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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.

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Herrenmenschen

werden sollen. Diese Arbeitseinstellung geschah wie auf Verabredung, was auch
wirklich der Fall sein konnte, oder wie auf höher" Befehl, was auch der Fall sein
konnte. Und es lag nicht allzu fern, dabei an Hoheit zu denken, der für die Mi߬
achtung seines Befehls, den Wald anlangend, Revanche nahm. Natürlich nicht in der
Weise, daß er den obrigkeitlichen Befehl ausgegeben hätte, den preußischen Hof zu
boycottieren, sondern so, daß er durch seine Vertrauenspersonen die Meinung ver¬
breiten ließ, es sei eine Schande, einen offnen Hof einzuschließen und Schlösser
an die Türen zu legen. Das sei in Tapnicken niemals Mode gewesen -- außer
auf dem Amte. Es sei eine Beleidigung für die Arbeiter und komme so heraus,
als ob sie alle mausten -- was übrigens auch der Fall war. Und sie brauchten
sich das nicht gefallen zu lassen, und niemand würde ihnen etwas tun dürfen,
wenn sie davon gingen. Und den windige" Doktor und seinen Grobian von
Inspektor werde man schon klein kriegen.

Der Doktor und der Inspektor verstanden gut genug, daß man in Absicht
habe, das Gut in aller Form zu boycottieren und wenn möglich zugrunde zu
richten. Darauf konnte es keine andre Antwort geben als die, daß man alles
daran setzte, den Betrieb auch ohne Tapnicken im Gange zu erhalten, solange bis
man von auswärts Arbeitskräfte herangezogen hatte. Wäre es Sommer gewesen,
so hätte man wenig Schwierigkeit gehabt, man hätte das Vieh auf die Weide ge¬
trieben, wobei ein paar alte Weiber genügt hätten; aber jetzt niußte das Vieh im
Stalle gefüttert werden, und es war hohe Zeit, daß Roggen und Weizen unter
die Erde kamen. Der Inspektor zog mit der Drillmaschine und Marike, die die
Pferde führen mußte, auf den Acker, und der Doktor und Tauenden übernahmen
den Hof, Tauenden die Kühe, der Doktor die Pferde und das Jungvieh, und die
alte Lore die Schweine. Daß sein Hofknechtdienst dem Doktor besondre Freude
gemacht hätte, läßt sich nicht behaupten. Desto mehr Vergnügen machte es Eva,
als sie dazu kam und sah, wie Doktor Heinz Ramborn in die Stalljacke gekleidet
den Pferden Heu auf die Raufe steckte. Sie lachte so hell auf, daß die Pferde die
Köpfe umwandten, als wollten sie fragen, was ist denn los?

Wie gefällt Ihnen das, Doktor? fragte sie. Ich meinerseits halte auf ein
Bund Heu große Stücke. Es ist wenigstens kein Tropfen Tinte daran, und das
ist immer schon etwas. Und weg war sie.

Bald darauf fand sie der Doktor im Kuhstall, wie sie der Tante half, die
Kühe zu melken. -- Aber Fräulein Eva, rief er, melken Walküren die Kühe?

Nein, aber ihre Pferde füttern sie, entgegnete Eva, was Sie eben auch getan
haben, Herr Professor.

Ich tat es, der Not gehorchend, nicht dem eignen Triebe, entgegnete dieser.

Und ich gehorche dem eignen Triebe.

Ich Habs ja auch nicht haben wollen, sagte die Tante, aber komme einer gegen
diesen Wildfang auf, er setzt alles durch, was er will.

Ja, ich wills durchsetzen, rief Eva, man soll Euch hier nicht wegbeißen. Ich
wills nicht.

Das sagte sie in warmer Erregung, während sie, den Milcheimer vor sich und
die Kuh neben sich, auf ihrem Schemel saß. Und dabei sah das schöne Mädchen
in dem geschürzten Kleide und den aufgestreiften Ärmeln gar nicht schlecht aus.
Und der Doktor beobachtete es mit Wohlgefallen.

Mitten in diese Nöte hinein fiel ein Strafmandat des Herrn Amtshauptmanns.
Für fortgesetzte unentschuldigte Schulversäumnis durch Wolf wurde eine Mark Strafe
oder im Unvermögensfalle ein Tag Haft verhängt. Ja so! Wolf! Man hatte ihn
fast aus dem Auge verloren. Wolf war nicht zu bewegen gewesen, die Schule zu
besuchen, er hatte gezittert und geweint, als ihn die Tante freundlich an der Hand
nahm und ihn hinführen wollte. Es wäre grausam gewesen, ihn sobald nach dem
Verluste seiner Mutter an einen Ort zu führen, wo man ihn seiner Mutter wegen
so schwer gekränkt hatte. Die Tante zahlte stillschweigend die Mark, aber der
Doktor geriet in großen Zorn. Was? rief er, diese Schnlmeisterseele mißhandelt


Herrenmenschen

werden sollen. Diese Arbeitseinstellung geschah wie auf Verabredung, was auch
wirklich der Fall sein konnte, oder wie auf höher« Befehl, was auch der Fall sein
konnte. Und es lag nicht allzu fern, dabei an Hoheit zu denken, der für die Mi߬
achtung seines Befehls, den Wald anlangend, Revanche nahm. Natürlich nicht in der
Weise, daß er den obrigkeitlichen Befehl ausgegeben hätte, den preußischen Hof zu
boycottieren, sondern so, daß er durch seine Vertrauenspersonen die Meinung ver¬
breiten ließ, es sei eine Schande, einen offnen Hof einzuschließen und Schlösser
an die Türen zu legen. Das sei in Tapnicken niemals Mode gewesen — außer
auf dem Amte. Es sei eine Beleidigung für die Arbeiter und komme so heraus,
als ob sie alle mausten — was übrigens auch der Fall war. Und sie brauchten
sich das nicht gefallen zu lassen, und niemand würde ihnen etwas tun dürfen,
wenn sie davon gingen. Und den windige» Doktor und seinen Grobian von
Inspektor werde man schon klein kriegen.

Der Doktor und der Inspektor verstanden gut genug, daß man in Absicht
habe, das Gut in aller Form zu boycottieren und wenn möglich zugrunde zu
richten. Darauf konnte es keine andre Antwort geben als die, daß man alles
daran setzte, den Betrieb auch ohne Tapnicken im Gange zu erhalten, solange bis
man von auswärts Arbeitskräfte herangezogen hatte. Wäre es Sommer gewesen,
so hätte man wenig Schwierigkeit gehabt, man hätte das Vieh auf die Weide ge¬
trieben, wobei ein paar alte Weiber genügt hätten; aber jetzt niußte das Vieh im
Stalle gefüttert werden, und es war hohe Zeit, daß Roggen und Weizen unter
die Erde kamen. Der Inspektor zog mit der Drillmaschine und Marike, die die
Pferde führen mußte, auf den Acker, und der Doktor und Tauenden übernahmen
den Hof, Tauenden die Kühe, der Doktor die Pferde und das Jungvieh, und die
alte Lore die Schweine. Daß sein Hofknechtdienst dem Doktor besondre Freude
gemacht hätte, läßt sich nicht behaupten. Desto mehr Vergnügen machte es Eva,
als sie dazu kam und sah, wie Doktor Heinz Ramborn in die Stalljacke gekleidet
den Pferden Heu auf die Raufe steckte. Sie lachte so hell auf, daß die Pferde die
Köpfe umwandten, als wollten sie fragen, was ist denn los?

Wie gefällt Ihnen das, Doktor? fragte sie. Ich meinerseits halte auf ein
Bund Heu große Stücke. Es ist wenigstens kein Tropfen Tinte daran, und das
ist immer schon etwas. Und weg war sie.

Bald darauf fand sie der Doktor im Kuhstall, wie sie der Tante half, die
Kühe zu melken. — Aber Fräulein Eva, rief er, melken Walküren die Kühe?

Nein, aber ihre Pferde füttern sie, entgegnete Eva, was Sie eben auch getan
haben, Herr Professor.

Ich tat es, der Not gehorchend, nicht dem eignen Triebe, entgegnete dieser.

Und ich gehorche dem eignen Triebe.

Ich Habs ja auch nicht haben wollen, sagte die Tante, aber komme einer gegen
diesen Wildfang auf, er setzt alles durch, was er will.

Ja, ich wills durchsetzen, rief Eva, man soll Euch hier nicht wegbeißen. Ich
wills nicht.

Das sagte sie in warmer Erregung, während sie, den Milcheimer vor sich und
die Kuh neben sich, auf ihrem Schemel saß. Und dabei sah das schöne Mädchen
in dem geschürzten Kleide und den aufgestreiften Ärmeln gar nicht schlecht aus.
Und der Doktor beobachtete es mit Wohlgefallen.

Mitten in diese Nöte hinein fiel ein Strafmandat des Herrn Amtshauptmanns.
Für fortgesetzte unentschuldigte Schulversäumnis durch Wolf wurde eine Mark Strafe
oder im Unvermögensfalle ein Tag Haft verhängt. Ja so! Wolf! Man hatte ihn
fast aus dem Auge verloren. Wolf war nicht zu bewegen gewesen, die Schule zu
besuchen, er hatte gezittert und geweint, als ihn die Tante freundlich an der Hand
nahm und ihn hinführen wollte. Es wäre grausam gewesen, ihn sobald nach dem
Verluste seiner Mutter an einen Ort zu führen, wo man ihn seiner Mutter wegen
so schwer gekränkt hatte. Die Tante zahlte stillschweigend die Mark, aber der
Doktor geriet in großen Zorn. Was? rief er, diese Schnlmeisterseele mißhandelt


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[0280] Herrenmenschen werden sollen. Diese Arbeitseinstellung geschah wie auf Verabredung, was auch wirklich der Fall sein konnte, oder wie auf höher« Befehl, was auch der Fall sein konnte. Und es lag nicht allzu fern, dabei an Hoheit zu denken, der für die Mi߬ achtung seines Befehls, den Wald anlangend, Revanche nahm. Natürlich nicht in der Weise, daß er den obrigkeitlichen Befehl ausgegeben hätte, den preußischen Hof zu boycottieren, sondern so, daß er durch seine Vertrauenspersonen die Meinung ver¬ breiten ließ, es sei eine Schande, einen offnen Hof einzuschließen und Schlösser an die Türen zu legen. Das sei in Tapnicken niemals Mode gewesen — außer auf dem Amte. Es sei eine Beleidigung für die Arbeiter und komme so heraus, als ob sie alle mausten — was übrigens auch der Fall war. Und sie brauchten sich das nicht gefallen zu lassen, und niemand würde ihnen etwas tun dürfen, wenn sie davon gingen. Und den windige» Doktor und seinen Grobian von Inspektor werde man schon klein kriegen. Der Doktor und der Inspektor verstanden gut genug, daß man in Absicht habe, das Gut in aller Form zu boycottieren und wenn möglich zugrunde zu richten. Darauf konnte es keine andre Antwort geben als die, daß man alles daran setzte, den Betrieb auch ohne Tapnicken im Gange zu erhalten, solange bis man von auswärts Arbeitskräfte herangezogen hatte. Wäre es Sommer gewesen, so hätte man wenig Schwierigkeit gehabt, man hätte das Vieh auf die Weide ge¬ trieben, wobei ein paar alte Weiber genügt hätten; aber jetzt niußte das Vieh im Stalle gefüttert werden, und es war hohe Zeit, daß Roggen und Weizen unter die Erde kamen. Der Inspektor zog mit der Drillmaschine und Marike, die die Pferde führen mußte, auf den Acker, und der Doktor und Tauenden übernahmen den Hof, Tauenden die Kühe, der Doktor die Pferde und das Jungvieh, und die alte Lore die Schweine. Daß sein Hofknechtdienst dem Doktor besondre Freude gemacht hätte, läßt sich nicht behaupten. Desto mehr Vergnügen machte es Eva, als sie dazu kam und sah, wie Doktor Heinz Ramborn in die Stalljacke gekleidet den Pferden Heu auf die Raufe steckte. Sie lachte so hell auf, daß die Pferde die Köpfe umwandten, als wollten sie fragen, was ist denn los? Wie gefällt Ihnen das, Doktor? fragte sie. Ich meinerseits halte auf ein Bund Heu große Stücke. Es ist wenigstens kein Tropfen Tinte daran, und das ist immer schon etwas. Und weg war sie. Bald darauf fand sie der Doktor im Kuhstall, wie sie der Tante half, die Kühe zu melken. — Aber Fräulein Eva, rief er, melken Walküren die Kühe? Nein, aber ihre Pferde füttern sie, entgegnete Eva, was Sie eben auch getan haben, Herr Professor. Ich tat es, der Not gehorchend, nicht dem eignen Triebe, entgegnete dieser. Und ich gehorche dem eignen Triebe. Ich Habs ja auch nicht haben wollen, sagte die Tante, aber komme einer gegen diesen Wildfang auf, er setzt alles durch, was er will. Ja, ich wills durchsetzen, rief Eva, man soll Euch hier nicht wegbeißen. Ich wills nicht. Das sagte sie in warmer Erregung, während sie, den Milcheimer vor sich und die Kuh neben sich, auf ihrem Schemel saß. Und dabei sah das schöne Mädchen in dem geschürzten Kleide und den aufgestreiften Ärmeln gar nicht schlecht aus. Und der Doktor beobachtete es mit Wohlgefallen. Mitten in diese Nöte hinein fiel ein Strafmandat des Herrn Amtshauptmanns. Für fortgesetzte unentschuldigte Schulversäumnis durch Wolf wurde eine Mark Strafe oder im Unvermögensfalle ein Tag Haft verhängt. Ja so! Wolf! Man hatte ihn fast aus dem Auge verloren. Wolf war nicht zu bewegen gewesen, die Schule zu besuchen, er hatte gezittert und geweint, als ihn die Tante freundlich an der Hand nahm und ihn hinführen wollte. Es wäre grausam gewesen, ihn sobald nach dem Verluste seiner Mutter an einen Ort zu führen, wo man ihn seiner Mutter wegen so schwer gekränkt hatte. Die Tante zahlte stillschweigend die Mark, aber der Doktor geriet in großen Zorn. Was? rief er, diese Schnlmeisterseele mißhandelt

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296764/280>, abgerufen am 06.02.2025.