Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.Lin Familienbild aus der Zeit des großen Krieges bei der Armee berichtet er von einem bei der Kompagnie, "der die Fortification Des Sohnes "unaufhörliches Geldpredigen" verstimmt den Vater um so Lin Familienbild aus der Zeit des großen Krieges bei der Armee berichtet er von einem bei der Kompagnie, „der die Fortification Des Sohnes „unaufhörliches Geldpredigen" verstimmt den Vater um so <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0046" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/297178"/> <fw type="header" place="top"> Lin Familienbild aus der Zeit des großen Krieges</fw><lb/> <p xml:id="ID_79" prev="#ID_78"> bei der Armee berichtet er von einem bei der Kompagnie, „der die Fortification<lb/> versteht und ihm die vornehmsten prinvipis. zeigt." Auch hofft er ganz naiv,<lb/> „daß ich mit einer reichen spolie von 10000 Ducaten nach Hauß kommen<lb/> möchte, tönte ich dann wohl mit ein schmutzigen (d. i. verschmitzten) maul zum<lb/> fenster rauß gucken." Dabei der damaligen Art der Kriegführung die Winter¬<lb/> quartiere der Erholung der Truppen dienten, ermahnt ihn der umsichtige<lb/> Vater, sich an einen Ort weisen zu lassen, wo er „neben der französischen<lb/> Sprache die Fortification begreifen möge," und warnt vor böser Gesellschaft,<lb/> „deren es bei dieser xroiLKsion leider nur zu viele giebt." Die Berechtigung<lb/> dieser Warnung erweisen die unaufhörlichen Geldforderungen des Sohnes.<lb/> Bald macht ihn der Vater aufmerksam, daß „andere ehrliche Soldaten ihre<lb/> Gage nicht auf Branntwein und lÄdaeo sondern auf ihren völligen Unterhalt<lb/> verwenden." Wir werden uns dabei erinnern, daß das Rauchen erst durch<lb/> englische Hilfstruppen des böhmischen Winterkönigs in Holland und Deutsch¬<lb/> land eingeführt worden und dem ehrbaren Bürger noch lange als soldatische<lb/> Renommisterei ein Greuel war. Ein Zeitlied läßt die Soldaten singen:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_3" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_80" next="#ID_81"> Des Sohnes „unaufhörliches Geldpredigen" verstimmt den Vater um so<lb/> mehr, als er bei den schlimmen Zeiten selber mit Schwierigkeiten zu kämpfen<lb/> hat. „Deinen Bettelbrief hat Dein Bruder empfangen, auch seine Bettel¬<lb/> kommission bei mir abgelegt, habe aber diese zwanzig Thaler bei hiesiger<lb/> Losungstube erst selbsten betteln müssen" — heißt es einmal. Als die väter¬<lb/> lichen Anweisungen an den Bankier nicht mehr ausreichen, nimmt der Sohn<lb/> auf eigne Faust Geld auf zur Entrüstung des Vaters, der wiederholt seine<lb/> Hand von ihm abzuziehn droht. Den Vorwürfen begegnet Hans Jakob mit<lb/> wortreichen Phrasen, die bald bombastisch, bald klüglich sind, auch eines reichlich<lb/> frömmlerischen Einschlags nicht entbehren. „Und weilen ich dan künftig nicht<lb/> das geringste mehr auß Meinen Vatterland zu hoffen, also bin ich gezwungen,<lb/> meine fachen so anzustellen, sie mögen nun ihren Ausgang wie der liebe Gott<lb/> will gewinnen, bin derhcilbcn gänzlichen rssolvirt,, auf eheste ovo^iov. mich also<lb/> zu erzeigen, entweder meines Wolverhaltens halber g-vansirt zu werden oder<lb/> den Kopf zu lassen, dan ich halte dafür, daß es besser sey, ehrlich und mit<lb/> Ruhm gestorben als schändlich und in Armuth gelebet. Doch hab ich allezeit<lb/> das Vertrauen zu Meinen Gott, daß er zu allen Meinen Vorhaben seinen<lb/> segen geben wird und habe die güte Gottes dieses Jahr augenscheinlich an<lb/> mir verspüret, daß ich nicht allein in so vieler Gefahr zu Wasser alß vor<lb/> meinen feindt vermittelst derselben bin behütet worden, sondern all mein Vor¬<lb/> nehmen war so gesegnet, daß alles was ich gethan und vorgenommen nach<lb/> meines Hertzen Wunsch erfolget ist. Darum und weil ich den Segen des<lb/> Herren an mir verspüre, so fasse ich Muth und glaube gewiß, daß mir das<lb/> Glück noch in Kurtzen also tavorisirsn. wird, daß ich den Herrn Vattern der<lb/> Unkosten allerdings befreyen und noch wohl die auf mich gewandte Lo.lo.vo8<lb/> wider rsstiwiren möge. Weilen ihr demnach mir anjezo wor wegen des</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0046]
Lin Familienbild aus der Zeit des großen Krieges
bei der Armee berichtet er von einem bei der Kompagnie, „der die Fortification
versteht und ihm die vornehmsten prinvipis. zeigt." Auch hofft er ganz naiv,
„daß ich mit einer reichen spolie von 10000 Ducaten nach Hauß kommen
möchte, tönte ich dann wohl mit ein schmutzigen (d. i. verschmitzten) maul zum
fenster rauß gucken." Dabei der damaligen Art der Kriegführung die Winter¬
quartiere der Erholung der Truppen dienten, ermahnt ihn der umsichtige
Vater, sich an einen Ort weisen zu lassen, wo er „neben der französischen
Sprache die Fortification begreifen möge," und warnt vor böser Gesellschaft,
„deren es bei dieser xroiLKsion leider nur zu viele giebt." Die Berechtigung
dieser Warnung erweisen die unaufhörlichen Geldforderungen des Sohnes.
Bald macht ihn der Vater aufmerksam, daß „andere ehrliche Soldaten ihre
Gage nicht auf Branntwein und lÄdaeo sondern auf ihren völligen Unterhalt
verwenden." Wir werden uns dabei erinnern, daß das Rauchen erst durch
englische Hilfstruppen des böhmischen Winterkönigs in Holland und Deutsch¬
land eingeführt worden und dem ehrbaren Bürger noch lange als soldatische
Renommisterei ein Greuel war. Ein Zeitlied läßt die Soldaten singen:
Des Sohnes „unaufhörliches Geldpredigen" verstimmt den Vater um so
mehr, als er bei den schlimmen Zeiten selber mit Schwierigkeiten zu kämpfen
hat. „Deinen Bettelbrief hat Dein Bruder empfangen, auch seine Bettel¬
kommission bei mir abgelegt, habe aber diese zwanzig Thaler bei hiesiger
Losungstube erst selbsten betteln müssen" — heißt es einmal. Als die väter¬
lichen Anweisungen an den Bankier nicht mehr ausreichen, nimmt der Sohn
auf eigne Faust Geld auf zur Entrüstung des Vaters, der wiederholt seine
Hand von ihm abzuziehn droht. Den Vorwürfen begegnet Hans Jakob mit
wortreichen Phrasen, die bald bombastisch, bald klüglich sind, auch eines reichlich
frömmlerischen Einschlags nicht entbehren. „Und weilen ich dan künftig nicht
das geringste mehr auß Meinen Vatterland zu hoffen, also bin ich gezwungen,
meine fachen so anzustellen, sie mögen nun ihren Ausgang wie der liebe Gott
will gewinnen, bin derhcilbcn gänzlichen rssolvirt,, auf eheste ovo^iov. mich also
zu erzeigen, entweder meines Wolverhaltens halber g-vansirt zu werden oder
den Kopf zu lassen, dan ich halte dafür, daß es besser sey, ehrlich und mit
Ruhm gestorben als schändlich und in Armuth gelebet. Doch hab ich allezeit
das Vertrauen zu Meinen Gott, daß er zu allen Meinen Vorhaben seinen
segen geben wird und habe die güte Gottes dieses Jahr augenscheinlich an
mir verspüret, daß ich nicht allein in so vieler Gefahr zu Wasser alß vor
meinen feindt vermittelst derselben bin behütet worden, sondern all mein Vor¬
nehmen war so gesegnet, daß alles was ich gethan und vorgenommen nach
meines Hertzen Wunsch erfolget ist. Darum und weil ich den Segen des
Herren an mir verspüre, so fasse ich Muth und glaube gewiß, daß mir das
Glück noch in Kurtzen also tavorisirsn. wird, daß ich den Herrn Vattern der
Unkosten allerdings befreyen und noch wohl die auf mich gewandte Lo.lo.vo8
wider rsstiwiren möge. Weilen ihr demnach mir anjezo wor wegen des
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