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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

lands noch kann der Ausbau unsrer Flotte, der doch wahrhaftig langsam genng
vor sich geht, Gegenstand irgendeiner Vertragsbindung zwischen den beiden Ländern
sein, und so werden die Ursachen der Verstimmung, auch wenn sie an sich noch so
ungerechtfertigt sind, bestehn bleiben, bis drüben endlich einmal eine bessere Ein¬
sicht Platz greift, oder bis England findet, daß es in seinem politischen Interesse liegt,
sich Deutschland zu nähern. Der van^ rolvgrapb sagt in seinem Artikel- "Der
Status quo paßt uns allen und sollte anch Deutschland passen, und wenn Deutsch¬
land mit dem Bilde zufrieden ist, das heute der Atlas bietet, so liegt
kein Grund vor, warum nicht ein ebenso herzliches Einvernehmen zwischen Gro߬
britannien und Deutschland begründet werden sollte, wie es heute schon zwischen
Großbritannien und Frankreich und Großbritannien und den Vereinigten Staaten
besteht, und wie es hoffentlich mit Rußland zustande kommen wird. Unser Wunsch
richtet sich auf Frieden mit der ganzen Welt, und falls Deutschland dieses Be¬
streben teilt, dann ist ein englisch-deutsches Einvernehmen schon vorhanden."

Es klingt auch durch diese scheinbar freundlich entgegenkommenden Wendungen
das Mißtrauen, das die Engländer für die Erhaltung des staws <zuo in Europa
nicht nur selbst gegen Deutschland hegen, sondern auch überall zu verbreiten suchen.
Englische Zeitungen nicht nur, sondern akkreditierte englische Diplomaten sind es
gewesen, die den Verdacht gegen Deutschland genährt haben, daß es ans die Annexion
der deutsch-österreichischen Landesteile ausgehe, und das englisch-französische Ein¬
vernehmen ist andern Mächten gegenüber mit der Notwendigkeit motiviert worden,
daß diesem deutschen Lauterburger rechtzeitig vorgebeugt werden müsse durch Ma߬
nahmen zur Erhaltung des durch Deutschland bedrohten europäischen Gleichgewichts.
Solange inspirierte englische Preßstimmen in dieser Frage noch mit Wenn oder Aber
kommen -- "wenn Deutschland mit dem Bilde zufrieden ist, das heute der Atlas
bietet" --, so lange ist drüben noch ein Mißtrauen vorhanden, oder es wird ein
solches vorgeschützt, weil man auch ferner antideutsche Politik treiben will. Der König
sowohl wie Lord Lansdowne wissen ganz genau, daß das heutige Deutschland gar
"icht daran denkt, auch nur einen Zoll breit österreichischen Bodens zu erwerben,
daß im Gegenteil Deutschland alle seine Bemühungen auf die Erhaltung des heutigen
Osterreich richten würde, falls dessen Integrität von irgendeiner Seite her bedroht
werden sollte. Solche Andeutungen in der Presse geschehen darum wider besseres
Wissen, und solange diese "Wenn" und "Aber" nicht aus der britischen Politik ver¬
schwinden -- wohl verstanden: Wenn und Aber, die unmittelbare britische Interessen
gar nicht berühren --, so lange wird auch ein ehrliches Einvernehmen zwischen den
beiden Mächten nicht möglich sein. England würde es ja gewiß als eine große
Unbequemlichkeit empfinden, wenn Trieft und der Kriegshafen von Pola jemals in
deutsche Hände kämen, und Deutschland damit Mittelmeermacht würde, und einige
Übertreibungen in deutschen Blättern, die Trieft als zweites Hamburg reklamierten,
"logen Anlaß dazu geboten haben, Mißtrauen in dieser Beziehung in England zu
wecken und in weitere Kreise zu tragen. Aber es ist doch sehr fraglich, ob dieser
Besitz, auch wenn er Deutschland jemals zufiele, für Deutschland wirklich von Nutzen
und Vorteil sein würde. Immerhin würde er unsre Reibungsflächen ganz bedeutend
vergrößern und vermehren und uns militärisch zu Lande und zur See sehr große Opfer
auferlegen. Die deutsche Politik ist aber jedenfalls von dem ehrlichen Wunsche und
der festen Absicht geleitet, alles zu tun, dem österreichischen Länderbesitz den staws vno
für die Dauer zu erhalten, und wenn England keine andern Sorgen wegen des
Bildes hat, das der Atlas heute bietet, so mag es sich dazu beglückwünschen. Im
"brigen ist Kaiser Wilhelms Initiative zur Rückberufung der europäischen Truppen
"us China doch dazu angetan, die Engländer von einem wesentlichen Alpdruck zu
befreien, der seit Jahren auf ihnen lastete. Bei der fortschreitenden Konsolidierung
Chinas und seines Heeres hätte die Fortdauer dieser partiellen Okkupation keinen
Zweck mehr, sondern enthielt eher eine Gefahr. Der deutsche Antrag kommt somit
ebenso den Empfindungen des chinesischen Hofes wie dem europäischen Interesse im


Maßgebliches und Unmaßgebliches

lands noch kann der Ausbau unsrer Flotte, der doch wahrhaftig langsam genng
vor sich geht, Gegenstand irgendeiner Vertragsbindung zwischen den beiden Ländern
sein, und so werden die Ursachen der Verstimmung, auch wenn sie an sich noch so
ungerechtfertigt sind, bestehn bleiben, bis drüben endlich einmal eine bessere Ein¬
sicht Platz greift, oder bis England findet, daß es in seinem politischen Interesse liegt,
sich Deutschland zu nähern. Der van^ rolvgrapb sagt in seinem Artikel- „Der
Status quo paßt uns allen und sollte anch Deutschland passen, und wenn Deutsch¬
land mit dem Bilde zufrieden ist, das heute der Atlas bietet, so liegt
kein Grund vor, warum nicht ein ebenso herzliches Einvernehmen zwischen Gro߬
britannien und Deutschland begründet werden sollte, wie es heute schon zwischen
Großbritannien und Frankreich und Großbritannien und den Vereinigten Staaten
besteht, und wie es hoffentlich mit Rußland zustande kommen wird. Unser Wunsch
richtet sich auf Frieden mit der ganzen Welt, und falls Deutschland dieses Be¬
streben teilt, dann ist ein englisch-deutsches Einvernehmen schon vorhanden."

Es klingt auch durch diese scheinbar freundlich entgegenkommenden Wendungen
das Mißtrauen, das die Engländer für die Erhaltung des staws <zuo in Europa
nicht nur selbst gegen Deutschland hegen, sondern auch überall zu verbreiten suchen.
Englische Zeitungen nicht nur, sondern akkreditierte englische Diplomaten sind es
gewesen, die den Verdacht gegen Deutschland genährt haben, daß es ans die Annexion
der deutsch-österreichischen Landesteile ausgehe, und das englisch-französische Ein¬
vernehmen ist andern Mächten gegenüber mit der Notwendigkeit motiviert worden,
daß diesem deutschen Lauterburger rechtzeitig vorgebeugt werden müsse durch Ma߬
nahmen zur Erhaltung des durch Deutschland bedrohten europäischen Gleichgewichts.
Solange inspirierte englische Preßstimmen in dieser Frage noch mit Wenn oder Aber
kommen — „wenn Deutschland mit dem Bilde zufrieden ist, das heute der Atlas
bietet" —, so lange ist drüben noch ein Mißtrauen vorhanden, oder es wird ein
solches vorgeschützt, weil man auch ferner antideutsche Politik treiben will. Der König
sowohl wie Lord Lansdowne wissen ganz genau, daß das heutige Deutschland gar
"icht daran denkt, auch nur einen Zoll breit österreichischen Bodens zu erwerben,
daß im Gegenteil Deutschland alle seine Bemühungen auf die Erhaltung des heutigen
Osterreich richten würde, falls dessen Integrität von irgendeiner Seite her bedroht
werden sollte. Solche Andeutungen in der Presse geschehen darum wider besseres
Wissen, und solange diese „Wenn" und „Aber" nicht aus der britischen Politik ver¬
schwinden — wohl verstanden: Wenn und Aber, die unmittelbare britische Interessen
gar nicht berühren —, so lange wird auch ein ehrliches Einvernehmen zwischen den
beiden Mächten nicht möglich sein. England würde es ja gewiß als eine große
Unbequemlichkeit empfinden, wenn Trieft und der Kriegshafen von Pola jemals in
deutsche Hände kämen, und Deutschland damit Mittelmeermacht würde, und einige
Übertreibungen in deutschen Blättern, die Trieft als zweites Hamburg reklamierten,
"logen Anlaß dazu geboten haben, Mißtrauen in dieser Beziehung in England zu
wecken und in weitere Kreise zu tragen. Aber es ist doch sehr fraglich, ob dieser
Besitz, auch wenn er Deutschland jemals zufiele, für Deutschland wirklich von Nutzen
und Vorteil sein würde. Immerhin würde er unsre Reibungsflächen ganz bedeutend
vergrößern und vermehren und uns militärisch zu Lande und zur See sehr große Opfer
auferlegen. Die deutsche Politik ist aber jedenfalls von dem ehrlichen Wunsche und
der festen Absicht geleitet, alles zu tun, dem österreichischen Länderbesitz den staws vno
für die Dauer zu erhalten, und wenn England keine andern Sorgen wegen des
Bildes hat, das der Atlas heute bietet, so mag es sich dazu beglückwünschen. Im
"brigen ist Kaiser Wilhelms Initiative zur Rückberufung der europäischen Truppen
"us China doch dazu angetan, die Engländer von einem wesentlichen Alpdruck zu
befreien, der seit Jahren auf ihnen lastete. Bei der fortschreitenden Konsolidierung
Chinas und seines Heeres hätte die Fortdauer dieser partiellen Okkupation keinen
Zweck mehr, sondern enthielt eher eine Gefahr. Der deutsche Antrag kommt somit
ebenso den Empfindungen des chinesischen Hofes wie dem europäischen Interesse im


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[0287] Maßgebliches und Unmaßgebliches lands noch kann der Ausbau unsrer Flotte, der doch wahrhaftig langsam genng vor sich geht, Gegenstand irgendeiner Vertragsbindung zwischen den beiden Ländern sein, und so werden die Ursachen der Verstimmung, auch wenn sie an sich noch so ungerechtfertigt sind, bestehn bleiben, bis drüben endlich einmal eine bessere Ein¬ sicht Platz greift, oder bis England findet, daß es in seinem politischen Interesse liegt, sich Deutschland zu nähern. Der van^ rolvgrapb sagt in seinem Artikel- „Der Status quo paßt uns allen und sollte anch Deutschland passen, und wenn Deutsch¬ land mit dem Bilde zufrieden ist, das heute der Atlas bietet, so liegt kein Grund vor, warum nicht ein ebenso herzliches Einvernehmen zwischen Gro߬ britannien und Deutschland begründet werden sollte, wie es heute schon zwischen Großbritannien und Frankreich und Großbritannien und den Vereinigten Staaten besteht, und wie es hoffentlich mit Rußland zustande kommen wird. Unser Wunsch richtet sich auf Frieden mit der ganzen Welt, und falls Deutschland dieses Be¬ streben teilt, dann ist ein englisch-deutsches Einvernehmen schon vorhanden." Es klingt auch durch diese scheinbar freundlich entgegenkommenden Wendungen das Mißtrauen, das die Engländer für die Erhaltung des staws <zuo in Europa nicht nur selbst gegen Deutschland hegen, sondern auch überall zu verbreiten suchen. Englische Zeitungen nicht nur, sondern akkreditierte englische Diplomaten sind es gewesen, die den Verdacht gegen Deutschland genährt haben, daß es ans die Annexion der deutsch-österreichischen Landesteile ausgehe, und das englisch-französische Ein¬ vernehmen ist andern Mächten gegenüber mit der Notwendigkeit motiviert worden, daß diesem deutschen Lauterburger rechtzeitig vorgebeugt werden müsse durch Ma߬ nahmen zur Erhaltung des durch Deutschland bedrohten europäischen Gleichgewichts. Solange inspirierte englische Preßstimmen in dieser Frage noch mit Wenn oder Aber kommen — „wenn Deutschland mit dem Bilde zufrieden ist, das heute der Atlas bietet" —, so lange ist drüben noch ein Mißtrauen vorhanden, oder es wird ein solches vorgeschützt, weil man auch ferner antideutsche Politik treiben will. Der König sowohl wie Lord Lansdowne wissen ganz genau, daß das heutige Deutschland gar "icht daran denkt, auch nur einen Zoll breit österreichischen Bodens zu erwerben, daß im Gegenteil Deutschland alle seine Bemühungen auf die Erhaltung des heutigen Osterreich richten würde, falls dessen Integrität von irgendeiner Seite her bedroht werden sollte. Solche Andeutungen in der Presse geschehen darum wider besseres Wissen, und solange diese „Wenn" und „Aber" nicht aus der britischen Politik ver¬ schwinden — wohl verstanden: Wenn und Aber, die unmittelbare britische Interessen gar nicht berühren —, so lange wird auch ein ehrliches Einvernehmen zwischen den beiden Mächten nicht möglich sein. England würde es ja gewiß als eine große Unbequemlichkeit empfinden, wenn Trieft und der Kriegshafen von Pola jemals in deutsche Hände kämen, und Deutschland damit Mittelmeermacht würde, und einige Übertreibungen in deutschen Blättern, die Trieft als zweites Hamburg reklamierten, "logen Anlaß dazu geboten haben, Mißtrauen in dieser Beziehung in England zu wecken und in weitere Kreise zu tragen. Aber es ist doch sehr fraglich, ob dieser Besitz, auch wenn er Deutschland jemals zufiele, für Deutschland wirklich von Nutzen und Vorteil sein würde. Immerhin würde er unsre Reibungsflächen ganz bedeutend vergrößern und vermehren und uns militärisch zu Lande und zur See sehr große Opfer auferlegen. Die deutsche Politik ist aber jedenfalls von dem ehrlichen Wunsche und der festen Absicht geleitet, alles zu tun, dem österreichischen Länderbesitz den staws vno für die Dauer zu erhalten, und wenn England keine andern Sorgen wegen des Bildes hat, das der Atlas heute bietet, so mag es sich dazu beglückwünschen. Im "brigen ist Kaiser Wilhelms Initiative zur Rückberufung der europäischen Truppen "us China doch dazu angetan, die Engländer von einem wesentlichen Alpdruck zu befreien, der seit Jahren auf ihnen lastete. Bei der fortschreitenden Konsolidierung Chinas und seines Heeres hätte die Fortdauer dieser partiellen Okkupation keinen Zweck mehr, sondern enthielt eher eine Gefahr. Der deutsche Antrag kommt somit ebenso den Empfindungen des chinesischen Hofes wie dem europäischen Interesse im

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296010/287>, abgerufen am 15.01.2025.