht.
Aber kaufen Sie das preußische Schlößchen, fuhr Groppoff fort, und ver¬
schreiben Sie es der Eva.
Ist es denn käuflich? fragte der Baron.
Man macht es käuflich. Hier sind zwei Hypotheken. Kaufen Sie sie, kün¬
digen Sie sie zur richtigen Zeit, so muß das Gut unter den Hammer kommen,
und Sie brauchen nur zuzugreifen.
Baron Bordeaux wurde bedenklich. Kann man denn diese Hypotheken kaufen?
sagte er.
Sie hören ja, sie werden Ihnen angeboten. An die erste Hypothek, die in
den Händen eines Justizrath in Berlin ist, ist nicht anzukommen. Aber diese
können Sie kaufen. Nehmen Sie sie.
Daß er an die Inhaber der Hypotheken so lange amtliche und nichtamtliche
schlechte Nachrichten über das Gut gesandt hatte, bis sie Angst gekriegt und sich
bereit erklärt hatten, die Hypotheken abzutreten, verschwieg er.
Baron Bordeaux war ebenfalls aufgestanden und lief, den Weg Groppoffs
kreuzend, im Zimmer umher. Hören Sie, Groppoff, sagte er, die Sache ist mir
denn doch etwas brenzlig.
Was wollen Sie? antwortete Groppoff. Heiraten ist auch eine brenzlige
Sache. Wenn Sie keinen Mut haben, so lassen Sie es.
Ich meine nicht die Sicherheit des Geldes, fuhr der Baron fort, ich meine —
na, Doktor Namborn ist doch, so weit ich ihn kenne, ein ganz anständiger Mensch.
Und so einem Menschen hinterrücks einen Strick drehen und ihn, pass! auf die
Straße setzen samt der Tante und dem kleinen Wolf, das ist denn doch —
Wie Sie wollen, sagte Groppoff kalt. Meine Eva ist mein. Daß ich nicht
Halleluja singen werde, wenn einer wie Sie kommt und sagt, ich will sie haben,
das können Sie sich denken. Trotzdem will ich sie Ihnen geben. Aber ich ver¬
lange meinen Preis. Nichts weiter, als daß Sie diese Hypotheken kaufen und mit
ihrer Hilfe das preußische Schlößchen für Eva erwerben. Das ist für einen Mann
wie Sie eine Kleinigkeit.
Dein Baron war die Sache sehr fatal. Er hatte das Gefühl, daß er seine
Hand zu einem Handel biete, der nicht schön genannt werden konnte. Aber Eva! —
Eva! — Heiraten! Den süss loswerden! — Gut, sagte er, ich bins zufrieden.
Groppoff setzte sich und schrieb einen Vertrag. Der Baron unterschrieb ihn
und hielt abermals die Hand hin, aber Groppoff schlug noch immer nicht ein.
Noch etwas? fragte der Baron.
Sie verpflichten sich, sagte Groppoff, ehe ich Ihnen die Hand Evns gebe, in
eine Trinkerheilanstalt zu gehn und sich heilen zu lassen.
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