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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.

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Salzburg und die Tauernpcisse

im zeitgenössischen Amerika, sondern in dein von Kleinstaaterei zerrissenen
Deutschland von 1830. Die wirtschaftliche Lebensfähigkeit war richtig erkannt
worden, aber einen solchen Erfolg hat auch der Gründer Bremerhavens sicherlich
nicht geahnt. Die ganze bremische Seehandelsslotte maß 1825 16100 Tonnen.
Heute gibt es ein Bremer Schiff, den Lloyddnmpfer "Kronprinz Wilhelm," der
mit 14900 Tonnen nahezu so groß ist wie damals die ganze bremische Handels¬
flotte! Die letzte aber hat heute einen Tonnengehalt von 1012000, sie ist
also dreiundsechzigmal so groß wie damals.

Die Blüte der Weserhäfen ist aber zugleich die Folge des außerordentlichen
Emporkommens der deutschen Industrie und des deutschen Handels und Verkehrs.
Hamburg und Bremen sind die hauptsächlichsten Vermittler unsrer lebendigen
Teilnahme an der Weltwirtschaft. Deshalb sei beiden zum Heile des Ganzen
ein glückliches Fortschreiten auf ihrer Bahn gewünscht!




Salzburg und die Tauernpässe
v Veto Raemmel on 2

und für diese kirchlichen Beziehungen war die Herrschaft Salz¬
burgs über die Tauernpässe wichtig, und sie wurde wiederum
lange Zeit nur durch das ausgedehnte weltliche Gebiet verbürgt.
Dessen Verfassung hat sich ans denselben Grundlagen und in
denselben Richtungen entwickelt wie in allen andern geistlichen
Territorien. Schon im zehnten Jahrhundert wirkte neben dem Domkapitel
bei Erwerbung und Veräußerung kirchlicher Güter der "Rat der Getreuen"
(oonÄlwm üctslinin) geistlichen und weltlichen Standes mit. Aus ihm ent¬
wickelten sich seit dem dreizehnten Jahrhundert die Landstände, der Landtag,
der bei der Laudesgesetzgebung und Besteuerung gehört werden mußte. So
kamen das Landfriedensgesetz von 1287 und das Landrecht von 1328 zustande,
und die Macht der Landstünde wurzelte um so fester, als das Domkapitel bei
der Wahlkapitulation, die der neuerwählte Erzbischof annehmen und beschwören
mußte, für die Sicherung ihrer Rechte sorgte. Auch die freien Dorfgemeinden
setzten in Weistümern ihre Rechte fest, ebenso die Bischofsstadt Salzburg ihr
Stadtrecht (seit dem dreizehnten Jahrhundert) und eine beschränkte Selbst¬
regierung; die freie Ratskür erlangte sie erst 1481 durch ein Privilegium
Kaiser Friedrichs des Dritten. Außer Salzburg gab es nur noch fünf landes¬
herrliche Städte (Laufen, Tittmoning, Melcher-s Hall, Mühldorf am Jnn und
Radstadt). Im Landtage aber spielten die Prälaten und die Ritter, die
zugleich die Gerichtsbarkeit und die Polizeigewalt ans ihren Grundherrschaften
ausübten, die Hauptrolle. Das ganze Stiftsgebiet teilte sich in eine Anzahl
"Ämter" (im achtzehnten Jahrhundert vierzig) unter Pflegern; dagegen gehörten
die Besitzungen des Erzstifts in Steiermnrk und Kärnten staatsrechtlich zu


Salzburg und die Tauernpcisse

im zeitgenössischen Amerika, sondern in dein von Kleinstaaterei zerrissenen
Deutschland von 1830. Die wirtschaftliche Lebensfähigkeit war richtig erkannt
worden, aber einen solchen Erfolg hat auch der Gründer Bremerhavens sicherlich
nicht geahnt. Die ganze bremische Seehandelsslotte maß 1825 16100 Tonnen.
Heute gibt es ein Bremer Schiff, den Lloyddnmpfer „Kronprinz Wilhelm," der
mit 14900 Tonnen nahezu so groß ist wie damals die ganze bremische Handels¬
flotte! Die letzte aber hat heute einen Tonnengehalt von 1012000, sie ist
also dreiundsechzigmal so groß wie damals.

Die Blüte der Weserhäfen ist aber zugleich die Folge des außerordentlichen
Emporkommens der deutschen Industrie und des deutschen Handels und Verkehrs.
Hamburg und Bremen sind die hauptsächlichsten Vermittler unsrer lebendigen
Teilnahme an der Weltwirtschaft. Deshalb sei beiden zum Heile des Ganzen
ein glückliches Fortschreiten auf ihrer Bahn gewünscht!




Salzburg und die Tauernpässe
v Veto Raemmel on 2

und für diese kirchlichen Beziehungen war die Herrschaft Salz¬
burgs über die Tauernpässe wichtig, und sie wurde wiederum
lange Zeit nur durch das ausgedehnte weltliche Gebiet verbürgt.
Dessen Verfassung hat sich ans denselben Grundlagen und in
denselben Richtungen entwickelt wie in allen andern geistlichen
Territorien. Schon im zehnten Jahrhundert wirkte neben dem Domkapitel
bei Erwerbung und Veräußerung kirchlicher Güter der „Rat der Getreuen"
(oonÄlwm üctslinin) geistlichen und weltlichen Standes mit. Aus ihm ent¬
wickelten sich seit dem dreizehnten Jahrhundert die Landstände, der Landtag,
der bei der Laudesgesetzgebung und Besteuerung gehört werden mußte. So
kamen das Landfriedensgesetz von 1287 und das Landrecht von 1328 zustande,
und die Macht der Landstünde wurzelte um so fester, als das Domkapitel bei
der Wahlkapitulation, die der neuerwählte Erzbischof annehmen und beschwören
mußte, für die Sicherung ihrer Rechte sorgte. Auch die freien Dorfgemeinden
setzten in Weistümern ihre Rechte fest, ebenso die Bischofsstadt Salzburg ihr
Stadtrecht (seit dem dreizehnten Jahrhundert) und eine beschränkte Selbst¬
regierung; die freie Ratskür erlangte sie erst 1481 durch ein Privilegium
Kaiser Friedrichs des Dritten. Außer Salzburg gab es nur noch fünf landes¬
herrliche Städte (Laufen, Tittmoning, Melcher-s Hall, Mühldorf am Jnn und
Radstadt). Im Landtage aber spielten die Prälaten und die Ritter, die
zugleich die Gerichtsbarkeit und die Polizeigewalt ans ihren Grundherrschaften
ausübten, die Hauptrolle. Das ganze Stiftsgebiet teilte sich in eine Anzahl
„Ämter" (im achtzehnten Jahrhundert vierzig) unter Pflegern; dagegen gehörten
die Besitzungen des Erzstifts in Steiermnrk und Kärnten staatsrechtlich zu


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296010/244>, abgerufen am 15.01.2025.