Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.Die Tage von Lhcunvlgny und villiers als fiir das seines königlichen Kriegsherrn, aber er war scholl aus praktischen In Paris war schon am Montag und am Dienstag (dem 28. und dem Die Tage von Lhcunvlgny und villiers als fiir das seines königlichen Kriegsherrn, aber er war scholl aus praktischen In Paris war schon am Montag und am Dienstag (dem 28. und dem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0446" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/296457"/> <fw type="header" place="top"> Die Tage von Lhcunvlgny und villiers</fw><lb/> <p xml:id="ID_2397" prev="#ID_2396"> als fiir das seines königlichen Kriegsherrn, aber er war scholl aus praktischen<lb/> Gründen kein mit Menschenleben verschwenderisch umgehender Stratege, und als<lb/> er der dritten und der Maasarinee die nötigen Direktiven erteilt hatte, wird er,<lb/> wie ein besonnener Schachspieler, ohne besondre Erregung dem nächsten Zuge<lb/> seines Geguers mit angenehm spannender Erwartung entgegengesehen haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_2398" next="#ID_2399"> In Paris war schon am Montag und am Dienstag (dem 28. und dem<lb/> 29. November) alles in wildester patriotischer Aufregung: der Stadt und der<lb/> Armee wurden drei Proklamationen zuteil, von denen die des Generals Ducrot<lb/> an die von ihm befehligte zweite Armee eine wenig beneidenswerte Berühmtheit<lb/> erlangt hat. Ihr Verfasser verdankt ihr den Spitznamen: ni I'un ni l'autro,<lb/> und Menschen, denen es nicht gegeben ist, sich in die Situationen andrer hinein-<lb/> zudenken, haben über die Art, wie der General ohne eigentliche Not die Schiffe<lb/> hinter sich abbrennen zu müssen geglaubt hat, sehr hart geurteilt. Ich bekenne,<lb/> daß er meine aufrichtigsten Sympathien um deswillen hat, weil nur die Dema¬<lb/> gogen und die Zivilisten, die den Feldmarschallstab schwingen zu können glaubten,<lb/> vom Grund der Seele aus zuwider sind: ich würde ihm sogar, wenn es dabei<lb/> nicht über unser eignes Fell hätte hergehn müssen, einen Erfolg gegönnt haben,<lb/> weil das die Schreier geärgert und um ein paar Plätze weiter hinuntergerückt<lb/> hätte. Die eine Klippe, gegen die den überzeugten Helden die französische Ge¬<lb/> wohnheit, den Mund voll zu nehmen, getrieben hatte, war beizeiten bemerkt<lb/> und umschifft worden. Er hatte in einer sehr wirksamen Arsis seinen Soldaten<lb/> zugerufen: ?<ZQ8W d, vo8 ob»llM ävvsstÄ, ü, vos tamMo« ruwvos, ö. vo8<lb/> sosurs, u V08 touiiuvs, it vos mörss outraZösL, worauf ihn Trochu, dem in<lb/> seiner Proklamation die für die Verhältnisse überaus bezeichnende Phrase:<lb/> ^vous ig (Zaunes als clAnoni'or enim<zö gelungen war, und dessen Generalstabs-<lb/> chef als vorsichtige und billige Leute darauf aufmerksam machten, daß vom Be¬<lb/> tragen des Feindes bis dahin nichts bekannt worden sei, das die vorgebrachte<lb/> Anklage der Frauenschändung rechtfertige. Die Schwestern, Gattinnen und<lb/> Mütter wurden denn auch in der Tat im Tagesbefehle nicht als ontraAves<lb/> qualifiziert, sondern mußten sich mit einer leichtern Schattierung begnügen: sie<lb/> wurden nur als Äösolöss bezeichnet, und niemand wird sich eines leichten<lb/> Lächelns enthalten können, wenn er liest, daß sich der brave General etwas<lb/> darauf zugute zu tun scheint, daß er, wie er sich ausdrückt, souiioo long-uto das<lb/> schöne äösols an Stelle des bedenklichen outrassci gefunden habe. Die rhetorische<lb/> Perle des Tagesbefehls wollte er sich aber trotz Trochus Zureden nicht ent¬<lb/> reißen lassen. Sie lautet: Zi'our moi, ^ suis bleu rssolu, ^j'su tai8 1s 8srMsut<lb/> (lovemt veins, elevant, ig. uMcm Wut cmtiörs: ^o no routrorai ä^us ?g.ris c^u»<lb/> mort on viotorioux; vous xourre^ nie voir tomdsr, eng,i8 vous rio irre vorrsn<lb/> M8 rseulsr. ^.lors us vous iU'Mös xg.8, wais vou^o^-moi. Es wäre wirklich<lb/> schade gewesen, wenn wir durch Trochus Bedenklichkeit um dieses jeder Chresto¬<lb/> mathie zur Zierde gereichende Stück gekommen wären. Man muß auch billiger¬<lb/> weise bekennen: im Gefecht hat ihn keiner zurückweichen sehen, vielmehr machte<lb/> die Art, wie er am 2. Dezember anf blendend weißem Roß in den vordersten<lb/> Schützenlinien herumgaloppierte, als wüßte er, daß unsre Bohnen ihm und seinem<lb/> Schimmel nicht gefährlich seien, einen geradezu unheimlichen, nu deu fliegenden</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0446]
Die Tage von Lhcunvlgny und villiers
als fiir das seines königlichen Kriegsherrn, aber er war scholl aus praktischen
Gründen kein mit Menschenleben verschwenderisch umgehender Stratege, und als
er der dritten und der Maasarinee die nötigen Direktiven erteilt hatte, wird er,
wie ein besonnener Schachspieler, ohne besondre Erregung dem nächsten Zuge
seines Geguers mit angenehm spannender Erwartung entgegengesehen haben.
In Paris war schon am Montag und am Dienstag (dem 28. und dem
29. November) alles in wildester patriotischer Aufregung: der Stadt und der
Armee wurden drei Proklamationen zuteil, von denen die des Generals Ducrot
an die von ihm befehligte zweite Armee eine wenig beneidenswerte Berühmtheit
erlangt hat. Ihr Verfasser verdankt ihr den Spitznamen: ni I'un ni l'autro,
und Menschen, denen es nicht gegeben ist, sich in die Situationen andrer hinein-
zudenken, haben über die Art, wie der General ohne eigentliche Not die Schiffe
hinter sich abbrennen zu müssen geglaubt hat, sehr hart geurteilt. Ich bekenne,
daß er meine aufrichtigsten Sympathien um deswillen hat, weil nur die Dema¬
gogen und die Zivilisten, die den Feldmarschallstab schwingen zu können glaubten,
vom Grund der Seele aus zuwider sind: ich würde ihm sogar, wenn es dabei
nicht über unser eignes Fell hätte hergehn müssen, einen Erfolg gegönnt haben,
weil das die Schreier geärgert und um ein paar Plätze weiter hinuntergerückt
hätte. Die eine Klippe, gegen die den überzeugten Helden die französische Ge¬
wohnheit, den Mund voll zu nehmen, getrieben hatte, war beizeiten bemerkt
und umschifft worden. Er hatte in einer sehr wirksamen Arsis seinen Soldaten
zugerufen: ?<ZQ8W d, vo8 ob»llM ävvsstÄ, ü, vos tamMo« ruwvos, ö. vo8
sosurs, u V08 touiiuvs, it vos mörss outraZösL, worauf ihn Trochu, dem in
seiner Proklamation die für die Verhältnisse überaus bezeichnende Phrase:
^vous ig (Zaunes als clAnoni'or enim<zö gelungen war, und dessen Generalstabs-
chef als vorsichtige und billige Leute darauf aufmerksam machten, daß vom Be¬
tragen des Feindes bis dahin nichts bekannt worden sei, das die vorgebrachte
Anklage der Frauenschändung rechtfertige. Die Schwestern, Gattinnen und
Mütter wurden denn auch in der Tat im Tagesbefehle nicht als ontraAves
qualifiziert, sondern mußten sich mit einer leichtern Schattierung begnügen: sie
wurden nur als Äösolöss bezeichnet, und niemand wird sich eines leichten
Lächelns enthalten können, wenn er liest, daß sich der brave General etwas
darauf zugute zu tun scheint, daß er, wie er sich ausdrückt, souiioo long-uto das
schöne äösols an Stelle des bedenklichen outrassci gefunden habe. Die rhetorische
Perle des Tagesbefehls wollte er sich aber trotz Trochus Zureden nicht ent¬
reißen lassen. Sie lautet: Zi'our moi, ^ suis bleu rssolu, ^j'su tai8 1s 8srMsut
(lovemt veins, elevant, ig. uMcm Wut cmtiörs: ^o no routrorai ä^us ?g.ris c^u»
mort on viotorioux; vous xourre^ nie voir tomdsr, eng,i8 vous rio irre vorrsn
M8 rseulsr. ^.lors us vous iU'Mös xg.8, wais vou^o^-moi. Es wäre wirklich
schade gewesen, wenn wir durch Trochus Bedenklichkeit um dieses jeder Chresto¬
mathie zur Zierde gereichende Stück gekommen wären. Man muß auch billiger¬
weise bekennen: im Gefecht hat ihn keiner zurückweichen sehen, vielmehr machte
die Art, wie er am 2. Dezember anf blendend weißem Roß in den vordersten
Schützenlinien herumgaloppierte, als wüßte er, daß unsre Bohnen ihm und seinem
Schimmel nicht gefährlich seien, einen geradezu unheimlichen, nu deu fliegenden
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