Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches aber entstehe, wo eine neue Klasse entsteht. Als typisch wird die Entstehung der Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig -- Druck von Karl Marquart in Leipzig foi'MSN Maßgebliches und Unmaßgebliches aber entstehe, wo eine neue Klasse entsteht. Als typisch wird die Entstehung der Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig — Druck von Karl Marquart in Leipzig foi'MSN <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0234" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/296245"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_1444" prev="#ID_1443"> aber entstehe, wo eine neue Klasse entsteht. Als typisch wird die Entstehung der<lb/> Kartonarbeiterin beschrieben. Der Unterschied zwischen hauswirtschaftlicher und<lb/> Erwerbsarbeit, zwischen der alten Produktion fürs Haus, für einen Herrn, für<lb/> einen festen Kundenkreis und der neuen für einen unsichern Markt und die sich<lb/> daraus ergebende Lage der erwerbenden Frauen wird klar gemacht, sowie die Un¬<lb/> gerechtigkeit, die in der Behandlung der erwerbenden Frauen im Vergleich mit der<lb/> der männlichen Arbeiter obwaltet. Die Gefahren für Gesundheit, Sittlichkeit,<lb/> Familienleben und Familienwirtschaft, die aus der Erwerbsarbeit der Frauen er¬<lb/> wachsen, werden anschaulich und packend geschildert. Das alles ist schon tausendmal<lb/> beschrieben worden, aber das kleine Buch der Frau Gräuel ist trotzdem keine über¬<lb/> flüssige Wiederholung, denn sie spricht aus genauer eigner Erfahrung und Beobach¬<lb/> tung und versteht es, den Leser zu interessieren und zu überzeugen und die zu<lb/> beschreitenden Wege vorzuzeichnen. Selbstverständlich fordert sie weitern Ausbau<lb/> der Arbeiterschutzgesetzgebung und gewerkschaftliche Organisation der Frauen. Denn<lb/> auf die Charitas dürfe man sich bei Massenübeln nicht beschränken. Die Charitas<lb/> beschäftige sich nur mit dem Individuum, heile dessen Wunden und Krankheiten<lb/> und helfe ihm die Leiden tragen, die aus dem allgemeinen Übel entspringen. Die<lb/> soziale Arbeit dagegen bekämpfe diese allgemeinen Übel, aus denen die individuellen<lb/> Leiden wie Krankheit, Verarmung und Laster entspringen, wirke also vorbeugend.<lb/> Die kleine Schrift ist zunächst für die Lehrerinnenvereine und den jungen katholischen<lb/> Frauenbund verfaßt, hat aber kein konfessionelles Gepräge und kann darum auch<lb/> den in sozialer Arbeit tätigen evangelischen Frauen empfohlen werden. Die Zahl<lb/> der Personen, um die es sich handelt, ist nicht klein, und die Frage, ob sie ver¬<lb/> lumpen und verlottern oder vor leiblicher und seelischer Schädigung bewahrt<lb/> tüchtige Hausfrauen und Mütter werden, ist nicht gleichgiltig für die Volkskraft<lb/> und das Volkswohl. Ihnen zumuten, daß sie sich selbst helfen sollen, hätte keinen<lb/> Sinn, denn die meisten von ihnen werden, ganz unerzogen, mit vierzehn Jahren<lb/> in die Welt hineingestoßen und als Spielbälle der Erwerbskonjunkturen willenlos<lb/> umhergeworfen. Wo sich der eigne Wille geltend macht, geschieht es gewöhnlich<lb/> zum Dümmern und schlimmern. Die Landwirtschaft beschäftigte im Jahre 1903<lb/> nicht weniger als 2753154 weibliche Personen, die Industrie 1521118, die Haus¬<lb/> wirtschaft (als Dienstboten, Wahns- und Scheuerfrauen usw.) 233865.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <note type="byline"> Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig<lb/> Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig — Druck von Karl Marquart in Leipzig</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_1445"> foi'MSN<lb/> 5 gegen<lb/> Hclmvpfen<lb/> posa)y<lb/> Ärztlicherseits vielfach als ideales Schnupfen-<lb/> mittel bezeichnet. — Wirkung frappant.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0234]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
aber entstehe, wo eine neue Klasse entsteht. Als typisch wird die Entstehung der
Kartonarbeiterin beschrieben. Der Unterschied zwischen hauswirtschaftlicher und
Erwerbsarbeit, zwischen der alten Produktion fürs Haus, für einen Herrn, für
einen festen Kundenkreis und der neuen für einen unsichern Markt und die sich
daraus ergebende Lage der erwerbenden Frauen wird klar gemacht, sowie die Un¬
gerechtigkeit, die in der Behandlung der erwerbenden Frauen im Vergleich mit der
der männlichen Arbeiter obwaltet. Die Gefahren für Gesundheit, Sittlichkeit,
Familienleben und Familienwirtschaft, die aus der Erwerbsarbeit der Frauen er¬
wachsen, werden anschaulich und packend geschildert. Das alles ist schon tausendmal
beschrieben worden, aber das kleine Buch der Frau Gräuel ist trotzdem keine über¬
flüssige Wiederholung, denn sie spricht aus genauer eigner Erfahrung und Beobach¬
tung und versteht es, den Leser zu interessieren und zu überzeugen und die zu
beschreitenden Wege vorzuzeichnen. Selbstverständlich fordert sie weitern Ausbau
der Arbeiterschutzgesetzgebung und gewerkschaftliche Organisation der Frauen. Denn
auf die Charitas dürfe man sich bei Massenübeln nicht beschränken. Die Charitas
beschäftige sich nur mit dem Individuum, heile dessen Wunden und Krankheiten
und helfe ihm die Leiden tragen, die aus dem allgemeinen Übel entspringen. Die
soziale Arbeit dagegen bekämpfe diese allgemeinen Übel, aus denen die individuellen
Leiden wie Krankheit, Verarmung und Laster entspringen, wirke also vorbeugend.
Die kleine Schrift ist zunächst für die Lehrerinnenvereine und den jungen katholischen
Frauenbund verfaßt, hat aber kein konfessionelles Gepräge und kann darum auch
den in sozialer Arbeit tätigen evangelischen Frauen empfohlen werden. Die Zahl
der Personen, um die es sich handelt, ist nicht klein, und die Frage, ob sie ver¬
lumpen und verlottern oder vor leiblicher und seelischer Schädigung bewahrt
tüchtige Hausfrauen und Mütter werden, ist nicht gleichgiltig für die Volkskraft
und das Volkswohl. Ihnen zumuten, daß sie sich selbst helfen sollen, hätte keinen
Sinn, denn die meisten von ihnen werden, ganz unerzogen, mit vierzehn Jahren
in die Welt hineingestoßen und als Spielbälle der Erwerbskonjunkturen willenlos
umhergeworfen. Wo sich der eigne Wille geltend macht, geschieht es gewöhnlich
zum Dümmern und schlimmern. Die Landwirtschaft beschäftigte im Jahre 1903
nicht weniger als 2753154 weibliche Personen, die Industrie 1521118, die Haus¬
wirtschaft (als Dienstboten, Wahns- und Scheuerfrauen usw.) 233865.
Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig — Druck von Karl Marquart in Leipzig
foi'MSN
5 gegen
Hclmvpfen
posa)y
Ärztlicherseits vielfach als ideales Schnupfen-
mittel bezeichnet. — Wirkung frappant.
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