Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.Geschichte einer Sammlung Ein andres Bild in der Art des Domenichino, zwei fcimose nackte Bandini. Als ihn wieder einmal einer der Signorini durch die Räume führte, um ihm Der aber dachte einen Doppelfang zu machen und sagte: Ohne Gegenstück Das war aber eine Landschaft von Salvator Rosa, nach der mein Vater großes Der junge Mann sah im Katalog nach und sah den Namen: Salvator Rosa; Aber Sie sehen doch ein, daß ich den Poussin nicht ohne Gegenstück nehmen Die Fundgrube in der Via war sehr ergiebig. Mein Vater hat von da Es war ein vornehmer Russe in Rom, der sammelte. Es kam ihm auf Kuriosi¬ Das Merkwürdigste aber war, daß das Bild nicht allein kam, sondern ein Die Deutsche beschrieb das Bild, es wäre lächerlich und scheußlich gewesen: Mein Vater sagte, das erinnerte an die Niederländer, besonders an den galgen¬ Die Seide und der rote Sammet wären ja wirklich wie Seide und Sammet, Es möchte wohl ein sehr schönes Bild sein, meinte mein Vater. Nein, so ein Bild könnte man doch nicht haben; der Russe würde es zurück¬ Mein Vater ließ sich die Adresse geben, die Galerie interessierte ihn zu sehr, Grenzboten t V I90i> 8'!
Geschichte einer Sammlung Ein andres Bild in der Art des Domenichino, zwei fcimose nackte Bandini. Als ihn wieder einmal einer der Signorini durch die Räume führte, um ihm Der aber dachte einen Doppelfang zu machen und sagte: Ohne Gegenstück Das war aber eine Landschaft von Salvator Rosa, nach der mein Vater großes Der junge Mann sah im Katalog nach und sah den Namen: Salvator Rosa; Aber Sie sehen doch ein, daß ich den Poussin nicht ohne Gegenstück nehmen Die Fundgrube in der Via war sehr ergiebig. Mein Vater hat von da Es war ein vornehmer Russe in Rom, der sammelte. Es kam ihm auf Kuriosi¬ Das Merkwürdigste aber war, daß das Bild nicht allein kam, sondern ein Die Deutsche beschrieb das Bild, es wäre lächerlich und scheußlich gewesen: Mein Vater sagte, das erinnerte an die Niederländer, besonders an den galgen¬ Die Seide und der rote Sammet wären ja wirklich wie Seide und Sammet, Es möchte wohl ein sehr schönes Bild sein, meinte mein Vater. Nein, so ein Bild könnte man doch nicht haben; der Russe würde es zurück¬ Mein Vater ließ sich die Adresse geben, die Galerie interessierte ihn zu sehr, Grenzboten t V I90i> 8'!
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Geschichte einer Sammlung
Ein andres Bild in der Art des Domenichino, zwei fcimose nackte Bandini.
die beim Schmetterlinggreifen hintereinander Herstürzen, hat mein Vater auch ans
jener Saiinnllmg in Via San Giovanni in Lntercmo, auch riesige Fruchtstücke von
Bonzi, äotto it Kobdo al v-ki^ovi, denn nachdem er die Mnsicci hatte, scheint das
Format ihm keine Bedenken mehr gemacht zu haben.
Als ihn wieder einmal einer der Signorini durch die Räume führte, um ihm
die Kauflust wach zu machen, blieb er bei einer Landschaft von Poussin stehn und
pries sie meinem Vater dringend an.
Der aber dachte einen Doppelfang zu machen und sagte: Ohne Gegenstück
kann ich sie nicht brauchen. Dort am Fenster hängt ein Bild mit ganz demselben
Rahmen und in derselben Größe, das würde dazu Passen.
Das war aber eine Landschaft von Salvator Rosa, nach der mein Vater großes
Verlangen hatte.
Der junge Mann sah im Katalog nach und sah den Namen: Salvator Rosa;
das war jn wohl ein berühmter, ein bravo pittors? Nein, das Bild will ich jetzt
nicht hergeben.
Aber Sie sehen doch ein, daß ich den Poussin nicht ohne Gegenstück nehmen
kann? Und es endigte damit, daß mein Vater mit beiden Bildern nach Hause kam.
Die Fundgrube in der Via war sehr ergiebig. Mein Vater hat von da
später noch eine zweite Landschaft des Salvator Rosa an sich gebracht. Dann aber
dünnste der Marchese auf. Der nimmt in meinen Kindheitserinnerungen einen
breiten Platz ein. An den Marchese ist mein Vater auf folgende Weise gekommen:
Es war ein vornehmer Russe in Rom, der sammelte. Es kam ihm auf Kuriosi¬
täten und Seltenheiten an, der Gegenstand selber war ihm gleichgiltig, und Kunst¬
verständnis hatte er keins. Die Erzieherin seiner Kinder tum öfter zu meinen
Eltern ins Hans und erzählte dann von dem, was der Russe wieder gekauft hatte.
Einmal war es eine Porzellanschale, auf der der Raub der Sabinerinnen geniale
war, nach einem Bilde von Caracci. Man hatte dem Russen gesagt, das Original
von Caracals Hand wäre in einer alten gräflichen Sammlung in den Marken.
Der Russe hatte an den Besitzer geschrieben und hatte erreicht, daß er ihm das
Bild verkaufte.
Das Merkwürdigste aber war, daß das Bild nicht allein kam, sondern ein
zweites dabei, das der Mann von hohem Adel zum Verkauf anbot. Die Galerie
aus den Zeiten seiner Vorväter würde in der kleinen Stadt und in der Einsamkeit
doch voll niemand gesehen und langweile ihn.
Die Deutsche beschrieb das Bild, es wäre lächerlich und scheußlich gewesen:
ein alter Mann oder ein altes Weib -— das könne man nicht unterscheiden —,
jedenfalls ein Mensch mit altem bartlosem Gesicht ließe eine Katze vor sich aufrecht
stehn und wollte sie lehren Flöte blasen. Der Mensch trüge ein weißes, gold¬
gesticktes Seidenhabit und eine weiße Halskrause und hätte ein rotes Barett mit
wallenden weißen Federn auf dem Kopf und lache den Beschauer grinsend aus.
Mein Vater sagte, das erinnerte an die Niederländer, besonders an den galgen¬
haften Humor des Frans Hals — wie denn die Farben wären?
Die Seide und der rote Sammet wären ja wirklich wie Seide und Sammet,
und das Grinsen wäre unverschämt natürlich, es wäre ein unglaubliches Bild.
Es möchte wohl ein sehr schönes Bild sein, meinte mein Vater.
Nein, so ein Bild könnte man doch nicht haben; der Russe würde es zurück¬
schicken.
Mein Vater ließ sich die Adresse geben, die Galerie interessierte ihn zu sehr,
und als die Sommerreise gemacht wurde, machte er auf dem Wege nach Tirol den
Umweg über Cesena, um den Marchese zu besuchen. Er war nicht da, er hielt
sich meist in Florenz auf. Aber der Haushofmeister führte meinen Vater durch
Grenzboten t V I90i> 8'!
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