Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.itangobardische Reste in Lividale Zellenwände sind buntgefärbte Glaspasten oder auch Perlen eingesetzt, doch so, Dieser Hang zum Stilisieren nicht nur der Pflanze, sondern auch der Tier¬ Wenn somit der Besuch Cividalcs auch keine feststehenden Ergebnisse über itangobardische Reste in Lividale Zellenwände sind buntgefärbte Glaspasten oder auch Perlen eingesetzt, doch so, Dieser Hang zum Stilisieren nicht nur der Pflanze, sondern auch der Tier¬ Wenn somit der Besuch Cividalcs auch keine feststehenden Ergebnisse über <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0275" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/297407"/> <fw type="header" place="top"> itangobardische Reste in Lividale</fw><lb/> <p xml:id="ID_1192" prev="#ID_1191"> Zellenwände sind buntgefärbte Glaspasten oder auch Perlen eingesetzt, doch so,<lb/> daß der glänzende Grund häufig zutage tritt, wodurch eine gute Licht- und<lb/> Schattenwirkung erzeugt wird. Die Vorliebe für die Spirale tritt an allen<lb/> den Gegenständen hervor; daneben finden wir als Verzierung angewandt Punkte,<lb/> Zacken, bandartige Streifen, arabeskenartige Figuren, schematisch behandelte Eber-<lb/> und Widderköpfe und dergleichen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1193"> Dieser Hang zum Stilisieren nicht nur der Pflanze, sondern auch der Tier¬<lb/> uno der Menschengestalt, der allen noch in den Kinderschuhen der Kunst steckenden<lb/> germanischen Stämmen eigen gewesen zu sein scheint, hat gerade bei den Lango-<lb/> barden, wie auch die Gräberfunde zu Civezzano, Piedicastello u. a. beweisen, einen<lb/> besonders lebhaften Ausdruck gefunden. Der Gedanke, daß sich diese phan¬<lb/> tastische, ans Bizarre streifende Verzierungsart nicht allein auf das Kunstge-<lb/> werbe beschränkte, sondern auch auf Bauwerke übertragen wurde, liegt nahe.<lb/> Es haben zwar neue Forschungen ergeben, daß ein großer Teil der Ornamente,<lb/> die einst als nnbestrittnes Eigentum langobardischer Geistesrichtung angesehen<lb/> wurden, so der Zickzackfries, die Flechtbänder, Kreisnetze und Rosetten an Kunst¬<lb/> werken damaliger Zeit auf syrische und byzantinische Vorbilder zurückgeführt<lb/> werdeu müssen; auch die allegorischen Szenen aus der Tierfabel, eine Art der<lb/> Dekoration, die man öfters an Wandflächen und Fußboden der einst von Lango¬<lb/> barden gegründeten Kirchen begegnet, entstammen wahrscheinlich direkt der<lb/> orientalischen Anschauung. Demgegenüber bietet uns aber das Callixtus-<lb/> baptisterium sowohl in den arabeskenartig verschnörkelten Evangelistensymbolen<lb/> als auch in den Pferdeköpfen mit gefiedertem Hals und Adlerschnäbeln ein be¬<lb/> redtes Zeugnis für solche Übertragungen langobardischer Kleinkunst auf Bau-<lb/> denkmäler dar. Ebenso werden die an Kerbschnitt erinnernden, eigentümlich flach<lb/> gehaltnen Ornamente wohl Verzierungen entsprechen, die in der nordischen Heimat<lb/> den einfachen Holzbau schmückten und nun im eroberten Lande ans das ver¬<lb/> änderte Material, auf Stein oder Metall übertragen wurden. So ist es sicher<lb/> nicht ohne Bedeutung, daß die Ausdrücke für das Zimmern in der italienischen<lb/> Sprache noch hente zum großen Teil germanische Abstammung verraten. Schon<lb/> vielfach hat sich die Sprache als die einzige, immer aber als die beste und<lb/> treueste Hüterin der Schicksale und der Einflüsse erwiesen, die ein Volk im<lb/> Laufe der Zeiten durch ein andres erfahren hat. Auch erscheint es nicht ausge¬<lb/> schlossen, daß sich bei deu sonderbar fratzenhaften Gestalten, die gerade in den<lb/> einst von Langobarden beherrschten Gebieten Italiens an Bauwerken des spät¬<lb/> romanischen Stils auftreten, noch der den Langobarden eigne Hang zum<lb/> Mystischen, Wunderlichen geltend macht.</p><lb/> <p xml:id="ID_1194" next="#ID_1195"> Wenn somit der Besuch Cividalcs auch keine feststehenden Ergebnisse über<lb/> das Wesen und die Entwicklung langobardischer Kunstweise gewährt, vielmehr<lb/> darauf nur unsichere Streiflichter wirft, so leuchtet doch ab und zu ein Strahl<lb/> aus dem Dunkel hervor, der uns verrät, daß ein frischer, lebensfähiger Zug die<lb/> primitiven Werke dieses von der absterbenden römischen Kultur nicht ange¬<lb/> kränkelten Volkes durchdrang. Und gerade diese Lebensfähigkeit, dieser männlich<lb/> schaffensfrohe Zug eines in jugendlicher Fülle strotzenden Stammes ist es dann<lb/> ""es gewesen, der als Pfropfreis dem dahinsiechenden, schmnckberaubten Stamm</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0275]
itangobardische Reste in Lividale
Zellenwände sind buntgefärbte Glaspasten oder auch Perlen eingesetzt, doch so,
daß der glänzende Grund häufig zutage tritt, wodurch eine gute Licht- und
Schattenwirkung erzeugt wird. Die Vorliebe für die Spirale tritt an allen
den Gegenständen hervor; daneben finden wir als Verzierung angewandt Punkte,
Zacken, bandartige Streifen, arabeskenartige Figuren, schematisch behandelte Eber-
und Widderköpfe und dergleichen.
Dieser Hang zum Stilisieren nicht nur der Pflanze, sondern auch der Tier¬
uno der Menschengestalt, der allen noch in den Kinderschuhen der Kunst steckenden
germanischen Stämmen eigen gewesen zu sein scheint, hat gerade bei den Lango-
barden, wie auch die Gräberfunde zu Civezzano, Piedicastello u. a. beweisen, einen
besonders lebhaften Ausdruck gefunden. Der Gedanke, daß sich diese phan¬
tastische, ans Bizarre streifende Verzierungsart nicht allein auf das Kunstge-
werbe beschränkte, sondern auch auf Bauwerke übertragen wurde, liegt nahe.
Es haben zwar neue Forschungen ergeben, daß ein großer Teil der Ornamente,
die einst als nnbestrittnes Eigentum langobardischer Geistesrichtung angesehen
wurden, so der Zickzackfries, die Flechtbänder, Kreisnetze und Rosetten an Kunst¬
werken damaliger Zeit auf syrische und byzantinische Vorbilder zurückgeführt
werdeu müssen; auch die allegorischen Szenen aus der Tierfabel, eine Art der
Dekoration, die man öfters an Wandflächen und Fußboden der einst von Lango¬
barden gegründeten Kirchen begegnet, entstammen wahrscheinlich direkt der
orientalischen Anschauung. Demgegenüber bietet uns aber das Callixtus-
baptisterium sowohl in den arabeskenartig verschnörkelten Evangelistensymbolen
als auch in den Pferdeköpfen mit gefiedertem Hals und Adlerschnäbeln ein be¬
redtes Zeugnis für solche Übertragungen langobardischer Kleinkunst auf Bau-
denkmäler dar. Ebenso werden die an Kerbschnitt erinnernden, eigentümlich flach
gehaltnen Ornamente wohl Verzierungen entsprechen, die in der nordischen Heimat
den einfachen Holzbau schmückten und nun im eroberten Lande ans das ver¬
änderte Material, auf Stein oder Metall übertragen wurden. So ist es sicher
nicht ohne Bedeutung, daß die Ausdrücke für das Zimmern in der italienischen
Sprache noch hente zum großen Teil germanische Abstammung verraten. Schon
vielfach hat sich die Sprache als die einzige, immer aber als die beste und
treueste Hüterin der Schicksale und der Einflüsse erwiesen, die ein Volk im
Laufe der Zeiten durch ein andres erfahren hat. Auch erscheint es nicht ausge¬
schlossen, daß sich bei deu sonderbar fratzenhaften Gestalten, die gerade in den
einst von Langobarden beherrschten Gebieten Italiens an Bauwerken des spät¬
romanischen Stils auftreten, noch der den Langobarden eigne Hang zum
Mystischen, Wunderlichen geltend macht.
Wenn somit der Besuch Cividalcs auch keine feststehenden Ergebnisse über
das Wesen und die Entwicklung langobardischer Kunstweise gewährt, vielmehr
darauf nur unsichere Streiflichter wirft, so leuchtet doch ab und zu ein Strahl
aus dem Dunkel hervor, der uns verrät, daß ein frischer, lebensfähiger Zug die
primitiven Werke dieses von der absterbenden römischen Kultur nicht ange¬
kränkelten Volkes durchdrang. Und gerade diese Lebensfähigkeit, dieser männlich
schaffensfrohe Zug eines in jugendlicher Fülle strotzenden Stammes ist es dann
""es gewesen, der als Pfropfreis dem dahinsiechenden, schmnckberaubten Stamm
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