Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches durch einen Kapitän vertreten gewesen sei." In, dafür können wir doch nichts, Manche Äußerungen der Presse sind nun freilich nicht danach angetan, diese Maßgebliches und Unmaßgebliches durch einen Kapitän vertreten gewesen sei." In, dafür können wir doch nichts, Manche Äußerungen der Presse sind nun freilich nicht danach angetan, diese <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0564" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/296575"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_2934" prev="#ID_2933"> durch einen Kapitän vertreten gewesen sei." In, dafür können wir doch nichts,<lb/> und jeder loyal gesinnte Engländer sollte vom englischen wie vom monarchischen<lb/> Standpunkt aus darüber erfreut sein, das; die Tochter des Königs Eduard und<lb/> sein Schwiegersohn beim Antritt ihrer neuen norwegischen Königswürde von Deutsch¬<lb/> land mit soviel Sympathie begleitet worden sind, die das Erscheinen des jungen<lb/> Köuigspciares in der neuen Heimat mit einem den Norwegern ebenso verständlichen<lb/> wie erfreulichen Glänze umgeben hat. Es ist bedauerlich, daß in Zeilen, die<lb/> wahrlich ernst genug für alle Länder Europas sind, die Politik der europäischen<lb/> Großmächte durch solche Spitzfindigkeiten beherrscht wird. Der Schwäbische Merkur<lb/> gibt nun der Hoffnung Ausdruck, daß man im Reichstage werde versuchen müssen,<lb/> den Enthüllungen des Herrn Delcasse auf den Grund zu gehn. Das wäre wohl<lb/> so unpolitisch wie möglich, und der Reichskanzler wird sich dazu schwerlich her¬<lb/> geben. Es wäre dies das beste Mittel, die Beruhigung, die in Paris notdürftig<lb/> erreicht worden ist, sofort wieder in das Gegenteil zu verwandeln. Bringt uns doch<lb/> ohnehin fast jeder Tag neue publizistische Beweise, wie sehr die unbedeutendsten<lb/> Funken hinreichen, das in den Pariser Zeitungsredaktionen vorhandne Stroh in<lb/> Brand zu setzen und damit dort die öffentliche Meinung zu alarmieren. Die Kon¬<lb/> ferenz wird ohnehin noch Zündstoff genug bieten. Im Ernst wird der Schwäbische<lb/> Merkur dem Fürsten Bülow doch kaum zutrauen, daß dieser den jetzigen Augen¬<lb/> blick sür geeignet erachten könnte, vor den Reichstag zu treten und diesem Geschichten<lb/> zu erzählen, die in Paris ein tausendfaches Echo wecken würden. Im Gegenteil<lb/> hat die Nation ein Recht, zu erwarten, daß die nationalen Parteien in dieser<lb/> delikaten Frage ein den Interessen des Reichs entsprechendes Maß von Takt und<lb/> Umsicht an den Tag legen werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_2935" next="#ID_2936"> Manche Äußerungen der Presse sind nun freilich nicht danach angetan, diese<lb/> Erwartungen besonders hochzustimmen. Dn ist zum Beispiel ein im übrigen recht<lb/> konfuser Artikel der Leipziger Neuesten Nachrichten über „den Pessimismus des<lb/> Kaisers," der in eine Art Gegensatz zu dem „Optimismus des Reichskanzlers" gestellt<lb/> wird. Als ob eine Thronrede ein Extempore des Monarchen und nicht sorgfältig Wort<lb/> für Wort vou allen politisch irgend in Betracht kommenden Stellen tagelang erwogen<lb/> wäre! Die Thronrede macht doch in der letzten Instanz der Reichskanzler, und<lb/> nicht der Kaiser, wenngleich der Monarch selbstverständlich nicht eine Rede verlesen<lb/> wird, mit der er nicht einverstanden wäre. Und als ob die Thronrede irgend<lb/> etwas andres enthielte, als was jeder denkende Mensch, der sich mit internationaler<lb/> Politik beschäftigt, an den Fingern abzählen kann, und was seit dem Mai und<lb/> Juni d. I. den ganzen Sommer lang in allen möglichen Zeitungen, Wochen- und<lb/> Monatsschriften nach allen Richtungen hin des langen und breiten traktiert worden<lb/> ist! Den Lesern der Grenzboten zum Beispiel kaun der betreffende Passus der<lb/> Thronrede schwerlich eine Überraschung gewesen sein. Auch handelt es sich in jenen<lb/> Worten nicht um „Pessimismus," sondern nur um „Ernst," und es würde schlimm<lb/> um unser deutsches Volk und Laud bestellt sein, wollte man ihm zumuten, jede<lb/> ernste Beurteilung seiner politischen Lage als pessimistisch gelten zu lassen.<lb/> Ernster Dingen mit ernster Männlichkeit in das Auge zu sehen, ziemt den Deutschen<lb/> und ist zugleich wohl das beste Mittel, etwaigen Gegnern zu sagen, daß uns nichts<lb/> zu überrasche» vermag. Sämtliche Thronreden König Wilhelms des Ersten von<lb/> der Übernahme der Regentschaft bis zum Frühling 1870 sind fast ausnahmlos<lb/> nicht nur ernst, sondern sehr ernst gehalten, und auch wiederum die letzte Thron¬<lb/> rede, die unter seiner Regierung verlesen wurde — am 24. November 1887 —,<lb/> beginnt mit den Worten! „Die Wiederaufnahme der Arbeiten des Reichstags fällt<lb/> in eine ernste Zeit." Über auswärtige Politik wird darin gesagt, daß der<lb/> Kaiser fortgesetzt bemüht sei, den Frieden durch freundschaftliche Beziehungen zu<lb/> allen Mächten durch Verträge und durch Bündnisse zu befestigen, „welche den<lb/> Zweck haben, den Kriegsgefahren vorzubeugen und ungerechten Angriffe»<lb/> gemeinsam entgegenzutreten." Als der ehrwürdige Monarch dann drei Tage später</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0564]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
durch einen Kapitän vertreten gewesen sei." In, dafür können wir doch nichts,
und jeder loyal gesinnte Engländer sollte vom englischen wie vom monarchischen
Standpunkt aus darüber erfreut sein, das; die Tochter des Königs Eduard und
sein Schwiegersohn beim Antritt ihrer neuen norwegischen Königswürde von Deutsch¬
land mit soviel Sympathie begleitet worden sind, die das Erscheinen des jungen
Köuigspciares in der neuen Heimat mit einem den Norwegern ebenso verständlichen
wie erfreulichen Glänze umgeben hat. Es ist bedauerlich, daß in Zeilen, die
wahrlich ernst genug für alle Länder Europas sind, die Politik der europäischen
Großmächte durch solche Spitzfindigkeiten beherrscht wird. Der Schwäbische Merkur
gibt nun der Hoffnung Ausdruck, daß man im Reichstage werde versuchen müssen,
den Enthüllungen des Herrn Delcasse auf den Grund zu gehn. Das wäre wohl
so unpolitisch wie möglich, und der Reichskanzler wird sich dazu schwerlich her¬
geben. Es wäre dies das beste Mittel, die Beruhigung, die in Paris notdürftig
erreicht worden ist, sofort wieder in das Gegenteil zu verwandeln. Bringt uns doch
ohnehin fast jeder Tag neue publizistische Beweise, wie sehr die unbedeutendsten
Funken hinreichen, das in den Pariser Zeitungsredaktionen vorhandne Stroh in
Brand zu setzen und damit dort die öffentliche Meinung zu alarmieren. Die Kon¬
ferenz wird ohnehin noch Zündstoff genug bieten. Im Ernst wird der Schwäbische
Merkur dem Fürsten Bülow doch kaum zutrauen, daß dieser den jetzigen Augen¬
blick sür geeignet erachten könnte, vor den Reichstag zu treten und diesem Geschichten
zu erzählen, die in Paris ein tausendfaches Echo wecken würden. Im Gegenteil
hat die Nation ein Recht, zu erwarten, daß die nationalen Parteien in dieser
delikaten Frage ein den Interessen des Reichs entsprechendes Maß von Takt und
Umsicht an den Tag legen werden.
Manche Äußerungen der Presse sind nun freilich nicht danach angetan, diese
Erwartungen besonders hochzustimmen. Dn ist zum Beispiel ein im übrigen recht
konfuser Artikel der Leipziger Neuesten Nachrichten über „den Pessimismus des
Kaisers," der in eine Art Gegensatz zu dem „Optimismus des Reichskanzlers" gestellt
wird. Als ob eine Thronrede ein Extempore des Monarchen und nicht sorgfältig Wort
für Wort vou allen politisch irgend in Betracht kommenden Stellen tagelang erwogen
wäre! Die Thronrede macht doch in der letzten Instanz der Reichskanzler, und
nicht der Kaiser, wenngleich der Monarch selbstverständlich nicht eine Rede verlesen
wird, mit der er nicht einverstanden wäre. Und als ob die Thronrede irgend
etwas andres enthielte, als was jeder denkende Mensch, der sich mit internationaler
Politik beschäftigt, an den Fingern abzählen kann, und was seit dem Mai und
Juni d. I. den ganzen Sommer lang in allen möglichen Zeitungen, Wochen- und
Monatsschriften nach allen Richtungen hin des langen und breiten traktiert worden
ist! Den Lesern der Grenzboten zum Beispiel kaun der betreffende Passus der
Thronrede schwerlich eine Überraschung gewesen sein. Auch handelt es sich in jenen
Worten nicht um „Pessimismus," sondern nur um „Ernst," und es würde schlimm
um unser deutsches Volk und Laud bestellt sein, wollte man ihm zumuten, jede
ernste Beurteilung seiner politischen Lage als pessimistisch gelten zu lassen.
Ernster Dingen mit ernster Männlichkeit in das Auge zu sehen, ziemt den Deutschen
und ist zugleich wohl das beste Mittel, etwaigen Gegnern zu sagen, daß uns nichts
zu überrasche» vermag. Sämtliche Thronreden König Wilhelms des Ersten von
der Übernahme der Regentschaft bis zum Frühling 1870 sind fast ausnahmlos
nicht nur ernst, sondern sehr ernst gehalten, und auch wiederum die letzte Thron¬
rede, die unter seiner Regierung verlesen wurde — am 24. November 1887 —,
beginnt mit den Worten! „Die Wiederaufnahme der Arbeiten des Reichstags fällt
in eine ernste Zeit." Über auswärtige Politik wird darin gesagt, daß der
Kaiser fortgesetzt bemüht sei, den Frieden durch freundschaftliche Beziehungen zu
allen Mächten durch Verträge und durch Bündnisse zu befestigen, „welche den
Zweck haben, den Kriegsgefahren vorzubeugen und ungerechten Angriffe»
gemeinsam entgegenzutreten." Als der ehrwürdige Monarch dann drei Tage später
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |