Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.Die großen Hafenbauten an der Ivesermündung genügt hoffentlich schon, uns den Frieden zu bewahren, sodaß die Kuppeltürme Der bremische Staat wird die riesigen Anlagen nur nach Maßgabe des Um den Wagemut eines fo kleinen Gemeinwesens -- der bremische Staat Es sind aber auch großartige Erfolge damit erzielt worden. An die Möglich¬ Die großen Hafenbauten an der Ivesermündung genügt hoffentlich schon, uns den Frieden zu bewahren, sodaß die Kuppeltürme Der bremische Staat wird die riesigen Anlagen nur nach Maßgabe des Um den Wagemut eines fo kleinen Gemeinwesens — der bremische Staat Es sind aber auch großartige Erfolge damit erzielt worden. An die Möglich¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0242" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/296253"/> <fw type="header" place="top"> Die großen Hafenbauten an der Ivesermündung</fw><lb/> <p xml:id="ID_1463" prev="#ID_1462"> genügt hoffentlich schon, uns den Frieden zu bewahren, sodaß die Kuppeltürme<lb/> und ihre riesigen Geschütze nicht in wirkliche Aktion zu treten brauchen. Und<lb/> wenn auch die Kriegsmarine fortan auf die Wesermündung noch höhern Wert<lb/> legen wird als bisher — die Häfen werden eine vortreffliche Zufluchtsstätte,<lb/> die Trockendocks ausgezeichnete Reparaturgelegenheit für die in der Schlacht<lb/> beschädigten Schiffe bilden —, so hoffen wir doch, daß sie alles das nur in<lb/> ihren Plänen, niemals in der Wirklichkeit zu berücksichtigen hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_1464"> Der bremische Staat wird die riesigen Anlagen nur nach Maßgabe des<lb/> wachsenden Verkehrsbedürfnisses ausbauen. Die Unbesonnenheit, auf einmal das<lb/> ohnehin schon so große Aufwendungskapital um 100 Millionen Mark zu ver¬<lb/> mehren, wird er nicht begehn. Zuerst kommt in Frage nur die Schleuse, die<lb/> mit etwa 16 Millionen Mark allerdings sogleich einen sehr wesentlichen Posten<lb/> ausmacht, nebst dem Vorhafen, dem Verbindungshafen und dem Anfang zweier<lb/> Bassins. Und auch dafür hat Bremen verständigerweise nach einem Rückhalt<lb/> gesucht; es hat das Wagstück schon beim Anfang des Kaiserhafens nicht allein<lb/> auf die eignen Schultern nehmen wollen, sondern sich eine Verzinsung durch<lb/> seine mächtige Schiffahrtsgesellschaft, den mit 150 Millionen Mark arbeitenden<lb/> Norddeutschen Lloyd, sichern lassen. Der Verkehr entfaltete sich so glänzend,<lb/> daß die Verzinsung von 3^ Prozent, die der Lloyd verbürgt hatte, bald über¬<lb/> schritten war, und nun vertragsgemäß die Hafenabgaben verringert werden<lb/> mußten. Unterhaltung und Tilgung mußte Bremen noch auf Staatsrechnung<lb/> übernehmen. Für die Neuanlagen ist nun ein ähnlicher Vertrag geschlossen worden,<lb/> nur hat der Lloyd auch noch die ganze Unterhaltung zu tragen. Man verlangte<lb/> von ihm auch die allmähliche Tilgung des Anlagekapitals. Als er sich jedoch<lb/> entschieden weigerte, haben die bremischen Staatsorgane diese dem guten Stern<lb/> der Stadt anheimgestellt, in der Annahme, daß die Hebung des Verkehrs und<lb/> des allgemeinen Wohlstandes die Aufwendungen reichlich decken würden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1465"> Um den Wagemut eines fo kleinen Gemeinwesens — der bremische Staat<lb/> hatte bei der Zühlung von 1900 nur 220000 Einwohner — zu würdigen,<lb/> müssen wir hinzurechnen, daß es für die ältern Hcifennnlagen in Bremen selbst<lb/> und in Bremerhaven sowie für die Weserkorrektion schon etwa 100 Millionen<lb/> Mark aufgewandt hatte. Daran schließt sich ein zweiter Freihafen bei der Stadt<lb/> Bremen, der jetzt nahezu vollendet ist und etwa 30 Millionen Mark Kosten<lb/> verursacht. Nun endlich das neue, soeben eingeleitete Unternehmen bei Bremer¬<lb/> haven, das ebenfalls 100 Millionen fordern wird — alles in allem sind das<lb/> 230 Millionen, also auf den Kopf der Bevölkerung mehr als 1000 Mark!<lb/> Wollte man sich gleiche Engagements für das ganze Deutsche Reich denken,<lb/> so käme man auf eine Summe von 60 Milliarden Mark. Die französische<lb/> Kriegsentschädigung von 1870 betrug nur 4 Milliarden Mark oder wenig<lb/> mehr als 100 Mark auf den Kopf der französischen Bevölkerung. Niemand<lb/> wird also dem Volke des bremischen Kleinstaats einen großartigen Unter¬<lb/> nehmungsgeist absprechen können.</p><lb/> <p xml:id="ID_1466" next="#ID_1467"> Es sind aber auch großartige Erfolge damit erzielt worden. An die Möglich¬<lb/> keit einer Korrektion der Uuterweser glaubte anfänglich nur ihr genialer Urheber,<lb/> Oberbaudirektor Franzius. Es gelang ihm, den Senat und die Bürgerschaft</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0242]
Die großen Hafenbauten an der Ivesermündung
genügt hoffentlich schon, uns den Frieden zu bewahren, sodaß die Kuppeltürme
und ihre riesigen Geschütze nicht in wirkliche Aktion zu treten brauchen. Und
wenn auch die Kriegsmarine fortan auf die Wesermündung noch höhern Wert
legen wird als bisher — die Häfen werden eine vortreffliche Zufluchtsstätte,
die Trockendocks ausgezeichnete Reparaturgelegenheit für die in der Schlacht
beschädigten Schiffe bilden —, so hoffen wir doch, daß sie alles das nur in
ihren Plänen, niemals in der Wirklichkeit zu berücksichtigen hat.
Der bremische Staat wird die riesigen Anlagen nur nach Maßgabe des
wachsenden Verkehrsbedürfnisses ausbauen. Die Unbesonnenheit, auf einmal das
ohnehin schon so große Aufwendungskapital um 100 Millionen Mark zu ver¬
mehren, wird er nicht begehn. Zuerst kommt in Frage nur die Schleuse, die
mit etwa 16 Millionen Mark allerdings sogleich einen sehr wesentlichen Posten
ausmacht, nebst dem Vorhafen, dem Verbindungshafen und dem Anfang zweier
Bassins. Und auch dafür hat Bremen verständigerweise nach einem Rückhalt
gesucht; es hat das Wagstück schon beim Anfang des Kaiserhafens nicht allein
auf die eignen Schultern nehmen wollen, sondern sich eine Verzinsung durch
seine mächtige Schiffahrtsgesellschaft, den mit 150 Millionen Mark arbeitenden
Norddeutschen Lloyd, sichern lassen. Der Verkehr entfaltete sich so glänzend,
daß die Verzinsung von 3^ Prozent, die der Lloyd verbürgt hatte, bald über¬
schritten war, und nun vertragsgemäß die Hafenabgaben verringert werden
mußten. Unterhaltung und Tilgung mußte Bremen noch auf Staatsrechnung
übernehmen. Für die Neuanlagen ist nun ein ähnlicher Vertrag geschlossen worden,
nur hat der Lloyd auch noch die ganze Unterhaltung zu tragen. Man verlangte
von ihm auch die allmähliche Tilgung des Anlagekapitals. Als er sich jedoch
entschieden weigerte, haben die bremischen Staatsorgane diese dem guten Stern
der Stadt anheimgestellt, in der Annahme, daß die Hebung des Verkehrs und
des allgemeinen Wohlstandes die Aufwendungen reichlich decken würden.
Um den Wagemut eines fo kleinen Gemeinwesens — der bremische Staat
hatte bei der Zühlung von 1900 nur 220000 Einwohner — zu würdigen,
müssen wir hinzurechnen, daß es für die ältern Hcifennnlagen in Bremen selbst
und in Bremerhaven sowie für die Weserkorrektion schon etwa 100 Millionen
Mark aufgewandt hatte. Daran schließt sich ein zweiter Freihafen bei der Stadt
Bremen, der jetzt nahezu vollendet ist und etwa 30 Millionen Mark Kosten
verursacht. Nun endlich das neue, soeben eingeleitete Unternehmen bei Bremer¬
haven, das ebenfalls 100 Millionen fordern wird — alles in allem sind das
230 Millionen, also auf den Kopf der Bevölkerung mehr als 1000 Mark!
Wollte man sich gleiche Engagements für das ganze Deutsche Reich denken,
so käme man auf eine Summe von 60 Milliarden Mark. Die französische
Kriegsentschädigung von 1870 betrug nur 4 Milliarden Mark oder wenig
mehr als 100 Mark auf den Kopf der französischen Bevölkerung. Niemand
wird also dem Volke des bremischen Kleinstaats einen großartigen Unter¬
nehmungsgeist absprechen können.
Es sind aber auch großartige Erfolge damit erzielt worden. An die Möglich¬
keit einer Korrektion der Uuterweser glaubte anfänglich nur ihr genialer Urheber,
Oberbaudirektor Franzius. Es gelang ihm, den Senat und die Bürgerschaft
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