Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.Herremnc"schen errötete, doch mehr mis Unwillen als aus Herzbewegung, und grüßte ernst und Fräulein Eva, sagte Namborn, als man sich dem Graben näherte, jetzt würde Warum? fragte Eva. Es macht mir Vergnügen, zuzuschauen. Aber vielleicht wünschen andre Leute, daß Sie nicht bei der Affäre sein möchten. Andre Leute! Was gehn mich andre Leute an! Tun Sie es mir zuliebe, sagte der Doktor. Eva sah den Doktor mit großen Augen an und lachte, wie über etwas Für mich nicht, erwiderte der Doktor, aber für Sie. Eva, ich spiele mit Bin ich denn unbeteiligt? rief Eva. Sie wissen doch, daß ich auf Ihrer Den Doktor freute dieses Wort. Um so weniger, sagte er, dürfen Sie ohne Not Ich hatte mich so gefreut, antwortete Eva traurig, auch etwas dazu tun zu Das können Sie am besten, sagte der Doktor, wenn Sie auf die Frage: Eva schmollte und jagte dcwou, in den dünn bestandnen Forst hinein. Als Nun wurden die Neisigwellcn abgeladen und in den Graben geworfen, und Groppoff sagte kein Wort. Desselben Tages brachte Pasch ein Strafmandat Der Doktor wunderte sich über das Verhalten der Herren. Er erinnerte sich Herremnc»schen errötete, doch mehr mis Unwillen als aus Herzbewegung, und grüßte ernst und Fräulein Eva, sagte Namborn, als man sich dem Graben näherte, jetzt würde Warum? fragte Eva. Es macht mir Vergnügen, zuzuschauen. Aber vielleicht wünschen andre Leute, daß Sie nicht bei der Affäre sein möchten. Andre Leute! Was gehn mich andre Leute an! Tun Sie es mir zuliebe, sagte der Doktor. Eva sah den Doktor mit großen Augen an und lachte, wie über etwas Für mich nicht, erwiderte der Doktor, aber für Sie. Eva, ich spiele mit Bin ich denn unbeteiligt? rief Eva. Sie wissen doch, daß ich auf Ihrer Den Doktor freute dieses Wort. Um so weniger, sagte er, dürfen Sie ohne Not Ich hatte mich so gefreut, antwortete Eva traurig, auch etwas dazu tun zu Das können Sie am besten, sagte der Doktor, wenn Sie auf die Frage: Eva schmollte und jagte dcwou, in den dünn bestandnen Forst hinein. Als Nun wurden die Neisigwellcn abgeladen und in den Graben geworfen, und Groppoff sagte kein Wort. Desselben Tages brachte Pasch ein Strafmandat Der Doktor wunderte sich über das Verhalten der Herren. Er erinnerte sich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0562" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/296941"/> <fw type="header" place="top"> Herremnc»schen</fw><lb/> <p xml:id="ID_2588" prev="#ID_2587"> errötete, doch mehr mis Unwillen als aus Herzbewegung, und grüßte ernst und<lb/> abweisend.</p><lb/> <p xml:id="ID_2589"> Fräulein Eva, sagte Namborn, als man sich dem Graben näherte, jetzt würde<lb/> ich an Ihrer Stelle wegreiten.</p><lb/> <p xml:id="ID_2590"> Warum? fragte Eva. Es macht mir Vergnügen, zuzuschauen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2591"> Aber vielleicht wünschen andre Leute, daß Sie nicht bei der Affäre sein möchten.</p><lb/> <p xml:id="ID_2592"> Andre Leute! Was gehn mich andre Leute an!</p><lb/> <p xml:id="ID_2593"> Tun Sie es mir zuliebe, sagte der Doktor.</p><lb/> <p xml:id="ID_2594"> Eva sah den Doktor mit großen Augen an und lachte, wie über etwas<lb/> Komisches, dessen Sinn sie nicht recht verstand. — Fürchten Sie sich? fragte sie.</p><lb/> <p xml:id="ID_2595"> Für mich nicht, erwiderte der Doktor, aber für Sie. Eva, ich spiele mit<lb/> Ihrem Vater eine Partie Existenz, die ernster ist, als Sie glauben. Es wird<lb/> scharf geschossen von beiden Seiten. Da darf sich ein Unbeteiligter nicht in die<lb/> Mitte stellen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2596"> Bin ich denn unbeteiligt? rief Eva. Sie wissen doch, daß ich auf Ihrer<lb/> Seite stehe.</p><lb/> <p xml:id="ID_2597"> Den Doktor freute dieses Wort. Um so weniger, sagte er, dürfen Sie ohne Not<lb/> aus der Deckung treten. Der Feind ist Ihr Vater. Reiten Sie weg, ich bitte Sie.</p><lb/> <p xml:id="ID_2598"> Ich hatte mich so gefreut, antwortete Eva traurig, auch etwas dazu tun zu<lb/> könne«, das Schlößchen zu verteidigen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2599"> Das können Sie am besten, sagte der Doktor, wenn Sie auf die Frage:<lb/> Was ist geschehen? antworten können: Ich war nicht dabei, ich weiß es nicht.</p><lb/> <p xml:id="ID_2600"> Eva schmollte und jagte dcwou, in den dünn bestandnen Forst hinein. Als<lb/> der Wagenzug an dein Graben anlangte, sah man Eva in der Ferne anf ihren«<lb/> Pferde halten und zuschauen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2601"> Nun wurden die Neisigwellcn abgeladen und in den Graben geworfen, und<lb/> mit Hurra und Ziuko ging es hinüber. Als die Wagen am andern Tage wieder<lb/> von Peletken zurückgekommen waren, und die Wellen wieder aufgeladen und zurück¬<lb/> gebracht waren, hätte kein Mensch gewußt, was geschehen war, wenn nicht die<lb/> Radspuren und abgebrochne Zweige auf dem Grunde des Grabens geredet hätten.<lb/> Groppvff wandte sich an die richtige Quelle, als er seine Eva ins Verhör nahm.<lb/> Eva war viel zu stolz, zu leugnen, und erzählte mit lachender Genugtuung, was<lb/> geschehen war.</p><lb/> <p xml:id="ID_2602"> Groppoff sagte kein Wort. Desselben Tages brachte Pasch ein Strafmandat<lb/> von sechs Mark. Namborn zahlte unter Protest und richtete eine Beschwerde über<lb/> die widerrechtliche Aufhebung eines öffentlichen Weges an die Fvrstbchörde. Die<lb/> Forstbehörde hatte keine Eile. Endlich kam mit dem Regierungsdampfer ein „Ge¬<lb/> heimer Ober" von der Negierung an, vor dem der stolze Groppoff tiefe Bück¬<lb/> linge machte. In seiner Begleitung war ein Sekretär, der Karten aufrollte und<lb/> Protokolle schrieb, und ein Forstassessor, der mit Vorliebe seine Stiefelspitzcn be¬<lb/> schaute. Diese Kommission begab sich an den Tatort zu einer Lokalbesichtigung.<lb/> Groppoff bewahrte eine korrekte Haltung und gab kühle und sachliche Nutworteu,<lb/> als gehe ihn die Sache nichts an, und Namborn wurde als Angeklagter behandelt,<lb/> der an der unbequemen Reise und dem schlechten Wetter schuld war, und der als<lb/> unbekannter Mensch und Querulant überhaupt keine Existenzberechtigung hatte. Als<lb/> jedoch der Fvrstassessor, der das Wort „Doktor" gleichsam mit Gänsefüßchen aus¬<lb/> sprach, eine Andeutung auf Leute machte, die mit dem Staatsanwalt Bekanntschaft<lb/> hätten, erhielt er vom Doktor eine so scharfe Zurückweisung, daß der „Geheime<lb/> Ober" schleunigst dazwischen springen mußte, um einem Zusammenstoß vorzubeugen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2603"> Der Doktor wunderte sich über das Verhalten der Herren. Er erinnerte sich<lb/> an die kühle und ablehnende Haltung, die auch Herr Pastor Peternellc gegen ihn<lb/> eingenommen hatte. Es war geschehen, als der Herr Pastor von Groppoff kam.<lb/> Sollte dieser Groppoff neben seinen andern schönen Eigenschaften auch die des<lb/> Verleumders haben? Ein Zeichen von Größe wäre dies nnn freilich nicht gewesen.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0562]
Herremnc»schen
errötete, doch mehr mis Unwillen als aus Herzbewegung, und grüßte ernst und
abweisend.
Fräulein Eva, sagte Namborn, als man sich dem Graben näherte, jetzt würde
ich an Ihrer Stelle wegreiten.
Warum? fragte Eva. Es macht mir Vergnügen, zuzuschauen.
Aber vielleicht wünschen andre Leute, daß Sie nicht bei der Affäre sein möchten.
Andre Leute! Was gehn mich andre Leute an!
Tun Sie es mir zuliebe, sagte der Doktor.
Eva sah den Doktor mit großen Augen an und lachte, wie über etwas
Komisches, dessen Sinn sie nicht recht verstand. — Fürchten Sie sich? fragte sie.
Für mich nicht, erwiderte der Doktor, aber für Sie. Eva, ich spiele mit
Ihrem Vater eine Partie Existenz, die ernster ist, als Sie glauben. Es wird
scharf geschossen von beiden Seiten. Da darf sich ein Unbeteiligter nicht in die
Mitte stellen.
Bin ich denn unbeteiligt? rief Eva. Sie wissen doch, daß ich auf Ihrer
Seite stehe.
Den Doktor freute dieses Wort. Um so weniger, sagte er, dürfen Sie ohne Not
aus der Deckung treten. Der Feind ist Ihr Vater. Reiten Sie weg, ich bitte Sie.
Ich hatte mich so gefreut, antwortete Eva traurig, auch etwas dazu tun zu
könne«, das Schlößchen zu verteidigen.
Das können Sie am besten, sagte der Doktor, wenn Sie auf die Frage:
Was ist geschehen? antworten können: Ich war nicht dabei, ich weiß es nicht.
Eva schmollte und jagte dcwou, in den dünn bestandnen Forst hinein. Als
der Wagenzug an dein Graben anlangte, sah man Eva in der Ferne anf ihren«
Pferde halten und zuschauen.
Nun wurden die Neisigwellcn abgeladen und in den Graben geworfen, und
mit Hurra und Ziuko ging es hinüber. Als die Wagen am andern Tage wieder
von Peletken zurückgekommen waren, und die Wellen wieder aufgeladen und zurück¬
gebracht waren, hätte kein Mensch gewußt, was geschehen war, wenn nicht die
Radspuren und abgebrochne Zweige auf dem Grunde des Grabens geredet hätten.
Groppvff wandte sich an die richtige Quelle, als er seine Eva ins Verhör nahm.
Eva war viel zu stolz, zu leugnen, und erzählte mit lachender Genugtuung, was
geschehen war.
Groppoff sagte kein Wort. Desselben Tages brachte Pasch ein Strafmandat
von sechs Mark. Namborn zahlte unter Protest und richtete eine Beschwerde über
die widerrechtliche Aufhebung eines öffentlichen Weges an die Fvrstbchörde. Die
Forstbehörde hatte keine Eile. Endlich kam mit dem Regierungsdampfer ein „Ge¬
heimer Ober" von der Negierung an, vor dem der stolze Groppoff tiefe Bück¬
linge machte. In seiner Begleitung war ein Sekretär, der Karten aufrollte und
Protokolle schrieb, und ein Forstassessor, der mit Vorliebe seine Stiefelspitzcn be¬
schaute. Diese Kommission begab sich an den Tatort zu einer Lokalbesichtigung.
Groppoff bewahrte eine korrekte Haltung und gab kühle und sachliche Nutworteu,
als gehe ihn die Sache nichts an, und Namborn wurde als Angeklagter behandelt,
der an der unbequemen Reise und dem schlechten Wetter schuld war, und der als
unbekannter Mensch und Querulant überhaupt keine Existenzberechtigung hatte. Als
jedoch der Fvrstassessor, der das Wort „Doktor" gleichsam mit Gänsefüßchen aus¬
sprach, eine Andeutung auf Leute machte, die mit dem Staatsanwalt Bekanntschaft
hätten, erhielt er vom Doktor eine so scharfe Zurückweisung, daß der „Geheime
Ober" schleunigst dazwischen springen mußte, um einem Zusammenstoß vorzubeugen.
Der Doktor wunderte sich über das Verhalten der Herren. Er erinnerte sich
an die kühle und ablehnende Haltung, die auch Herr Pastor Peternellc gegen ihn
eingenommen hatte. Es war geschehen, als der Herr Pastor von Groppoff kam.
Sollte dieser Groppoff neben seinen andern schönen Eigenschaften auch die des
Verleumders haben? Ein Zeichen von Größe wäre dies nnn freilich nicht gewesen.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |