Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.Die Annäherung Deutschlands und der vereinigten Staaten Die Angliederung der zwischen den Vereinigten Staaten und dem Panama¬ Großbritannien nimmt in seiner Presse das Recht für sich in Anspruch, Die Beziehungen der Vereinigten Staaten zu Rußland waren seit dem Die Annäherung Deutschlands und der vereinigten Staaten Die Angliederung der zwischen den Vereinigten Staaten und dem Panama¬ Großbritannien nimmt in seiner Presse das Recht für sich in Anspruch, Die Beziehungen der Vereinigten Staaten zu Rußland waren seit dem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0468" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/296847"/> <fw type="header" place="top"> Die Annäherung Deutschlands und der vereinigten Staaten</fw><lb/> <p xml:id="ID_2146"> Die Angliederung der zwischen den Vereinigten Staaten und dem Panama¬<lb/> kanal liegenden Länder sowie Kubas, Hallis, Venezuelas und der Domini¬<lb/> kanischen Republik wird wahrscheinlich ohne nennenswerte Schwierigkeiten vor<lb/> sich gehn können, aber eine politische oder wirtschaftliche Vorherrschaft der<lb/> Union in Brasilien, in den La-Plata-Staaten und in Chile wird nur dann<lb/> möglich sein, wenn sich die Vereinigten Staaten mit einer Weltmacht ver¬<lb/> bünden, oder wenn die europäischen Nationen andauernd uneinig bleiben.<lb/> Sonst würde jetzt schon der Widerspruch einer Weltmacht bei Neutralität der<lb/> andern ausreichen, die Vereinigten Staaten zum Verzicht auf die Anwendung<lb/> des Koosövslt LorollM/ auf die zuletzt genannten Staaten zu zwingen. Es<lb/> wird also von ausschlaggebender Bedeutung sein, wie sich das Verhältnis<lb/> der europäischen Weltmächte unter sich und zu den Vereinigten Staaten ge¬<lb/> stalten wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_2147"> Großbritannien nimmt in seiner Presse das Recht für sich in Anspruch,<lb/> als natürlicher Bundesgenosse der abtrünnigen Tochter zu gelten. Politisch<lb/> sind die Engländer ja auch unleugbar immer sehr zuvorkommend gegen ihre<lb/> „Blutsverwandten" gewesen. Ihre wohlwollende Haltung bei Gelegenheit<lb/> des spanisch-amerikanischen Krieges, ihr Verzicht auf den Clayton-Bulwer-Ver-<lb/> trag, ihre Zustimmung zu der für sie so ungünstigen Alaska-Grenzregulierung<lb/> sind Konzessionen, die die Amerikaner erfreut eingestrichen haben, die aber<lb/> doch nicht so von ihnen gewürdigt werden, wie die Engländer es wohl<lb/> wünschten, weil die von der Schulzeit her haftenden Erinnerungen an den<lb/> Unabhängigkeitskrieg und den Krieg von 1812 den Glauben an die britische<lb/> Uneigennützigkeit nicht aufkommen lassen, und weil die Furcht Englands vor<lb/> dem Verlust Kanadas nur zu bekannt ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_2148" next="#ID_2149"> Die Beziehungen der Vereinigten Staaten zu Rußland waren seit dem<lb/> Ankauf der russischen Kolonien immer herzlich gewesen. Darin ist erst seit<lb/> dem Ausbruch des japanischen Krieges ein jäher Wechsel eingetreten. Die<lb/> öffentliche Meinung hat mit seltner Einmütigkeit für die Japaner Partei er¬<lb/> griffen. Aber die Tage, wo man in der amerikanischen Presse von einer<lb/> LS.orsä Mission Japans sprach und triumphierend verkündete: ^ÄpM is L^ntinA<lb/> our l)g.tels sind längst vorbei, und heute erwägt man dafür in nüchterner<lb/> Weise die Konsequenzen, die ein definitiver Sieg Japans für die Philippinen<lb/> und für Hawai haben könnte, das schon fast eine japanische Kolonie war,<lb/> als die Amerikaner davon Besitz ergriffen. Wenn man auch den Kassandraruf<lb/> des Mr. Hull im Repräsentantenhaus^ Japan würde nach der Niederwerfung<lb/> Rußlands die Doktrin „Asien für die Asiaten" aufstellen und die Philippinen<lb/> okkupieren, für übertrieben halten muß, da Japan auch nach einem siegreich<lb/> beendeten Kriege viel zu sehr geschwächt sein würde, als daß es nun sofort<lb/> auch gegen andre Weltmächte aggressiv werden könnte, so kann man doch nicht<lb/> leugnen, daß die Vereinigten Staaten unbedingt verhindern müssen, daß Ru߬<lb/> land ganz als pazifische Macht beseitigt würde, und die Japaner dann mit<lb/> den Briten im Bunde dort aller Welt ihren Willen aufzwingen könnten. Eng¬<lb/> land würde es vielleicht erleben, daß ihm bei einer etwaigen Erneuerung seines<lb/> mit Japan am 30. Januar 1902 mit einjähriger Kündigungsfrist abgeschlossenen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0468]
Die Annäherung Deutschlands und der vereinigten Staaten
Die Angliederung der zwischen den Vereinigten Staaten und dem Panama¬
kanal liegenden Länder sowie Kubas, Hallis, Venezuelas und der Domini¬
kanischen Republik wird wahrscheinlich ohne nennenswerte Schwierigkeiten vor
sich gehn können, aber eine politische oder wirtschaftliche Vorherrschaft der
Union in Brasilien, in den La-Plata-Staaten und in Chile wird nur dann
möglich sein, wenn sich die Vereinigten Staaten mit einer Weltmacht ver¬
bünden, oder wenn die europäischen Nationen andauernd uneinig bleiben.
Sonst würde jetzt schon der Widerspruch einer Weltmacht bei Neutralität der
andern ausreichen, die Vereinigten Staaten zum Verzicht auf die Anwendung
des Koosövslt LorollM/ auf die zuletzt genannten Staaten zu zwingen. Es
wird also von ausschlaggebender Bedeutung sein, wie sich das Verhältnis
der europäischen Weltmächte unter sich und zu den Vereinigten Staaten ge¬
stalten wird.
Großbritannien nimmt in seiner Presse das Recht für sich in Anspruch,
als natürlicher Bundesgenosse der abtrünnigen Tochter zu gelten. Politisch
sind die Engländer ja auch unleugbar immer sehr zuvorkommend gegen ihre
„Blutsverwandten" gewesen. Ihre wohlwollende Haltung bei Gelegenheit
des spanisch-amerikanischen Krieges, ihr Verzicht auf den Clayton-Bulwer-Ver-
trag, ihre Zustimmung zu der für sie so ungünstigen Alaska-Grenzregulierung
sind Konzessionen, die die Amerikaner erfreut eingestrichen haben, die aber
doch nicht so von ihnen gewürdigt werden, wie die Engländer es wohl
wünschten, weil die von der Schulzeit her haftenden Erinnerungen an den
Unabhängigkeitskrieg und den Krieg von 1812 den Glauben an die britische
Uneigennützigkeit nicht aufkommen lassen, und weil die Furcht Englands vor
dem Verlust Kanadas nur zu bekannt ist.
Die Beziehungen der Vereinigten Staaten zu Rußland waren seit dem
Ankauf der russischen Kolonien immer herzlich gewesen. Darin ist erst seit
dem Ausbruch des japanischen Krieges ein jäher Wechsel eingetreten. Die
öffentliche Meinung hat mit seltner Einmütigkeit für die Japaner Partei er¬
griffen. Aber die Tage, wo man in der amerikanischen Presse von einer
LS.orsä Mission Japans sprach und triumphierend verkündete: ^ÄpM is L^ntinA
our l)g.tels sind längst vorbei, und heute erwägt man dafür in nüchterner
Weise die Konsequenzen, die ein definitiver Sieg Japans für die Philippinen
und für Hawai haben könnte, das schon fast eine japanische Kolonie war,
als die Amerikaner davon Besitz ergriffen. Wenn man auch den Kassandraruf
des Mr. Hull im Repräsentantenhaus^ Japan würde nach der Niederwerfung
Rußlands die Doktrin „Asien für die Asiaten" aufstellen und die Philippinen
okkupieren, für übertrieben halten muß, da Japan auch nach einem siegreich
beendeten Kriege viel zu sehr geschwächt sein würde, als daß es nun sofort
auch gegen andre Weltmächte aggressiv werden könnte, so kann man doch nicht
leugnen, daß die Vereinigten Staaten unbedingt verhindern müssen, daß Ru߬
land ganz als pazifische Macht beseitigt würde, und die Japaner dann mit
den Briten im Bunde dort aller Welt ihren Willen aufzwingen könnten. Eng¬
land würde es vielleicht erleben, daß ihm bei einer etwaigen Erneuerung seines
mit Japan am 30. Januar 1902 mit einjähriger Kündigungsfrist abgeschlossenen
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |