vielmehr überwiegen große, massive, mehrstöckige Steinhauser, die, soweit sie in der Wölbung der einzelnen Stockwerke, namentlich des Erdgeschosses, in Lnubengüngen und Serpentinsäulen künstlerisch ausgestattet sind, in Tür- und Fenstergewänden, zuweilen auch in einem runden Ecktürmchen die Baukunst der Renaissance verraten, jetzt aber meist in Hotels verwandelt sind, wie der Goldne Adler, das Hotel Müller, die Blaue Traube. Denn hier saßen im sech¬ zehnten Jahrhundert die reichen Bergherren, die Weitmoser, die Strochner, die Rosenberg, die straffer, die Zotten von Neudegg, die Moser u. a., sie bauten sich damals auch ein stattliches Gewerkenhaus mit zwei runden Ecktürmchen, das jetzige Militnrkrankenhaus am südlichen Ausgange des Ortes, und einer von ihnen, Christoph Weitmoser, der eine Goldgrube mit 100 Talern anfing und dann jeder seiner vier Töchter 75000 Taler mitgab (geht. 1558), errichtete sich sogar das "Weitmoserschlössel," dessen hohes Dach zwischen zwei runden Türmen von der Westseite des Tals auf Hof-Gastein herniederschaut. Künstlerisch haben diese Bergherren auch ihre Leichensteine an der Mauer der alten spitztürmigen Kirche mitten im Orte ausstatten lassen; in rotem Marmor sind Namen und Familienwappen zierlich gemeißelt, und auf den meisten steht darunter ein Spruch aus Luthers Bibelübersetzung. Denn die Männer, denen sie gesetzt wurden, waren selbständige Köpfe; wie sie über die gemeine Notdurft hinaus der künstlerische" Bewegung folgten, die auf deu ihnen so Wohl bekannten Berg¬ pfaden aus Italien herüberflutete, so nahmen sie auch die Lehre des großen Bergmannssohns an, die von norddeutschen, namentlich sächsischen Bergknappen getragen in ihr weltfernes und doch so verkehrsreiches Bergtal drang; sie haben, seiner Mahnung folgend, sogar eine Zeit lang eine lateinische Schule für ihre Söhne unterhalten, und Erasmus Weitmoser war einer der Führer des salzburgischen Bauernkriegs, der weit mehr als ein Bauernkrieg war, ein Freiheitskampf gegen die erzbischöfliche Herrschaft. Doch der Protestantismus des Tales wurde niedergetreten, die uberzeugungstreuesten Lutheraner wanderten allmählich ans, noch im Jahre 1731 ihrer gegen tausend, und heute sind die Grabsteine der alten lutherischen Bergherren auch die Grabsteine des Gasteiner Protestantismus. Aber mit dem Ende des sechzehnten Jahrhunderts schwand auch der reiche Bergsegen; heute erinnert an ihn nur noch das Wappen von Hof-Gastein, Schlegel und Bohrer im goldnen und silbernen Felde. Was der Markt mit seinen 800 bis 900 Einwohnern jetzt noch ist, das verdankt er der Röhrenleitung, die seit 1828 das Thermalwasser von Wildbad Gastein hierher führt. Seitdem sind zahlreiche Miet- und Badehäuser auch in Hof-Gastein entstanden. Ladislaus Pyrker, Erzbischof von Erlau in Ungarn (1827 bis 1847), hat das ehemalige Gewerkenhaus 1832 in ein Militärhospital verwandelt und siüuti miliwrn geweiht, und schräg gegenüber hat noch 1872 der Berliner Bankier Magnus Hermann ein kleineres Haus demselben Zwecke bestimmt. Was Hof-Gastein als Badeort fehlt, das sind schattige Spaziergänge, denn das Tal ist hier weit und sonnig. Schluß folgt)
vielmehr überwiegen große, massive, mehrstöckige Steinhauser, die, soweit sie in der Wölbung der einzelnen Stockwerke, namentlich des Erdgeschosses, in Lnubengüngen und Serpentinsäulen künstlerisch ausgestattet sind, in Tür- und Fenstergewänden, zuweilen auch in einem runden Ecktürmchen die Baukunst der Renaissance verraten, jetzt aber meist in Hotels verwandelt sind, wie der Goldne Adler, das Hotel Müller, die Blaue Traube. Denn hier saßen im sech¬ zehnten Jahrhundert die reichen Bergherren, die Weitmoser, die Strochner, die Rosenberg, die straffer, die Zotten von Neudegg, die Moser u. a., sie bauten sich damals auch ein stattliches Gewerkenhaus mit zwei runden Ecktürmchen, das jetzige Militnrkrankenhaus am südlichen Ausgange des Ortes, und einer von ihnen, Christoph Weitmoser, der eine Goldgrube mit 100 Talern anfing und dann jeder seiner vier Töchter 75000 Taler mitgab (geht. 1558), errichtete sich sogar das „Weitmoserschlössel," dessen hohes Dach zwischen zwei runden Türmen von der Westseite des Tals auf Hof-Gastein herniederschaut. Künstlerisch haben diese Bergherren auch ihre Leichensteine an der Mauer der alten spitztürmigen Kirche mitten im Orte ausstatten lassen; in rotem Marmor sind Namen und Familienwappen zierlich gemeißelt, und auf den meisten steht darunter ein Spruch aus Luthers Bibelübersetzung. Denn die Männer, denen sie gesetzt wurden, waren selbständige Köpfe; wie sie über die gemeine Notdurft hinaus der künstlerische» Bewegung folgten, die auf deu ihnen so Wohl bekannten Berg¬ pfaden aus Italien herüberflutete, so nahmen sie auch die Lehre des großen Bergmannssohns an, die von norddeutschen, namentlich sächsischen Bergknappen getragen in ihr weltfernes und doch so verkehrsreiches Bergtal drang; sie haben, seiner Mahnung folgend, sogar eine Zeit lang eine lateinische Schule für ihre Söhne unterhalten, und Erasmus Weitmoser war einer der Führer des salzburgischen Bauernkriegs, der weit mehr als ein Bauernkrieg war, ein Freiheitskampf gegen die erzbischöfliche Herrschaft. Doch der Protestantismus des Tales wurde niedergetreten, die uberzeugungstreuesten Lutheraner wanderten allmählich ans, noch im Jahre 1731 ihrer gegen tausend, und heute sind die Grabsteine der alten lutherischen Bergherren auch die Grabsteine des Gasteiner Protestantismus. Aber mit dem Ende des sechzehnten Jahrhunderts schwand auch der reiche Bergsegen; heute erinnert an ihn nur noch das Wappen von Hof-Gastein, Schlegel und Bohrer im goldnen und silbernen Felde. Was der Markt mit seinen 800 bis 900 Einwohnern jetzt noch ist, das verdankt er der Röhrenleitung, die seit 1828 das Thermalwasser von Wildbad Gastein hierher führt. Seitdem sind zahlreiche Miet- und Badehäuser auch in Hof-Gastein entstanden. Ladislaus Pyrker, Erzbischof von Erlau in Ungarn (1827 bis 1847), hat das ehemalige Gewerkenhaus 1832 in ein Militärhospital verwandelt und siüuti miliwrn geweiht, und schräg gegenüber hat noch 1872 der Berliner Bankier Magnus Hermann ein kleineres Haus demselben Zwecke bestimmt. Was Hof-Gastein als Badeort fehlt, das sind schattige Spaziergänge, denn das Tal ist hier weit und sonnig. Schluß folgt)
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[0318]
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in der Wölbung der einzelnen Stockwerke, namentlich des Erdgeschosses, in
Lnubengüngen und Serpentinsäulen künstlerisch ausgestattet sind, in Tür- und
Fenstergewänden, zuweilen auch in einem runden Ecktürmchen die Baukunst
der Renaissance verraten, jetzt aber meist in Hotels verwandelt sind, wie der
Goldne Adler, das Hotel Müller, die Blaue Traube. Denn hier saßen im sech¬
zehnten Jahrhundert die reichen Bergherren, die Weitmoser, die Strochner, die
Rosenberg, die straffer, die Zotten von Neudegg, die Moser u. a., sie bauten
sich damals auch ein stattliches Gewerkenhaus mit zwei runden Ecktürmchen, das
jetzige Militnrkrankenhaus am südlichen Ausgange des Ortes, und einer von
ihnen, Christoph Weitmoser, der eine Goldgrube mit 100 Talern anfing und
dann jeder seiner vier Töchter 75000 Taler mitgab (geht. 1558), errichtete sich
sogar das „Weitmoserschlössel," dessen hohes Dach zwischen zwei runden Türmen
von der Westseite des Tals auf Hof-Gastein herniederschaut. Künstlerisch haben
diese Bergherren auch ihre Leichensteine an der Mauer der alten spitztürmigen
Kirche mitten im Orte ausstatten lassen; in rotem Marmor sind Namen und
Familienwappen zierlich gemeißelt, und auf den meisten steht darunter ein
Spruch aus Luthers Bibelübersetzung. Denn die Männer, denen sie gesetzt
wurden, waren selbständige Köpfe; wie sie über die gemeine Notdurft hinaus
der künstlerische» Bewegung folgten, die auf deu ihnen so Wohl bekannten Berg¬
pfaden aus Italien herüberflutete, so nahmen sie auch die Lehre des großen
Bergmannssohns an, die von norddeutschen, namentlich sächsischen Bergknappen
getragen in ihr weltfernes und doch so verkehrsreiches Bergtal drang; sie
haben, seiner Mahnung folgend, sogar eine Zeit lang eine lateinische Schule
für ihre Söhne unterhalten, und Erasmus Weitmoser war einer der Führer
des salzburgischen Bauernkriegs, der weit mehr als ein Bauernkrieg war, ein
Freiheitskampf gegen die erzbischöfliche Herrschaft. Doch der Protestantismus
des Tales wurde niedergetreten, die uberzeugungstreuesten Lutheraner wanderten
allmählich ans, noch im Jahre 1731 ihrer gegen tausend, und heute sind die
Grabsteine der alten lutherischen Bergherren auch die Grabsteine des Gasteiner
Protestantismus. Aber mit dem Ende des sechzehnten Jahrhunderts schwand
auch der reiche Bergsegen; heute erinnert an ihn nur noch das Wappen von
Hof-Gastein, Schlegel und Bohrer im goldnen und silbernen Felde. Was der
Markt mit seinen 800 bis 900 Einwohnern jetzt noch ist, das verdankt er der
Röhrenleitung, die seit 1828 das Thermalwasser von Wildbad Gastein hierher
führt. Seitdem sind zahlreiche Miet- und Badehäuser auch in Hof-Gastein
entstanden. Ladislaus Pyrker, Erzbischof von Erlau in Ungarn (1827 bis 1847),
hat das ehemalige Gewerkenhaus 1832 in ein Militärhospital verwandelt und
siüuti miliwrn geweiht, und schräg gegenüber hat noch 1872 der Berliner
Bankier Magnus Hermann ein kleineres Haus demselben Zwecke bestimmt. Was
Hof-Gastein als Badeort fehlt, das sind schattige Spaziergänge, denn das Tal
ist hier weit und sonnig. Schluß folgt)
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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296010/318>, abgerufen am 15.01.2025.
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