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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.

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Der Eintritt des Großherzogtums Baden in den Norddeutschen Bund

Konzession entspreche dem Machtverhültnisse beider Staaten, und Baden habe
zudem damit kein Recht aufgegeben, das es je gehabt habe. Weder zuzeiten
des Deutschen Reichs noch des Rheinbundes habe Baden die selbständige
Führung seiner Truppen gehabt, und hätte es dieses Recht zur Zeit des
Deutschen Bundes gehabt, so würden die badischen Truppen im letzten Feld¬
zuge unter einem andern Führer gefochten haben, als der sie damals be¬
fehligte.

Auf die Bemerkung des Barons Montgascon, daß zur Zeit des Abschlusses
des Trutz- und Schutzbündnisses Preußen den Odenwald, Mannheim und
Heidelberg besetzt gehabt und Baden unter dem Drucke Preußens gestanden
habe, erwiderte Freydorf, daß Preußen einen Druck aus Baden weder geübt
habe noch übe, daß Baden den Friedensvertrag ganz mit denselben Be¬
dingungen, mit oder ohne Schutz- und Trutzbündnis, Hütte abschließen können,
und daß Baden neben dem Friedensvertrag einen engern Anschluß an Preußen
gesucht hätte.

Auf die weitere Bemerkung des Varvns Montgascon, das sei es, worauf
sich Preußen in Paris immer berufe, nämlich daß es keinen Druck aus die
süddeutschen Staaten übe, sondern daß diese Staaten den Anschluß an Preußen
suchten, bat Freydorf Herrn von Montgascon, nach Paris zu berichten, daß
er dies für Baden aus eigner Erfahrung bestätigen könne.

Freydorf führte ferner aus, daß das Schutz- und Trutzbündnis einen rein
defensiven Charakter habe, und daß überhaupt schon die preußische Wehrver¬
fassung, die nun auch in Süddeutschland eingeführt werde, und die künftige
Art der Zusammensetzung der deutschen Heere eine Garantie gegen mutwillige
und abenteuerliche Angriffskriege biete.

Was die Zollvereinsverträge vom Juni und Juli 1867 anlangt, fo
glaubte Freydorf den Baron von Montgascon überzeugt zu haben, daß der
Zollverein erneuert werden mußte, daß er in keiner andern Verfassung als
mit erweitertem Bundesrat und Zollparlament, mit einheitlichen beratenden
Körpern erneuert werden konnte, daß der Wunsch nach solcher Reorganisation
weit älter sei als die Ereignisse des Jahres 1866, und daß diese Reorganisation
auch beim Fortbestehn des Deutschen Bundes über kurz oder lang Hütte ein¬
treten müssen.

Freydorf konnte an die eignen Erfahrungen erinnern, die Frankreich
beim Abschluß seines Handelsvertrags mit der bisherigen Organisation des
Zollvereins und mit dem Veto der einzelnen Vereinsstaaten gemacht habe.
Er suchte nachzuweisen, daß die neue Organisation des Zollvereins dem
Süden vorteilhafter sei als die bisherige, in der der Norden die Gesetze
und Tarife festgestellt und den süddeutschen Staaten immer nur die Wahl
gelassen haben würde, das im Norden ohne ihre Mitwirkung festgestellte
ohne Änderung anzunehmen oder aus dem Verein zu treten. Die politischen
Bedenken des Marquis de Moustier suchte Freydorf durch Verlesung des
Paragraphen des neuen Vertrags zu zerstreuen, worin die Zuständigkeit des
Bundesrath und des Parlaments des Zollvereins auf Zoll- und Steuersachen
beschränkt sei.


Der Eintritt des Großherzogtums Baden in den Norddeutschen Bund

Konzession entspreche dem Machtverhültnisse beider Staaten, und Baden habe
zudem damit kein Recht aufgegeben, das es je gehabt habe. Weder zuzeiten
des Deutschen Reichs noch des Rheinbundes habe Baden die selbständige
Führung seiner Truppen gehabt, und hätte es dieses Recht zur Zeit des
Deutschen Bundes gehabt, so würden die badischen Truppen im letzten Feld¬
zuge unter einem andern Führer gefochten haben, als der sie damals be¬
fehligte.

Auf die Bemerkung des Barons Montgascon, daß zur Zeit des Abschlusses
des Trutz- und Schutzbündnisses Preußen den Odenwald, Mannheim und
Heidelberg besetzt gehabt und Baden unter dem Drucke Preußens gestanden
habe, erwiderte Freydorf, daß Preußen einen Druck aus Baden weder geübt
habe noch übe, daß Baden den Friedensvertrag ganz mit denselben Be¬
dingungen, mit oder ohne Schutz- und Trutzbündnis, Hütte abschließen können,
und daß Baden neben dem Friedensvertrag einen engern Anschluß an Preußen
gesucht hätte.

Auf die weitere Bemerkung des Varvns Montgascon, das sei es, worauf
sich Preußen in Paris immer berufe, nämlich daß es keinen Druck aus die
süddeutschen Staaten übe, sondern daß diese Staaten den Anschluß an Preußen
suchten, bat Freydorf Herrn von Montgascon, nach Paris zu berichten, daß
er dies für Baden aus eigner Erfahrung bestätigen könne.

Freydorf führte ferner aus, daß das Schutz- und Trutzbündnis einen rein
defensiven Charakter habe, und daß überhaupt schon die preußische Wehrver¬
fassung, die nun auch in Süddeutschland eingeführt werde, und die künftige
Art der Zusammensetzung der deutschen Heere eine Garantie gegen mutwillige
und abenteuerliche Angriffskriege biete.

Was die Zollvereinsverträge vom Juni und Juli 1867 anlangt, fo
glaubte Freydorf den Baron von Montgascon überzeugt zu haben, daß der
Zollverein erneuert werden mußte, daß er in keiner andern Verfassung als
mit erweitertem Bundesrat und Zollparlament, mit einheitlichen beratenden
Körpern erneuert werden konnte, daß der Wunsch nach solcher Reorganisation
weit älter sei als die Ereignisse des Jahres 1866, und daß diese Reorganisation
auch beim Fortbestehn des Deutschen Bundes über kurz oder lang Hütte ein¬
treten müssen.

Freydorf konnte an die eignen Erfahrungen erinnern, die Frankreich
beim Abschluß seines Handelsvertrags mit der bisherigen Organisation des
Zollvereins und mit dem Veto der einzelnen Vereinsstaaten gemacht habe.
Er suchte nachzuweisen, daß die neue Organisation des Zollvereins dem
Süden vorteilhafter sei als die bisherige, in der der Norden die Gesetze
und Tarife festgestellt und den süddeutschen Staaten immer nur die Wahl
gelassen haben würde, das im Norden ohne ihre Mitwirkung festgestellte
ohne Änderung anzunehmen oder aus dem Verein zu treten. Die politischen
Bedenken des Marquis de Moustier suchte Freydorf durch Verlesung des
Paragraphen des neuen Vertrags zu zerstreuen, worin die Zuständigkeit des
Bundesrath und des Parlaments des Zollvereins auf Zoll- und Steuersachen
beschränkt sei.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296010/76>, abgerufen am 15.01.2025.