Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.Afghaniswli Offizieren an einer Speisctafel zusammengetroffen, und mein Begleiter Gebhard Wir hielte" eine kurze Rast. Der Kommandant der Afghanen fragte Die Hitze in der Schlucht war furchtbar, da von oben die Sonne allzu¬ Afghaniswli Offizieren an einer Speisctafel zusammengetroffen, und mein Begleiter Gebhard Wir hielte» eine kurze Rast. Der Kommandant der Afghanen fragte Die Hitze in der Schlucht war furchtbar, da von oben die Sonne allzu¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0588" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/296967"/> <fw type="header" place="top"> Afghaniswli</fw><lb/> <p xml:id="ID_2722" prev="#ID_2721"> Offizieren an einer Speisctafel zusammengetroffen, und mein Begleiter Gebhard<lb/> Fleischer unterhielt sich mit ihnen über verschiedne Schießwaffen, wobei er er¬<lb/> wähnte, daß auch wir einige Stück der neusten Waffen, wie Mauserpistolen,<lb/> mit uns führten. Die Offiziere wurden stutzig, da sie vermutlich in uns, den<lb/> Waffenkundigen, Leute sahen, die nicht in friedlicher Absicht reisten. Vielleicht<lb/> setzten sie auf telegraphischem Wege den General von Lundikhana von unsrer<lb/> Ankunft in Kenntnis. Das Verfahren der Engländer gegen uns läßt sich ohne<lb/> eine solche Annahme sonst kaum erklären.</p><lb/> <p xml:id="ID_2723"> Wir hielte» eine kurze Rast. Der Kommandant der Afghanen fragte<lb/> mich, ob wir an Ort und Stelle über Nacht zu bleiben oder nach Daka weiter<lb/> zu reisen wünschten. Da in der allerdings nicht sehr engen Felsschlucht, in der<lb/> wir uns bewegten, außer einer schmutzigen Höhle kein Ort war, an dem wir<lb/> vor den brennenden Sonnenstrahlen hätten Schutz finden können, gab ich dem<lb/> Befehlshaber zu versteh», daß wir weiter reisen wollten. Dieser war über<lb/> unsern Entschluß erfreut, und wir bestiegen, nachdem ich meine Feldflasche mit<lb/> Wein gefüllt hatte, unsre Pferde. Unser Gepäck wurde rasch etlichen Trag¬<lb/> tieren aufgeladen, und wir setzten unsern Marsch in einem als Straße benützten,<lb/> trocknen Flußbette in der Richtung auf Daka fort. Unsre Bedeckung bestand<lb/> aus acht afghanischen Soldaten zu Pferde und derselben Anzahl zu Fuß, den<lb/> Befehlshaber nicht mit gerechnet. Die Reiter waren mit Karabinern und<lb/> Säbeln, die Fußsoldaten mit Gewehren, vier Mann sogar mit guten Hinter¬<lb/> ladern (Schweizer System), die übrigen vier jedoch mit uralten Steinschlo߬<lb/> flinten bewaffnet. Der Kommandant mahnte zur Eile, und wir ritten so rasch,<lb/> als es die Rücksicht auf die Jnfanteristen erlaubte.</p><lb/> <p xml:id="ID_2724"> Die Hitze in der Schlucht war furchtbar, da von oben die Sonne allzu¬<lb/> freundlich herniederbrannte, und uns von vorn eine wahre Backofenglut ent¬<lb/> gegenwehte. Ich wußte nicht, ob ich mich mit meinem doppelten Schirm gegen<lb/> die sengende Sonne oder gegen diesen Gluthauch schützen sollte. Mein Thermo¬<lb/> meter, das ich in meiner rechten, den Sonnenstrahlen nicht ausgesetzten Rock¬<lb/> tasche verwahrte, zeigte sechzig Grad Celsius über Null. Die Lacksiegel auf<lb/> unsern Koffern schmolzen in dieser Hitze, und in meinem Koffer fand ich später<lb/> Siegellackstangen an den Enden zusammengeklebt. In dieser fürchterlichen Fels¬<lb/> schlucht fanden wir nur einen einzigen kleinen Brunnen, dessen Wasser ich<lb/> nicht trinken konnte, da es zu warm war. Während meine Begleiter an diesem<lb/> Brunnen weilten, ritt ich, von zwei Reitern gefolgt, voraus. Um meinen<lb/> brennenden Durst zu stillen, nahm ich ab und zu. einen kleinen Schluck aus<lb/> meiner Feldflasche, was mich erquickte und stärkte. Ich hatte am Morgen<lb/> dieses Tages nur eine Schale Tee genossen. Bald nachdem die Zurückge¬<lb/> bliebnen uns wieder erreicht hatten, öffnete sich die Schlucht, und wir sahen ein<lb/> breites Tal vor uns liegen, in dessen Mitte liebliches Grün sproßte. Wir<lb/> hatten Daka am Kabulflusse erreicht und begaben uus in das befestigte<lb/> Karawanenlager, wo wir in der Wohnung des Befehlshabers unsrer Be¬<lb/> deckung untergebracht wurden. Der Kommandant wohnt im Sommer mit<lb/> seinem Adjutanten am Kabulflusse, etwa zweihundert Meter vom Karawanen¬<lb/> lager entfernt.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0588]
Afghaniswli
Offizieren an einer Speisctafel zusammengetroffen, und mein Begleiter Gebhard
Fleischer unterhielt sich mit ihnen über verschiedne Schießwaffen, wobei er er¬
wähnte, daß auch wir einige Stück der neusten Waffen, wie Mauserpistolen,
mit uns führten. Die Offiziere wurden stutzig, da sie vermutlich in uns, den
Waffenkundigen, Leute sahen, die nicht in friedlicher Absicht reisten. Vielleicht
setzten sie auf telegraphischem Wege den General von Lundikhana von unsrer
Ankunft in Kenntnis. Das Verfahren der Engländer gegen uns läßt sich ohne
eine solche Annahme sonst kaum erklären.
Wir hielte» eine kurze Rast. Der Kommandant der Afghanen fragte
mich, ob wir an Ort und Stelle über Nacht zu bleiben oder nach Daka weiter
zu reisen wünschten. Da in der allerdings nicht sehr engen Felsschlucht, in der
wir uns bewegten, außer einer schmutzigen Höhle kein Ort war, an dem wir
vor den brennenden Sonnenstrahlen hätten Schutz finden können, gab ich dem
Befehlshaber zu versteh», daß wir weiter reisen wollten. Dieser war über
unsern Entschluß erfreut, und wir bestiegen, nachdem ich meine Feldflasche mit
Wein gefüllt hatte, unsre Pferde. Unser Gepäck wurde rasch etlichen Trag¬
tieren aufgeladen, und wir setzten unsern Marsch in einem als Straße benützten,
trocknen Flußbette in der Richtung auf Daka fort. Unsre Bedeckung bestand
aus acht afghanischen Soldaten zu Pferde und derselben Anzahl zu Fuß, den
Befehlshaber nicht mit gerechnet. Die Reiter waren mit Karabinern und
Säbeln, die Fußsoldaten mit Gewehren, vier Mann sogar mit guten Hinter¬
ladern (Schweizer System), die übrigen vier jedoch mit uralten Steinschlo߬
flinten bewaffnet. Der Kommandant mahnte zur Eile, und wir ritten so rasch,
als es die Rücksicht auf die Jnfanteristen erlaubte.
Die Hitze in der Schlucht war furchtbar, da von oben die Sonne allzu¬
freundlich herniederbrannte, und uns von vorn eine wahre Backofenglut ent¬
gegenwehte. Ich wußte nicht, ob ich mich mit meinem doppelten Schirm gegen
die sengende Sonne oder gegen diesen Gluthauch schützen sollte. Mein Thermo¬
meter, das ich in meiner rechten, den Sonnenstrahlen nicht ausgesetzten Rock¬
tasche verwahrte, zeigte sechzig Grad Celsius über Null. Die Lacksiegel auf
unsern Koffern schmolzen in dieser Hitze, und in meinem Koffer fand ich später
Siegellackstangen an den Enden zusammengeklebt. In dieser fürchterlichen Fels¬
schlucht fanden wir nur einen einzigen kleinen Brunnen, dessen Wasser ich
nicht trinken konnte, da es zu warm war. Während meine Begleiter an diesem
Brunnen weilten, ritt ich, von zwei Reitern gefolgt, voraus. Um meinen
brennenden Durst zu stillen, nahm ich ab und zu. einen kleinen Schluck aus
meiner Feldflasche, was mich erquickte und stärkte. Ich hatte am Morgen
dieses Tages nur eine Schale Tee genossen. Bald nachdem die Zurückge¬
bliebnen uns wieder erreicht hatten, öffnete sich die Schlucht, und wir sahen ein
breites Tal vor uns liegen, in dessen Mitte liebliches Grün sproßte. Wir
hatten Daka am Kabulflusse erreicht und begaben uus in das befestigte
Karawanenlager, wo wir in der Wohnung des Befehlshabers unsrer Be¬
deckung untergebracht wurden. Der Kommandant wohnt im Sommer mit
seinem Adjutanten am Kabulflusse, etwa zweihundert Meter vom Karawanen¬
lager entfernt.
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