Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.Salzburg und die Tauernpcisse an. Die Ruinen auf dem tiefer liegenden breitern Plateau am Nordende des So zahlreiche und mannigfaltige Baudenkmäler verraten eine bedeutende Salzburg und die Tauernpcisse an. Die Ruinen auf dem tiefer liegenden breitern Plateau am Nordende des So zahlreiche und mannigfaltige Baudenkmäler verraten eine bedeutende <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0252" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/296263"/> <fw type="header" place="top"> Salzburg und die Tauernpcisse</fw><lb/> <p xml:id="ID_1485" prev="#ID_1484"> an. Die Ruinen auf dem tiefer liegenden breitern Plateau am Nordende des<lb/> Hügels sind die Reste des Schlusses Lavaut, eines Baues aus dem Ende des<lb/> Mittelalters und der Renaissancezeit, wo die Bischöfe von Lavcmt, die meist<lb/> zugleich Salzburgische Vizedome von Friesach waren, zu wohnen pflegten. Von<lb/> der Höhe des Petersberges aus übersieht man das weite fruchtbare Metnitztal<lb/> mit den dunkeln Waldbergen der Ostseite, hinter denen noch heute wie in der<lb/> Römerzeit um Zeltschach und Hüttcuberg der Eiscnbergban blüht, und wo drei<lb/> Viertel des gesamten in Körnten produzierten Eisens gewonnen werden; man<lb/> schaut hinunter auf die malerische Stadt, auf das neue Lcwanter Schloß, den<lb/> Sitz der Verwalter der Herrschaft Lavard, und hinüber nach demi Geiersberge<lb/> im Norden, anf dem inmitten der Reste eines dreifachen Mauerrings aus<lb/> Gärten heraus ein viereckiger Streitturm aus dem zwölften Jahrhundert mit<lb/> einer Renaissnncekapclle der heiligen Anna ragt, der Schutzpatronin des Berg¬<lb/> baus. Ehemals war der Geiersberg wahrscheinlich mit den Festungswerken<lb/> der Stadt verbunden, die ursprünglich sicherlich das Dominikanerkloster mit<lb/> einschlossen und erst später enger gezogen wurden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1486"> So zahlreiche und mannigfaltige Baudenkmäler verraten eine bedeutende<lb/> Geschichte. In der Tat war Friesnch mich in dieser Beziehung ein ver¬<lb/> kleinertes Abbild von Salzburg. Es war ein geistlicher Mittelpunkt als Sitz<lb/> ansehnlicher Kirchen und Klöster, es war seit 1042 das Verwaltungszentrum<lb/> der erzbischöflichen Herrschaft Fricsach, die im Osten das große Hnttenbcrger<lb/> Revier bis an die Seetaler Alpen umfaßte, im Westen die Täter der Gurk<lb/> und der Mctnitz bis über Gurk und Metnitz hinaus einschloß, im Süden bis<lb/> an das Krapfeld, im Norden bis an die jetzige steirisch-kürntische Grenze reichte,<lb/> im ganzen ein Gebiet von etwa zehn Quadratmeilen. Es war weiter ein<lb/> wirtschaftlicher Mittelpunkt für den Verkehr zwischen dem Norden und dein<lb/> Süden und für den heimischen Bergbau auf Eisen und Silber, an dessen ehe¬<lb/> malige größere Ausdehnung noch zahlreiche Schlackenhalden und verbrochne<lb/> Stollen an der Ostseite des Metnitztales erinnern. Der Ertrag an Silber<lb/> (aus den Gruben bei Zeltschach) war im Mittelalter so bedeutend, daß Friesach<lb/> die wichtigste Münzstätte wurde, wo auch die Patriarchen von Aquileja und<lb/> die Herzöge von Österreich prägen ließen, und daß die Friesacher „Silber-<lb/> pfennigc," von denen sechzig auf einen Gulden gingen, die Carantcini, ein<lb/> wichtiges Zahlmittel für den Verkehr mit Oberitalien waren. Daß Friesach<lb/> 1016 mit dem Münzrecht auch das Markt- und Zollrecht empfing, hat neben<lb/> seiner Lage an dieser großen Linie, an der „Eisenstraße," seine Verkehrs¬<lb/> bedeutung begründet, die in der Kreuzzugszeit, als Venedig seit 1204 der<lb/> Mittelpunkt des Levantehandels wurde, ihre Höhe erreichte. Hier vorüber<lb/> gingen das Eisen und das Salz der Ostalpen nach dem Süden, die Boden-<lb/> und Gewerbeprodukte der Mittelmeerlünder nach dem Norden. Hier bestand<lb/> schon 1038 ein Hospital, dessen kleine Kirche zu den zwölf Aposteln, jetzt<lb/> in ein Theater umgewandelt, noch heute steht; hier gründete Erzbischof Konrad<lb/> um 1130 ein andres für Reisende; hier hatte der Deutsche Ritterorden schon<lb/> an 1230 eine Niederlassung mit Hospital, und sie existiert in verwandelter<lb/> Form noch heute als Krankenhaus desselben Ordens.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0252]
Salzburg und die Tauernpcisse
an. Die Ruinen auf dem tiefer liegenden breitern Plateau am Nordende des
Hügels sind die Reste des Schlusses Lavaut, eines Baues aus dem Ende des
Mittelalters und der Renaissancezeit, wo die Bischöfe von Lavcmt, die meist
zugleich Salzburgische Vizedome von Friesach waren, zu wohnen pflegten. Von
der Höhe des Petersberges aus übersieht man das weite fruchtbare Metnitztal
mit den dunkeln Waldbergen der Ostseite, hinter denen noch heute wie in der
Römerzeit um Zeltschach und Hüttcuberg der Eiscnbergban blüht, und wo drei
Viertel des gesamten in Körnten produzierten Eisens gewonnen werden; man
schaut hinunter auf die malerische Stadt, auf das neue Lcwanter Schloß, den
Sitz der Verwalter der Herrschaft Lavard, und hinüber nach demi Geiersberge
im Norden, anf dem inmitten der Reste eines dreifachen Mauerrings aus
Gärten heraus ein viereckiger Streitturm aus dem zwölften Jahrhundert mit
einer Renaissnncekapclle der heiligen Anna ragt, der Schutzpatronin des Berg¬
baus. Ehemals war der Geiersberg wahrscheinlich mit den Festungswerken
der Stadt verbunden, die ursprünglich sicherlich das Dominikanerkloster mit
einschlossen und erst später enger gezogen wurden.
So zahlreiche und mannigfaltige Baudenkmäler verraten eine bedeutende
Geschichte. In der Tat war Friesnch mich in dieser Beziehung ein ver¬
kleinertes Abbild von Salzburg. Es war ein geistlicher Mittelpunkt als Sitz
ansehnlicher Kirchen und Klöster, es war seit 1042 das Verwaltungszentrum
der erzbischöflichen Herrschaft Fricsach, die im Osten das große Hnttenbcrger
Revier bis an die Seetaler Alpen umfaßte, im Westen die Täter der Gurk
und der Mctnitz bis über Gurk und Metnitz hinaus einschloß, im Süden bis
an das Krapfeld, im Norden bis an die jetzige steirisch-kürntische Grenze reichte,
im ganzen ein Gebiet von etwa zehn Quadratmeilen. Es war weiter ein
wirtschaftlicher Mittelpunkt für den Verkehr zwischen dem Norden und dein
Süden und für den heimischen Bergbau auf Eisen und Silber, an dessen ehe¬
malige größere Ausdehnung noch zahlreiche Schlackenhalden und verbrochne
Stollen an der Ostseite des Metnitztales erinnern. Der Ertrag an Silber
(aus den Gruben bei Zeltschach) war im Mittelalter so bedeutend, daß Friesach
die wichtigste Münzstätte wurde, wo auch die Patriarchen von Aquileja und
die Herzöge von Österreich prägen ließen, und daß die Friesacher „Silber-
pfennigc," von denen sechzig auf einen Gulden gingen, die Carantcini, ein
wichtiges Zahlmittel für den Verkehr mit Oberitalien waren. Daß Friesach
1016 mit dem Münzrecht auch das Markt- und Zollrecht empfing, hat neben
seiner Lage an dieser großen Linie, an der „Eisenstraße," seine Verkehrs¬
bedeutung begründet, die in der Kreuzzugszeit, als Venedig seit 1204 der
Mittelpunkt des Levantehandels wurde, ihre Höhe erreichte. Hier vorüber
gingen das Eisen und das Salz der Ostalpen nach dem Süden, die Boden-
und Gewerbeprodukte der Mittelmeerlünder nach dem Norden. Hier bestand
schon 1038 ein Hospital, dessen kleine Kirche zu den zwölf Aposteln, jetzt
in ein Theater umgewandelt, noch heute steht; hier gründete Erzbischof Konrad
um 1130 ein andres für Reisende; hier hatte der Deutsche Ritterorden schon
an 1230 eine Niederlassung mit Hospital, und sie existiert in verwandelter
Form noch heute als Krankenhaus desselben Ordens.
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