Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.Salzburg und die Tauernpässe später im Besitz des Staates. Damals fand man das Gold, das in den Quarz¬ Der Bergbau hat auch die ersten Verkehrswege über diese Joche ge¬ Bei Mallnitz vereinigt sich mit diesem Wege der Pfad über den Hoch- Salzburg und die Tauernpässe später im Besitz des Staates. Damals fand man das Gold, das in den Quarz¬ Der Bergbau hat auch die ersten Verkehrswege über diese Joche ge¬ Bei Mallnitz vereinigt sich mit diesem Wege der Pfad über den Hoch- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0371" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/296382"/> <fw type="header" place="top"> Salzburg und die Tauernpässe</fw><lb/> <p xml:id="ID_2150" prev="#ID_2149"> später im Besitz des Staates. Damals fand man das Gold, das in den Quarz¬<lb/> gängen des Gneis und des Granits vorkommt, in der Größe von Bohnen oder<lb/> Lupinen gediegen und reiche Golderze in ganz geringer Tiefe unter der Erd¬<lb/> oberfläche und betrieb deshalb den Bergbau als Schurf- oder Pingenbau nach<lb/> Art von offnen Steinbrüchen. Mit dem Zerfalle des römischen Reichs schlief<lb/> auch der Bergbau in den Tauern ein; erst im achten Jahrhundert begann er<lb/> wieder, im vierzehnten Jahrhundert, als sich auch in Deutschland das Be¬<lb/> dürfnis nach Zahlmitteln stärker geltend machte, erwachte er zu beiden Seiten<lb/> der Hochtauern zu stärkeren Leben, und im sechzehnten Jahrhundert erlangte<lb/> er seine höchste Blüte durch den kapitalistischen Betrieb großer süddeutscher<lb/> Handelshäuser (auch der Fugger, für die Theophrastus Paracelsus tätig war)<lb/> in der Form des Stollenbaus. Die Ausbeute war längere Zeit außerordentlich<lb/> groß, die Gastein „schüttete Gold." Um 1550 wurden in den Hochtauern<lb/> jährlich etwa 18000 Mark Goldes gewonnen, im Salzburgischen allein zwischen<lb/> 1400 und 1500 jährlich 4000 Mark Gold und 8000 Mark Silber, und der<lb/> Anteil des Erzbischofs an der „Krone" belief sich gewöhnlich auf 80000 Dukaten.<lb/> Nach 1550 begann der Verfall, als die Notwendigkeit vorlag, die Stollen<lb/> tiefer zu treiben, und mit der kirchlichen Reaktion viele protestantische Berg¬<lb/> herren und Knappen auswanderten, also zugleich das Bedürfnis nach Betriebs¬<lb/> kapital stieg, und die zur Verfügung stehenden Kapitalien und Arbeitskräfte<lb/> abnahmen. Noch einmal brachte der Erzbischof Hieronymus, der auch eine<lb/> Bergakademie gründen wollte, den Gasteiner Bergbau in die Höhe; er ließ<lb/> den Hieronymusstollen anlegen und machte 1772 bis 1802 wirklich einen<lb/> Reingewinn von 719000 Mark. Aber die österreichische Herrschaft (seit 1815)<lb/> tat hier im Salzburgischen so wenig wie drüben in Kärnten und verkaufte<lb/> schließlich die Gruben am Radhausberge 1870, die in der Rauris 1876.<lb/> Beide Werke bestehn mit geringem Gewinn weiter, die Radhausberggewerk¬<lb/> schaft beschäftigt jetzt fünfzig bis sechzig Arbeiter und produziert jährlich fünf¬<lb/> zehn bis zwanzig Kilogramm Gold.</p><lb/> <p xml:id="ID_2151"> Der Bergbau hat auch die ersten Verkehrswege über diese Joche ge¬<lb/> schaffen, die kaum unter 2500 Meter Seehöhe hinuntersinken. Vom Südende<lb/> des Naßfeldes geht der Pfad zum Mallnitzer oder Kleinen Tauern in zahl¬<lb/> reichen Windungen zwischen zwei Bächen einen steilen Grashang hinauf und<lb/> erreicht an kahlen Schroffen und Karen vorbei die Paßhöhe (2450 Meter),<lb/> zur Linken einen zackigen Felskamm. Hier öffnet sich ein umfassender Blick<lb/> auf die Zentralkette vom Ankogl bis zum Großglockner. Etwas tiefer liegt<lb/> das steinerne Tauernhaus, dessen Glocke bei Nebel und Schneestürmen läutet,<lb/> um den Wandrern die Richtung anzugeben; weiterhin den Grasabhang hinunter<lb/> »ach Mallnitz hinab bezeichnen sie Schneestangen. Doch ist dieser Übergang<lb/> im Winter lawinengefährlich und wird deshalb wenig benutzt.</p><lb/> <p xml:id="ID_2152" next="#ID_2153"> Bei Mallnitz vereinigt sich mit diesem Wege der Pfad über den Hoch-<lb/> (Korn)dauern, und dieselbe Richtung verfolgt die neue Tauernbahn. Schon<lb/> am Eingange des Anlauftales bei Böckstein zeigen Warenhäuser und Kandiren,<lb/> die ihre Artikel wegen der zahlreichen italienischen Arbeiter auch in italienischer<lb/> Sprache ankündigen, die Nähe der Bahnbauteu an; weiterhin sieht man rechts</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0371]
Salzburg und die Tauernpässe
später im Besitz des Staates. Damals fand man das Gold, das in den Quarz¬
gängen des Gneis und des Granits vorkommt, in der Größe von Bohnen oder
Lupinen gediegen und reiche Golderze in ganz geringer Tiefe unter der Erd¬
oberfläche und betrieb deshalb den Bergbau als Schurf- oder Pingenbau nach
Art von offnen Steinbrüchen. Mit dem Zerfalle des römischen Reichs schlief
auch der Bergbau in den Tauern ein; erst im achten Jahrhundert begann er
wieder, im vierzehnten Jahrhundert, als sich auch in Deutschland das Be¬
dürfnis nach Zahlmitteln stärker geltend machte, erwachte er zu beiden Seiten
der Hochtauern zu stärkeren Leben, und im sechzehnten Jahrhundert erlangte
er seine höchste Blüte durch den kapitalistischen Betrieb großer süddeutscher
Handelshäuser (auch der Fugger, für die Theophrastus Paracelsus tätig war)
in der Form des Stollenbaus. Die Ausbeute war längere Zeit außerordentlich
groß, die Gastein „schüttete Gold." Um 1550 wurden in den Hochtauern
jährlich etwa 18000 Mark Goldes gewonnen, im Salzburgischen allein zwischen
1400 und 1500 jährlich 4000 Mark Gold und 8000 Mark Silber, und der
Anteil des Erzbischofs an der „Krone" belief sich gewöhnlich auf 80000 Dukaten.
Nach 1550 begann der Verfall, als die Notwendigkeit vorlag, die Stollen
tiefer zu treiben, und mit der kirchlichen Reaktion viele protestantische Berg¬
herren und Knappen auswanderten, also zugleich das Bedürfnis nach Betriebs¬
kapital stieg, und die zur Verfügung stehenden Kapitalien und Arbeitskräfte
abnahmen. Noch einmal brachte der Erzbischof Hieronymus, der auch eine
Bergakademie gründen wollte, den Gasteiner Bergbau in die Höhe; er ließ
den Hieronymusstollen anlegen und machte 1772 bis 1802 wirklich einen
Reingewinn von 719000 Mark. Aber die österreichische Herrschaft (seit 1815)
tat hier im Salzburgischen so wenig wie drüben in Kärnten und verkaufte
schließlich die Gruben am Radhausberge 1870, die in der Rauris 1876.
Beide Werke bestehn mit geringem Gewinn weiter, die Radhausberggewerk¬
schaft beschäftigt jetzt fünfzig bis sechzig Arbeiter und produziert jährlich fünf¬
zehn bis zwanzig Kilogramm Gold.
Der Bergbau hat auch die ersten Verkehrswege über diese Joche ge¬
schaffen, die kaum unter 2500 Meter Seehöhe hinuntersinken. Vom Südende
des Naßfeldes geht der Pfad zum Mallnitzer oder Kleinen Tauern in zahl¬
reichen Windungen zwischen zwei Bächen einen steilen Grashang hinauf und
erreicht an kahlen Schroffen und Karen vorbei die Paßhöhe (2450 Meter),
zur Linken einen zackigen Felskamm. Hier öffnet sich ein umfassender Blick
auf die Zentralkette vom Ankogl bis zum Großglockner. Etwas tiefer liegt
das steinerne Tauernhaus, dessen Glocke bei Nebel und Schneestürmen läutet,
um den Wandrern die Richtung anzugeben; weiterhin den Grasabhang hinunter
»ach Mallnitz hinab bezeichnen sie Schneestangen. Doch ist dieser Übergang
im Winter lawinengefährlich und wird deshalb wenig benutzt.
Bei Mallnitz vereinigt sich mit diesem Wege der Pfad über den Hoch-
(Korn)dauern, und dieselbe Richtung verfolgt die neue Tauernbahn. Schon
am Eingange des Anlauftales bei Böckstein zeigen Warenhäuser und Kandiren,
die ihre Artikel wegen der zahlreichen italienischen Arbeiter auch in italienischer
Sprache ankündigen, die Nähe der Bahnbauteu an; weiterhin sieht man rechts
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