Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches zeugung seiner Mehrheit "ja" sagen und nachgeben muß, um die Zustimmung Auch die Dicitenfrage ist von dem Staatssekretär des Innern berührt worden, "H" Das stehende Heer der Vereinigten Staaten. Wir lesen in der in Schillerliteratur 1905. Die C. H. Becksche Verlagsbuchhandlung in München Maßgebliches und Unmaßgebliches zeugung seiner Mehrheit „ja" sagen und nachgeben muß, um die Zustimmung Auch die Dicitenfrage ist von dem Staatssekretär des Innern berührt worden, »H» Das stehende Heer der Vereinigten Staaten. Wir lesen in der in Schillerliteratur 1905. Die C. H. Becksche Verlagsbuchhandlung in München <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0687" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/296698"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_3597" prev="#ID_3596"> zeugung seiner Mehrheit „ja" sagen und nachgeben muß, um die Zustimmung<lb/> der Reichstagsmehrheit für irgendein andres Gesetz zu sichern oder sie sonst bei<lb/> guter Laune zu erhalten. Das Vorhandensein eines Oberhauses, unter dem man<lb/> sich freilich etwas andres wird denken müssen als das preußische Herrenhaus, würde<lb/> nach dieser Richtung hin in vieler Beziehung ausgleichend wirken.</p><lb/> <p xml:id="ID_3598"> Auch die Dicitenfrage ist von dem Staatssekretär des Innern berührt worden,<lb/> und er hat sich ihr gegenüber ablehnender Verhalten, als bisher von vielen Ab¬<lb/> geordneten vorausgesetzt worden war. Gegen seinen Nachweis, daß Diäten oder<lb/> Anwesenheitsgelder keineswegs das ersehnte Mittel sind, den Reichstag beschlußfähig<lb/> zu machen, sondern daß bei dem Absentismus eine ganze Reihe von andern Um¬<lb/> ständen ausschlaggebend mitspricht, wird sich schwerlich etwas einwenden lassen.</p><lb/> <note type="byline"> »H»</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="2"> <head> Das stehende Heer der Vereinigten Staaten.</head> <p xml:id="ID_3599"> Wir lesen in der in<lb/> Newyork erscheinenden angesehenen Wochenschrift IKs Melon jetzt ein Resumö des<lb/> Jahresberichts des ni1its,r> LsorstÄr^ ok lenz ^rmz', der sich dadurch auszeichnet,<lb/> daß er des offiziellen optimistischen Tons, der sonst so charakteristisch für öffentliche<lb/> Dokumente ist, gänzlich entbehrt. Er nennt die wirkliche Zahl der Desertionen im<lb/> letzten Jahre: sie ist 6533 Maun, also mehr als zehn Prozent der angenommnen<lb/> 63022 Mann, ans denen die Armee der großen Republik besteht. Von diesen<lb/> 63000 Soldaten wurden 22254 nach Beendigung ihres Einstellungsvertrags ent¬<lb/> lassen, 9460 mußten infolge von Krankheiten oder von einem kriegsgerichtlichen<lb/> Urteil abgehn, 377 starben oder wurden getötet, und 189 wurden infolge mangelnder<lb/> Dispositionsfähigkeit zurückgezogen. Im ganzen verließen dieses Jahr 38813 Mann,<lb/> also mehr als 61 Prozent, die Armee; mit andern Worten, wenn diese Lücken jetzt<lb/> wieder ausgefüllt werden, sind 61 Prozent der Soldaten einfach Rekruten. Zweifellos<lb/> werden sich ja manche der Abgegangnen wieder in den Militärstand einregistrieren<lb/> lassen; aber die allermeisten kehren in das bürgerliche Leben zurück. Wenn man<lb/> sich dann noch klar macht, daß nach dem Bericht des Generalarztes von den im<lb/> Dienst stehenden je einer unter sechs an eiuer geschlechtlichen Krankheit leidet, so<lb/> kann man eigentlich nicht sagen, wie sich IKs Nation ausdrückt, daß sich das Heer<lb/> in einem glücklichen und befriedigenden Zustande befinde. In der Tat wäre der<lb/> Kongreß wohl berechtigt, eine Untersuchung anzustellen. Er müßte sich an den<lb/> Jahresbericht des Brigadegenerals Lee halten, der die Abwesenheit der Offiziere<lb/> von ihren Truppen tadelt, den Maugel einer Bierkantine rügt (es wird darum<lb/> nichts als Schnaps getrunken) und den Mangel an Sorgfalt in der Rekrutierung<lb/> feststellt. So erzählt er, daß man einen siebzehnjährigen Jungen absichtlich als<lb/> zweiundzwanzigjährig registriert hat. Er lief natürlich davon, ohne daß irgendeiner<lb/> der Beteiligten zur Strafe gezogen wurde. Zwischen den Zeilen kann man auch<lb/> lesen, daß die Disziplin gelockert ist, daß das Rechnungswesen wie das Verantwort¬<lb/> lichkeitsgefühl sehr schwankend sind, und daß nur die Natur des Dokuments, als<lb/> eines öffentlichen und nicht als eines vertraulichen. General Lee zurückhält, mit<lb/> Details darüber aufzuwarten. — Wir Vvlksheerwilden sind scheints doch bessere<lb/> Menschen als diese Milizkanadier, trotzdem daß unsre Unteroffiziere Europens über¬<lb/> tünchte Höflichkeit nicht kennen (was wir natürlich in den Auswüchsen in keiner<lb/><note type="byline"> M.</note> Weise beschönigen wollen). </p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Schillerliteratur 1905. </head> <p xml:id="ID_3600"> Die C. H. Becksche Verlagsbuchhandlung in München<lb/> hat den großartigen Mut gehabt, im Schillerjubiläumsjahr zugleich drei bedeutende<lb/> Werke über Schiller erscheinen zu lassen, die sich zu großen Teilen, was den Gegen¬<lb/> stand betrifft, decken. Ihre Verfasser gehn allerdings jeder so entschieden seinen<lb/> eignen Weg, daß die drei Bücher das starke Licht Schillers in dreifacher, ver-<lb/> schiedner Brechung zeigen und recht gut nebeneinander gelesen werden können.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0687]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
zeugung seiner Mehrheit „ja" sagen und nachgeben muß, um die Zustimmung
der Reichstagsmehrheit für irgendein andres Gesetz zu sichern oder sie sonst bei
guter Laune zu erhalten. Das Vorhandensein eines Oberhauses, unter dem man
sich freilich etwas andres wird denken müssen als das preußische Herrenhaus, würde
nach dieser Richtung hin in vieler Beziehung ausgleichend wirken.
Auch die Dicitenfrage ist von dem Staatssekretär des Innern berührt worden,
und er hat sich ihr gegenüber ablehnender Verhalten, als bisher von vielen Ab¬
geordneten vorausgesetzt worden war. Gegen seinen Nachweis, daß Diäten oder
Anwesenheitsgelder keineswegs das ersehnte Mittel sind, den Reichstag beschlußfähig
zu machen, sondern daß bei dem Absentismus eine ganze Reihe von andern Um¬
ständen ausschlaggebend mitspricht, wird sich schwerlich etwas einwenden lassen.
»H»
Das stehende Heer der Vereinigten Staaten. Wir lesen in der in
Newyork erscheinenden angesehenen Wochenschrift IKs Melon jetzt ein Resumö des
Jahresberichts des ni1its,r> LsorstÄr^ ok lenz ^rmz', der sich dadurch auszeichnet,
daß er des offiziellen optimistischen Tons, der sonst so charakteristisch für öffentliche
Dokumente ist, gänzlich entbehrt. Er nennt die wirkliche Zahl der Desertionen im
letzten Jahre: sie ist 6533 Maun, also mehr als zehn Prozent der angenommnen
63022 Mann, ans denen die Armee der großen Republik besteht. Von diesen
63000 Soldaten wurden 22254 nach Beendigung ihres Einstellungsvertrags ent¬
lassen, 9460 mußten infolge von Krankheiten oder von einem kriegsgerichtlichen
Urteil abgehn, 377 starben oder wurden getötet, und 189 wurden infolge mangelnder
Dispositionsfähigkeit zurückgezogen. Im ganzen verließen dieses Jahr 38813 Mann,
also mehr als 61 Prozent, die Armee; mit andern Worten, wenn diese Lücken jetzt
wieder ausgefüllt werden, sind 61 Prozent der Soldaten einfach Rekruten. Zweifellos
werden sich ja manche der Abgegangnen wieder in den Militärstand einregistrieren
lassen; aber die allermeisten kehren in das bürgerliche Leben zurück. Wenn man
sich dann noch klar macht, daß nach dem Bericht des Generalarztes von den im
Dienst stehenden je einer unter sechs an eiuer geschlechtlichen Krankheit leidet, so
kann man eigentlich nicht sagen, wie sich IKs Nation ausdrückt, daß sich das Heer
in einem glücklichen und befriedigenden Zustande befinde. In der Tat wäre der
Kongreß wohl berechtigt, eine Untersuchung anzustellen. Er müßte sich an den
Jahresbericht des Brigadegenerals Lee halten, der die Abwesenheit der Offiziere
von ihren Truppen tadelt, den Maugel einer Bierkantine rügt (es wird darum
nichts als Schnaps getrunken) und den Mangel an Sorgfalt in der Rekrutierung
feststellt. So erzählt er, daß man einen siebzehnjährigen Jungen absichtlich als
zweiundzwanzigjährig registriert hat. Er lief natürlich davon, ohne daß irgendeiner
der Beteiligten zur Strafe gezogen wurde. Zwischen den Zeilen kann man auch
lesen, daß die Disziplin gelockert ist, daß das Rechnungswesen wie das Verantwort¬
lichkeitsgefühl sehr schwankend sind, und daß nur die Natur des Dokuments, als
eines öffentlichen und nicht als eines vertraulichen. General Lee zurückhält, mit
Details darüber aufzuwarten. — Wir Vvlksheerwilden sind scheints doch bessere
Menschen als diese Milizkanadier, trotzdem daß unsre Unteroffiziere Europens über¬
tünchte Höflichkeit nicht kennen (was wir natürlich in den Auswüchsen in keiner
M. Weise beschönigen wollen).
Schillerliteratur 1905. Die C. H. Becksche Verlagsbuchhandlung in München
hat den großartigen Mut gehabt, im Schillerjubiläumsjahr zugleich drei bedeutende
Werke über Schiller erscheinen zu lassen, die sich zu großen Teilen, was den Gegen¬
stand betrifft, decken. Ihre Verfasser gehn allerdings jeder so entschieden seinen
eignen Weg, daß die drei Bücher das starke Licht Schillers in dreifacher, ver-
schiedner Brechung zeigen und recht gut nebeneinander gelesen werden können.
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